Zuerst die gute Nachricht: Berlin hat gezeigt, was DIE LINKE mit einer klaren Strategie und einer guten Kampagne erreichen kann. Wir haben dort weitaus mehr Nichtwähler*innen gewonnen als Wähler*innen an die AfD verloren. Allerdings wäre es fahrlässig, anlässlich dieses Erfolgs keine Schlussfolgerungen aus den schlechten Nachrichten zu ziehen, die sich aus den Wahlen in Baden-Württemberg, Sachsen-Anhalt, Rheinland-Pfalz und Mecklenburg-Vorpommern ergeben haben. Wir müssen uns fragen, wieso in Mecklenburg-Vorpommern rund 16.000 ehemalige Wähler*innen der LINKEN zur AfD wechseln und wieso die AfD rund 55.000 Menschen aus dem Lager der Nichtwähler*innen gewinnen konnte. Wieso halten so viele Menschen die Flüchtlinge für ein Problem, obgleich es in Mecklenburg-Vorpommern de facto kaum welche gibt? Was für Projektionen sind neben rassistischen Ressentiments in diese Wahlentscheidung zu finden? Wieso hat DIE LINKE seit 2010 unterm Strich massiv an Einfluss verloren?
Wir werden diese Fragen nicht beantworten können, wenn wir zum einen eine fehlende Strategie durch Moralisierung ersetzen oder zum anderen einzelne Teile des Ressentiments versuchen zu adaptieren. Wenn wir DIE LINKE stärken wollen, dürfen wir die Wähler*innen, die wir insbesondere in den Flächenländern verloren haben, nicht einfach abschreiben, sie gar verachten, sondern müssen darum kämpfen, sie zurückzugewinnen – ohne den Weg zu gehen, antidemokratische Standpunkte zu übernehmen. Die Universalität der Menschenrechte und die Würde jedes Einzelnen sind nicht verhandelbar, weil wir sonst keine Linken, keine Sozialist*innen mehr sind.