Publikation Parteien- / Bewegungsgeschichte - Rosa Luxemburg Rosa Luxemburgs Ratschläge an die sozialistische Bewegung

Welchen Rat würde Rosa Luxemburg der linken Bewegung heute in Zeiten eines weltweiten Rechtsrucks geben?

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Autorin

Julia Killet,

Erschienen

Dezember 2018

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Rosa Luxemburg / Paul Frölich (© August Sander)
Rosa Luxemburg / Paul Frölich (© August Sander)

Die hypothetische Frage nach dem Rat Luxemburgs an die gegenwärtige Linke stellte ihr Kampfgenosse und Nachlassverwalter Paul Frölich bereits vor 79 Jahren. Zu dieser Zeit lebte Frölich im Pariser Exil und suchte mit seiner 1939 erschienen Biographie «Rosa Luxemburg. Gedanke und Tat»[1] Antworten und Lösungen für die sozialistische Bewegung in Zeiten von Nationalsozialismus und Stalinismus. In meinem Vortrag möchte ich mich damit beschäftigten, zu welchen Ergebnissen er damals kam.  
 

Bemerkungen zu Paul Frölichs Leben und Wirken

Paul Frölich[2] wurde 1884 in Neusellerhausen bei Leipzig geboren. Er war SPD-Mitglied, schrieb für zahlreiche sozialdemokratische Zeitungen und schloss sich 1914 den «Bremer Linksradikalen» an. 1919 wurde er in den Vorstand der KPD und später als Abgeordneter in den Reichstag gewählt. Seit den 20er Jahren verfolgte er konsequent die Einheitsfrontpolitik zwischen KPD und SPD. Diesen Kurs setzt er auch fort als er Mitte der 30er Jahr zusammen mit Jacob Walcher im Pariser Exil die Auslandsleitung der SAPD[3] übernahm. Beide setzten sich für eine deutsche Volksfront ein, vertraten jedoch grundlegend unterschiedliche politische Auffassungen[4]: Frölich kritisierte die Sowjetunion unter Stalin[5] und sprach sich gegen eine Kriegsbeteiligung gegen die Nationalsozialisten aus; Walcher versuchte trotz Moskauer Schauprozessen und Hitler-Stalin-Pakt der Sowjetmacht etwas Positives abzuringen und befürwortete die Unterstützung des Krieges gegen NS-Deutschland.

Suche nach Antworten bei Rosa Luxemburg

Seine Biographie «Rosa Luxemburg. Gedanke und Tat» erschien 1939 bei dem Exilverlag «Éditions Nouvelles Internationales» des «Internationalen Sozialistischen Kampfbundes»[6]. Mit einer finanziellen Unterstützung ermöglichte ihm der linke Verleger Victor Gollancz ein freies Arbeitsjahr und veröffentlichte die Biographie 1940 in seinem Londoner Verlag in der Reihe «Left Book Club edition». Die englische Ausgabe wurde in kurzer Zeit 20.000 Mal bestellt.

Größtenteils schrieb Paul Frölich die Biographie aus seiner Erinnerung, denn bei seiner Flucht waren wichtige Quellen verloren gegangen. Rosa Luxemburgs Schriften war ihm aber vertraut, denn ab 1923 war er zusammen mit Clara Zetkin und Adolf Warski von der KPD mit der Herausgabe ihres Gesamtwerkes beauftragt worden. Von den ursprünglich neun geplanten Bänden erschienen nur drei. Nach Paul Frölichs Ausschluss aus der KPD als angeblicher «Rechtsabweichler» wurde das Editionsprojekt 1928 eingestellt.

In seiner Biographie setzte sich Frölich folgendes Ziel: «[E]ine Gesamtdarstellung ihres Denkens und Handelns vom Boden ihrer eigenen Anschauungen aus zu geben. Die Gedanken Rosa Luxemburgs so bestimmt und klar als möglich herauszuarbeiten.» (8) Als Zielgruppe nannte er «den aktiven, an theoretischen und taktischen Problemen interessierten Sozialisten.» (8) Seiner Auffassung nach hätte Rosa Luxemburg eine Renaissance in der internationalen Arbeiterbewegung erfahren. Dafür nannte er zwei Gründe: Zum einen der Schock der Sozialisten über den Sieg des Hitlerfaschismus[7] und zum anderen die Entwicklungen in der Sowjetunion[8] unter Stalin. Beide historische Ereignisse hätten die Sozialistinnen und Sozialisten dazu veranlasst, Lösungen für die Ursachen der Geschehnisse bei Rosa Luxemburg zu finden. Frölich schrieb:

«In jener Zeit des Niedergangs haben die alten Mitkämpfer Rosa Luxemburgs immer stärker empfunden, wie sehr der Bewegung ihr Rat, ihre Führung und ihr Vorbild fehlten. […] Es sollte untersucht werden, wie unter den gegenwärtigen, so umstürzend geänderten Bedingungen Rosa Luxemburgs Gedanken und besonders ihre taktischen Lehren fruchtbar gemacht werden können.» (9)

Es sind zwei verschiedene Zugänge, mit denen Paul Frölich Rosa Luxemburgs Gedanken als mögliche Ratschläge an die sozialistische Bewegung herausarbeitet: Einerseits stellt er ihr eigenes Denken und Handeln als vorbildlich dar und anderseits beschäftigt er sich mit ihren politischen Inhalten, die dem Fortschreiten der Bewegung dienen. Auf vier dieser Schwerpunkte soll im Folgenden genauer eingegangen werden:

1. Gedanken- und Meinungsfreiheit

An erster Stelle weist Frölich auf das freie, eigenständige Denken Rosa Luxemburgs hin und ihre Fähigkeit zur Selbstkritik. Diese charakterlichen Eigenschaften sind nach Frölich unerlässlich in der politischen Bewegung. Exemplarisch verdeutlicht er dies an ihrem undogmatischen Umgang mit dem Marxismus:  

«Der Marxismus war ihr keine theoretische Schablone, in der ein für alle Mal alle Fragen gelöst sind. Vielmehr stellte sie sich der Aufgabe, in jeder Entwicklungsphase von neuem den Gang der wirtschaftlichen Umwälzung mit ihren Auswirkungen in den Interessen, Anschauungen, Zielen und im politischen Handeln der Gesellschaftsgruppe zu untersuchen […].» (76)[9]

Frölich beschreibt, dass Rosa Luxemburg kein Forschungsthema als abgeschlossen betrachtete, sondern es aus immer neuen Blickwinkeln erforschte. Auch eigenen Positionen habe sie immer wieder einer Prüfung unterzogen und sie an aktuelle politische und gesellschaftliche Situationen angepasst (vgl. 14). Diese Befähigungen erwartete sie auch von den Menschen mit denen sie sich in ihrem politischen Umfeld umgab und für die sie sich politisch einsetzte, so Frölich weiter: «Ihr war das jederzeit wache kritische Denken der Lebensodem der sozialistischen Bewegung, die erste Voraussetzung des gemeinsamen Handelns.» (9)

Auch Fehler habe Rosa Luxemburg als Chance für die sozialistische Bewegung gesehen. Frölich zitiert Luxemburg: «Fehltritte, die eine wirkliche revolutionäre Arbeiterbewegung begeht, sind geschichtlich unermeßlich fruchtbar und wertvoller als die Unfehlbarkeit des allerbesten Zentralkomitees.» (121)

Dem entsprechend habe Rosa Luxemburg der Meinungs-, Organisations- und Pressefreiheit im politischen System eine grundlegende Bedeutung zugemessen. Frölich stellt deutlich heraus, dass für Rosa Luxemburg als demokratischer Sozialistin diese Grundfreiheiten Bedingung für eine sozialistische Gesellschaft gewesen seien (vgl. 311 ff.).

2. Eigenständige Eroberung der politischen Macht

Einen Wendepunkt im Denken Rosa Luxemburgs verortet Paul Frölich 1914. Zuvor habe sie angenommen, dass das Scheitern des Kapitalismus unmittelbar in den Sozialismus führen würde, wie sie es auch in ihrer Schrift «Akkumulation des Kapitals» beschrieben habe. Seit dem Beginn des Ersten Weltkriegs habe sie jedoch erkannt, dass die Katastrophen, in die die kapitalistische Gesellschaft gestürzt wird, allein nicht die Gewissheit der Ablösung des Kapitalismus durch den Sozialismus geben würden. (vgl. 11) Frölich weist darauf hin, dass sie in ihrer Schrift über die «Krise der Sozialdemokratie» diese Mahnung in der Losung «Sozialismus oder Barbarei» auf den Punkt gebracht habe. Von da an, so meint Frölich, habe sie noch stärker als zuvor auf den eigenständigen Kampf der Masse hingewiesen. Er zitiert Rosa Luxemburg: «Findet die Arbeiterklasse nicht die Kraft zur eigenen Befreiung, dann kann sich die ganze Gesellschaft und mit ihr die Arbeiterklasse in zerfleischenden Kämpfen verzehren.» (11)

Ausgangspunkt für den Kampf für die Befreiung der Gesellschaft vom Kapitalismus und damit einhergehend gegen Militarismus, Krieg und Imperialismus sei bei Rosa Luxemburg die internationale Solidarität der Arbeiterinnen und Arbeiter mit einem einheitlichen machtvollen Auftreten gewesen. (vgl. 216)

Wiederholt weist Frölich darauf hin, dass Rosa Luxemburg der Bewegung den höchsten Stellenwert einräumte. Die Partei habe sie nur in einer untergeordneten Rolle gesehen. Die Parteileitung habe die Pflicht, den Mehrheitswillen zu vollziehen, durch höhere Einsicht auf die Willensbildung einzuwirken, aber nicht diktatorisch den eigenen Willen der Organisation aufzuzwingen. (vgl. 120 f.)

Aus dieser Grundüberzeugung heraus habe sie die Partei im Parlament auch in der Opposition gesehen. Um diese Position zu verdeutlichen, zitiert Frölich aus einem Artikel Rosa Luxemburgs von 1899 zum Eintritt der französischen Sozialisten in das reaktionäre bürgerliche Kabinett:

«Die Vertreter der Arbeiterklasse können, ohne ihre Rolle zu verleugnen, nur in einem Falle in die bürgerliche Regierung treten: um sich ihrer gleichzeitig zu bemächtigen und sie in die Regierung der herrschenden Arbeiterklasse zu verwandeln. [...] In der bürgerlichen Gesellschaft ist der Sozialdemokratie dem Wesen nach die Rolle einer oppositionellen Partei vorgezeichnet, als regierende darf sie nur auf den Trümmern des bürgerlichen Staates auftreten.» (95)

Von dort aus spannt Frölich einen langen Bogen in seine Gegenwart und kritisiert, dass aus der Missachtung dieses Grundsatzes nach der Weimarer Republik der Nationalsozialismus entsprungen sei. Zitat Frölich: «Zweiunddreißig Jahre später erschien als Frucht einer Politik nach dem Muster Millerands auf deutschen Boden – Hitler!» (98)

Den Weg zur eigenständigen Machtergreifung habe Rosa Luxemburg in der Verknüpfung des politischen Tageskampfes mit der Revolution gesehen (vgl. 82). Das war nach Frölich der Leitsatz, auf dem Rosa Luxemburg ihr gesamtes Denken und Handeln ausrichtete. Die Eroberung der Macht müsse mit jeder politischen Tat im Auge behalten werden und nicht anders herum Aktionen für kurzfristige Ziele genutzt werden.

Den politischen Hebel zur Ergreifung der Macht habe Rosa Luxemburg im Massenstreik ausgemacht. Frölich stellt dar, dass sie vor allem seit der Russischen Revolution von 1905 vehement darauf beharrte, dass SPD wie auch Gewerkschaften, den Massenstreik als ein legitimes Kampfmittel in ihre Programme aufnähmen. Dieses Mittel habe sie über die Anwendung von Waffen und Terror gestellt, wobei sie beides im politischen Kampf nicht ausschloss. Vielmehr sah Rosa Luxemburg den Massenstreik nach Frölich als die «typische Waffe des Proletariats, dem Streik, dem Streik von Millionen, nicht mehr allein für Lohn und Brot, sondern für große politische Ziele.» (167) Trotz kurzzeitiger ernsthafter Überlegungen entschieden sich SPD und Gewerkschaften seit 1906 für die Ablehnung des politischen Streiks.

3. Bildung für die Massen

Wie wichtig Rosa Luxemburg Bildung war, verdeutlicht Frölich anhand ihrer aufklärenden Schriften, ihrem Engagement an der Parteischule oder in ihren zahlreichen öffentlichen Reden vor den Massen. Als vorbildlich beschreibt Frölich zunächst, wie intensiv und umfassend sie sich selbst bildete, wie sie ihre Gegenwart einer detaillierten Analyse unterzog, um daraus ihre Strategie und Taktik auszuarbeiten. Zitat Frölich: «Rosa Luxemburg drängte es immer zur Synthese, zu der Erkenntnis letztem Schluß.» (31) Dies führte Frölich schließlich auch zu dem Titel seiner Biographie Gedanke und Tat. Zitat Frölich:

«Vom Politiker verlangte sie das Streben des Naturwissenschaftlers, der die Naturgesetze erforscht, um sich ihnen zu unterwerfen und gerade dadurch die Naturkräfte zu beherrschen. Für sie als Handelnde in der Geschichte galt der Satz: Am Anfang war die Tat! Aber die Tat, die durch die Erkenntnis des geschichtlichen Prozesses bestimmt ist.» (78)

Für die Bildung der Massen habe Rosa Luxemburg verschiedene Medien als unerlässlich erachtet. Zum einen eine politische Zeitschrift als Mittel zur Aufklärung, Organisation des Widerstands im Krieg und zur Bildung einer revolutionären Front. (vgl. 267) Zum anderen die Agitation, mit der sie sich gezielt an bestimmte Personengruppe richtete. So habe sie bevorzugt öffentliche Vorträge im ländlichen Raum angestrebt. Frölich zitiert Luxemburg:  «Agitation vor allem auf dem Lande. Die Landarbeiter und die Bauern gewinnen, nicht für einen unmittelbaren militärischen Kampf, sondern um ihre Köpfe für den Sozialismus zu erobern und in ihrer Brust das Feuer des Aufstandes und den Willen zur Befreiung zu wecken.» (141) Außerdem habe sie sich direkt an Soldaten gewandt. Durch sozialistische Agitation werde man einen Teil des Militärs in die eigene Front ziehen, einen anderen Teil schwankend machen und so die Kraft und Disziplin des Heeres zermürben. (vgl. 141) Als sich vor und im Ersten Weltkrieg die SPD immer weiter nach rechts bewegte und die linke Opposition bis auf einige wenige Personen zusammenschrumpfte, habe Rosa Luxemburg verstärkt zur Jugend gesprochen. Zitat Frölich: «Sie richtet ihre Hoffnung auf die junge Generation, deren beste Kräfte sich an ihrem Werk geschult hatten […].» (228) 

Frölich beschreibt, dass es Rosa Luxemburg darum ging, die Massen gründlich vorzubereiten und sie zur eigenständigen Weiterbildung zu befähigen. Sie habe die Grundlage schaffen wollen, denn sie nahm an, dass sich die Bildung in der Revolution verselbständige. Zitat Frölich: «Wiederholt wies sie auf die Erfahrung hin, daß in Zeiten höchster revolutionärer Spannung die geistige Entwicklung der Massen mit Riesenschritten vorwärtsgehen kann, sobald sie wirklich in Bewegung sind.» (365)

4. Frühzeitige Überlegungen über eine sozialistische Gesellschaft

Paul Frölich schreibt, dass sich Rosa Luxemburg in ihren Schriften immer stärker darauf konzentrierte, nicht nur zu beschreiben, wie der Weg zum Sozialismus gelingen könnte, sondern auch darzustellen, wie eine sozialistische Gesellschaft konkret aussehen könnte. Bei Rosa Luxemburg sei der Sozialismus nicht nur eine Hoffnung, sondern Ziel eines unbändigen Willens zur Tat gewesen (vgl. 244). Frölich hebt ihren utopischen Horizont hervor, der in ihrem revolutionären Wirken nützlich und erforderlich gewesen sei. Zitat Frölich:

«Dazu kommt eine ungewöhnliche Kraft der Phantasie. Sie spannt sie ein in die Bahnen des marxistischen Denkens, läßt sie aber zugleich mit ungehemmter Kühnheit vorstoßen. Daher der schöpferische Realismus, den sie immer von neuem unter Beweis stellt.»  (244)

Frölich zitiert aus dem Spartakusprogramm Rosa Luxemburgs:    

«Das Wesen der sozialistischen Gesellschaft besteht darin, daß die große arbeitende Masse aufhört, eine regierte Masse zu sein, vielmehr das ganze politische und wirtschaftliche Leben selbst lebt und in bewußter, freier Selbstbestimmung lenkt.» (15)

Rosa Luxemburgs Ziel des Sozialismus’ sei der Mensch, sei eine Gesellschaft ohne Klassenunterschiede, in der die Menschen in Gemeinschaft, ohne Bevormundung, ihr Schicksal schmieden. Sozialismus sei nach ihrem Verständnis vollendete Demokratie, die freie Entfaltung der Einzelpersönlichkeit im gemeinsamen Wirken mit allen für das Wohl aller. (vgl. 14 f.)
 

Schlusswort

Paul Frölichs Platz war auf dem linken Flügel der Arbeiterbewegung. Seine Biographie über Rosa Luxemburg ist von daher beeindruckend, weil er nicht nur ein hervorragender Kenner ihres Werkes war, sondern auch aus der Sicht eines Zeitzeugens und eines aktiven Kampfgefährten schreibt. Aufgrund seines Engagements für die Einheitsfront und seiner kritischen Einstellung zur Sowjetunion unter Stalin hatte er die Möglichkeit seine Darstellung frei von den ideologischen Auseinandersetzungen in der kommunistischen Bewegung dieser Zeit zu schreiben. Rosa Luxemburg erscheint bei ihm als demokratische Sozialistin, die Meinungs-, Versammlungs-, Organisations-, und Pressefreiheit als Grundpfeiler einer sozialistischen Gesellschaft ansah. Diese politische Zielvorstellung ist es auch, die Frölich aus verschiedenen Perspektiven als Ratschläge für die sozialistische Bewegung herausarbeitet. Allerdings unternimmt er keinen Versuch Rosa Luxemburgs Gedanken selbst auf die Gegenwart anzuwenden. Vielmehr zeigt er, wie Rosa Luxemburg sich mit der sozialistischen Geschichte und Gegenwart auseinandersetze, um Schlüsse für die Zukunft zu ziehen. Dies verknüpft er mit ihren inhaltlichen Forderungen zur eigenständigen Eroberung der Macht. Es geht Frölich darum, mit der Darstellung des Lebens und Wirkens Rosa Luxemburgs zu verdeutlichen, dass die Gegenwart nur durch die eigene Initiative und Kraft verändert werden kann. Die von ihm skizzierten Ideen und Vorschläge von Rosa Luxemburg dienen nur als Anregungen. Voller Hoffnung blickt er in die Zukunft und schreibt in seinem letzten Satz der Biographie: «Der Siegeszug der Barbarei wird seine Schranke finden. Der Acheron wird von neuem in Bewegung kommen. Aus Rosa Luxemburgs Geist werden Sieger entstehen.» (377)

 
Julia Killet arbeitet seit 2011 als Geschäftsführerin für den Kurt-Eisner-Verein bzw. die Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern. Sie studierte Literaturwissenschaft und Politik. Derzeit schreibt sie an einer Dissertation über das Luxemburg-Bild in der Prosa.


[1] Frölich, Paul: Rosa Luxemburg: Gedanke und Tat. Éditions Nouvelles Internationales, Paris, 1939 / Rosa Luxemburg. Her life and work. Translated by Edward Fitzgerald. Victor Gollancz Ltd. Gollancz, London, 1940 / Oetinger: Hamburg, 1949 / 3. Ausg. Europäische Verlagsanstalt: Frankfurt a. M. 1967 (Durchsicht und Bearb. von Rose Frölich. Mit einem Nachwort von Iring Fetscher) / 4. Ausg. Ebd. 1973 / Dietz: Berlin, 1990 (Neuauflage mit einem Nachwort von Klaus Kinner). Weitere Übersetzungen [u.a.]: 1942 hebräisch, 1954 serbokroatisch, 1955 slowenisch, 1965 französisch. Hier 1990.

[2] Zur Biographie von Paul Frölich siehe: Hermann Weber, Andreas Herbst (2008) (Hg.): Deutsche Kommunisten. Biographisches Handbuch 1918 bis 1945. Frölich, Paul. 2. Aufl. Karl Dietz Verlag, Berlin, S. 271 f.

[3] Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands. Häufig auch Sozialistische Arbeiterpartei (SAP) genannt.

[4] Vgl. Brandt, Willy (1982): Links und frei. Mein Weg 1930-1950. Hoffmann & Campe Verlag, Hamburg, S. 189 f.

[5] In ihrer Einleitung von Frölichs Werk «1789» schreiben unbekannte Herausgeber zu seiner Einstellung zu Stalin: «Bald nach Lenins Tod erkannte er […], daß die Politik der russischen Kommunisten unter Stalins Führung nicht zum Sozialismus, nicht zu größerer Freiheit und Gleichheit, sondern zu einer totalitären bürokratischen Herrschaft führte. Gegen diese Politik nahm er den Kampf auf und blieb ihr unversöhnlicher Gegner.» Frölich, Paul (1957): 1789. Die große Zeitwende. Von der Bürokratie des Absolutismus zum Parlament der Revolution. Europäische Verlagsanstalt, Frankfurt a. M., S. VIII. Siehe auch: Frölich, Paul (o.D.): Zur Stalin-Legende. SPD-Landesverband Bayern (Hg.). München. Darin schreibt Frölich zu Stalin: «Die Legende wurde planmäßig aufgebaut durch Fälschungen, Unterdrückung und Fabrikation von Dokumenten, durch Erpressung von Lügen aus Augenzeugen, die früher die Wahrheit gesagt, durch Aneignung der Taten und Leistungen Verstorbener, durch die methodische Vernichtung aller Schriften zur Parteigeschichte, die vor der Legende erschienen waren. Und durch die planmäßige Vernichtung fast all der Menschen, die aus eigener Erfahrung die Wahrheit kannten!» (S. 6.).

[6] Der «Internationale Sozialistische Kampfbund» war 1926 als eigenständige Partei aus dem 1917 gegründeten «Internationalen Jugendbund» hervorgegangen, der zur SPD gehörte. Aufgebaut wurde der Bund von dem Philosophie-Professor Leonard Nelson und basierte theoretisch auf den Lehren von Immanuel Kant und Jakob Friedrich Fries, deren Gedanken in die Praxis umgesetzt werden sollten. Der Bund umfasste rund 300 Mitglieder. Für das Parteiorgan des Bundes Der Funke schrieb auch Rosa Luxemburg. 1932 unterstützen zahlreiche namhafte Intellektuelle wie Albert Einstein, Kurt Hiller, Erich Kästner, Käthe Kollwitz, Heinrich Mann, Ernst Toller oder Arnold Zweig die Forderung des Bundes nach einer Zusammenarbeit von KPD und SPD. Bekannt wurde der Kreis für seinen antifaschistischen Widerstand aus dem Pariser Exil heraus. Vgl. www.fes.de/archiv (eingesehen am: 03.01.2018).

[7] Frölich schreibt: «[D]er Sieg der Hitler-Barbarei zeigte mit brutalter Deutlichkeit, daß Rosa Luxemburgs Mahnruf [Sozialismus oder Barbarei, Anm. der Verf.] keine bloße rednerische Phrase gewesen war. Die Zerstörung der Arbeiterbewegung, die Atomisierung der sozialistischen Schichten, die Bücherverbrennung, die Erdrosselung des geistigen Lebens der Nation, die Greul der Konzentrationslager, die Ausrottung ganzer Volksteile, die totale Beherrschung der Gesellschaft durch den Staatsapparat, der totale Krieg mit der unvermeidlichen Niederlage und ihren schrecklichen Konsequenzen – das alles war Verwirklichung der Barbarei.» (12)

[8] Frölich schreibt: «Die Erschütterung der sozialistischen Zukunftshoffnung in breiten Massen war in der Entwicklung zur Barbarei vielleicht die gefährlichste Erscheinung. Die Vorgänge in Rußland, dessen Revolution diesen Hoffnungen einst neue Kraft verliehen hatte, wirkten nun erst recht niederschmetternd auf die internationale sozialistische Bewegung ein. Das Verkümmern der demokratischen Organe in Rußland, die Beherrschung des Volkes durch eine allmächtige Bürokratie, die Ermordung der Kampfgenossen Lenins und schließlich das Bündnis mit Hitler ließen nur noch denen den Glauben an eine sozialistische Politik des russischen Staates, die bereit waren, den kritischen Verstand aufzuopfern.» (12)

[9] Die Seitenzahlen orientieren sich an Frölich (1990).