Auch mit Abschluss des NSU-Prozesses gibt es mehr offene Fragen als Antworten. Dies liegt auch in der Verantwortung der Behörde des Generalbundesanwalts. Als oberste Strafverfolgungsbehörde hatte sie eine wichtige Rolle im Prozess inne. In der Anklage gab sie die Themen des Prozesses vor und legte sich darin im Sinne eines staatlichen Selbstschutzes frühzeitig auf die These fest, der „Nationalsozialistische Untergrund“ sei ein „isoliertes Trio“ gewesen. Damit folgte sie einem Muster, das auch in dem Ermittlungsverfahren zum Oktoberfestattentat 1980 zum Tragen kam.
Die Autorinnen untersuchen, welche institutionellen Strukturen den staatswissenschaftlichen Umgang mit rechter und rassistischer Gewalt prägen und welche strukturellen Defizite sich daraus ergeben, die es Behörden wie der Bundesstaatsanwaltschaft ermöglichen, die Rolle staatlicher Sicherheitsbehörden einer strafrechtlichen Aufklärung zu entziehen.
Isabella Greif / Fiona Schmidt (Autoren): Staatsanwaltschaftlicher Umgang mit rechter und rassistischer Gewalt. Eine Untersuchung struktureller Defizite und Kontinuitäten am Beispiel der Ermittlungen zum NSU-Komplex und dem Oktoberfestattentat. WeltTrends Verlag Potsdam 2017, 301 Seiten.