
Deutschland ist ein Einwanderungsland. Nach jahrzehntelanger Realitätsverweigerung wurde diese Tatsache erst 2001 offiziell anerkannt. Heute scheint das wieder vergessen. Migration ist das große Reizthema unserer Zeit. Nicht nur in Deutschland ist Nationalismus wieder in Mode. Kein Tag vergeht ohne neue schrille Rufe nach Abschottung, Abschreckung oder Abschiebung. Die Errungenschaften der Kämpfe für die Migrationsgesellschaft drohen dem Aufstieg der politischen Rechten und dem wieder wachsenden Rassismus zum Opfer zu fallen.
Als der damalige Innenminister Horst Seehofer 2018 Migration als «Mutter aller Probleme» bezeichnete, sorgte das noch für politisches Aufsehen. Heute ist diese Diagnose Mainstream. Die Bezeichnung von Fluchtmigration als «irreguläre Einwanderung» ist dafür ein gutes Beispiel. Der Begriff steht im Zentrum der menschenverachtenden migrationspolitischen Agenda der Alternative für Deutschland (AfD), hat aber längst Einzug in die offizielle Sprache der Bundespolitik gehalten. Auf diese Weise wird der Bereich des Sagbaren verschoben, rechtspopulistische Politik normalisiert und der falsche Eindruck erweckt, Geflüchtete wählten «illegale» Routen nur deshalb, weil sie keinen berechtigten Anspruch auf Schutz hätten. So sterben Jahr für Jahr Hunderte und Tausende auf der Suche nach einem sicheren Hafen.
Gerechtfertigt werden immer drastischere Maßnahmen der Migrationsbegrenzung mit dem Verweis auf Überforderung: Unser Sozialstaat könne sich so viel Migration nicht leisten, «die Ausländer » nähmen «uns» die Wohnungen weg, die Kommunen seien an der Belastungsgrenze, und die öffentliche Sicherheit könne nicht mehr garantiert werden. Die Bekämpfung der Fluchtmigration erscheint dann als vermeintlich vernünftige Lösung für die multiplen Krisen der Gegenwart. Doch das Gegenteil ist der Fall: Die Abschottungspolitik verschärft auch die soziale Krise im Inneren.
Der gegenwärtige Erfolg der radikalen Rechten ist ohne die Kraft solcher Mythen kaum denkbar. Umso wichtiger ist es, ihnen Fakten entgegenzusetzen. Welche Ängste und Erfahrungen stehen hinter der Ablehnung von Migration? Wie können die Krisen von Sozialstaat, Wohnungsmarkt und kommunaler Daseinsvorsorge wirklich bewältigt werden? Wie ist eine menschenrechtsbasierte Migrationspolitik umsetzbar? Mit Antworten auf diese und weitere Fragen will diese Broschüre der emotionalen, oft auch irrationalen Debatte begegnen und Alternativen im Umgang mit Migration aufzeigen.
Inhalt:
- «Die Geflüchteten nehmen uns die Wohnungen weg»
- «Die Grenze der Aufnahmefähigkeit ist erreicht»
- «Geflüchtete kommen, weil es ihnen hier zu gut geht»
- «Mehr Migration kann sich Deutschland nicht leisten»
- «Migration erhöht die Kriminalität»
- «Migration heißt Einwanderung von Islamismus, Sexismus und Antisemitismus»
- «Wir müssen die Kontrolle über unsere Grenzen wiedergewinnen»
- «Eine harte Migrations- und Asylpolitik schwächt die AfD»