Der sozial-ökologische Umbau ist umkämpft wie nie, rechte Parteien und Einstellungen gewinnen an Zuspruch. Das hat vielfältige Gründe. Einer ist sicherlich, dass die Ampel-Regierung daran scheitert, die finanziellen Lasten, die aus der Transformation erwachsen, gerecht umzuverteilen, und Perspektiven zu eröffnen, wie die Transformation ein besseres Leben für die Vielen ermöglichen kann. Vielmehr stellt die Zukunft sich für etliche Menschen als bedrohlich dar: Weil sich der Klimawandel immer rasanter zuspitzt, jedoch die politischen Weichenstellungen um Jahre hinterherhinken. Weil die notwendigen Transformationen Ängste auslösen. Aber eben auch, weil finanzielle Belastungen – nicht nur im Zuge der Dekarbonisierung der Wirtschaft – wachsen und zugleich die Systeme der öffentlichen sozialen Daseinsvorsorge weiter in die Krise geraten. Damit wird der Alltag für viele Menschen immer herausfordernder und eine positive Zukunftsvision ist nicht in Sicht.
Klar ist: Solch eine positive Zukunftsvision hat viele Facetten und Bausteine. Die Frage danach, was ein klimagerechteres, aber eben auch sozialeres und demokratischeres Energiesystem ausmacht, gehört unbedingt dazu. In diesem Sinne haben sich die Autor* innen dieser Studie, allesamt organisiert bei communia, in ihrer Arbeit dem Ziel verschrieben, in enger Zusammenarbeit mit Akteuren der Klimabewegung die Möglichkeiten und Potenziale einer demokratischen Energiewende voranzubringen.
«Energiedemokratie», auch im Sinne einer dezentralen, öffentlichen sowie genoss*innenschaftlichen Energieproduktion, die demokratisch organisiert und geplant werden sollte, aber auch die Rekommunalisierung von Stadtwerken, die Vergesellschaftung der Netzinfrastrukturen und vieles mehr sind schon seit langem Orientierungspunkte der Partei Die Linke und Gegenstand zahlreicher Projekte der Rosa-Luxemburg-Stiftung.
Die vorliegende Akteurs- und Strategieanalyse stellt nun eine wichtige Aktualisierung dar und ist ein Baustein in einem größeren communia-Projekt. Sie analysiert in einem ersten Teil (Kapitel 1 und 2), in welchen politischen Konjunkturen und Kräfteverhältnissen derzeit um eine sozial-ökologische Transformation gerungen wird. Auf dieser Grundlage lotet die Analyse in einem zweiten Teil (Kapitel 3 und 4) Potenziale und Bedingungen für ein emanzipatorisches Gegenprojekt aus, das die Eigentumsfrage und Forderungen nach Vergesellschaftung im Energiesektor ins strategische und mobilisierende Zentrum stellt. Denn an der Eigentumsfrage scheitert vieles. Zwar gehören die großen Energiekonzerne längst auch zu den großen Playern im Feld der erneuerbaren Energien, sie halten aber weiterhin am fossilen Geschäftsmodell fest. Das Zurückdrängen fossilistischer Beharrungskräfte kann aber nur gelingen, wenn die gesellschaftliche Verfügungsmacht über zentrale Felder wie die Energieversorgung demokratisch ausgeweitet wird und jegliche Investitions- und Versorgungspolitiken tatsächlich an ökologischen und sozialen Kriterien ausgerichtet werden. Sei es bei Fragen des schnelleren, aber eben auch konsequent sozialverträglichen Ausstiegs aus fossilen Energieträgern oder sei es bei der Prämisse, dass die Versorgung mit einem lebensnotwendigen Gut wie Energie kein Feld für profitgetriebene Privatinteressen sein sollte, sondern dem Gemeinwohl zu dienen hat.
Es ist das Verdienst dieser Studie, die Ausgangsbedingungen für solche politischen Kämpfe einzuordnen und Gedanken für Kampagnen und Projekte der politischen Praxis und Organisationsformen zu formulieren. So trägt die Untersuchung hoffentlich dazu bei, Akteure zu orientieren und zu inspirieren, die sich infolge der wichtigen Vergesellschaftungsdebatte um die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen auf den Weg gemacht haben, eine klimagerechte und demokratische Welt auch im Energiesektor voranzutreiben und eine positive Zukunftsvision zu prägen, die mehr Menschen für ein emanzipatorisches Gegenprojekt gewinnt und der Ohnmacht entgegenwirkt.
Eva Völpel, Referentin für Wirtschafts- und Sozialpolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung