Lokomotiven des Südens?
Jahrhundertelang haben die Nationen des Globalen Südens dafür gekämpft, sich politisch zu behaupten. Dieses Ansinnen äußerte sich ursprünglich im Widerstand gegen den Kolonialismus. Mit dem Zusammenbruch der europäischen Imperien entstanden dann neue Staaten in Afrika und Asien. Im Jahr 1955 kamen die Führungen dieser hoffnungsvollen Nationen im indonesischen Bandung zusammen, um ihre Kämpfe auf internationaler Ebene voranzubringen. Es war dieser „Geist von Bandung“, der Institutionen wie der Bewegung der Blockfreien Staaten (NAM) und der G77, ihrer Gruppe innerhalb der UNO, in den nachfolgenden Jahren zugrunde lag. In wirtschaftlicher Hinsicht fand diese Idee ihren Ausdruck in der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD), während die Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) eine alternative kulturelle Agenda vorantrieb. Diese Organe bildeten die institutionelle Entsprechung des „Dritte-Welt-Projekts“, des kollektiven Traums von einer anderen Welt, die von Frieden, Kooperation und Wohlstand für alle gekennzeichnet sein sollte.
In den 1980er Jahren kollabierte dieses Projekt, das bereits durch innere Widersprüche gefährdet war, unter dem Gewicht des nordatlantischen Neoliberalismus. Das „Dritte-Welt-Projekt“ war von einer nationalen Einheit über Klassengrenzen hinweg ausgegangen; es brach in sich zusammen, als lokale Eliten sich mit den Interessen des internationalen Kapitals gemein machten und Liquiditätskrisen dem Internationalen Währungsfonds (IWF) die Tür für seine Programme der „Strukturanpassung“ öffneten – Programme, die diese Nationen ihrer Fähigkeit beraubten, die eigene wirtschaftliche Zukunft zu gestalten. Für die nachfolgenden Jahrzehnte würde der Neoliberalismus seinen triumphalen und destruktiven Siegeszug quer über den Planeten fortsetzen – bis die schlimmste Wirtschaftskrise seit der Großen Depression die Tücken dieses Konzepts zum Vorschein brachte.
Weiter im Editorial der Herausgeber.
Inhalt
Der Aufstieg des BRICS-Blocks
Von Vijay Prashad
Die Entstehung des BRICS-Blocks
Das Scheitern des „Dritte-Welt-Projekts“
Das Aufkommen des vom Norden angeführten Neoliberalismus
Die blutleere Macht des Nordens
Das IBSA-Dialogforum
Goldman Sachs
Die BRICS-Agenda
1. Finanzreform
2. Entwicklungsagenda
3. Multipolarer Regionalismus
Gipfel-Politik
Veröffentlicht von der Rosa-Luxemburg-Stiftung, Büro New York, Mai 2013