Publikation Staat / Demokratie - Parteien / Wahlanalysen «Ein Angriff auf uns alle»

Zur 39. Ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/Die Grünen Mitte November 2015 in Halle an der Saale

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Reihe

Online-Publ.

Autor

Jochen Weichold,

Erschienen

November 2015

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«Paris steht für alles, was Europa ausmacht: Christen, Juden, Muslime und Atheisten, die zusammen arbeiten, lernen, leben, ausgehen und feiern, ihnen galt dieser feige Angriff», sagte der Parteichef der Grünen, Cem Özdemir, in seiner Rede zu den Terroranschlägen in Paris, die in besonderem Maße die Besucher der Konzerthalle Bataclan im 11. Arrondissement von Paris trafen. Das Bataclan mit seiner über 150-jährigen Geschichte gilt als das «Herz der kulturellen Diversität von Paris», ein Treffpunkt der Linken unterschiedlicher Couleur, in dem auch die Europäische Grüne Partei demnächst eine Veranstaltung plante. So gilt sicher in mehrfachem Sinne: «Darum ist ein Angriff auf Paris auch ein Angriff auf uns alle.»

Gerade jetzt komme es darauf an, erklärte Özdemir auf dem jüngsten Parteitag der Grünen in Halle an der Saale, unsere Werte hochzuhalten und zusammen zu stehen: «Wir wenden uns gegen jede Art von Fanatismus und Extremismus.» Es müsse möglich sein, die Worte des Propheten zeitgemäß zu interpretieren, je nach Ort und Zeit, ohne dass man um sein Leben fürchten müsse. Und gegen reformunwillige Muslime gewandt, die westliche Werte ablehnen oder attackieren, betonte der Parteichef, der selbst aus einer türkisch-muslimischen Familie stammt: «Kein heiliges Buch steht über den Menschenrechten. Kein heiliges Buch steht über der Verfassung der Bundesrepublik Deutschland.» Der saudische Wahabismus – eine besonders orthodoxe Form des Islam – sei nicht Teil, sondern Quelle des Problems. Özdemir kritisierte daher scharf, dass Deutschland auf der einen Seite an Saudi-Arabien und die Golfstaaten Waffen liefere, auf der anderen Seite aber den IS bezwingen wolle. Diese «Heuchelei und Doppelzüngigkeit» müsse endlich aufhören, wenn der IS und andere Terrororganisationen erfolgreich bekämpft werden sollen.

Die Parteiführung der Grünen hatte angesichts der aktuellen Ereignisse kurzfristig einen Tagesordnungspunkt «Paris» auf die Agenda der 39. Ordentlichen Bundesdelegiertenkonferenz (BDK) der Grünen gesetzt, die vom 20. bis zum 22. November 2015 auf dem Halleschen Messegelände tagte. Ein Tagesordnungspunkt, der sich – wie sich zeigen sollte – organisch mit den zentralen Themen des Parteitags verband: zum einen mit der Asyl- und Einwanderungspolitik und zum anderen mit der Wirtschafts- und Klimapolitik. Darüber hinaus befassten sich die rund 750 Delegierten mit Fragen der Familien- und Arbeitszeitpolitik und mit dem Haushalt der Partei. Sie wählten den Bundesvorstand, den Parteirat und das Bundesschiedsgericht der Partei neu und verabschiedeten Änderungen der Satzung und der Geschäftsordnung der BDK. Mit dem Beschluss «Grüner Aufbruch 2017» orientierten die Delegierten die grüne Parteimitgliedschaft bereits jetzt auf die Bundestagswahl im Jahr 2017, bei der Die Grünen «als die programmatisch progressive Reformkraft der linken Mitte», wie sich selbst definieren, die «Große Koalition des Stillstands» ablösen wollen, um «unser Land grün [zu] verändern».

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