Seit Oktober 2023 wütet im Gazastreifen ein verheerender Krieg. Die Informationen über die hohe Anzahl ziviler Opfer, die Vertreibung nahezu der gesamten Bevölkerung innerhalb des Küstenstreifens, das Ausmaß an Zerstörung von Gebäuden, Infrastruktur und landwirtschaftlichen Flächen, die Hungersnot sowie der Ausbruch von Polio übersteigen unser Vorstellungsvermögen und sind kaum auszuhalten.
Ausgelöst wurde dieser Krieg durch das brutale Massaker der islamistischen Hamas an israelischen Zivilist*innen am 7. Oktober 2023. Die israelische Regierung legitimiert ihn mit dem Recht Israels auf Selbstverteidigung und führt ihn mit dem Ziel, die Hamas zu zerstören und die israelischen Geiseln zurückzuholen. Doch längst trägt dieser Krieg andere Züge: Während selbst israelische Militärberater*innen davor warnen, dass sich die Hamas militärisch nicht besiegen lässt, und in Israel Zehntausende Menschen auf Großdemonstrationen deutlich machen, dass sie ihrer Regierung nicht abnehmen, die Geiseln durch den Militäreinsatz befreien zu können oder zu wollen, hält diese an ihrer Kriegsführung fest – ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung im Gazastreifen.
Als Rosa-Luxemburg-Stiftung haben wir unmittelbar nach dem 7. Oktober und dem Beginn des Krieges das Online-Dossier «Gegen die Logik der Gewalt» zusammengestellt und fortlaufend ergänzt, um kritischen Stimmen und kenntnisreicher Reflexion Raum zu geben. Dabei haben wir uns, wie auch in unserer Arbeit in Palästina und Israel, einer doppelten Solidarität verpflichtet, die unbedingt machtkritisch ist und Machtasymmetrien zwischen Israel und Palästina kritisch reflektiert. Für unsere Arbeit vor Ort und die politischen Diskurse zu Israel und Palästina bedeutet das, dass wir die Prinzipien des Völkerrechts und der Menschenrechte als zentrale Orientierungsrahmen verstehen und einen universalen humanistischen linken Ansatz vertreten, der Freiheit, Gerechtigkeit und Gleichheit für alle Menschen fordert.
Wir bemühen uns, historische Erzählungen und Erinnerungen, Traumata und Schmerz der Menschen in Israel und Palästina nicht nur anzuerkennen, sondern ihnen auch eine Stimme zu geben. Wir sind uns der Besonderheit des deutsch-jüdischen und deutsch-israelischen Verhältnisses bewusst, aber stellen uns dagegen, wenn es für rechte Interessen und rechtes Regierungshandeln instrumentalisiert wird. Über unsere Büros in Tel Aviv und Ramallah sind wir Teil eines gewachsenen Netzwerks linker Akteure vor Ort, mit denen wir uns solidarisch austauschen und von denen wir lernen.
Mit der vorliegenden Publikation präsentieren wir eine Auswahl von Texten, die primär Palästina in den Blick nehmen, da diese Perspektiven in der deutschsprachigen Debatte noch immer marginalisiert sind. Die Autor*innen der Textsammlung sind Kolleg*innen der Stiftung oder gehören zu ihrem politischen Netzwerk.