«Applaus ist nicht genug», so lautete der Titel der 2021 erschienenen Vorgängerbroschüre zum Thema Gesundheitswesen. Sie war wie alle Diskussionen in dieser Zeit stark von der Corona-Pandemie geprägt. Die Bedeutung der Gesundheitsarbeiter*innen, insbesondere der Pflegekräfte, war endlich ins Zentrum gesellschaftlicher Aufmerksamkeit gerückt. Nach dem Ende der Pandemie sind die Debatten jedoch wieder ins alte Fahrwasser geraten: So wird zum Beispiel über zu viele Krankenhäuser in Deutschland geklagt. Dies ist auch der Hintergrund für die seit 2022 von der Ampelkoalition auf den Weg gebrachte Krankenhausreform, die angeblich der Entökonomisierung des Kliniksystems und einer Qualitätsverbesserung der Versorgung dienen soll. Doch stimmt das?
Wir greifen in dieser Broschüre einige neue und viele zum Teil bereits jahrzehntealte Streitpunkte und Kontroversen auf, die sich mit den angekündigten Plänen der Regierung etwa zur Militarisierung des Gesundheitswesens noch verschärfen werden. Die meisten beziehen sich auf die Situation in den Krankenhäusern, auf die Art, wie diese finanziert und organisiert werden. Denn das hat drastische Auswirkungen auf die Versorgung von Patient*innen und die dortigen Arbeitsbedingungen. Wir wollen deswegen genauer hinschauen und fragen: Welche Diagnosen werden gestellt und welche Begrifflichkeiten werden dabei verwendet? Welche Therapien bzw. Lösungen werden angeboten und welche Interessen stecken hinter diesen Vorschlägen?
Genau hinzuschauen ist deswegen so wichtig, weil die öffentliche Debatte von Mythen, ideologischen Argumenten und Halbwahrheiten bestimmt ist. Es geht hier um sehr viel Geld, um mächtige Interessen, um mehr als zehn Prozent aller Beschäftigten im Land und um einen gesellschaftlichen Bereich, der immer noch nicht vollständig kapitalistischen Verhältnissen unterworfen ist. Es handelt sich also bei der Gesundheitsversorgung um ein heiß umkämpftes Feld. Zugleich bedarf es Überlegungen und Konzepte, wie wir diese solidarischer und gerechter gestalten können. Es ist höchste Zeit, sich mit Argumenten und Reformvorschlägen für die Debatten und Kämpfe rund um das Krankenhaus- und Gesundheitswesen zu wappnen, die sich in nächster Zeit noch zuspitzen werden. Diese Broschüre will Orientierung, Anregungen und Hilfestellung dafür bieten.
Inhalt
- «Die Kosten im Gesundheitswesen explodieren»
- «Gesetzlich Versicherte müssen künftig tiefer in die eigene Tasche greifen»
- «Eine Bürgerversicherung würde dem Gesundheitssystem schaden»
- «Weniger Krankenhäuser bedeuten bessere Qualität»
- «Lauterbachs Reform schafft Fallpauschalen ab und dient der Entökonomisierung des Krankenhauswesens»
- «Ein Zurück zur Selbstkostendeckung der Krankenhäuser ist nicht wünschenswert»
- «Mit Künstlicher Intelligenz und ausländischen Fachkräften den Pflegenotstand beheben»