Publikation International / Transnational - Amerikas Jahres-Länderanalysen Cono Sur

Brasilien, Argentinien, Chile, Uruguay und Paraguay. Von Kathrin Buhl.

Information

Reihe

Online-Publ.

Autorin

Kathrin Buhl,

Erschienen

Juni 2012

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Nur online verfügbar

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BRASILIEN : SCHATTENSEITEN DES ERFOLGSMODELLS

Am ersten Januar 2011 hat mit Dilma Rousseff erstmals in der Geschichte des Landes eine Frau die Präsidentschaft übernommen. Ihr erstes Jahr als Präsidentin bestätigt, was erwartet wurde: die Kontinuität der Politik der Mitte-Links-Koalition PT/PMDB/PCdoB . Die – erfolgreiche – Sozialpolitik wird fortgesetzt, die problematische Orientierung auf bedingungsloses Wachstum, mit desaströsen umweltpolitischen und sozialen Folgen, auch. Dennoch gibt es einige Akzente, die bemerkenswert sind. Am Ende des ersten Amtsjahres erreichte Dilma mit 59 Prozent Zustimmung zu ihrer Politik einen Popularitätsgrad, der weit über dem ihrer Vorgänger (Fernando Henrique Cardoso kam auf 23 %, Lula auf 40 % in der ersten und 50 % in der zweiten Amtsperiode) nach dem ersten Jahr lag . Die Tatsache, dass sie in diesem ersten Jahr immerhin sieben Minister entließ , sechs davon aufgrund von Korruptionsvorwürfen, wurde nicht als Schwäche, sondern eher als konsequentes Reagieren interpretiert und zeigt deutlich die Notwendigkeit einer grundlegenden politischen Reform – aber eben auch die Schwierigkeit, eine solche durchzusetzen.

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ARGENTINIEN: DAS PROJEKT KIRCHNER GEHT IN DIE DRITTE RUNDE

Wahlen – sowohl auf Provinzebene als auf nationaler Ebene - prägten die politische Diskussion in Argentinien im Jahr 2011. Nach den Zwischenwahlen im Jahr 2009 wurde das „Projekt K“ von Néstor und Cristina Fernández Kirchner schon als beendet betrachtet, doch im Verlauf des Jahres 2010 gelang es dem „Kirchnerismo“, verlorene Positionen aufzuholen. Bereits zu Beginn des Jahres 2011 sprachen Umfragen für einen Sieg der Frente para la Victoria , aber spätestens nach den Vorwahlen im August bestanden kaum noch Zweifel. Bereits im ersten Wahlgang am 23. Oktober war die Wahl entschieden: Cristina Fernández Kirchner vereinigte 54 % der Stimmen auf sich und ließ ihre Mitkonkurrenten weit hinter sich – den zweitplatzierte Hermes Binner trennten mit 17 % der Stimmen 35 Prozentpunkte. Deutlicher konnte die Zustimmung zum politischen Projekt des Kirchnerismo kaum ausfallen – und dies weist auch auf eine Ausnahmeerscheinung in der argentinischen Politik hin: keiner politische Strömung gelang es seit Beginn des 20. Jahrhunderts, drei aufeinanderfolgende Wahlen zu gewinnen, kein Kandidat erreichte ein so deutliches Ergebnis.

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CHILE: CHANCEN FÜR EINEN NEUBEGINN?

Chile hat in den vergangenen Monaten die in der Region interessantesten Veränderungen durchlebt. Die massiven Proteste gegen das Staudammprojekt Hidroaysén im Mai 2011 und die Protestaktionen der Studierenden gehen nach Einschätzung vieler politischen Beobachter weit über die Verteidigung von spezifischen Rechten hinaus und stellen das politische System, aber auch das neoliberale Entwicklungsmodell in Frage. Im „Musterland des Neoliberalismus“ wurden die gegensätzlichen Positionen klar ausgesprochen: Präsident Piñera bekräftigte am 19. Juli, dass „Bildung ein Konsumgut“ sei – die Studentenbewegung fordert, unterstützt von 80% der Bevölkerung, die Anerkennung der Bildung als ein Menschenrecht. Die Protestaktionen gewannen innerhalb weniger Wochen eine hohe Eigendynamik: die Zahl der Teilnehmenden an Protestaktionen wuchs von einige Zehntausenden im Mai und Juni auf mehrere Hunderttausend im August.

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URUGUAY: KONTINUITÄT UND KOOPERATION VERDECKEN GESELLSCHAFTLICHE KONFLIKTE

Die Regierung José Mujicas ist seit zwei Jahren im Amt, und die im ersten Jahr begonnene „Politik der nationalen Einheit“ wurde auch 2011 fortgeführt. Zu Themen wie Bergbau und Staatsreform wurden Kommissionen eingesetzt, in denen alle im Parlament vertretenen Parteien mitarbeiten, wichtige Ämter sind mit Vertretern der Oppositionsparteien besetzt. Die Soziologin und Abgeordnete Constanza Moreira betrachtet diese von der Regierung als historische Errungenschaft proklamierte Politik wesentlich skeptischer: „Die Ergebnisse dieser Politik sind für die Regierung gerade in den wichtigsten Bereichen, Bildung und innere Sicherheit, keineswegs positiv, denn gerade hier wird sie von der Opposition massiv angegriffen, während die im Wahlprogramm verkündeten Ziele und Veränderungen kaum vorankommen.“

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PARAGUAY: MIT AGROBUSINESS IN DIE ARMUT

Drei Jahre nach der Amtsübernahme der Regierung Lugo bleibt die politische Situation in Paraguay schwierig und instabil. Die Möglichkeiten der Regierung, strukturelle Reformen anzugehen, waren von Beginn an begrenzt: Sie verfügt defacto über keinerlei legislative Macht, da das Parlament in den Händen der Opposition ist. Dennoch sind soziale Bewegungen und große Teile der Basis Lugos enttäuscht: statt erwarteter Fortschritte wird mit Sorge eine verstärkte Militarisierung des Landes, verbunden mit Repressionen und Kriminalisierung von sozialen Protesten, beobachtet. Gesetze, die von eben diesen sozialen Bewegungen unter den vorangegangenen Regierungen verhindert wurden (Antiterrorgesetze, Erleichterungen beim Einsatz von Pflanzengiften und genmanipuliertem Saatgut) wurden unter Lugo verabschiedet. Dieser eher pessimistischen Einschätzung stehen zumindest drei positive Elemente gegenüber, die einen entscheidenden Unterschied zu den früheren Regierungen markieren: der kostenlose Zugang zu öffentlichen Gesundheitseinrichtungen (auch wenn diese, insbesondere im ländlichen Raum, weder qualitativ noch quantitativ ausreichen), die Sozialprogramme, von denen 90.000 Familien begünstigt werden, und die Neuverhandlung des Vertrags über das Wasserkraftwerk Itaipú mit Brasilien.

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