Hintergrund | Erinnerungspolitik / Antifaschismus - Soziale Bewegungen / Organisierung - 8. Mai 1945 Überlebende aus der Hölle des Faschismus

Die Anfänge der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes zwischen Aufbruch und Ernüchterung

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Autor*in

Maxi Schneider,

Gruppenbild der Tagungs-Teilnehmer der Lagergemeinschaft Dachau, am 30./31.11.1948, in Sömmerda/Thüringen
Die Mitglieder der frühen VVN organisierten sich bewusst zonenübergreifend, überparteilich und überkonfessionell. Die Einheit aller Antifaschist*innen war für sie eine zentrale Lehre der Nazi-Zeit. Tagung der Lagergemeinschaft Dachau, am 30./31.11.1948, in Sömmerda/Thüringen, Foto: Archiv der VVN-BdA Bund/Berlin

«Dem Sozialismus gehört die Zukunft» – diese Überzeugung, die ehemalige Häftlinge des KZ Dachau 1948 bei ihrer Zusammenkunft in den Vordergrund stellten, teilten viele der am 8. Mai-Befreiten. Eng verbunden mit der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) hatten sie sich organisiert, um über Zonen- und Ländergrenzen hinweg am Aufbau einer demokratischen Gesellschaft mitzuwirken.

Maxi Schneider ist Historikerin und Referentin für Geschichts- und Erinnerungspolitik bei der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN-BdA e.V.).

Die Mitglieder der frühen VVN waren allesamt Verfolgte. Die 68 Delegierten der ersten Interzonalen Konferenz vom 15. bis 17. März 1947 saßen im Schnitt über sechs Jahre in den Konzentrationslagern und Zuchthäusern der Nazis. Mit dieser Interzonenkonferenz formierte sich die VVN in Frankfurt am Main als gesamtdeutsche Organisation. Ihre Struktur war in höchstem Maße föderal und ihre Entwicklung, insbesondere in den früheren Jahren von großen Ungleichzeitigkeiten geprägt. Die bedingungslose Kapitulation Nazi-Deutschlands am 8. Mai 1945 aber war für sie alle der Tag der Befreiung vom Faschismus und markierte das Ende der direkten Verfolgung, der rohen Gewalt, der ständigen Lebensgefahr, der Illegalität, der Gefangenschaft und des Exils. Sie waren – wie Ottomar Geschke, Vorsitzender der VVN in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ), es formulierte – «Überlebende aus der Hölle des Faschismus».[1]

In allen Zonen gründeten sich kurz nach dem 8. Mai 1945 antifaschistische Komitees und Ausschüsse, um der dringendsten Probleme Herr zu werden und den Übergang in den neuen Alltag zu organisieren. Die Überlebenden, die sich in diesen Vorläufern der VVN engagierten, wollten von Beginn an mehr sein als ein Interessenverband der Opfer. Der 8. Mai brachte ihnen neben ihrer Befreiung auch die Hoffnung auf grundlegende gesellschaftliche Veränderungen. Man sei «gestern eine Gemeinschaft der Opfer und Verfolgten» gewesen, schrieb Hans Mayer als Landesvorsitzender der VVN Hessen in der Frankfurter Rundschau anlässlich der Interzonenkonferenz 1947, «heute» bilde man «eine Gemeinschaft der Warner und der politischen Kämpfer».[2]

«Ihnen der Lorbeer, unser die Pflicht»[3]

Aus ihren Erfahrungen als Verfolgte leiteten sie einen klaren Gestaltungsanspruch ab. Als Vertreter*innen des «anderen Deutschland» erwarteten sie Anerkennung für die Opfer, die sie gebracht hatten und forderten eine tragende Rolle innerhalb der wiederaufzubauenden Gesellschaft ein. Mehr als zwölf Jahre lang hatten sie gewarnt und waren nicht gehört worden. Zukünftige Sicherheit für die Welt könne es nur geben, wenn der Neuaufbau «von den erprobten demokratischen Kräften des ganzen Volkes getragen» würde, von «Männern und Frauen, die für ihre politische und religiöse Überzeugung […] gekämpft und gelitten hatten»[4], so die Delegierten 1947 in der einstimmig angenommenen Hauptresolution. Sie fühlten sich insbesondere ihren ermordeten Kamerad*innen gegenüber verpflichtet, die nicht umsonst gestorben sein sollten – für die Überlebenden sowohl eine Quelle der Kraft als auch eines ungeheuren Drucks, der auf ihnen lastete.

Die meisten Mitglieder der frühen VVN waren Kommunist*innen, Sozialdemokrat*innen und Gewerkschafter*innen. Menschen mit jüdischen Wurzeln und unterschiedlichen Weltanschauungen befanden sich in ihren Reihen genauso wie Angehörige des christlichen Widerstands, Liberale, und Konservative. Viele unter ihnen hofften auf eine – wie auch immer geartete – sozialistische Gesellschaftsordnung. Der 8. Mai eröffnete in dieser Hinsicht ein Möglichkeitsfenster. Auch außerhalb linker Kreise gab es einen breit geteilten antifaschistischen Konsens. Dieser schloss neben Entnazifizierung und Entmilitarisierung auch eine sozioökonomische Umgestaltung durch die Sozialisierung von Schlüsselindustrien und Großbanken sowie die Demokratisierung des gesamten gesellschaftlichen Lebens mit ein.

Die Mitglieder der frühen VVN organisierte sich bewusst zonenübergreifend, überparteilich und überkonfessionell. Die Einheit aller Antifaschist*innen war für sie eine zentrale Lehre der Nazi-Zeit. Sie konnten nicht ahnen, wie isolierend und repressiv sich der virulente Antikommunismus der jungen BRD auswirken und mit welchen Schwierigkeiten – bis hin zu mehreren Verbotsversuchen durch die Bundesregierung – sie konfrontiert sein würden. Auch das Ausmaß parteipolitischer Instrumentalisierung in der SBZ bzw. DDR, die 1953 in der Zwangsauflösung der VVN durch die SED gipfelte, war nicht absehbar. Wie sehr die VVN unter die Räder des Kalten Krieges geraten würde, war bei ihrer Gründung 1947 noch nicht klar. Es herrschte Aufbruchsstimmung.[5]

«Ganz Mecklenburg ist ein einziger großer Friedhof»

Bei aller Freude und Erleichterung waren Tod und Trauer nach der Befreiung allgegenwärtig. Freund*innen, Gefährt*innen, Familienmitglieder waren von den Nazis ermordet worden. Jede*r in der frühen VVN hatte persönliche Verluste erlebt. Inmitten der Täter*innen von gestern wurden Gedenkveranstaltungen abgehalten und Gedenktafeln für ermordete Antifaschist*innen, zerstörte Synagogen und ehemalige Lager angebracht. Im September 1945 organisierten Überlebende im ganzen Land Massenkundgebungen, um ihrer Toten zu gedenken und gemeinsam mit jüdischen Organisationen, kirchlichen Verbänden, Parteien und Gewerkschaften ein Zeichen zu setzen. 

«Ganz Mecklenburg ist ein einziger großer Friedhof»[6] stellte Fanny Mütze-Specht, Leiterin der Landesforschungsstelle der VVN, bei einer Sitzung 1948 fest. Drei Jahre nach dem Krieg waren die Überlebenden noch immer damit beschäftigt, in Massengräbern verscharrte Ermordete würdig zu bestatten. Zugleich war das Schicksal vieler Verfolgten unklar. Die VVN richtete eigene Suchdienste ein, um Vermisste aufzuspüren und bemühte sich um die Freilassung von Antifaschist*innen, insbesondere um jene, die vor 1945 in sogenannte Strafbataillone gesteckt wurden und nun gemeinsam mit ihren Peinigern in alliierter Kriegsgefangenschaft saßen.

Parallel dazu begannen die Verfolgten, ihre Geschichte festzuhalten. So gesehen, begann die VVN eine eigene historische Grundlagenforschung. Mittels Fragebögen wurden Todeszahlen eruiert, die Zustände in Zuchthäusern und Lagern sowie die Aktivitäten der Widerstandsnetzwerke rekonstruiert – eine Mammutaufgabe. «Die Fülle des Materials ist so groß, dass eine Auswertung nicht möglich ist», so Fanny Mütze-Specht.[7] Broschüren wurden geschrieben und Ausstellungen erstellt, um über die Verbrechen des Nazi-Regimes aufzuklären und zugleich zu zeigen, dass es das «heimliche Deutschland im unheimlichen Deutschland»[8] – das widerständige Deutschland – gegeben hatte. Mit diesem Nachweis wollten die Überlebenden auch Brücken ins europäische Ausland bauen, das dem postnazistischen Deutschland mehr als skeptisch gegenüberstand.

«Wir sind im Lager damit fertig geworden und werden auch jetzt damit fertig werden»[9]

Es ist mehr als beeindruckend, mit welchem Lebenswillen und mit welcher Energie die Überlebenden an die Umsetzung ihrer Vorhaben gingen – und das unter den Bedingungen der Besatzungsverwaltungen, die den Anliegen der Verfolgten nicht immer aufgeschlossen gegenüberstanden. Viele der Verfolgten des Nazi-Regimes waren dem Tod nur knapp entronnen. Durch ihre Zeit in den Lagern waren sie traumatisiert, unterernährt, erschöpft, tuberkulös. Auch jene, die sich all die Jahre einer Verhaftung hatten entziehen können, mussten sich ein neues Leben aufbauen, da sie, wie ein Betroffener beklagte, «ein geregeltes Leben seit 1933 überhaupt nicht mehr kennen».[10] Sie standen vor dem Nichts. 

Das Leben in der deutschen Nachkriegsgesellschaft war insgesamt von Mangel geprägt. Vor diesem Hintergrund entfaltete die VVN eigene soziale Aktivitäten. Sie stritt für eine ausreichende Lebensmittelversorgung für ihre besonders geschwächten Mitglieder, richtete Erholungsheime und Kinderheime ein, organisierte die Pflege von Kranken, beschaffte Wohnraum, kümmerte sich um Kleidung und setzte sich für die bevorzugte Einstellung ehemaliger Verfolgter bei der Besetzung freier Arbeitsstellen ein. Neben dieser alltäglichen Sorge um das Lebensnotwendige, waren die Organisationen der Verfolgten des Naziregimes bzw. später der VVN von Anfang an mit konkreten Schritten zur Wiedergutmachung beschäftigt. Der Kampf um die Anerkennung der Ansprüche ihrer Mitglieder bildete einen großen und äußerst bürokratischen Teil ihrer Arbeit. In diesem Kontext stellte sich die Frage, wer überhaupt als Verfolgter gelten dürfe. 

«Immer ein bisschen als verdächtiges Element betrachtet»

Viele Deutsche, insbesondere Ausgebombte und Geflüchtete, betrachteten sich selbst als Opfer des Nazi-Regimes. Von diesem Opfer-Verständnis musste sich abgegrenzt werden. Auch weil es tatsächliche Betrugsversuche gab, waren Verfolgte in der Bringschuld, ihren Status zu definieren und zu beweisen. Unter den skeptischen Augen der deutschen Mehrheitsgesellschaft, in der man ohnehin der Meinung war, die Überlebenden würden sich ungerechtfertigte Vorteile verschaffen, waren sie gezwungen, sich gegenseitig zu überprüfen. Das produzierte Ausschlüsse und verstärkte die bereits vorhandenen Bruchlinien zwischen unterschiedlichen Gruppen Überlebender innerhalb und außerhalb der VVN.

Die Unterscheidung zwischen Opfern und Kämpfer*innen war dem politischen Selbstverständnis der Akteur*innen und sicherlich auch dem Wunsch, sich nicht auf das «Opfer sein» reduzieren zu lassen, geschuldet. Sie schuf aber auch eine Hierarchie zugunsten jener, die aktiven Widerstand geleistet hatten, welche sich auf die Strukturen innerhalb der VVN auswirkte. Insbesondere in der SBZ führte diese Unterscheidung, die die Definition der Opfer des Faschismus (OdF) nicht aus der Verfolgungspraxis der Nazis heraus dachte, sondern aus dem eigenen antifaschistischen Kampf ableitete, zu einer Verengung des Opferbegriffs.  

Bei einer Konferenz in Leipzig im Oktober 1945 hielten die Vertreter*innen der OdF-Ausschüsse in der SBZ fest: «Die Juden sind auch Opfer des Faschismus».[11] Eine Tatsache, die bis dato offensichtlich umstritten gewesen war, sich nun aber durchgesetzt hatte. So erbrachte die Konferenz insgesamt zwar eine Erweiterung der Kategorien, doch sie macht zugleich deutlich, wie umkämpft der Opfer-Begriff damals gewesen ist. Für Sinti und Roma, die andernorts selbstverständlicher Teil von Organisationsbemühungen der vom Naziregime Verfolgten waren, gab es in Leipzig nur eine Pseudo-Anerkennung, die durch diskriminierende Bestimmungen unterlaufen wurde. Ebenfalls ausgeschlossen blieben jene Gruppen, die wir heute als die vergessenen und verleugneten Opfer kennen, insbesondere als «asozial» oder «Berufsverbrecher» Stigmatisierte. Verfolgung aufgrund von Armut, Devianz, Sozialrassismus – diese Kategorien spielten im Denken der frühen VVN keine Rolle.

Die VVN betrachtete sich als Organisation der «politisch, religiös und rassisch Verfolgten».[12] Und das war sie auch – mit Einschränkungen. Als Zeugen Jehovas verfolgte Widerstandskämpfer*innen waren teils befremdet von den politischen Ansprüchen der VVN und hielten sich eher fern. Jüdische Menschen organisierten sich früh auch in eigenen Verbänden. Und selbst unter den politisch Verfolgten gab es zahlreiche Unterscheidungskategorien: Langzeithäftling oder kurzzeitig Gefangene*r; Exilant*in, Untergetauchte*r oder KZ-Häftling; Ost-Emigrant*in oder West-Emigrant*in. 

Auch die Parteizugehörigkeit schuf Trennendes, das immer wieder überwunden werden musste. SPD und KPD verfolgten ihre eigenen parteipolitischen Interessen, wobei die SPD früh schon auf Abstand zur VVN ging. Und auch wenn auf paritätische Besetzung der Gremien geachtet wurde, dominierten vielerorts Kommunist*innen als größte Gruppe der politisch Verfolgten, was Siegfried Streubel, ostdeutsches CDU- und VVN-Mitglied rückblickend zu der Bemerkung veranlasste, er sei «von allen immer so ein bisschen als verdächtiges Element betrachtet worden.»[13]

«Das deutsche Volk betrachtet sich selbst als so anständig»

Trotz aller äußerer Schwierigkeiten und interner Auseinandersetzungen gelang es der VVN, sich über alle Zonengrenzen hinweg zu organisieren und so zu einem relevanten politischen Faktor innerhalb der Nachkriegsgesellschaft zu werden. Doch die Kluft zwischen den Erfahrungen der Verfolgten und der deutschen Mehrheitsgesellschaft war riesig. Die VVN hoffte durch ihr Engagement beim Wiederaufbau des Landes, Brücken bauen zu können. Auch humanitäre Aktionen sollten Feindseligkeiten abbauen. So startete der Berliner OdF-Ausschuss anlässlich der ersten Friedensweihnacht 1945 eine Spendenaktion, die breite Kreise der Stadtbevölkerung mobilisieren konnte. 70 Prozent der Berliner Kinder wurden mit warmer Kleidung und Spielzeug beschenkt – unabhängig davon, ob ihre Eltern Nazis oder Verfolgte waren.

Doch für die frühe VVN waren solche Versuche, den Deutschen die Hand zu reichen, sich gegen die eigene Ächtung zu wehren und als wahre Vertreter*innen des Volkes zu gerieren, durchaus vereinbar mit einer klaren Kompromisslosigkeit gegenüber den Nazis und Täter*innen von gestern. Die Suchdienste suchten bald nicht nur Vermisste aus den eigenen Reihen. Sie begannen ebenso, Material über ihre früheren Peiniger*innen zu sammeln. Die «ehemals Verfolgten» wurden ihrerseits «die Verfolger aller nazistischen und militärischen Überbleibsel.»[14]

Gleichzeitig bemühte sich die VVN um Aufklärung, um Wiedergutmachung und Entnazifizierung durchsetzen zu können. «Teile des deutschen Volkes», so hieß es 1949 in einer Broschüre über die Verbrechen, die im Zwangsarbeiterlager Kamienna an polnischen und jüdischen Gefangenen verübt wurden, bezeichneten «Berichte über KZ-Lager als Angebereien, als Haß und Rache, als Übertreibungen, die Mitleid erzeugen sollen oder als Schwindel, der eine Wiedergutmachung rechtfertigen soll.» Der Verfasser  beklagte die Kontinuität des Antisemitismus und Rassismus in der postnazistischen Gesellschaft und stellte zugleich fest: «Das deutsche Volk betrachtet sich selbst als so anständig, daß derartige Grausamkeiten, von Deutschen begangen, einfach als unmöglich erscheinen.»[15]

Die Anerkennung der Wiedergutmachungsansprüche der Verfolgten setzte voraus, «dass auch eine Schuld besteht und diese Schuld anerkannt ist», so betonte es Franz Heitgres für die VVN Hamburg auf der erwähnten Interzonenkonferenz 1947. Nachdem der militärische Apparat des Faschismus besiegt war, ginge es nun um die «Ausmerzung der nazistischen Ideologie». Diese ideologische Entnazifizierung sei die Voraussetzung für die politische Wiedergutmachung. Und beides zusammen enthalte «die Keime der demokratischen Erneuerung Deutschlands».[16]

«Ist der Nazismus wirklich tot?»

Die alten Strukturen, die Nazis und ihre Ideologie waren mit dem 8. Mai nicht verschwunden. «Ist der Nazismus wirklich tot?», fragte Hans Mayer auf der Interzonenkonferenz 1947 und äußerte sich tief bestürzt und warnend angesichts der «fortdauernden Gesinnungen der nazistischen Profitgier, der Unmenschlichkeit, der politischen Charakterlosigkeit in weiten Schichten des Volkes.»[17] Auf einer interzonalen Juristentagung 1948 stellte Marcel Fraenkel fest, dass «in beinahe allen Sektoren des täglichen Lebens ehemalige Nationalsozialisten heute noch führend sind.»[18]

Bis zur endgültigen Teilung des Landes 1949 in zwei deutsche Staaten wurde immer deutlicher, dass sich die politischen Hoffnungen und Gestaltungsansprüche der Verfolgten nicht erfüllen würden. Gerade die Begrenztheit des eigenen Einflusses und die prekäre Situation als Opfer innerhalb der Täter*innengesellschaft zu leben, machten es aber umso dringlicher, sich in einem eigenen Verband zu organisieren. Die VVN wurde – wie es ihr Ratsmitglied Emil Carlebach 1949 formulierte – eine «Organisation mit begrenztem, aber konkreten Ziel».[19] Sie setzte sich unermüdlich ein für Demokratisierung, Entnazifizierung und Wiedergutmachung, Erinnern und Gedenken sowie gegen «Antisemitismus, Militarismus, Nationalismus.»[20] Dieser Kampf setzt sich bis heute fort. 


[1] N.N.: Bericht von der Delegierten-Konferenz zur Gründung der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – VVN – in der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands am 22. und 23. Februar 1947 in Berlin, S. 3; Archiv der VVN-BdA Bund/Berlin.

[2] Hans Mayer: «Ist der Nazismus wirklich tot?» Vierzonen-Tagung der Verfolgten des Naziregimes, in: Frankfurter Rundschau Nr. 21/Seite 2 v. 13.3.47; Archiv der VVN-BdA Bund/Berlin, VI.05 / Di. 245.

[3] N.N.: Die Toten den Lebenden. Gedenkschrift zur Gedächtniskundgebung für die Opfer des antifaschistischen Kampfes in Berlin Neukölln, 9. September 1945, Werner-Seelenbinder-Arena, hg. vom Magistrat der Stadt Berlin, Hauptamt für Sozialwesen, Hauptausschuss «Opfer des Faschismus», S. 3.

[4] Wie Anm. 2. 

[5] Als Überblick zur Geschichte der VVN, vgl. Elke Reuter/Detlef Hansel: Das kurze Leben der VVN von 1947 bis 1953. Die Geschichte der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes in der sowjetischen Besatzungszone und in der DDR, Berlin 1997. Ulrich Schneider: Zukunftsentwurf Antifaschismus. 50 Jahre Wirken der VVN für «eine neue Welt des Friedens und der Freiheit», Bonn 1997.

[6] Protokoll der Sitzung der Forschungsstelle der sowjetischen Besatzungszone am 19. Mai 1948 in Bad Saarow; Archiv der VVN-BdA Bund/Berlin, VII.5.6 / Di. 035.

[7] Ebd.

[8] Wie Anm. 1.

[9] Wie Anm. 6.

[10] Schreiben von Herbert Müller an das Komitee der ehemaligen politischen Häftlinge Hamburg, 20. August 1946, Archiv der VVN-BdA Bund/Berlin, VI.0.1 / Di. 101.

[11] Zit. nach: Reuter/Hansel: Das kurze Leben der VVN, wie Anm. 5, S. 82.

[12] Wie Anm. 2.

[13] Zitiert nach: Reuter/ Hansel: Das kurze Leben der VVN, wie Anm. 5, S. 55.

[14] Wie Anm. 1.

[15] Hans Frey: Die Hölle von Kamienna, 1949, VVN-Verlag Berlin Potsdam, S. 3.

[16] Wie Anm. 2.

[17] Ebd.

[18] N.N.: Interzonale Juristen-Konferenz des Rates der VVN. Vom 20. bis 22. März 1948 im Gästehaus der Stadt Frankfurt am Main, in Schönberg bei Kronberg i. Ts., S.7 ; Archiv der VVN-BdA Bund/Berlin.

[19] Protokoll der Ratstagung am 2./3. April 1949 in Bad Sulza; Archiv der VVN-BdA Bund/Berlin, VII.3.1.9 / Di. 036

[20] Wie Anm. 18.