Publikation Sozialökologischer Umbau Die Automobilindustrie: Es geht um mehr als den Antrieb

Eine Studie im Rahmen des Projekts «Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie»

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Reihe

Studien

Autorin

Antje Blöcker,

Erschienen

Juni 2022

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In der Automobilindustrie hat die industrielle Transformation in den letzten fünf Jahren sehr deutlich an Fahrt aufgenommen. Diese Transformation besteht vor allem in einem Wandel hin zu einem Auto der Zukunft, das elektrisch, vernetzt, automatisiert und geteilt sein wird. Elektromobilität und die Digitalisierung von Prozessen und Produkten sind zentrale Anknüpfungspunkte für die Automobilkonzerne, um Wertschöpfungsketten neu zu justieren, neue branchenfremde Akteure zu integrieren und neue Geschäftsmodelle aufzubauen.

Die Untersuchung ist Teil des von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderten und von dem gemeinnützigen Verein «Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik» unterstützten Projekts «Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie», in dessen Rahmen sieben weitere Studien entstanden sind.

Im Zuge dessen kommt es zu großen Umbrüchen in den tradierten Hersteller-Zulieferer-Beziehungen, die von pyramidenförmigen und hierarchischen Machtstrukturen geprägt sind – obwohl circa 70 Prozent der automobilen Wertschöpfung von unterschiedlichen Zulieferer- Stufen (Tier-1 bis Tier-n) erbracht werden. Mit Blick auf die Elektromobilität geht es vor allem um eine Antriebswende weg vom konventionellen Verbrennungsmotor (internal combustion engine, ICE) – also vom Benzin- und Dieselmotor –, weil die umweltpolitischen Anforderungen an die CO2-Flottenziele der Automobilkonzerne den Ausstieg aus dem Verbrenner- Geschäft bis spätestens 2035 forcieren. Der diesbezügliche Forschungsstand bestätigt, dass es sehr eindeutig in Richtung der konzerneigenen Fertigung von E-Antrieben geht. Alle Autohersteller, die Ende des Jahres 2021 einen Elektro-Anteil zwischen acht und 13 Prozent ihrer Gesamtproduktion hatten, wollen spätestens bis zum Jahr 2030 die E-Antriebe auf mindestens 50 Prozent der Produktion erhöhen. Dafür werden die Produktionssysteme, die Fabrik und Arbeitsorganisationen seit 2020 verstärkt umgestellt. In mittelbarer Zukunft geht es um völlig neue digital-skalierbare und standardisierte Antriebsplattformen (BMW Neue Klasse, VW New Auto etc.), was einen erheblichen Einfluss auf die arbeits- und standortpolitischen Aushandlungsprozesse zwischen den Arbeitgeber- und Arbeitsnehmerfraktionen bezüglich Modell- und Kompetenzzuschreibungen haben wird. Was den Forschungsstand zu den Beschäftigungswirkungen der Transformation betrifft, sind E-Mobilität und Digitalisierung nicht mehr getrennt zu betrachten.

Verlierer sind die Komponentenwerke der Konzerne (weniger die fahrzeugbauenden Werke) und vor allem die zahlreichen Zulieferer, die sich auf Komponenten für den Verbrenner spezialisiert haben. Bei den Handlungskonzepten der betroffenen Akteure – bei Industrieverbänden, Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretungen – geht es einvernehmlich um den Erhalt der gesamten automobilen Wertschöpfung in Deutschland. Das wird heute und in Zukunft nicht konfliktfrei und konsensorientiert verlaufen. Umwelt-, Klima- und soziale Bewegungen fordern dagegen eine echte Verkehrswende, die mehr ist als eine Antriebswende.

Inhalt

  • Zusammenfassung
  • Einleitung
  • Allgemeine Branchencharakteristika
    Beschäftigtenzahlen
    Qualifikation der Beschäftigten
  • Treiber und Rahmenbedingungen der Transformation
    CO2-Ziele und gesetzliche Vorgaben
    Mit der Transformation verbundene Prozesse
    - Globalisierung und veränderter Wettbewerb
    - Digitalisierung/Automotive 4.0
    - Wandel der Geschäftsmodelle
  • Instrumente, Felder und Erfolgsbedingungen der Transformation
    Technologieinnovationen und damit verbundene Kosten
    (Infrastruktur-)Voraussetzungen
    Staatliche Programme
    Einbettung des Umbaus in eine Verkehrs- und Energiewende
  • Absehbare Konsequenzen für die Arbeit
    Produktionssysteme und Arbeitsorganisation
    Quantitative Beschäftigungseffekte
    Qualitative Beschäftigungseffekte
  • Herangehen der Akteure
    Verband der deutschen Automobilindustrie und Arbeitgeberverband Gesamtmetall
    IG Metall
    Gemeinsame Initiativen der Verbände
    Nichtregierungsorganisationen
    Regierungshandeln im politischen Mehrebenensystem
  • Zusammenfassung und offene Fragen
  • Literatur
  • Abkürzungsverzeichnis

Zu Autorin

Antje Blöcker ist Sozialwissenschaftlerin; sie hat sich an der Technischen Universität Braunschweig und am Wissenschaftszentrum Berlin auf arbeitspolitische Herausforderungen im Zusammenhang mit globalen Wertschöpfungsketten sowie auf Produktionssysteme der Automobilindustrie spezialisiert. Als aktives Mitglied der IG Metall und des Gesprächskreises Zukunft Auto Umwelt Mobilität (ZAUM) der Rosa-Luxemburg-Stiftung beteiligt sie sich an den aktuellen Debatten zur Transformation deutscher Industriebetriebe. Sie lebt seit vielen Jahren in der Region Salzgitter-Peine, die vom Umbau (VW und Salzgitter Stahl) besonders betroffen ist.

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