Unser Staat ist nach Artikel 20 des Grundgesetzes ein Sozialstaat. Daraus folgt, dass er ein letztes Netz sozialer Sicherheit zu spannen hat für all jene, die ihr Einkommen nicht aus eigener Kraft bestreiten können und bei denen auch die vorgelagerten staatlichen Sicherungssysteme, wie etwa das Arbeitslosengeld I oder die gesetzliche Rentenversicherung, keinen ausreichenden Schutz vor Armut bieten. Für alte oder erwerbsunfähige Menschen ist es die Grundsicherung in der Sozialhilfe, die das leisten soll. Für Arbeitssuchende und ihre Familien ist es das seit 2023 so genannte Bürgergeld, vormals im Volksmund als «Hartz IV» bekannt. Anrecht darauf hat jeder Mensch, dessen Einkommen unter einer bestimmten, sehr niedrig bemessenen Grenze liegt und dem auch keine Mitglieder der Haushaltsgemeinschaft beispringen können. Auch müssen Betroffene bereit sein, Angebote der Arbeitsvermittlung anzunehmen.
Einfach formuliert geht es darum, denjenigen zu helfen, die sich nicht allein helfen können, und sie nach Möglichkeit wieder in die Lage zu versetzen, ohne Unterstützung zurechtzukommen – für eine humane und aufgeklärte Gesellschaft eine Selbstverständlichkeit, sollte man meinen.
Dennoch steht das Bürgergeld ganz erheblich in der Kritik – und mit dem Bürgergeld auch die Menschen, die auf diese sozialstaatliche Leistung angewiesen sind. Warum ist das so?
Ein Grund dafür sind wirkmächtige «Mythen», Irrtümer, Behauptungen und auch Lügen, die insbesondere von neoliberaler Seite kampagnenartig ins Land getragen werden. So wird den Arbeitslosen oft Arbeitsunwilligkeit unterstellt; das Bürgergeld sei so hoch, dass sich Arbeit für viele gar nicht mehr lohne. In der Folge verweigere sich eine große Zahl von Arbeitslosen der Vermittlung in Arbeit und entziehe sich der Zusammenarbeit mit den Jobcentern. Härtere Sanktionen gegen solche «Verweigerer» bis hin zur kompletten Streichung des Bürgergelds seien zwingend notwendig, zumal der Kostenanstieg für das Bürgergeld wieder aufgefangen werden müsse. Diese und andere Behauptungen sollen in der vorliegenden Broschüre geprüft werden.
Inhalt
- «Bürgergeld verhindert Armut»
- «Die Regelsätze sind Ergebnis objektiver statistischer Berechnungen»
- «Das Bürgergeld ist nicht mehr finanzierbar»
- «Bezieher*innen von Bürgergeld gehen in der Regel keiner Tätigkeit nach»
- «Es gibt eine große Zahl von Arbeitsverweigerern im Bürgergeldbezug»
- «Das Bürgergeld untergräbt die Arbeits- und Leistungsmoral»
- «Sanktionen bei Pflichtversäumnissen sind unverzichtbar»
- «Es gibt zu viele Ausländer im Bürgergeldbezug»
- «Die Einführung von Hartz IV war volkswirtschaftlich notwendig»
- «Mit dem Bürgergeld wurde Hartz IV grundlegend reformiert und überwunden»
- Mythen fallen nicht vom Himmel, sie werden gemacht – eine Schlussbemerkung