Die vorliegende Studie vergleicht die Krankenhausplanungen in allen 16 Bundesländern und untersucht ihren historischen Verlauf. Drei wesentliche Punkte werden dabei herausgearbeitet:
Erstens hat die Krankenhausplanung seit Einführung mit dem Krankenhausfinanzierungsgesetz von 1972 in der Bundesrepublik verschiedene Entwicklungsphasen durchlaufen. Die anfänglich verfolgte Sachplanung wurde zugunsten finanzieller Steuerungen zurückgedrängt. Das bedeutet, dass die Krankenhausplanung immer weiter abgenommen hat oder nur dem Abbau von Bettenkapazitäten diente. Faktisch fand also in den zurückliegenden Jahren kaum mehr eine Planung durch die Länder statt.
Zweitens zeichnet sich in der aktuellen Situation eine Rückbesinnung auf die Krankenhausplanung ab. Wie die Modellprojekte für Nordrhein-Westfalen zeigen, hat diese jedoch wenig mit einer bedarfsgerechten Planung zu tun, vielmehr erfolgt über die Vorgabe von Qualitätsstandards und Mindestmengen eine weitere Reduzierung von Krankenhauskapazitäten. Planung wird als Chiffre genutzt, um das durchsetzen, was mithilfe von finanzieller Steuerung (sprich: Kostendruck) in der Vergangenheit nach Meinung von Bertelsmann und Co. nicht ausreichend gelungen ist.
Der kritische Blick auf die Planungen der Länder und aktuelle Diskussionen zur Versorgungsstruktur mündet in der Studie drittens in einer Skizze von Ansätzen einer alternativen Bedarfsplanung. Hier wird der Horizont einer Planung entworfen, die sich mit dem Begriff der Bedarfsgerechtigkeit auf eine dem gesellschaftlichen Bedarf angemessene geografische und fachliche Verteilung von Gesundheitsdienstleistungen richtet, aber auch Fragen nach demokratischer Ausgestaltung stellt.
In diesem Sinne bietet die Studie einen umfassenden historischen sowie länderspezifischen Überblick über die Entwicklungen der Krankenhausplanung in Deutschland. Dieser hilft dabei, die Debatten um die Versorgungsstrukturen kritisch zu beleuchten, und liefert zugleich Ansatzpunkte und Argumente für eine bedarfsgerechte Planung. Und diese sind dringend notwendig im aktuellen Streit für ein öffentliches und demokratisches, solidarisch ausfinanziertes und geschlechtergerechtes Gesundheitssystem, in dem die Bedürfnisse der Menschen im Zentrum stehen sollten.
Julia Dück im Vorwort
Zum Autor
Thomas Böhm war im Klinikum Stuttgart als Chirurg tätig. Dort war er bis 2011 auch Personalratsvorsitzender. Für ver.di war er Bezirksvorsitzender in Stuttgart und ist jetzt Mitglied im Landesfachbereichsvorstand Gesundheit, Soziale Dienste, Bildung und Wissenschaft Baden-Württemberg. Für ver.di ist er Mitglied im Landeskrankenhausauschuss der Landesregierung und im Verwaltungsrat des Klinikums Stuttgart. Für ver.di arbeitet er auch aktiv im Bündnis Krankenhaus statt Fabrik mit. Er beschäftigt sich seit Jahren schwerpunktmäßig mit den Themen Krankenhausfinanzierung und Krankenhausplanung.