Publikation Arbeit / Gewerkschaften - Selber machen - Politische Weiterbildung - Studienwerk Jenseits der Prekarität

Methodensammlung für die Bildungsarbeit

Information

Reihe

Bildungsmaterialien

Autorin

Miriam Pieschke,

Erschienen

September 2016

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Nur online verfügbar

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«Ihr werdet euch noch wünschen, wir wären politikverdrossen!»

So lautete die selbstbewusste Parole auf einem Demo-Transparent 2012 in Berlin. Ob in Kreuzberg oder St. Pauli, ob in Barcelona oder Istanbul, in den USA oder Brasilien – weltweit gibt es Widerstand gegen neoliberale Zumutungen. Seien es Zwangsräumungen oder unzureichende gesundheitliche Versorgung, seien es prekäre Arbeitsverhältnisse oder massenhafte Jugendarbeitslosigkeit, seien es europäische Sparpolitik oder Entdemokratisierung durch internationale Handelsabkommen. Dabei wächst bei vielen Menschen die Erkenntnis, dass die verschiedenen Erscheinungsformen der Entsicherung zusammenhängen und systematisch durch politisches Handeln hergestellt werden. Und: Überlastung, die Unmöglichkeit das eigene Leben planen zu können, Verdrängung aus den Städten und zunehmende Sorgelücken betreffen nicht nur die vermeintlich ‹Schwachen›, Prekarisierung ist in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

Prekarisierung tritt in verschiedenen Formen auf, die nicht immer auf den ersten Blick zu durchschauen sind. Daher fällt es vielen Menschen schwer, sich hier mit den eigenen Erfahrungen zugehörig zu fühlen. Besonders da manche Medien und Teile der politischen Elite «das Prekariat» verächtlich machen, kann es Abwehr auslösen, die eigene Prekarisierung zu thematisieren.

Umso wichtiger ist eine breite Auseinandersetzung und gemeinsamer Widerstand, sowohl gegen einzelne Elemente der Prekarisierung als auch gegen ihr Zusammenwirken. Dieser muss getragen sein von möglichst vielen Menschen. Wenn es uns gelingt, das Gemeinsame in unterschiedlichen Erfahrungen zu entdecken und unser Wissen und unsere Erkenntnisse zu teilen, können wir uns zusammen zur Wehr setzen. Kollektiv entwickelte Ideen können uns so in unserer Handlungsfähigkeit stärken. (Bildungs-)Veranstaltungen bieten dabei eine Möglichkeit für eine intensive Auseinandersetzung mit Prekarisierung, ob bei einem Diskussionsabend oder auf einem Wochenendseminar. Ziel dieser Materialien ist es, AktivistInnen dabei zu unterstützen, solche Veranstaltungen zu konzipieren und durchzuführen.

Wofür ist dieses Material gedacht?

Egal ob ihr in eurer Politgruppe, eurem Ortsverband, eurem Lesekreis oder mit euren FreundInnen plant, euch mit dem Thema Prekarisierung zu beschäftigen – dieses Material soll euch helfen, eine Bildungs-Veranstaltung dazu vorzubereiten und durchzuführen. Aber auch wenn ihr als Gast oder PrekarisierungsexpertIn von anderen Gruppen eingeladen werdet, könnt ihr mit unseren Vorschlägen arbeiten.

Um eine solche Veranstaltung durchzuführen, müsst ihr nicht alles über Prekarisierung wissen. Ihr könnt euch auch vorrangig darauf konzentrieren, die Teilnehmenden (TN) bei ihrer eigenen Beschäftigung mit Prekarität zu begleiten, euch also vor allem um den Gruppenprozess kümmern und die Veranstaltung als gemeinsames Lernen erleben.

Die folgenden Ideen sind vor allem für einen Einstieg in das Thema gedacht. Für Gruppen, die bereits Vorwissen haben, bietet dieses Material vertiefende inhaltliche Einheiten und Anregungen, z. B. um gemeinsame Aktionen gegen Prekarisierung in Gang zu setzen.

Was findet ihr hier?

Für die Planung eurer Veranstaltungen gibt es hier Vorschläge für deren Abläufe («Rote Fäden»). Dazu findet ihr eine Sammlung von Methodenvorschlägen mit verschiedenen Schwerpunkten. Die könnt ihr sowohl benutzen, wenn ihr mit den Roten Fäden arbeiten wollt, als auch, wenn ihr eigene Seminare zusammenstellen wollt. Die Broschüre «Jenseits der Prekarität. Materialien für politische Bildung und linke Politik» thematisiert die Prekarisierung immer größer werdender Teile der Bevölkerung, deren Ursachen und Auswirkungen. Am Ende findet ihr Vorschläge für Strategien und Forderungen im Kampf gegen Prekarisierung. Ihr könnt euch mithilfe der Broschüre in das Thema einarbeiten oder Auszüge davon als Material für die inhaltliche Arbeit in der Veranstaltung benutzen. Passend dazu gibt es hier einen Powerpoint-Vortrag, der als Grundlage für ein kurzes Einstiegsreferat zu Prekarisierung dienen kann. Im letzten Teil dieses Materials haben wir für euch einige grundsätzliche Infos und Tipps zu Veranstaltungsplanung und Bildungsarbeit zusammengestellt, zudem Hinweise zum Umgang mit Pannen.

Für die Durchführung der hier vorgeschlagenen Veranstaltungen braucht ihr einen Raum, der groß genug ist, dass sich eine Gruppe darin gut bewegen kann, sowie idealerweise Moderationsmaterial (einen Moderationskoffer, eine Pinnwand und/oder ein Flipchart). Oft verfügen Tagungsräume bereits über eine Grundausstattung mit Moderationsmaterial. Wenn ihr euch als externe Gruppen in Bildungshäusern oder (linken) Veranstaltungsräumen anmeldet, um dort euer Seminar durchzuführen, fallen dadurch in den allermeisten Fällen leider Kosten
an. Mit etwas Improvisation kann aber auch das Hinterzimmer einer (solidarischen) Kneipe in einen Seminarraum umgewandelt werden. Übrigens: Auch für selbstorganisierte Veranstaltungen lassen sich oft Fördergelder beantragen.

Über Kommentare, Rückmeldungen, Ergänzungen und Verbesserungsvorschläge freuen wir uns sehr. Bitte lasst uns unter  BildungPrekaritaet@rosalux.de wissen, ob euch dieses Material geholfen hat, was ihr mit Erfolg verwenden konntet und was nicht – kurz, was ihr über dieses Material denkt.

Viel Erfolg und vor allem viel Spaß!