Publikation Jahresbericht 2024

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Headerbild Jahresbericht 2024 Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen. Foto einer Demonatration gegen Rechts

Liebe Freundinnen und Freunde der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen,
liebe an unserer Arbeit Interessierte,

der Krisenmodus ist inzwischen zum Normalzustand geworden. Global überschlagen sich weiterhin die Entwicklungen, die Auswirkungen der Erschütterungen sind weltweit zu spüren. Dabei sind es insbesondere die unteren Klassen, die die Folgen von Klimakatastrophe, Kriegen und Faschisierung zu tragen haben.

Das Jahr 2024 war ein Jahr der Klima-Negativ-Rekorde. Diese zeigten sich in beispiellosen Hitzewellen, Dürren und katastrophalen Überschwemmungen. In Ländern des Globalen Südens zerstören diese die Lebensgrundlagen von Millionen Menschen. Hungersnöte, politische Instabilität und Massenflucht sind die Ergebnisse. Rette sich, wer es sich leisten kann, wird zunehmend zur Devise. Als dezidiert linkes Bildungswerk, dass sich als Scharnier zwischen sozialen Bewegungen, Wissenschaft, Gewerkschaft und Parteien versteht, stellt uns diese Entwicklung selbstverständlich vor Herausforderungen. Zum einen versuchten wir an dieser Stelle mit Veranstaltungen wie der Bündnis-Konferenz „EINS KOMMA FÜNF Grad am Limit“ vom letzten Mai in Hannover oder der Workshops-Reihe „Kapitalismus und Natur“ Ursachen und Folgen der durch die kapitalistische Produktionsweise hervorgerufenen Katastrophe zu analysieren und gleichzeitig Menschen zu befähigen, diese Analysen in die politischen Debatten offensiv einzubringen. Gleichzeitig möchten wir auch der Resignation und der zunehmenden Hoffnungslosigkeit in der Klimabewegung entgegenzutreten und Aktiven Räume zum Austausch, zur Diskussion politischer Strategien und insgesamt zum Durchatmen anzubieten. Hierzu starteten wir im November in Zusammenarbeit mit weiteren Landesstiftungen im Stiftungsverbund der RLS den Kurs „Weltverändern in Zeiten der Kippunkte“ in Hannover.

In der deutschen Debatte und Politik sind manche bewaffneten Konflikte und Kriegen und deren Folgen jedoch weitaus präsenter als die Klimakatarstrophe. Auch als Rosa-Luxemburg-Stiftung haben wir uns im letzten Jahr mit mindestens 14 unserer Veranstaltungen landesweit internationalen Konflikten gewidmet. Unter anderem war Jan van Aken für zwei Veranstaltungen unter dem Titel „Jenseits des Krieges. Wie Sicherheit nicht nur militärisch gedacht werden kann“ in Osterholz-Scharmbeck und Salzgitter. Die Auseinandersetzung mit den Themen Krieg und Frieden war zahlenmäßig Hauptthema im vergangen Jahr.

Die vielen Krisen schreien geradezu nach solidarischen Lösungen und (welt-)gemeinschaftlichen Anstrengungen. Doch in Europa und den USA scheint man davon derzeit so weit entfernt, wie lange nicht. Die nationalistisch-autoritäre Wende schritt auch im letzten Jahr weiter voran. Nach den Veröffentlichungen der Medienredaktion CORRECTIV Anfang 2024 zu den massenhaften Deportationsplänen der extremen Rechten in Deutschland, regte sich jedoch auch Widerstand gegen die Faschisierung. Millionen Menschen brachten ihren Protest gegen Rechtsruck und Rassismus auf die Straßen und Plätze. Es handelte sich um die größte antifaschistische Massenmobilisierung in der Geschichte der Bundesrepublik. Und diesen Schwung spürten auch wir bei unseren Angeboten. Sowohl die „Antifaschistische Sozialkonferenz“ in Hannover als auch die „Vernetzungstagung zur Förderung der zivilgesellschaftlichen Bündnis- und Netzwerkarbeit“ in Hustedt beide fanden im Januar statt – , als auch unsere Workshops zum Umgang mit rechten Aussagen in Alltagssituationen waren restlos aus- bzw. überbucht. Mit dem Kooperationsprojekt „Antifaschitische Jugendkonferenz“ und der „Pastasciutta Antifascista“ in Gifhorn und Stade wurden Orte der Vernetzung und zum gegenseitigen Bestärken geschaffen und auch bei den „17. Braunschweiger Gramsci-Tagen“ im Oktober wurde über aktuelle Herrschaftsstrategien des Kapitals, die autoritäre Formierung der Wirtschaft und die Möglichkeiten unserer solidarischen Gegenwehr mit vielen Aktiven angeregt diskutiert.

Während die extreme Rechte in vielen europäischen Staaten an Zustimmung gewinnt, was sich schließlich bei den Wahlen zum Europäischen Parlament zeigte, geschah in den USA das im Grunde unfassbare: Eine Mehrheit der US-Amerikaner:innen entschied sich bei der Wahl zur Präsidentschaft im November für den verurteilten Straftäter und Rechtsradikalen Donald J. Trump. Sein politisches Ziel scheint deutlich: Die Zerstörung des demokratischen Systems der USA, wie wir es kennen. Führende US-Unternehmer:innen und zahlreiche Multimilliardäre unterstützen ihn dabei bereitwillig. Was die Hintergründe dieser Entwicklung sind, diskutierten wir bereits im Vorfeld der Wahlen mit dem Leiter des RLS-Büros in New York, Stefan Liebich, der im Rahmen der Speakers-Tour „Wird Amerika wieder «great»?“ auch in Niedersachsen Halt machte. Warum autoritäre Politik auch hierzulande so großen Anklang findet, und was dagegen getan werden kann, bleibt ein Thema, mit dem wir uns, auch in eigenem Interesse, weiter beschäftigen müssen.

Und während sich global eine Krise an die andere reihte, zerlegte sich in Deutschland die sogenannte „Ampel-Regierung“ aus SPD, Grünen und FDP nach einer beispiellosen Posse selbst und beendete ein Zweckbündnis, dessen Zweck im Grunde niemand wirklich durchschaute. Die drängenden gesellschaftlichen Fragen dieser Tage, die horrenden Mieten, die hohen Lebensmittelpreise, die marode Infrastruktur oder die Krise des Gesundheitssystems konnten oder wollten sie auch nicht im Ansatz lösen. Stattdessen formiert man sich im Bundestagswahlkampf zur Phalanx gegen Migrant:innen und Bürgergeldempfänger:innen.

Eigentlich Zeiten, in denen eine dezidiert linke politische Kraft in Deutschland Konjunktur haben sollte. Doch die deutsche Linke, allen voran die Partei Die Linke, kämpfte im vergangenen Jahr weiter gegen die Erosion und ihre eigene Bedeutungslosigkeit. Im Januar 2024 gründete sich zudem eine neue politische Partei aus einer Abspaltung der Linken, die sich den kuriosen Namen „Bündnis Sarah Wagenknecht“ gab. Die Neugründung stellte auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung im vergangenen Jahr vor Herausforderungen, beteiligten sich an ihr doch nicht wenige ehemalige Mitglieder der Linken. Für uns als Stiftungsverbund steht jedoch fest, nicht zuletzt durch den erheblichen Schaden, den das BSW der uns nahestehenden Partei zugefügt hat: das BSW kann und wird kein Partner sein. Zu Redaktionsschluss dieses Jahresberichts, noch vor der Bundestagswahl 2025, scheinen sich die politischen Verhältnisse etwas verändert zu haben und in der gesellschaftlichen Debatte wird deutlich, dass eine soziale bzw. sozialistische Politik, eine Stimme, die sich konsequent und klar gegen die rassistische Hetze hierzulande auflehnt und die sich solidarisch an der Seite der Betroffenen von Krieg, Terror und Klimawandel weltweit positioniert, nicht nur gebraucht, sondern auch gewollt wird. Hier sehen auch wir uns als Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen.

Wir werden weiterhin unseren aktiven Beitrag dazu leisten, die fortschrittlichen und solidarischen politischen Kräfte mit Angeboten zu theoretischen Grundlagen, praktischer Analysefähigkeit und Wissen zu aktuellen Entwicklungen zu begleiten und sie auch ganz konkret mit Angeboten wie unserer Bildungsreihe „Politisch was bewegen. Weiterbildung für das Engagement“, unseren zahlreichen Angeboten für die Kommunalpolitik unter dem Stichwort „Stadt.Land.Links.“ und einführenden Veranstaltungen zu Klima-, Gesundheits-, Mieten- und Sozialpolitik zu unterstützen. Der hohe Zuspruch zu unseren Angeboten macht uns Mut!

Der vorliegende Jahresbericht soll einen Überblick über unsere Aktivitäten im vergangenen Jahr bieten und zur aktiven Mitarbeit einladen. Wie wünsche viel Vergnügungen bei der Lektüre.

Alle Jahresberichte der RLS Niedersachsen seit 2008 finden sich unter: https://nds.rosalux.de/texte-und-publikationen/jahresberichte