Publikation Ungleichheit / Soziale Kämpfe - Rassismus / Neonazismus Verfassungsschutzwissenschaftsjournalismus

Der ehrbare Karriereweg von der Uni über den Geheimdienst in die Publizistik, Forschung und Bildung

Information

Reihe

Online-Publ.

Autor

Friedrich Burschel,

Erschienen

Mai 2013

Bestellhinweis

Nur online verfügbar

Der Text ist eine Langfassung des gleichnamigen Beitrags zum Buch «Schreddern, Spitzeln, Staatsversagen» (Hg. Bodo Ramelow), erschienen im Mai 2013 im VSA-Verlag und gefördert von der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

„Wer von diesen Altkommunisten noch unter den Lebenden weilt, ist für Revolutionsromantiker ungefähr so interessant wie es jene ehemaligen SS- und Wehrmachtshelden, die von Stalingrad erzählen, für junge Neonazis sind.“[1] Dieser Satz bezieht sich auf den einstigen Vorsitzenden der DKP, Herbert Mies, und ist aus einem Buch entnommen und von Autoren verfasst, die als Paradebeispiele für eine völlig inakzeptable Radikalisierung einer staatlich geförderten Wissenschaftspublizistik gewertet werden können. Es geht um das Machwerk „Linksextrem – Deutschlands unterschätzte Gefahr?“ der beiden Politikwissenschaftler Harald Bergsdorf und Rudolf van Hüllen.

Der promovierte Politologe Bergsdorf, Sohn des Kohl-Intimus Wolfgang Bergsdorf, ist Lehrbeauftragter an der Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und seit ein paar Jahren Leiter der „Landeskoordinierungsstelle gegen Rechtsextremismus“  in Nordrhein-Westfalen, die dort beim  Familienministerium angesiedelt ist und aus dem Bundesprogramm „kompetent für Demokratie“ finanziert wird.[2]  Zwischendrin oder parallel zur Lehre an den Unis in Jena und Bonn ist der CDU-Mann Anfang der 2000er Jahre und wohl bis 2007[3] auch Mitarbeiter des christdemokratisch geführten Thüringer Innenministeriums gewesen – wie wir heute wissen, in jener Zeit eine Hexenküche, in der die Ingredienzien des aktuellen bundesweiten Geheimdienst-Skandals zusammengerührt wurden und der NSU seine Morde beging. Eine Kleine Anfrage des Linken-Landtagsabgeordneten Frank Kuschel aus dem Jahr 2006 wollte von Innenmister Karl Heinz Gasser (CDU) damals wissen, wie es sein könne, dass ein Mitarbeiter seines Hauses die PDS als „extremistisch“ verunglimpfen und etwa mit den Republikanern gleichsetzen könne.[4] Bergsdorf trat in dieser Zeit als Autor verschiedener Zeitungen und Zeitschriften wie dem einschlägigen CSU-Parteiorgan „Bayernkurier“, dem Periodikum der Konrad-Adenauer-Stiftung (KAS) „Die politische Meinung“ oder dem erzkatholischen Blatt „Die Neue Ordnung“ in Erscheinung. Sein Tenor durchgängig: die PDS sei „linksextremistisch“[5], verharmlose den millionenfachen Judenmord der Nazis[6] und arbeite „– ähnlich wie rechtsextreme Ideologien – mit Sündenböcken und Verschwörungstheorien“.[7] Zur selben Zeit ist Vater Wolfgang Bergsdorf übrigens Herausgeber der KAS-Publikation und selber Autor auch in der „Neuen Ordnung“: der Apfel fällt wohl auch ideologisch nicht weit vom Stamm.[8]

Seine Zeit als Beamter im Staatsdienst hat er mit Rudolf van Hüllen gemeinsam. Van Hüllen war fast zwanzig Jahre lang Mitarbeiter im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfVS) in Köln. Bis 2006 arbeitete er dort als Referent und Referatsleiter in den Abteilungen „Linksextremismus und Linksterrorismus“. Wie Bergsdorf studierte er an der Uni Bonn, die u.a. mit Professoren wie Manfred Funke und Hans-Hellmuth Knütter – neben den sächsischen Thinktanks in Chemnitz und Dresden (v.a. auch am Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung (HAIT)) – als wichtiger Hort der politikwissenschaftlichen Reaktion gelten darf. Ihm sei es wichtig, über die wissenschaftliche Forschung hinauszugehen und im Alltag aktiv zu sein, „wo oftmals didaktisches Geschick und Einfühlungsvermögen für den Erfolg größere Bedeutung haben als lückenlose Beherrschung wissenschaftlicher Diskurse“, so wird er auf der Website des Karlsruher Instituts für Technologie zitiert.[9] Seinen eigenen hermetischen Extremismusdiskurs beherrscht er wie aus der Pistole geschossen und der Pulverdampf seiner Rhetorik hat sich in zahlreichen einschlägigen Veröffentlichungen niedergeschlagen.

Seine Doktorarbeit hat er zu den damals noch schwer verdächtigen Grünen geschrieben und 1988 vorgelegt: Was er in der Danksagung jedoch vergessen hat zu erwähnen, ist, dass er bereits seit 1987 Mitarbeiter des Bundesamtes für Verfassungsschutz war. Er dankt seinem Doktorvater, dem bundesrepublikanischen Historiker-Fossil Karl-Dietrich Bracher, und  - da schließt sich der Kreis wieder –  „Wolfgang Bergsdorf, der sich als Zweitgutachter zur Verfügung gestellt hat“.[10] Seinem neuen Arbeitgeber dankt er nicht.

Die beiden ansonsten nachrangigen Experten stehen für eine Generation von Wissenschaftler_innen und Forscher_innen, denen es mühelos gelingt zwischen staatlichen Behörden, insbesondere dem „Verfassungsschutz“ genannten Inlandsgeheimdienst, der Wissenschaft und den Medien hin- und herzuwechseln und so die Grenzen zwischen Wissenschaftsfreiheit und beamtetem Verfolgungsauftrag zu verwischen. Und dieser Weg ist keine Einbahnstraße: die gezielte Anwerbung von Sozialwissenschaftler_innen und Fachleuten, die mit den New Yorker Anschlägen des 11. September 2001 begann, ist heute Programm. Und es geht schon lange nicht mehr nur um Islamwissenschaftler_innen, sondern zunehmend auch um Expert_innenwissen in anderen für den „Verfassungsschutz“ relevanten Feldern des „Extremismus“. „Um (…) die Analysekompetenz innerhalb der Verfassungsschutzbehörden zu erhöhen, bedarf es einer stärkeren Einbindung von Fachwissenschaftlern, wozu insbesondere Historiker, Islamwissenschaftler, Politologen und Soziologen gehören“, schreibt Armin Pfahl-Traughber in einem programmatischen Aufsatz in der Broschüre „Offener Demokratieschutz in einer offenen Gesellschaft“.[11]  Auch Pfahl-Traughber gehört zu dieser Geheimdienst-Wissenschaft-Publizistik-Kohorte und kennt den Weg vom Studium in den Verfassungsschutz und weiter in die Lehre an der Fachhochschule des Bundes. Nach Studium und Promotion in Duisburg und Marburg wechselte der ausgemachte Vielschreiber zum BfVS. Sein bemerkenswerter publizistischer Output sorgte schon zu Beginn seiner Zeit beim Inlandsgeheimdienst für Irritation. Die taz monierte damals, 1994, dass hier eine womöglich unzulässige Vermischung stattfinde: „Normalerweise sollten Journalisten als vierte Gewalt eine Kontrollfunktion ausüben. Problematisch wird es, wenn Angestellte von staatlichen Institutionen als Journalisten arbeiten, ohne ihren Arbeitgeber zu offenbaren. Noch problematischer wird es, wenn dieser Arbeitgeber Bundesamt für Verfassungsschutz heißt“.[12]  Pfahl-Traughber schrieb auch für den SPD-Pressedienst „blick nach rechts“ und schreibt bis heute, obwohl seine beruflichen Verstrickungen bekannt sind, Rezensionen für das linke „Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes“ (DöW) und für „Endstation Rechts“, einem publizistischen Baby des ersten „neurechten Antifas“ und heutigen Mecklenburg-Vorpommerschen SPD-Kultusministers Matthias Brodkorb. Dieses nonchalante Hin- und Her-Switchen zwischen „Verfassungsschutz“, Journalistentätigkeit und Wissenschaft – und das meist ohne Offenlegung der entsprechenden Verstrickungen – entspricht seither dem Zeitgeist: „Attraktiv finden die neuen Leute zudem, dass der Weg zurück zur Wissenschaft möglich scheint. 'Wir wollen weg von diesem Image: einmal Verfassungsschutz, immer Verfassungsschutz', sagt die Berliner Amtsleiterin Schmid. Ein paar Jahre dort, vermutet sie, könnten bald eine unter mehreren Etappen in der beruflichen Laufbahn eines Hochqualifizierten werden“, hieß es 2004 im Spiegel. Besonders fasziniert seien diese „Hochqualifizierten“ vom Fundus, den sie im Dienst vorfänden: wer sonst kann schon mit Abhörprotokollen aus der Telefonüberwachung und mit V-Mann-Berichten arbeiten.[13] Diesen skrupel- und gedankenlosen Karrieristen graust es auch nicht davor, dass sich mit dieser Art von geheimdienstlich und oft am Rande oder jenseits der Legalität angehäuftem Material jede (sozial-)wissenschaftliche Arbeit verbietet. Unwissenschaftlich und intransparent erhoben, nicht veri- noch falsifizierbar und für den offenen wissenschaftlichen Diskurs meist nicht freigegeben, erübrigt es sich hier von Wissenschaft zu sprechen: der Geheimdienst ist ein Fremdkörper nicht nur in einer offenen Gesellschaft[14], sondern auch in einer freien Wissenschaft, die auf diese Qualität Wert legt.

Über Pfahl-Traughber heißt es im Spiegel weiter: „Seit einigen Wochen muss er sich um diese Unterscheidung nicht mehr scheren. Pfahl-Traughber arbeitet jetzt als Professor an der Fachhochschule des Bundes im nordrhein-westfälischen Swisttal. Dem Gewerbe ist er treu geblieben: Er bildet Verfassungsschützer aus.“[15] Sein Mitherausgeber des oben erwähnten VS-Bändchens, Thomas Grumke, ist den Weg wiederum andersherum gegangen: nach einer Zeit im Wissenschafts- und im NGO-Bereich beim Zentrum Demokratische Kultur in Berlin ging er 2004 zum VS in NRW.[16] Auch für ihn hat sich die Entscheidung für diese Art Karriere ausgezahlt: er ist heute ebenfalls Professor, und zwar an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung NRW in Dortmund.

 

Alle bisher genannten Autoren aus diesem undefinierbaren Graubereich zwischen Publizistik, Geheimdienst, Bildung und Forschung tauchen auch in den einschlägigen Zitierkartellen einer rechtskonservativen, bisweilen gar neurechten „Extremismus“-Community auf, wo die Übergange zwischen Amt, Wissenschaft und Medien fließend sind und wo es infolgedessen verbeamteten Geheimdienstmitarbeiter_innen ermöglicht wird, ohne ihre aktuelle oder zurückliegende sinistre Agent_innen- und Ermittler_innentätigkeit zu erwähnen, unter den Deckmantel der Meinungs- und Wissenschaftsfreiheit zu schlüpfen.[17] Bergsdorf, van Hüllen, Pfahl-Traughber, Grumke[18], aber auch der Ex-Chef des BfVS, Peter Frisch[19], die Privatdozentin und Pressesprecherin des BfVS, Tania Puschnerat, Professor Klaus Schroeder vom Forschungsverbund SED-Staat, der notorische Hohenschönhausener Gedenkstättenleiter Hubertus Knabe, der Mitarbeiter des Bayerischen Rundfunks, Jürgen P. Lang, Viola Neu von der Konrad-Adenauer-Stiftung, der unvermeidliche, nimmermüde und in bizarren Pseudonym-Kapriolen verwickelte Politologe Patrick Moreau[20], der Kriminalist Bernd Wagner vom Zentrum für Demokratische Kultur, zahlreiche Mitarbeiter_innen des HAIT und anderer Forschungseinrichtungen sowie so illustre Namen wie Mathias Brodkorb, Brigitte Seebacher und Ernst Nolte tauchen unter anderen immer wieder auch im – von den beiden Platzhirschen der Extremismus-Doktrin, Eckhard Jesse und Uwe Backes – herausgegebenen Zentralorgan der nationalen „Extremismus-Forschung“, dem „Jahrbuch Extremismus & Demokratie“, auf. Sie beanspruchen eine Deutungshoheit nicht nur zu Fragen des „Extremismus“, sondern auch zur Geschichte der DDR sowie der Bundesrepublik. Mit dem Regierungsantritt der zweiten Merkel-Regierung hat diese fragwürdige und von (ehemaligen und aktiven) Geheimdienstler_innen mit bestimmte Deutungsweise eine enorme Konjunktur erlebt und findet Zugang zu den höchsten Regierungskreisen in Bund und Ländern.

Die gesamte bundesrepublikanische Ideologie beruht auf der Pflege einiger sakrosankter Gründungsmythen der BRD (West), als deren Ergebnis eine allein selig machende Demokratie entstanden sei, die zu ehren und zu schützen diese große Gruppe Verfassungsschutzwissenschaftsjournalist_innen angetreten ist. Was sie zu sagen haben, soll einschüchtern, einkreisen, markieren und die bundesrepublikanische Hagiographie fortschreiben. Im Moment haben sie für diese Mission politisches Oberwasser, und das trotz dem größten denkbaren Geheimdienst-Skandal im Kontext mit den NSU-Enthüllungen.

Und aus der, dem Kalten Krieg nachhallenden Interpretation der Geschichte der Bundesrepublik vor und nach der Wende ergibt sich auch der Anspruch, einzige und letzte Exeget_innen der DDR-Geschichte zu sein, die im simplen Extremismus-Konstrukt kurzerhand als Verlängerung der Diktatur nach 1945 betrachtet und so nicht selten mit dem Nationalsozialismus gleichgesetzt wird. Dem stand die wehrhafte Bundesrepublik gegenüber, in der noch die gewendeten Nazis Garanten der Verteidigung und des Bestandes der Demokratie wurden, denn freilich „gab es ehemals 'tiefbraune' Nationalsozialisten in herausgehobenen Funktionen; Figuren, die gläubige Anhänger Hitlers, aber meist an keinen Verbrechen direkt beteiligt waren“, heißt es kühn und historisch falsch im Bergsdorf-van Hüllen-Pamphlet.[21] Und dann: „Doch mussten sie sich in der Bundesrepublik als Demokraten bewähren. Tatsächlich versuchten sie in der Regel, sogar 150-prozentige Demokraten zu sein (...)“.

Alles, was die BRD-Vergangenheit zu verklären hilft, ist willkommen, alles, wirklich alles, um die DDR zu dämonisieren und heutige linke Gesellschaftskritik zu stigmatisieren, ist erlaubt. Im Visier haben diese Autor_innen dabei stets die „Ex-Kommunisten“ der SED-Nachfolgepartei, die als „nicht lupenrein demokratisch“ (was immer das heißen soll) verdächtigt und in die „linksextremistische“ Ecke gedrängt wird. Denn, und hier kommt wieder die notorische und notorisch geleugnete Gleichsetzung des Nazi-Regimes mit der DDR, des heutigen „Rechts-“ mit dem „Linksextremismus“ zum Tragen, denn „gerade die singulären Massenverbrechen der Hitler-Diktatur mahnen, den Blick für jeglichen Extremismus und jegliche Menschenrechtsverletzungen zu schärfen und jegliche Demokratiefeindschaft zu analysieren“.[22]

Der Linken (sowohl der Partei als auch der Bewegung) wird permanent pauschal und undifferenziert als „linksextremistisch“ vorgeworfen, „stets die Transformation der Gesellschaft und die Überwindung des Kapitalismus“ im Schilde zu führen.[23] Dass damit Kritik am Kapitalismus stigmatisiert wird, ohne dass dieser im Grundgesetz festgeschrieben ist, auch nicht als „soziale Marktwirtschaft“, und dass die BRD (gesamt) zum allein zulässigen Zustand der Demokratie erklärt wird, trägt autoritäre Züge wie jene „Diktaturen“, die die verschiedenen Autor_innen zu bekämpfen vorgeben.

Kaum jemand jedoch zweifelt die Wissenschaftlichkeit dieser Denkschule an (wenn man mal von Wolfgang Wippermann und wenigen anderen absieht[24]) , kaum jemand kritisiert offen die hier wirksame autoritäre Demokratie-Zwangsvorstellung, der sich zu unterwerfen hat, wer in diesem Land am öffentlichen Diskurs teilnehmen will und nicht vom „Verfassungsschutz“ rettungslos in „hoheitlichen Verruf“[25] gebracht werden möchte. Viel zu selten melden sich angesehene Wissenschaftler_innen wie etwa Arno Klönne zu Wort, der vermutet, Bergsdorf und van Hüllen meinten wohl, „unsere Verfassung sei so etwas wie ein neues 'Sozialistengesetz', ein Verbot sozialistischer, gesellschaftlicher Entwürfe“. Dem an sich renommierten Schöningh-Wissenschaftverlag, der „Linksextrem“ mit den Prädikaten „klug aufklärend“ und „umfassend analysiert“ bewirbt, unterstellt Klönne ironisch, diese Kampfschrift mit einem anderen Buch ihres Verlages verwechselt zu haben.[26]

Auch der renommierte Politologe Richard Stöss fordert eine Trennung von Wissenschaft und Geheimdienst: „Im Kern liegen die Probleme mit dem Extremismus-Begriff wohl darin, dass ein weit verbreitetes Bedürfnis in den Sozialwissenschaften besteht, sich von einer Begrifflichkeit zu distanzieren, die von Verfassungsschutzbehörden benutzt wird.“ Und weil, so Stöss weiter, mit dieser Begrifflichkeit der Behörden Rechtsextremismus und Linksextremismus verglichen oder gar gleichgesetzt, demokratische Linke mithin mit Neonazis und Faschismus auf eine Ebene gestellt würden. Hier sehe er eine Diskriminierung von Menschen, „die sich einem demokratischen Sozialismus verpflichtet fühlen.“[27]

Wo Stöss jedoch ein „weit verbreitetes Bedürfnis“ in den Sozialwissenschaften sieht, Wissenschaft und Verfassungsschutz sauber zu trennen, bleibt schleierhaft. Es ist für Stöss' Gegenspieler in diesem Streitgespräch, Uwe Backes, auch ein Leichtes, seinen Kontrahenten vorzuführen, denn Stöss benutzt den (Rechts-)Extremismus-Begriff selber munter weiter. Backes kann sogar unwidersprochen den Alleinvertretungsanspruch seiner Zitier-Community in Sachen Demokratie behaupten: man müsse diejenigen „politischen Akteure“ ausfindig machen, „die das Spiel nicht bedingungslos spielen wollen, die also die Demokratie nicht als 'the only game in town' anerkennen“.[28]

Die grausige und zwanghafte Demokratie-Vorstellung hinter solchem Geschwafel, lässt einem freien und emanzipatorisch denkenden Menschen im Grunde nur die Rolle des Spielverderbers. 

 

© Friedrich Burschel, 29.5.2013    



[1]    Harald Bergsdorf, Rudolf van Hüllen (2011): Linksextrem – Deutschlands unterschätzte Gefahr? Paderborn, Schöningh, S. 72

[2]    http://www.kompetent-fuer-demokratie.de/nordrhein-westfalen_50.html [10.2.2013]

[3]    Darauf deutet ein langer Artikel Bergsdorf in der Thüringischen Landeszeitung (TLZ) vom 18.10.2007 hin, in welchem er in der Autorenzeile als des Thüringer Innenministeriums bezeichnet wird: Harald Bergsdorf: Antidemokratische Agitation weit gediehen, in TLZ v. 18.10.2007

[4]      http://www.die-linke-thl.de/archiv/parlament/kanfrage/kanfrage2006/dr42352.pdf [10.2.2013]

[5]    Harald Bergsdorf: „Wer frisst wen? Zur Kooperation zwischen Sozialdemokraten und PDS“, in: Die politische Meinung Nr. 388 (März 2002)

[6]    Harald Bergsdorf: Die PDS und rechtsextremistische Parteien“, in: Die Neue Ordnung Nr. 5/2001

[7]    Harald Bergsdorf: „(K)ein Requiem für die PDS. Die PDS vor den Wahlen 2004“, in: Die politische Meinung Nr. 414 (Mai 2004)

[8]    Ausführlich: Stefan Wogawa (2007): Die Akte Ramelow. Ein Abgeordneter im Visier der Geheimdienste, Dietz Berlin, hier: S. 122 ff, auch online: http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Presse/dietz_akte_ramelow.pdf  [22.2.2013]

[9]    http://www.zak.kit.edu/1371.php [10.2.2013]

[10]     Rudolf van Hüllen (1990): Ideologie und Machtkampf bei den Grünen. Untersuchung zur programmatischen und innerorganisatorischen Entwicklung einer deutschen "Bewegungspartei", Bouvier Bonn

[11]   Thomas Grumke, Armin Pfahl-Traughber (Hrsg.) (2010): Offener Demokratieschutz in einer offenen Gesellschaft. Öffentlichkeitsarbeit und Prävention als Instrumente des Verfassungsschutzes, Opladen/Farmington Hills, Barbara Budrich; vgl. auch: Dominik Cziesche: Der Spion, der aus der Uni kam, in Spiegel vom 20.12.2004

[12]   Bernd Siegler: Verfassungsschützer als Journalist. VS-Mann schreibt für FAZ und SPD, in: taz v. 17.11.1994; Abgesehen davon unterstellte der taz-Autor Armin Pfahl-Traughber damals eine kontinuierliche Verharmlosung des „Rechtsextremismus“ und machte auf dessen Autorenschaft auch für die Zeitschrift „MUT“, einer Gründung des Ex-NPD-Mannes Bernhard Wintzek, aufmerksam. Wiewohl „MUT“ sich zu diesem Zeitpunkt wohl schon vom allzu völkisch-rechten Rand Richtung „kultur-konservativ“ entfernt hatte, vgl. Franziska Hundeseder: Was der Kanzler so liest. „Mut“ – eine Zeitschrift zwischen NPD und CDU, in: Die Zeit vom 26.2.1988

[13]   Dominik Cziesche: Der Spion, der aus der Uni kam, in Spiegel vom 20.12.2004

[14]   Michael Kohlstruck vom Zentrum für Antisemitismusforschung in Berlin bei einer öffentlichen Diskussionsveranstaltung in der Landeszentrale für Politische Bildung in Potsdam: „Der administrative Verfassungsschutz der Ämter für Verfassungsschutz ist ein Fremdkörper in einer offenen, pluralen, auf Transparenz und rationalen Diskurs unter Gleichen ausgerichteten Zivilgesellschaft.“, Manuskript v. 21.3.2012

[15]   ebenda

[16]   Vgl. ausführlich: Friedrich Burschel: Der Referent, der aus der Kälte kam. Der Inlandsgeheimdienst und die Politische Bildung, in: Bodo Ramelow (Hg.) (2012): Made in Thüringen. Nazi-Terror und Verfassungsschutz-Skandal, Hamburg VSA, S. 141f

[17]   Ausführlich: Markus Mohr, Hartmut Rübner (2010): Gegnerbestimmung. Sozialwissenschaft im Dienst der „inneren Sicherheit“, Unrast Münster, passim;

[18]     Z.B.: Grumke, Thomas (2008): Die rechtsextremistische Bewegung, in; Roland Roth/Dieter Rucht (Hrsg.), Die Sozialen Bewegungen in Deutschland seit 1945. Ein Handbuch, Frankfurt/Main (Campus Verlag), 2008, S. 475-492 – ein wahrhaftig haarsträubendes Dokument, vgl. dazu: Markus Mohr: Seite 701 – Überraschende Rochaden zweier Sozialwissenschaftler im Graubereich zwischen Bewegungsforschung, Bürgergesellschaft und Verfassungsschutz, in: Markus Mohr, Hartmut Rübner (2010): Gegnerbestimmung. Sozialwissenschaft im Dienst der „inneren Sicherheit“, Unrast Münster, S. 189 – 242, hier insbesondere: S. 192ff 

[19]   Vgl. Fritz Burschel: Nicht mehr ganz Frisch. Der Verfassungsschutz als Fremdkörper in einer offenen Gesellschaft , in: Der Verfassungsschutz, das bayerische Innenministerium und der Extremismus der Mitte, in: Heft Nr. 22 der Studienreihe Zivilgesellschaftliche Bewegungen – Institutionalisierte Politik des Kurt Eisner Vereins München 2012, auch online: http://www.bayern.rosalux.de/fileadmin/ls_bayern/dokumente/20121212SR_22_Verfassungsschutz_NSU_Bayern.pdf [23.2.2013]

[20]     Wie ein billiger Agenten-Stoff, nachzulesen in: Stefan Wogawa (2007): Die Akte Ramelow. Ein Abgeordneter im Visier der Geheimdienste, Dietz Berlin, hier insbesondere: S. 50 - 59 

[21]   Harald Bergsdorf, Rudolf van Hüllen (2011): Linksextrem – Deutschlands unterschätzte Gefahr? Paderborn, Schöningh, S. 173

[22]   Harald Bergsdorf, Rudolf van Hüllen (2011): Linksextrem – Deutschlands unterschätzte Gefahr? Paderborn, Schöningh, S. 11

[23]   Jürgen P. Lang: Ist DIE LINKE eine demokratische Partei? In: Uwe Backes, Alexander Gallus, Eckhard Jesse (Hg.) (2009): Jahrbuch Extremismus & Demokratie, Baden-Baden 2010, Nomos, S. 161 – 179, hier: S. 163

[24]   Zuletzt: Wolfgang Wippermann: Politologentrug. Ideologiekritik der Extremismus-Legende, in: Standpunkt 10/2010; online: http://www.rosalux.de/fileadmin/rls_uploads/pdfs/Standpunkte/Standpunkte_10-2010.pdf [23.2.2013]

[25]   Der 2005 verstorbene Bürgerrechtler und Professor Jürgen Seifert, Uni Hannover, sprach von „hoheitlicher Verrufserklärung“, wenn der „Verfassungsschutz“ politische Akteure (in den jährlichen VS-Berichten) der Verfassungsfeindlichkeit zieh, zit.nach Kohlstruck, Fn. 9

[26]   Arno Klönne: Wie Geschichte verfälscht wird: http://www.nrhz.de/flyer/beitrag.php?id=18313 [10.2.2013]; vgl.: Dieter Nelles: Extremismus unterschätzt?, in: Journal für Politische Bildung, 2/2012, S. 92f

[27]   Streitgespräch zum Thema Linksextremismus zwischen Richard Stöss und Uwe Backes, in: Ulrich Dovermann (Hg.) (2011): Linksextremismus in der Bundesrepublik Deutschland, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn, S. 291 – 318, hier: 292

[28]   Ebenda, S.293; vgl.: Dieter Nelles: Extremismus unterschätzt?, in: Journal für Politische Bildung, 2/2012, S. 92f und http://www.kritisch-lesen.de/rezension/der-deutschen-neues-sorgenkind [22.2.2012]