Publikation Rassismus / Neonazismus Fehlschlüsse der Extremismusprävention

Demokratieförderung auf ideologischen Abwegen

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Reihe

Analysen (Archiv)

Autor*innen

Maximilian Fuhrmann, Martin Hünemann,

Erschienen

Juli 2017

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20 bis 30 Prozent der BundesbürgerInnen sind ausländerfeindlich und stimmen anderen menschenverachtenden Positionen zu. Seit Jahren messen empirische Untersuchungen dieses Potenzial (Decker et al. 2016: 45; Zick et al. 2016: 50). Dem stand der Misserfolg rechter Parteien gegenüber, ehe es der 2013 gegründeten Alternative für Deutschland (AfD) gelang, dieses Potenzial im Windschatten des veränderten gesellschaftlichen Klimas relativ konstant an sich zu binden (Hövermann/Groß 2016). Ergebnisse sozialwissenschaftlicher Rechtsextremismusforschung und die Parteienpräferenz kommen so zur Deckung. Während die Einstellungsforschung Rechtsextremismus als komplexes Zusammenspiel verschiedener Einstellungsmerkmale versteht, arbeiten die Sicherheitsbehörden mit einem Begriff von Rechts-Extremismus, den sie aus dem Extremismuskonzept ableiten. Demnach sind all jene Bestrebungen als extremistisch zu fassen, die gegen den Kern des demokratischen Verfassungsstaates agieren, alle anderen gelten als demokratisch. Dieser binären Logik folgend werden von den Sicherheitsbehörden – vorneweg dem Inlandsgeheimdienst Verfassungsschutz – und der Extremismusforschung sowohl die AfD als auch die Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlands (Pegida) Sachsen trotz ihrer rassistischen Positionen dem demokratischen Spektrum zugerechnet.

Aus der sozialwissenschaftlichen auf der einen und der sicherheitsbehördlichen Perspektive auf der anderen Seite folgen nicht nur unterschiedliche Einschätzungen zu Ausmaß und Gefahr des Rechtsextremismus, sondern auch unterschiedliche Präventionsansätze und -konzepte. Dass Präventionsansätze, die auf den Setzungen des Extremismuskonzepts basieren, scheitern müssen, zeigt die vorliegende Analyse. Die Erprobung in der 2010 eingeführten Links-Extremismus- Prävention offenbart Mängel, die sich – so unsere These – darauf zurückführen lassen, dass der Kategorie (Links-) Extremismus kein soziales Phänomen entspricht. Dies hat jedoch keine Abkehr vom Extremismuskonzept als Stichwortgeber für die Prävention zur Folge, wie aktuelle Diskussionen um den «Nationalen Aktionsplan gegen Rassismus» zeigen (Bundesregierung 2016).

Inhalt:

Einleitung

1 Bisherige Bundesprogramme und ihr jeweiliger Bezug zum Extremismuskonzept

  • 1992 bis 1996: Prävention durch Täterorientierung
  • 2001 bis 2006: Stärkung der Zivilgesellschaft im Kampf gegen Rechtsextremismus
  • 2007 bis 2010: Inhaltliche Fortführung und Beschneidung zivilgesellschaftlicher Autonomie
  • 2010: Paradigmenwechsel auf Basis des Extremismuskonzepts
  • 2015: Vermeidung des Extremismusbegriffs
  • 2016: Festschreibung der Extremismusprävention?
  • Zwischenfazit

2 Extremismusbegriffe

  • Verfassungsschutz
  • Extremismusforschung
  • Zwischenfazit

3 Das Scheitern der Links-Extremismus-Prävention in der Praxis

  • Pädagogische Praxis in direkter Anlehnung an die Kategorie Links-Extremismus
  • Projekte, die versuchen, Links-Extremismus für die pädagogische Praxis nutzbar zu machen
  • Projekte mit einem distanzierten Bezug zum Links-Extremismus
  • Zwischenfazit

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Maximilian Fuhrmann promoviert über die Wirkmächtigkeit des Extremismuskonzepts an der Universität Bremen und ist seit zehn Jahren als Trainer in der außerschulischen politischen Bildung aktiv.

Martin Hünemann arbeitet für das Netzwerk für Demokratie und Courage in Rheinland-Pfalz und bietet Argumentationstrainings gegen rechts zu verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten an.