Aktuelle Nachrichten https://www.rosalux.de/ Hier finden Sie unsere aktuellen Nachrichten. de Copyright Tue, 26 Sep 2023 15:18:26 +0200 Tue, 26 Sep 2023 15:18:26 +0200 TYPO3 Aktuelle Nachrichten https://www.rosalux.de/fileadmin/sys/resources/images/dist/logos/logo_rss.jpg https://www.rosalux.de/ 144 109 Hier finden Sie unsere aktuellen Nachrichten. news-45259 Sat, 17 Aug 2024 16:53:00 +0200 @rosalux_klima auf Instagram folgen https://www.instagram.com/rosalux_klima/ news-51064 Tue, 26 Sep 2023 10:45:00 +0200 Kehrtwende der polnischen Ukraine-Politik https://www.rosalux.de/news/id/51064 Achim Kessler über wahltaktische Manöver der regierenden «PiS» «Wir liefern keine Waffen mehr in die Ukraine. Jetzt werden wir uns selbst bewaffnen», sagte Mateusz Morawiecki in einem Interview des polnischen Fernsehsenders Polsat. Diese Äußerung des polnischen Ministerpräsidenten markiert nicht nur eine Kehrtwende der polnischen Ukraine-Politik, sondern ist zugleich einigermaßen verwunderlich. Denn die polnische Regierung verfolgt schon länger das Ziel, die polnische Armee zur stärksten Europas zu machen und gibt schon jetzt vier Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Militärausgaben aus - also das Doppelte des von der NATO für ihre Mitgliedsstaaten verordneten Prozentsatzes.

Die Kehrtwende in den polnisch-ukrainischen Beziehungen wird jedoch auch daran kenntlich, dass ein geplantes Gespräch zwischen den Präsidenten Polens und der Ukraine am Rande der UN-Generalversammlung nicht stattfand. Am Samstag landete der Präsident der Ukraine auf dem Rückweg aus Nordamerika überraschend in der polnischen Stadt Lublin. Er traf sich dort nicht mit Vertreter*innen der polnischen Regierung, sondern mit Freiwilligen, die die Geflüchteten aus der Ukraine mit großem Einsatz unterstützt hatten. Er dankte der polnischen Gesellschaft für ihre Hilfe, dankte jedoch nicht der polnischen Regierung.

Achim Kessler leitet das Regionalbüro der Rosa-Luxemburg-Stiftung in Warschau.

Polen über alles – eine nationalistische Wende?

Die Ankündigung Morawieckis war eine Reaktion auf die Rede des Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, vor der UN-Generalversammlung in New York, in der er Polen für die Verhängung eines Embargos gegen den Import von ukrainischem Getreide kritisierte. Der polnische Präsident Andrzej Duda, Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und der Vorsitzende der nationalkonservativen Regierungspartei «Recht und Gerechtigkeit» (PiS), Jarosław Kaczyński, betonen nun unisono, dass die Interessen Polens die wichtigsten sind und dass sie sich nur von ihnen leiten lassen.

Polnischen Medien zufolge ist die Verschlechterung der Beziehungen zur Ukraine ein bewusster Versuch der «PiS», ihre Umfragewerte und damit ihre Chancen bei den Parlamentswahlen am 15. Oktober zu verbessern. «PiS»-Regierung und Opposition liefern sich derzeit in den Wahlumfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Neben der demokratischen Opposition liberaler, linker und gemäßigt konservativer Parteien steht «PiS» auch seitens des extrem neoliberalen, nationalistischen und rassistischen Parteienbündnisses Konfederacja unter Druck, das in den Umfragen rund zehn Prozent erreicht. Konfederacja tut sich im Wahlkampf mit ihrer Forderung nach radikalen Steuersenkungen hervor und greift die zunehmenden Vorbehalte gegenüber der Militärhilfe für die Ukraine und der Unterstützung der Geflüchteten aus der Ukraine hervor.

Angesichts der durch hohe Inflation und steigende Lebenshaltungskosten immer schwieriger werdenden sozialen Situation wachsen die Vorbehalte in Teilen der polnischen Gesellschaft gegenüber der Unterstützung der Ukraine und ukrainischer Geflüchteter. Durch das Verbot des Imports billigen ukrainischen Getreides versucht «PiS» die polnischen Bauern vor dem Preisverfall von Getreide zu schützen, denn sie hat ihre wichtigste Basis in den ländlichen Regionen. Laut einer Umfrage von Rzeczpospolita befürworten 58,4 Prozent der Pol*innen dieses Importverbot, weniger als 20 Prozent sind dagegen.

Und auch die Vorbehalte gegenüber den Geflüchteten aus der Ukraine nehmen mit der Dauer des völkerrechtswidrigen Krieges Russlands gegen die Ukraine zu, nachdem die Bevölkerung die Geflüchteten mit großer persönlicher Hilfsbereitschaft unterstützt hat. Geflüchtete aus der Ukraine haben unmittelbar Anspruch auf Unterstützung durch das polnische Sozialsystem. Zuständig dafür sind die Kommunen, die «PiS»-Regierung hat diesen jedoch die dafür erforderlichen Mittel nicht bereitgestellt. Diesen Stimmungswandel in Teilen der polnischen Gesellschaft nutzt Konfederacja mit Slogans wie «Stoppt die Ukrainisierung Polens!».

«PiS» fürchtet um ihre Alleinherrschaft: Zwei Fliegen mit einer Klappe

Angesichts der Umfrageergebnisse muss «PiS» fürchten, ihre Alleinherrschaft zu verlieren. Eine Koalition von «PiS» und Konfederacja nach den Wahlen würde einen empfindlichen Rechtsruck in Polen bedeuten. Dabei erscheint es noch nicht einmal sicher, dass Konfederacja sich tatsächlich an einer möglichen Koalition beteiligen würde. Manche Kommentator*innen halten es für möglich, dass Konfederacja sich einem Eintritt in die Regierung verweigern könnte, um Chaos zu produzieren und aus solchermaßen erzwungenen baldigen Neuwahlen noch stärker hervorzugehen.

Mit der Kehrwende in der Ukraine-Politik schlägt «Pis» zwei Fliegen mit einer Klappe. Einerseits hofft sie weiterhin, bei den Parlamentswahlen ein Ergebnis zu erzielen, mit dem sie weiter allein regieren kann. Deshalb verstärkt sie ihre nationalistische Rhetorik, um die eigene Wählerschaft zu mobilisieren und potentielle Wähler*innen der Konfederacja für sich zu gewinnen. Gleichzeitig passt sie sich damit jedoch ihrer extrem rechten Konkurrenz an und erhöht so den Druck auf Konfederacja sich einem möglichen Regierungseintritt nicht entziehen zu können.

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news-51058 Mon, 25 Sep 2023 17:08:54 +0200 Unser Berlin – unser Zuhause – unser Gesetz https://www.rosalux.de/news/id/51058 Die Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen startet Gesetzesvolksentscheid  Mit fast 60 Prozent der gültigen Stimmen haben die Berliner*innen am 26. September 2021 «Ja» gesagt zur Enteignung der großen, profitorientierten Wohnungskonzerne wie Deutsche Wohnen, Vonovia & Co. Doch die Umsetzung dieses Wähler*innenwillens auf parlamentarischem Weg ist durch die aktuelle Regierung verstellt. Nun kündigt die Initiative an, ein Vergesellschaftungsgesetz «von unten» zu erarbeiten und einen rechtlich verbindlichen Gesetzesvolksentscheid zu initiieren. Hier erklären drei Aktive von DWE, wie die Vergesellschaftung gelingen kann.

Es ist jetzt zwei Jahre her, dass wir als Initiative zusammen mit der Berliner Bevölkerung einen sagenhaften Sieg errungen haben: 59,1% Ja-Stimmen für «Deutsche Wohnen und Co enteignen» (DWE). Doch der schwarz-rote Senat weigert sich, aus dem erfolgreichen Beschlussvolksentscheid ein Vergesellschaftungsgesetz zu machen. Stattdessen verfolgt sie eine Mietenpolitik, die unsere Lebenskosten in die Höhe treibt und den sozialen Zusammenhalt gefährdet.

Lara Eckstein, Justus Henze und Lucas Mielke sind in der Öffentlichkeitsarbeit und im KoKreis von Deutsche Wohnen & Co enteignen aktiv.

In diesen zwei Jahren hat das Bundesverwaltungsgericht das Vorkaufsrecht gekippt und damit den Kommunen bzw. den Bezirken ein wichtiges Instrument gegen die Verdrängung genommen. Die durchschnittlichen Angebotsmieten haben sich im Zeitraum zwischen dem dritten Quartal 2021 und dem zweiten Quartal 2023 um 30 Prozent von 10,24 Euro/qm auf 13,23 Euro/qm erhöht. Die (inflationsbereinigten) Reallöhne der Berliner*innen sind gleichzeitig im vergangenen Jahr um 2% gesunken. Die Inflation schlägt bei denen besonders hart ein, die ohnehin schon wenig haben. Die Situation für Mieter*innen war vor dem Volksentscheid schon dramatisch – heute sind viele Menschen in Existenznot.

Die Regierung hat keine Antwort auf die eskalierte Mietenkrise

Die Modernisierungsumlage bleibt Mieterhöhungsstrategie für Vermieter*innen, Indexmietverträge gehen aufgrund der Inflation durch die Decke, und wer umziehen muss, findet zunehmend nur noch Angebote für möblierte Wohnungen, mit denen die Vermieter*innen die Mietpreisbremse umgehen. Die einzige Antwort, die CDU und SPD darauf haben, ist das alte, leere Mantra vom «Bauen Bauen Bauen». Die Grundlagen dieser Baupolitik, die schon vor zwei Jahren unsinnig war, sind seitdem komplett erodiert: Die Baubranche sagt selbst, dass sie zu aktuellen Konditionen nicht mehr gewillt ist zu bauen. Die privaten Wohnungsunternehmen, die «Kooperationspartner» dieser Politik, haben sich als spekulative Preistreiber enttarnt. Das Geschäftsmodell der finanzmarktorientierten Wohnungskonzerne hat sich im Zusammenschluss aus gestiegenen Kapitalkosten (Zinswende), Energiepreisschock und Baupreissteigerungen als untragbar herausgestellt.

Die Adler Group, Vonovia, Heimstaden und Co. stehen vor massiven Finanzierungsschwierigkeiten und stornieren reihenweise die ohnehin schon wenigen Neubauprojekte. Das führt bereits zu ersten Konkursmeldungen von Projektentwicklern. Schadenfreude ist an dieser Stelle jedoch unangebracht, denn die Konzerne werden in Reaktion auf die Krise ihres Geschäftsmodells nicht einfach verschwinden. Sie werden durch Paketverkäufe an Hedgefonds und Private-Equity-Firmen oder sogar an die Kommunen ihre Schuldenquote drücken und ihre nicht-spekulativen Einnahmequellen stärken müssen, also noch mehr Geld aus den Mieter*innen herauspressen.

Das «Bündnis für bezahlbares Wohnen», im Januar 2022 als Prestigeprojekt der damaligen Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) gestartet, ist in sich zusammengebrochen, ohne je Wirkung entfaltet zu haben. Die Adler Group, gegen die inzwischen unter anderem wegen Bilanzfälschung und Scheingeschäften ermittelt wird, ist aus dem Bündnis ausgetreten. Vonovia und andere Mitgliedsunternehmen des Branchenverbands BBU brechen unverhohlen ihre freiwilligen Zusagen, Mieterhöhungen zu begrenzen. Alles, was der schwarz-roten Koalition dazu einfällt, ist den Wohnberechtigungsschein (WBS) auf höhere Einkommensgruppen auszuweiten. Der WBS 220, der den Anspruch auf eine Sozialwohnungen auf Einkommen ausdehnt, die 220 Prozent über der gesetzlichen Grenze liegen, spielt Besserverdienende gegen Menschen mit niedrigem Einkommen aus. Es ist absehbar, wer am meisten darunter leiden wird: Mieter*innen mit wenig Geld werden es noch schwerer haben, eine Wohnung zu finden.

In den zwei Jahren hat sich also in dramatischer Deutlichkeit gezeigt, was am 26. September 2021 bereits über eine Million Berliner*innen zum Ausdruck gebracht haben: Es gibt auf diese Krise, die unsere Stadt spaltet und uns Mieter*innen in Angst versetzt, keine andere adäquate Antwort. Es gibt nur eine Lösung: die Vergesellschaftung!

Parlamentarischer Weg und Parteienversagen

Die Spitze der Berliner SPD hat sich, gegen den eigenen Parteitagsbeschluss, der eine Umsetzung des Volksentscheids fordert, einen bunten Strauß aus Verschleppungstaktiken ausgedacht. In der neuen Koalition unter CDU-Führung ist diese Demokratieblockade noch dreister geworden. Die neueste Blüte darin ist das sogenannte «Rahmengesetz». CDU-Finanzsenator Evers hat zuletzt offen durchblicken lassen, dass dieses Gesetzesvorhaben nur ein Formelkompromiss ist und nicht tatsächlich auf die Vergesellschaftung abzielt. Die Große Koalition arbeitet an diesem Schein-Gesetz, um im Anschluss auch noch selbst dagegen zu klagen – angeblich, um die Rechtmäßigkeit zu prüfen. Die Koalition stört dabei wenig, dass dieses Vorhaben und Vorgehen juristisch keinen Sinn ergibt.

Es ist nicht absehbar, dass selbst immenser Druck aus der Zivilgesellschaft diese schwarz-rote Front der Mieter*innenfeindlichkeit in Richtung Vergesellschaftung bewegen wird. Die aktuellen gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse, in denen CDU und SPD ihre Politik an den Interessen privater Konzerne ausrichten, lassen nicht hoffen, dass sich eine parlamentarische Mehrheit für die Umsetzung unseres gewonnenen Volksentscheids findet. Andere politische Instrumentarien wie Massendemonstrationen oder ein Mieter*innen-Streik sind vor diesem Hintergrund keine überzeugende Strategie, diese Blockade zu brechen.

Als Initiative sind wir aber nicht gewillt aufzugeben. Über eine Million Menschen, die für die Vergesellschaftung gestimmt haben, zählen auf uns. Deshalb ist für uns klar: wir müssen einen anderen Weg gehen, damit Artikel 15 Grundgesetz (GG) endlich Anwendung findet und Wohnraum in Gemeineigentum und Gemeinwirtschaft überführt wird. Wir werden deshalb die Umsetzung selbst in die Hand nehmen. Pünktlich zum zweiten Jahrestag unseres erfolgreichen Beschlussvolksentscheids können wir deshalb stolz verkünden: Wir werden das erste Vergesellschaftungsgesetz der bundesdeutschen Geschichte selbst schreiben – und mit diesem Gesetz einen verbindlichen Gesetzesvolksentscheid einleiten.

Der Kampf geht weiter - Alles muss man selber machen

Damals, als DWE im Jahr 2018 aus der Vernetzung von Mieter*innen gegen Immobilienkonzerne hervorgegangen ist, haben wir uns für eine andere Art von Volksentscheid entschieden: den Beschlussvolksentscheid, ein formell unverbindlicher Arbeitsauftrag an die Landesregierung. Das hatte gute Gründe: der Artikel 15 GG ist noch nie angewandt worden, es fehlten Orientierungspunkte für ein konkretes Gesetz. Trotz der unermüdlichen Arbeit unserer Vergesellschaftungs-AG konnten wir erst im Frühling 2021 einen ersten eigenen Gesetzentwurf vorlegen. Damit haben wir als Bürger*inneninitiative geleistet, was sonst ganze Senatsverwaltungen erledigen. Das Risiko, mit diesem Entwurf wegen eines Formfehlers vor Gericht zu scheitern, konnten wir damals nicht eingehen. Es wäre ein zu hohes Wagnis gewesen, solch einen Entwurf über einen Gesetzesvolksentscheid zur Abstimmung zu bringen, wenn wir nicht sicher sagen können, dass ein solches Gesetz vor Gericht Bestand haben würde.

Das ist jetzt anders. Wir haben nach zwei Jahren Arbeit nicht nur mehr juristisches Fachwissen innerhalb der Initiative, sondern auch enge Beziehungen zu Expert*innen aus Wissenschaft und Praxis, mit denen wir unseren Entwurf juristisch wasserdicht machen werden. Mit ihnen zusammen werden wir also selbst das erste Vergesellschaftungsgesetz dieses Landes schreiben und zur Anwendung bringen. Sobald das Gesetz vorliegt, leiten wir ein neues Volksbegehren ein: Wir sammeln Unterschriften und starten einen neuen Volksentscheid, in dem die Berliner*innen direkt über unser Gesetz abstimmen können. Wenn die Mehrheit wieder «Ja» sagt, wird das Gesetz direkt in Kraft treten. Dieser Gesetzesvolksentscheid hat den gleichen Stellenwert und die gleiche Gültigkeit wie jedes Gesetz, das das Abgeordnetenhaus verabschiedet.

Wir sind optimistisch, dass wir diesen neuen, verbindlichen Volksentscheid gewinnen können. Denn während sich die politische Situation in Senat und Abgeordnetenhaus für uns verschlechtert hat, hat sich die rechtliche Ausgangslage zu unseren Gunsten verschoben – dank eines gewichtigen juristischen Dokuments: dem Abschlussbericht der Expert*innenkommission.

Neue Ausgangsbedingungen

Franziska Giffey und andere hatten die Expert*innenkommission zum Volksentscheid als Verschleppungstaktik geplant. Dreizehn renommierte Rechts-, Finanz- und Stadtentwicklungsexpert*innen haben über ein Jahr lang alle grundlegenden und rechtlichen Fragen zur Vergesellschaftung und zum Berliner Wohnungsmarkt eingehend geprüft. Wir haben es damals gesagt und wir bleiben dabei: es hätte diese Kommission nicht gebraucht, um das Grundgesetz inklusive Artikel 15 als gültig anzuerkennen. Doch Dank der fachlich versierten, gründlichen Arbeit der Expert*innen, kam die Kommission im Juni 2023 schließlich mehrheitlich zum Ergebnis: Vergesellschaftung ist rechtssicher möglich und finanzierbar, sie ist angemessen, verhältnismäßig und sie ist das beste Mittel, den Mietenwahnsinn in Berlin zu stoppen und unsere Stadt langfristig bezahlbar zu halten.

Aus juristischer Sicht ist der Abschlussbericht der Kommission ein Erfolg – und ein wichtiger Grundstein für das Vergesellschaftungsgesetz. Der Bericht ist der aktuellste und beste Beitrag zur rechtlichen Diskussion rund um die Vergesellschaftungsfrage. Wenn das Bundesverfassungsgericht unser Vergesellschaftungsgesetz zur Prüfung vor sich liegen hat, werden die Richter*innen für ihre Abwägungen auch diesen Abschlussbericht heranziehen. Wir sind überzeugt: ein rechtssicheres Vergesellschaftungsgesetz von unten – aus der Zivilgesellschaft – ist machbar!

Bereit für eine neue Phase

Unsere Initiative geht den nächsten logischen Schritt: Wir verlassen den Weg des Appellierens an die Parteien. Dort, wo die parlamentarische Politik uns Mieter*innen im Stich lässt, sind wir bereit, selbst Politik zu machen. In den vergangenen fünf Jahren ist DWE gewachsen, hat sich breit aufgestellt und überall in der Stadt verankert. Wir haben unsere politische Praxis erweitert, sind mit unseren Kiezteams weiter in die Siedlungen der Enteignungskandidaten gegangen, um die dortigen Mieter*innen bei der Organisierung gegen die Machenschaften der Konzerne zu unterstützen. Wir haben eine Kundgebungstournee durch die Berliner Bezirke gestartet und so verhindert, dass die Erinnerung an die 59,1% Zustimmung zur Vergesellschaftung verblasst. Wir haben eine große Enteignungskonferenz organisiert und energie- wie auch klimapolitische Forderungen in Bezug auf die Vergesellschaftungsfrage entwickelt. Unsere «Right to the City»-AG organisiert Mieter*innen, die Deutsch nicht als Muttersprache sprechen, und kämpft gegen rassistische Diskriminierung auf dem Mietmarkt. DWE hat sich von einer schlagkräftigen Kampagne zu einer langfristig starken, in der Stadt verankerten mietenpolitischen Akteurin entwickelt.

Auf dem parlamentarischen Weg haben wir alle Karten ausgespielt – nun geht es daran, parallel zur Erarbeitung des Gesetzes wirksame Netzwerke für die mietenpolitischen Probleme dieser Stadt zu entwickeln. Gemeinsam mit unseren Bündnispartner*innen organisieren wir uns für eine bezahlbare, lebenswerte Stadt für alle. Mit 14 Kiezteams, neun Arbeitsgruppen, neuen Bündnispartner*innen, einem immensen solidarischen Supporter*innenumfeld und der Vernetzung mit den Mieter*inneninitiativen und anderen zivilgesellschaftlichen Gruppen dieser Stadt sind wir bereit, die neue Phase der Auseinandersetzung zu starten.

Die Stadt wird wieder gelb-lila leuchten

Der Erfolg unseres Gesetzesvolksentscheids wird davon abhängen, inwieweit es uns wieder gelingt, Menschen über ihre konkreten Interessen in den gemeinsamen Kampf gegen die Immobilienkonzerne einzubinden. Das bedeutet für uns schon seit über einem Jahr, dass wir wieder verstärkt Mieter*innen in den Siedlungen der Enteignungskandidaten bei ihrer Organisierung unterstützen – auch bei Themen, die nicht direkt mit der Enteignung zu tun haben, wie energetische Sanierungen, kaputte Fahrstühle oder auslaufende Sozialbindungen. Eine Stärke unserer Initiative ist unsere Lernfähigkeit. Entsprechend wollen wir bestimmte Vorstellungen von «der richtigen» politischen Arbeit nicht «von oben» durchsetzen, nur, weil wir so schon einmal gewonnen haben. Geschichte lässt sich nicht wiederholen. Wir müssen das, was wir gelernt haben, auf die veränderte politische Situation beziehen, unsere Struktur und Politik kontinuierlich reflektieren und zum Teil auch verändern.

Daher laden wir weiterhin alle ein, sich in unsere Initiative, in die Kiezteams und Arbeitsgruppen einzubringen, um gemeinsam die kommenden Herausforderungen anzugehen. Gegen den umfassenden Eindruck, dass die Einzelnen gegen soziale Missstände nichts ausrichten können, wollen wir Angebote widerständiger, kollektiver politischer Praxis und Organisierung schaffen. So können wir unsere Stadt ein zweites Mal gelb-lila leuchten lassen – denn es ist unsere Stadt, unser Zuhause und es wird unser Enteignungsgesetz.

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news-51048 Fri, 22 Sep 2023 13:38:35 +0200 Der Wunsch nach Souveränität https://www.rosalux.de/news/id/51048 Wie der Westen mit seiner Politik zum Putsch in Niger beitrug Am 26. Juli 2023 putschte das Militär in Niger, das bis dahin vom Westen als letzter «stabiler Partner» in der Sahel-Zone gesehen wurde. Die gewählten Regierungen unter Mohamed Bazoum (2021-2023) und seinem Vorgänger Mahamadou Issoufou (2011-2021) hatten eng mit dem Westen zusammengearbeitet. Auch wenn der Putsch die allgemeine Unzufriedenheit der Nigrer*innen spiegelt, hat der Westen dazu beitragen.

Franza Drechsel ist Referentin für Westafrika bei der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Erstens gewährte die Ex-Kolonialmacht Frankreich Niger 1960 die politische Unabhängigkeit nur im Gegenzug zu besonders günstigem Zugriff auf dessen Rohstoffe, vor allem auf Uran im Norden des Landes. Der französische Staatskonzern Orano ist für den Abbau des radioaktiven Rohstoffs für Frankreichs Atomstrom und Nuklearwaffen verantwortlich. Obwohl Niger Anteile der nationalen Abbaugesellschaften hält, verbleibt von den Gewinnen kaum etwas im Land. Zugleich hinterlässt Orano strahlende Landschaften sowie kranke Anwohner*innen und Bergleute, ohne dafür Verantwortung zu übernehmen. Dieses und andere Wirtschaftsabkommen haben zur Folge, dass Niger seit langem eines der ärmsten Länder weltweit ist.

Zweitens hat der NATO-Einsatz in Libyen 2011 Unsicherheit und Migration in der Sahel-Region befördert. Issoufou kam eine Kooperation mit dem Westen bei der Terrorismusbekämpfung gelegen, um das kleine Staatsbudget nicht mit Sicherheitsausgaben zu belasten. Für die Europäische Union (EU) ging die Bekämpfung djihadistischer Gruppen jedoch mit der Unterbindung von Migration einher – in einer Region, die von Migration geprägt und wo Freizügigkeit rechtlich verbrieft ist. Ein 2015 auf Druck der EU eingeführtes Gesetz kriminalisiert Migrant*innen und alle, die ihnen Essen, Schlafplätze oder Transportmöglichkeiten zur Verfügung stellen. Deutsche Regierungen unterstützten die 2016 geschlossene «EU-Mitgrationspartnerschaft» mit Entwicklungshilfegeldern, die nur wenigen zu Gute kamen, sowie die EU-Ausbildungsmissionen von Militärs und Polizei. Während die Kriminalisierung der Migration dazu führte, dass ein wichtiges ökonomisches Standbein im Transitland Niger zusammenbrach, blieb die militärische Eindämmung des islamistischen Terrorismus erfolglos.

Eine alleinige Schuldzuschreibung an den Westen wäre aber verkürzt. Auch die nigrischen Regierungen tragen Verantwortung für die schlechte wirtschaftliche und sicherheitspolitische Lage. Zudem hatte die Regierungspartei schon unter Issoufou de facto eine Einparteienherrschaft etabliert und Kritiker*innen durch Korruption kooptiert. Der Westen allerdings trug maßgeblich zu Militarisierung und wirtschaftlicher Ausbeutung bei. Das erklärt, weshalb Anti-Frankreich-Diskurse bei Nigrer*innen verfangen. Wenn die Junta die Souveränität Nigers proklamiert, spricht das vielen aus dem Herzen. Doch durch eine Einflussnahme anderer Großmächte wird das Land nicht souveräner.
 

Dieser Text ist zuerst erschienen bei «Südlink» (Ausgabe 205) – dem Nord-Süd-Magazin von INKOTA.

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news-51044 Thu, 21 Sep 2023 10:45:00 +0200 «Die Sache läuft in die falsche Richtung» https://www.rosalux.de/news/id/51044 Frauen werden über den Ausgang der Parlamentswahlen in Polen entscheiden Laut einer im Mai diesen Jahres durchgeführten Studie der Stiftung More in Common weiß fast die Hälfte der jungen Frauen in Polen (47 Prozent) noch nicht, wen sie wählen wird. Gleichzeitig sind 75 Prozent der Befragten in dieser Gruppe (18 bis 29 Jahre) überzeugt, dass «die Dinge in Polen in die falsche Richtung laufen».

Die Studie machte auf die polnischen Politiker*innen zu Beginn des Wahlkampfs vor den für den 15. Oktober geplanten Parlamentswahlen großen Eindruck. Für die Opposition sind die Ergebnisse der Umfrage besonders wichtig, denn wenn die Politik der Regierung für sie «in die falsche Richtung geht», ist kaum zu erwarten, dass sich junge Frauen für die Regierungspartei entscheiden. Allerdings ist es fraglich, ob sie sich überhaupt dazu entschließen werden, an den Wahlen teilzunehmen und für die Opposition zu stimmen.

Zuzanna Dąbrowska, polnische Journalistin, absolvierte ein Studium der Sozialpolitik an der Universität Warschau. In den 1980er Jahren war sie aktiv in der demokratischen Opposition – sie war Mitbegründerin der Bewegung für Freiheit und Frieden und der Polnischen Sozialistischen Partei. Derzeit schreibt sie für die polnische Tageszeitung Rzeczpospolita.

Wenn ich über die Opposition schreibe, meine ich drei Parteien, beziehungsweise Listenverbindungen von Parteien, die sich selbst als «demokratische Opposition» bezeichnen: die «Bürgerkoalition» (die liberale «Bürgerplattform» und ihre kleineren Mitte-Links-Verbündeten), die «Linke» (hauptsächlich die sozialdemokratische «Neue Linke» und die progressive Partei «Gemeinsam») und die Mitte-Rechts-Partei «Dritter Weg» («Polnische Volkspartei» und «Polen 2050»). Diese Parteien eint ihr Widerstand gegen die derzeitige nationalkonservative Regierung von «Recht und Gerechtigkeit» (Prawo i Sprawiedliwość- PiS) und der Wunsch, nach den Wahlen eine gemeinsame Regierung zu bilden.

Verlorener Frauenstreik

Nach dem Urteil des von der Regierung kontrollierten Verfassungsgerichts zur Verschärfung des Anti-Abtreibungsgesetzes, durch das die Möglichkeit eines Schwangerschaftsabbruchs wegen eines zu erwarteten «schweren und irreversiblen fetalen Defekts» aus dem Gesetz gestrichen wurde, kam es 2020 zu Massenprotesten in ganz Polen, organisiert im Rahmen des Frauenstreiks im ganzen Land, auch in kleinen Kreisstädten. Es war die größte Mobilisierung von Frauen, insbesondere junger Frauen, in der Geschichte Polens nach 1989. Daran beteiligten sich auch Politiker*innen aus dem «Anti-PiS»-Lager. Manche von ihnen waren Mitorganisator*innen. Weitgehend in Vergessenheit geraten ist jedoch, dass der erste Protest vor dem Sitz des Verfassungsgerichts von der kleineren linken Partei «Gemeinsam» organisiert wurde. Als die Proteste zunahmen, übernahmen mit dem «Frauenstreik» verbundene Aktivistinnen die Initiative, und politische Parteien, die die Chancen der Bewegung erhöhen wollten, zogen sich zurück. Viele Monate lang sah es so aus, als ob erstmals in der Geschichte Polens eine radikale autonome Selbstorganisation rebellischer Wählerinnen entstehen würde, die ihrerseits die politische Opposition stärken würde.

Daraus wurde jedoch nichts. Die Streikführerinnen konnten dem politischen Druck nicht standhalten und scheiterten an der Herausforderung, eine parteiübergreifende politische Vertretung zu etablieren. Die Leitungen der Oppositionsparteien sahen dies mit Bedauern, aber gleichzeitig mit Erleichterung darüber, dass auf der politischen Landkarte keine ernsthafte Konkurrenz entstanden war.

Nur Mobilisierung hilft

Heute ist die weibliche Wählerschaft verunsichert und enttäuscht. Es war nicht möglich, die drakonischen Gesetze durch Massenprotest auf der Straße zu ändern. Daher glauben sie nicht, dass dies durch Beteiligung an Wahlen erreicht werden kann. Einige Aktivistinnen beschlossen jedoch, in die Politik einzusteigen und sich den Oppositionsparteien anzuschließen. Dennoch hat sich der ungünstige Trend, der in der Studie der Stiftung More in Common beschrieben wird, nicht umgekehrt: Je älter die befragten Frauen sind, desto größer ist ihr politisches Engagement und ihre Bereitschaft sich an der Wahl zu beteiligen – und dabei die derzeit regierende Partei «Recht und Gerechtigkeit» (PiS) zu wählen. Daher könnte sich nach den Wahlen herausstellen, dass das Schicksal der Achtzehnjährigen in Polen von Frauen (und natürlich Männern) über 60 Jahren entschieden wurde.

Der einzige Weg, diesen Prozess umzukehren, ist die Mobilisierung. Alle Parteien versuchen das. Aber nach den Umfragen haben die beiden größten Parteien – «Recht und Gerechtigkeit» (PiS) und die «Bürgerkoalition» – bereits ihr Maximum erreicht.

Werden Wählerinnen im Alter von 18 bis 59 Jahren den Ausschlag geben?

Alle Parteien versuchen, die Stimmen der 18- bis 59-jährigen Wählerinnen zu bekommen, wobei die Regierungspartei «Recht und Gerechtigkeit» (PiS) offenbar am wenigsten Engagement zeigt. Vielleicht weiß sie, dass dieser Versuch zum Scheitern verurteilt ist. Dies umso mehr, als ihr Anführer Jarosław Kaczyński mit seiner frauenfeindlichen Aussage, dass «Frauen unter 25 Jahren keine Kinder zur Welt bringen, weil sie zu viel trinken», die Ablehnung junger Frauen provoziert hat.

Wie geht die Opposition mit der Herausforderung der Mobilisierung um? Die Oppositionsparteien haben teilweise deutliche Lehren gezogen.

Auf den Listen für die Wahlen zum Sejm, dem polnischen Parlament, wurde mit dem «Reißverschlussverfahren» ein Mechanismus eingesetzt, um den Anteil weiblicher Kandidat*innen zu erhöhen («Linke» (Lewica) - 49,6%, «Bürgerkoalition» (Koalicja Obywatelska, KO) - 47,8%, «Dritter Weg» (Trzecia Droga) - 41,2%).

Und auf viele Spitzenplätze der regionalen Wahllisten wurden Frauen gewählt. Es gab jedoch auch einige Pannen: So waren bei der Pressekonferenz zur Vorstellung des von der Opposition mühsam geschlossenen «Senatspakts» (einer Vereinbarung, in jedem Einzelwahlkreis einen gemeinsamen Kandidaten oder eine gemeinsame Kandidatin für den Senat – die zweite Kammer des polnischen Parlaments – aufzustellen) nur männliche Vertreter der Parteien anwesend. Offenbar haben die Parteiführer ihre Kolleginnen vergessen. Und das ausgerechnet bei der ersten Pressekonferenz, bei der die Oppositionsparteien in irgendeiner Frage eine völlige Übereinstimmung verkünden konnten.

Das Programmangebot der Opposition ist vielfältig – zum Beispiel stimmt die «Bürgerkoalition» in der Frage der Abtreibung mit der «Neuen Linken» überein (Möglichkeit der Abtreibung bis zur 12. Schwangerschaftswoche ohne Angabe von Gründen). Der «Dritte Weg» fordert jedoch eine Volksabstimmung in dieser Frage. Alle drei Parteien fordern eine staatliche Finanzierung der Methode der In-vitro-Fertilisation und stellen sozialpolitische Forderungen für Frauen: die «Linke» zur Witwenrente; die «Bürgerkoalition» zur finanziellen Unterstützung für Frauen, die in den Arbeitsmarkt zurückkehren, damit sie sich eine Kinderbetreuung leisten zu können; der «Dritte Weg» zur gleichen Entlohnung von Frauen und Männer sowie Investitionen für Kindergärten.

Außerdem gibt es viele Versuche, das frauenpolitische Image zu verbessern: Frauen sind bei allen Pressekonferenzen und Wahlkampfveranstaltungen sichtbar und es gibt spezielle Veranstaltungen unter dem Titel «Frauen-Power» zu den Bedürfnissen von Frauen. Die Präsenz von Frauen in der politischen Debatte war noch nie so groß. Aber die Opposition muss sich die Frage stellen, ob das alles ausreicht, um polnische Frauen zur Beteiligung an der Wahl zu motivieren. Denn wenn sie bei der Wahl zu Hause bleiben, wird Jarosław Kaczyński eine dritte Amtszeit regieren.

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news-51039 Tue, 19 Sep 2023 17:11:57 +0200 Vonovia & Co. – Kritik, Krise und Gegenstrategien https://www.rosalux.de/news/id/51039 Bundesweite Veranstaltungsreihe im Herbst/Winter 2023/2024 Nach über einem Jahrzehnt aggressiven Wachstums und hoher Dividendenausschüttungen stehen die börsennotierten Wohnungsunternehmen (Vonovia, LEG & Co.) vor einem Scherbenhaufen. Kreditfinanzierte Unternehmensübernahmen sind unmöglich. Der Neubau ist begraben. Die in den letzten Jahrzehnten hochgepushten Bilanzwerte der Immobilien zerbröseln. Am Ende des ersten Halbjahres 2023 mussten Milliarden abgeschrieben werden. Die Verschuldung nimmt zu. Auch die Geschäftsergebnisse sind eingebrochen. Nur die Mieten steigen immer weiter.

Nun wollen die Konzerne im großen Stil Wohnungen verkaufen, und zwar zu den überhöhten Werten, die sie in ihren Büchern stehen haben. Einige Kommunen überlegen, sich auf dieses Spiel einzulassen, um wieder mehr Einfluss auf die lokalen Wohnungsmärkte nehmen zu können. Das kommt Vonovia & Co. gelegen, ändert aber nichts daran, dass der Markt die Kaufpreiserwartungen zurzeit nicht hergibt.

Um diesen niederschmetternden Perspektiven etwas entgegenzusetzen und sich nicht gegeneinander ausspielen zulassen, müssen betroffene Mieter*innen und Mietenbewegung, Mietervereine und auch die parlamentarische Linke ins Gespräch kommen. Wie kann eine über einzelne Kommunen und Länder hinaus koordinierte Gesamtstrategie aussehen? Wie gelingt es, die Rechte der Mieter*innen zu stärken, die öffentliche Kontrolle über die Wohnungswirtschaft auszubauen und so viele Wohnungen wie möglich in neu zu schaffende gemeinwirtschaftliche oder gemeinnützige Eigentums- und Organisationsformen zu überführen? Am Ende geht es um Vergesellschaftung, mehrdimensional und schrittweise.
 


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news-51034 Tue, 19 Sep 2023 10:52:11 +0200 Den Unterschied machen https://www.rosalux.de/news/id/51034 Perspektiven für die europäische Linke vor den Europaparlamentswahlen Alle Wahlkämpfe, an denen ich auf europäischer Ebene beteiligt war, hatten eine eigene Charakteristik. 2014 hatte der Widerstand gegen die dem europäischen Süden aufgezwungene Sparpolitik den linken Parteien Schwung verliehen, was sich in einem Zuwachs an Stimmen und Mandaten ausdrückte. Kritische Beobachter*innen vermerkten allerdings, dass sich der Zuwachs größtenteils auf die drei im Kampf mit der Troika stehenden Parteien Syriza (Griechenland), Podemos (Spanien) und Linksblock (Portugal) konzentrierte, während die Linksparteien in den anderen Teilen der EU stagnierten.

Walter Baier ist Präsident der Partei der Europäischen Linken.

Nachdem Syriza von der Troika in die Knie gezwungen worden war, zeigte sich, dass der Widerstand gegen die Austeritätspolitik als Programm zu schmal war, um die politischen Kräfteverhältnisse in Europa nach links zu verschieben. Ernüchterung und eine Vertiefung der Differenzen über die Europapolitik innerhalb der Linken waren die Folge. Bei den Wahlen 2019 erreichten sie nur noch 39 Mandate (-13) und bilden seither die kleinste Fraktion im Europaparlament.

Die Rückkehr der Klassenpolitik

Die soziale und wirtschaftliche Situation vieler EU-Bürger*innen hat sich in den vergangenen Jahren durch die Pandemie und den Ukraine-Krieg verschlechtert. Beinahe die Hälfte gibt an, Schwierigkeiten zu haben, mit ihrem monatlichen Einkommen über die Runden zu kommen. Die Wahlen 2024 werden, so besagen Untersuchungen, vor allem durch Unsicherheit und Pessimismus charakterisiert sein. Dabei kreisen die Sorgen der Bürger*innen um die steigenden Lebenshaltungskosten (93%), Verarmung und soziale Ausgrenzung (82%), Klimawandel (81%) und die Gefahr einer Ausweitung des Krieges in der Ukraine (81%).

Im ersten Halbjahr 2023 erlebte Europa breite soziale Proteste: Belgien (steigende Lebenshaltungskosten), Vereinigtes Königreich (Gesundheitswesen), Spanien (Gesundheitswesen), Griechenland (Desolater Zustand der Eisenbahn), Portugal (Erziehungswesen), Tschechische Republik (Teuerung), Rumänien (Erziehungswesen) und allen voran Frankreich mit der monatelangen Protestwelle gegen die von Emmanuel Macron – schließlich ohne parlamentarische Mehrheit – durchgesetzte Verschlechterung des Rentensystems.

Die sozialen Kämpfe finden auch politischen Niederschlag. Neun von zehn EU-Bürger*innen befürworten eine Besteuerung der großen transnationalen Technologie- und Datenkonzerne sowie die Einführung nationaler Mindestlöhne, acht von zehn einen fairen Handel mit ökologischen und sozialen Mindeststandards sowie die gleiche Bezahlung der Frauen für gleichwertige Arbeit.

Reformen auf der Basis des bestehenden Vertragswerkes verändern das Kräfteverhältnis in den EU-Institutionen und in den Mitgliedstaaten zugunsten der Lohnabhängigen, sie heben aber nicht die fundamentale Fehlkonstruktion des Vertrags von Lissabon auf.

Für die Europäische Linkspartei (EL) und ihre Mitgliedsparteien ergibt sich die Chance, sich als politische Interessensvertreterin der zeitgenössischen Arbeiter*innenklasse zu profilieren, das heißt die Männer und Frauen zu mobilisieren, die – unbeschadet von Alter, ethnischer und religiöser Zugehörigkeit und unabhängig davon, ob sie in Industrie, Dienstleistung oder öffentlichem Sektor, in geregelten oder prekären Arbeitsverhältnissen arbeiten – vom Verkauf ihrer Arbeitskraft abhängen. Es geht um faire Löhne, Schutz vor der Teuerung, Arbeitszeitverkürzung, Geschlechtergerechtigkeit, gleiche Rechte und Bedingungen für Arbeitsmigrant*innen, Arbeitsschutz für Plattformarbeiter*innen, sozialstaatliche Absicherung, bezahlbaren Wohnraum, Energiegrundsicherung, freien Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Kommunikationsmittel und öffentliche Verkehrsmittel.

Die Meinungsforschung vermerkt im Gefolge von Pandemie und Krieg einen Rückgang der EU-Skepsis. 6 von 10 Bürger*innen schätzen die Mitgliedschaft in der EU positiv ein, und 72 Prozent meinen, dass ihr Land davon profitiere.

Das drückt auch gestiegene Erwartungen aus, die an die neoliberale Konstruktion der EU stoßen. Allerdings hat die EU auf die Krisen der letzten Jahre mit Änderungen ihrer Politik reagiert. So suspendierte die Europäische Kommission im März 2020 den Stabilitäts- und Wachstumspakt und erweiterte damit den finanziellen Spielraum der Mitgliedstaaten bei der Bewältigung der Corona-Krise. Beträchtliche Mittel für die Digitalisierung und Ökologisierung der Volkswirtschaften wurden durch den Aufbauplan NextGenerationEU mobilisiert und zum Teil durch gemeinschaftliche Kreditaufnahme finanziert. Eine Nachricht vom Ableben des Neoliberalismus wäre allerdings verfrüht. Nach wie vor ist die Freigabe der Mittel für die Mitgliedsländer an die Prozeduren des Europäischen Semesters gebunden, mit denen die Finanzdisziplin des Stabilitäts- und Wachstumspakts durchgesetzt werden soll, der, geht es nach Hardlinern, vor seiner Reaktivierung steht.

Die Frage ist, was linke Europapolitik über die solidarische Unterstützung der im nationalen Rahmen geführten Kämpfe hinaus auf EU-Ebene leisteten kann.

Die Mindestlohnrichtlinie, die durch einen «existenzsichernden Lohn» erweitert werden sollte, oder die Lohntransparenzrichtlinie, die gleichen Lohn für gleichwertige Arbeit von Männern und Frauen vorsieht, sind zwei aktuelle Beispiele dafür, was durch die Kombination von außerparlamentarischem Druck und politischen Initiativen der Linken im Europaparlament erreicht werden konnte. In vielen Fällen steht allerdings die gesetzliche Umsetzung im nationalen Rahmen noch aus, was neuerliche gewerkschaftliche Mobilisierung erfordert.

Die EL unterstützt die Forderungen des Europäischen Gewerkschaftsbundes nach endgültiger Beendigung des Austeritätsregimes und einem bindenden Sozialen Fortschrittsprotokoll, wodurch den Sozial- und Arbeitsrechten gegenüber den Binnenmarktfreiheiten der Vorrang eingeräumt werden soll.

Wir unterstützen auch den Vorschlag von Yolanda Díaz, im Rahmen des Europäischen Semesters soziale Indikatoren gleichberechtigt mit makroökonomischen Ungleichgewichten zu messen.

Reformen auf der Basis des bestehenden Vertragswerkes verändern das Kräfteverhältnis in den EU-Institutionen und in den Mitgliedstaaten zugunsten der Lohnabhängigen. Dafür kämpfen wir. Sie heben aber nicht die fundamentale Fehlkonstruktion des Vertrags von Lissabon auf, in dem der Binnenmarkt zur Grundlage der EU erklärt und damit die neoliberale Grundrichtung festgeschrieben wurde. Um diese Grundrichtung zu ändern, sind neue EU-Verträge erforderlich, in denen Vollbeschäftigung, soziale Sicherheit, Geschlechtergerechtigkeit und Umweltschutz als die grundlegenden Ziele der EU festgelegt werden.

Eine radikale ökologische Agenda

Die ökologische Krise ist ein objektiver Zusammenhang jeder, auch linker, Politik. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Grenzen der Belastbarkeit der Ökosysteme verlangen, die Anstrengungen und die Geschwindigkeit des ökologischen Umbaus zu erhöhen.

Die politische Rechte hat die Klimapolitik als eines der Felder ihres Kulturkampfs gewählt. Ob sie ihn gewinnt oder verliert, ist noch nicht entschieden. Deshalb darf der ökologische Umbau nicht Angelegenheit aufgeklärter Minderheiten sein, sondern muss von gesellschaftlichen Mehrheiten getragen werden. Dabei spielen die sozialen Kategorien Geschlecht und Klasse die ausschlaggebenden Rollen: einerseits, weil die Bezieher*innen niedriger und niedrigster Einkommen und die Frauen die Hauptleidtragenden der Umweltzerstörung sind; und andererseits, weil sich bei Betrachtung der Verursacher zeigt, dass das reichste Zehntel der Weltbevölkerung für 50 Prozent der Emissionen verantwortlich zeichnet.

Dass die Beachtung der ökologischen Grenzen Konsequenzen für die Lebensweise und die Konsummuster jedes und jeder Einzelnen hat, kann man nicht wegdiskutieren. Doch den Bezieher*innen mittlerer und niedriger Einkommen Konsumverzicht zu verordnen und über die Profite des Kapitals und die Rüstung zu schweigen, ergibt kein nachhaltiges Programm für die ökologische Transformation.

Die gängige Formel, dass der Frieden das wichtigste Anliegen der Linken ist, wird durch den Krieg in der Ukraine auf die Probe gestellt.

Grüner Kapitalismus ist ein Oxymoron. Grüner Kapitalismus ist, wenn die industriellen Hauptverschmutzer durch das Europäische Emissionshandelssystem Spekulationsgewinne von Dutzenden Milliarden Euro verbuchen, während die Lasten des ökologischen Umbaus mittels Teuerung und Verbrauchsteuern auf die Masse der Bevölkerung abgewälzt werden.

Für den sozial gerechten Übergang zu einer ökologischen, digitalen Ökonomie bilden grüne Jobs, industrielle Konversion, sozialstaatliche Absicherung, sozialer Wohnbau, Ausbau der öffentlichen Dienste und Energiegrundsicherung der Haushalte die materiellen Voraussetzungen.

Der ökologische Umbau ist eine gesamtgesellschaftliche Anstrengung. Fachleute haben gezeigt, dass die dafür notwendigen Mittel das EU-Budget auch nach seiner Erweiterung durch den NextGenerationEU-Aufbauplan um ein Vielfaches übersteigen.

Zudem erfordert die Krise der Umwelt globale Lösungen und weltweite soziale Gerechtigkeit. Mit Recht haben die Teilnehmer*innen des Amazonas-Gipfels in Belem die reichen Industrienationen an ihre Verpflichtung erinnert, dem globalen Süden jährlich 100 Milliarden US-Dollar für den Klimaschutz zur Verfügung zu stellen.

Die Mittel für den Klimaschutz zu mobilisieren, kann mit keynesianischen Instrumenten allein nicht gelingen, sondern erfordert strukturelle Eingriffe und eine grundlegende Umverteilung der gesellschaftlichen Ressourcen von der Rüstung zur Ökologie, vom globalen Norden in den Süden und vom Privatkapital zur Gesellschaft.

Ökologischer Umbau erfordert gesamtwirtschaftliche Planung. Dabei ist zu entscheiden, welchen Interessen der Vorrang eingeräumt wird. Das bedeutet sozialen Konflikt. Deshalb sind der Ausbau der Demokratie und ihre Ausweitung auf die Wirtschaft essenziell. Die Wirtschaftsdemokratie in den Unternehmen bis hin zur nationalen und europäischen Ebene beinhaltet die Frage der Eigentumsformen. Unternehmen, die dem allgemeinen Interesse dienen wie die Pharmaindustrie, die Trinkwasserversorgung, die Energieerzeugung und -versorgung, der öffentliche Verkehr und die digitalen Medien (wie Facebook und Twitter), müssen in Gemeingüter der Gesellschaften verwandelt werden.

Der ökologische Umbau erfordert einen Dialog aller Kräfte guten Willens und den offenen Wettbewerb um die Hegemonie. Die Linke wirbt für ein Ökologieprogramm, das im Unterschied zum Green Deal der Europäischen Kommission und zu den meisten grünen Parteien nicht die Versöhnung von Kapitalismus und Ökologie verspricht, sondern auf die Überwindung des Kapitalismus zielt. Das bedeutet, an die Stelle des kapitalistischen Wachstumsparadigmas eine um die Fürsorge für die Menschen zentrierte Ökonomie zu setzen und durch die Überwindung von Kapitalismus und Patriarchat eine Gesellschaft des Gemeinwohls zu schaffen.

«Unser Sieg heißt Frieden»

Die gängige Formel, dass der Frieden das wichtigste Anliegen der Linken ist, wird durch den Krieg in der Ukraine auf die Probe gestellt.

Die EL hat die Aggression der Russischen Föderation vom ersten Tag an verurteilt und eine politische Lösung des dahinterstehenden Konflikts gefordert.

Darüber wurde kontrovers diskutiert. Eine der Debatten, die die Legitimität der Lieferung «defensiver Waffen» betraf, ist inzwischen obsolet, da es sich bei Uran-Munition, Clusterbomben, F-16 und Marschflugkörpern um keine Defensivwaffen mehr handelt. Indem sie diese Waffen liefern, erweisen sich USA und NATO als Beteiligte des Krieges mit eigener Agenda. Das stellt die Linke nicht nur in Russland vor die prinzipielle Frage nach der Stellung zu den imperialistischen Zielen ihrer Führung, sondern auch im Westen und setzt in den Hauptländern der EU einen neuen Maßstab für die Möglichkeiten, sich an Regierungen zu beteiligen.

Im Westen besteht die Illusion, man könnte Krieg führen und zugleich die soziale und ökologische Transformation voranbringen. Doch allein die Kosten des Krieges von bisher 150 Milliarden Euro, von denen die Steuerzahler*innen der EU knapp die Hälfte aufbringen, bezeugen das Gegenteil. Darüber hinaus hat der Krieg in einem Jahr CO2-Emissionen von 120 Millionen Tonnen verursacht, was dem jährlichen Ausstoß eines mittelgroßen Industrielandes wie Belgien entspricht. Seine rasche Beendigung ist damit auch eine klimapolitische Notwendigkeit.

Während die Kriegsparteien die Entscheidung auf dem Schlachtfeld suchen, müsste die EU die friedenspolitischen Initiativen des Papstes, der VR China, des brasilianischen Präsidenten und der sechs afrikanischen Staatsoberhäupter unterstützen.

Dass die politische Weisheit im Westen sich auf die Lieferung von immer mehr Kriegsgerät beschränkt, ist eine Tragödie für das ukrainische Volk wie für Europa. Die Fortsetzung des Krieges kann Europa nur in eine Lose-lose-Situation führen: Siegt Russland, wird sich seine Führung in ihrem rücksichtslosen, revanchistischen Imperialismus zu weiteren Abenteuern ermutigt sehen; gewinnen USA und NATO, so haben sie eines ihrer strategischen Ziele auf in ihrer geopolitischen Konfrontation mit China erreicht.

Ein politisch ausgehandeltes Schweigen der Waffen zu erreichen, liegt daher im europäischen Interesse – und könnte sogar der erste Schritt zu einem neuen europäischen Sicherheitssystem sein, das die durch die NATO-Erweiterungen und den russischen Revanchismus zerstörte Ordnung ersetzt.

Die Linke darf sich nicht mit den herrschenden Verhältnissen identifizieren lassen.

Der Weg dahin scheint indes lang und schwierig. Einzelne Schritte zu einer militärischen Entspannung wie die Rückkehr zum 1987 zwischen der Sowjetunion und den USA geschlossenen Vertrag über den Abzug der atomaren Mittelstrecken aus Europa sind dennoch möglich. Allerdings demonstriert nichts deutlicher als das drohende atomare Wettrüsten der Großmächte auf europäischem Boden, dass die EU-Staaten in Fragen ihrer eigenen Sicherheit nicht autonom sind.

2016 rief der Europäische Rat das Ziel einer strategischen Autonomie Europas aus und dementierte es gleichzeitig, indem er die europäische Sicherheitspolitik an die NATO band. Mit der Unterordnung der EU unter den riskanten geopolitischen Kurs der Biden-Administration ist die Idee, europäische Interessen autonom zu bestimmen und zu verfolgen, einstweilen begraben. Doch so wenig wie die europäischen Völker ein Interesse an der Fortsetzung des Kriegs in der Ukraine haben, so wenig können sie daran interessiert sein, sich in eine Konfrontation zwischen den USA und China hineinziehen zu lassen. Im Gegenteil: Wollen die Europäer*innen ihre Sicherheitspolitik selbst bestimmen, müssen sie diese von der NATO abkoppeln.

Die Linke kann sich den Slogan der strategischen Autonomie Europas nicht einfach aneignen, denn, um Sinn zu machen, müsste er mit einer Friedens- und Abrüstungsagenda der EU verbunden sein. Ein Zeichen ernst gemeinter strategischer Autonomie wäre etwa der Beitritt der EU zum 2021 völkerrechtlich verbindlich gewordenen UN-Vertrag über das Verbot von Atomwaffen. Der Abzug der US-Atomwaffen aus Europa wäre dann der logisch nächste Schritt auf einem Weg, dessen Ziel die Denuklearisierung Europas wäre.

Des Faschismus neue Kleider

Krisenbedingter Pessimismus ist nicht die Atmosphäre, in der die Linke gut gedeiht, sondern fördert einen Konformismus, der sich vom bestehenden institutionellen Rahmen Sicherheit und Schutz verspricht. Das zeigte sich in den Wahlen der letzten Jahre, die – von Ausnahmen abgesehen (Belgien, Irland, Frankreich und Österreich) – für die Linke nicht erfreulich ausfielen.

Viele der Menschen, die das Vertrauen in die bestehenden Institutionen verloren haben, suchen Schutz und Sicherheit bei nationalistischen und neofaschistischen Rechtsparteien. Behalten die Prognosen recht, wird die radikale Rechte gestützt auf ihre Regierungspositionen und eine gestiegene Zahl von Abgeordneten im Europaparlament ihren Einfluss weiter ausbauen.

Rechtsnationalistische Parteien wurden lange als Relikte der Vergangenheit oder eine Absonderlichkeit Osteuropas betrachtet.

Noch 2000, als ÖVP und FPÖ in Österreich eine gemeinsame Regierung bildeten, wurde diese sogar mit EU-Sanktionen belegt. Dieser Cordon sanitaire ist zusammengebrochen. Ohne Genierer übernehmen konservative Parteien rechtsradikale Slogans und bilden Regierungen mit rechtsradikalen Parteien. Selbst liberale Medien finden inzwischen Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni ganz sympathisch und bescheinigen ihr Lernfähigkeit und Pragmatismus.

Die radikale Rechte stünde nicht an den Schwellen der Regierungsmacht, könnte sie sich nicht der finanziellen und medialen Unterstützung einflussreicher Gruppen des kapitalistischen Establishments erfreuen. Ihr Einbau in die politische Normalität durch konservative Parteien lässt erkennen, dass es nicht nur um eine neurechte Kulturrevolution geht, sondern um autoritäre Herrschaftsformen zur Bewältigung der gesellschaftlichen Krisen.

Die Warnung des österreichischen Marxisten und Politikers Otto Bauer, der 1936 schrieb, dass am Siegeszug des Faschismus auch der «reformistische Sozialismus» Anteil gehabt hätte, weil er den Massen «als eine ‚Systempartei‘, als Teilhaber und Nutznießer jener bürgerlichen Demokratie erschien, die sie vor der Verelendung durch die Wirtschaftskrise nicht zu schützen vermag», verdient auch heute Beachtung.

Die Linke darf sich nicht mit den herrschenden Verhältnissen identifizieren lassen. Es stimmt, sie kämpft in Parlamenten und fallweise in Regierungen für liberale Werte und für die Ausweitung von Demokratie, Minderheitenschutz, Frauenrechten, Menschenrechten und für internationale Solidarität. Dies geschieht immer öfter in Konfrontation mit den sich zunehmend autoritär gebärdenden Parteien des liberalen Establishments. Politische Demokratie ist aber noch keine soziale und wirtschaftliche Demokratie. Anders als die Liberalen beschränkt die Linke den Kampf gegen die radikale Rechte nicht auf das Gebiet der politischen Kultur und der Werte. Besiegt werden kann diese Rechte in der sozialen Auseinandersetzung und im Kampf um den Frieden, wo Solidarität auf der Grundlage materieller Interessen wachsen kann. Dass dabei viele Liberale (auch in ihrer grünen Ausprägung) und die Linke sich in Konflikten gegenüberstehen, ist nicht weniger wahr, als dass sie gegen die radikale Rechte Allianzen bilden müssen.

Die Linke befindet sich noch nicht auf der Höhe dieser Aufgaben. In mehreren Ländern ist sie politisch gespalten. Die dahinterstehenden strategischen Differenzen lassen sich nicht in kurzer Zeit überwinden; dass sie am gemeinsamen Handeln hindern, allerdings schon.

Die EL hat dabei eine spezielle Möglichkeit. Als Europartei der radikalen Linken kann sie eine europäische Wahlkampagne organisieren und eine*n EU-weite*n Spitzenkandidat*in ins Rennen schicken. Auf ihrer Generalversammlung im Juni hat die EL beschlossen, diese Möglichkeiten mit den anderen Kräften der Linken zu teilen. In einem «Aufruf zur Einheit» schlägt sie den linken Parteien vor, einen Dialog über eine gemeinsame Kampagne und die am besten geeignete Person an ihrer Spitze zu führen. Als Grundlage für diesen Dialog wird die EL ihr eigenes Wahlmanifest zur Diskussion stellen.

Es stimmt schon, die Linke lebt im Diskurs und in der Kontroverse. Doch angesichts des Krieges und der Gefahr, die von der radikalen Rechten ausgeht, sind Spaltungen und Feindseligkeit ein Luxus, den wir uns nicht leisten dürfen. Agieren wir in Einheit, können wir den Unterschied machen.

 
 

 

 

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news-51032 Tue, 19 Sep 2023 09:44:06 +0200 Von Beitritt keine Spur https://www.rosalux.de/news/id/51032 Die Lage der Westbalkanstaaten im Vorfeld der EU-Parlamentswahlen Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wächst in der EU die Sorge vor einem weitreichenden Einflussverlust auf dem Westbalkan[1] zu Gunsten Russlands und Chinas. Während Russland über das Potenzial verfüge, durch das Schüren ethnischer Spannungen die euro-atlantische Integration der Region zu schwächen, gilt China vor allem als ökonomischer Konkurrent.

Felix Jaitner leitet den Bereich Klima und Umwelt von Austausch e.V., einer Nichtregierungsorganisation in Berlin.

Als direkte Reaktion auf den russischen Angriff beschloss die EU, ihr Truppenkontingent in Bosnien und Herzegowina um 500 Soldaten aufzustocken. Begründet wurde dieser Schritt mit den befürchteten Spannungen im Zuge der Wahlen im Oktober 2022 und der Gefahr einer Destabilisierung des Landes durch Russland. Der russische Botschafter in Sarajevo, Igor Kalabuchow, drohte daraufhin der bosnischen Regierung im Falle eines NATO-Beitritts unverhohlen mit einem ukrainischen Szenario.

Die Ansicht, der Putin-Administration müsse in erster Linie durch militärische Abschreckung begegnet werden, ist mit Hinblick auf die Westbalkanstaaten ein gefährliches Zündeln mit dem Feuer, handelt es sich doch um eine hochgradig instabile Region. Der jugoslawische Zerfallsprozess ging einher mit einer Vielzahl militärischer Konflikte. Die nicht zuletzt durch westliche Interventionen erzwungene Nachkriegsordnung wird durch bedeutende Teile der herrschenden Eliten bis heute immer wieder in Frage gestellt. Krisenverschärfend wirkt seit den 1990er Jahren der ökonomische Niedergang. Infolge der kapitalistischen Transformation wurden die ehemals sozialistischen Staaten zu ökonomischen Peripherien im Weltwirtschaftssystem. Die hauptsächlichen sozioökonomischen Folgen waren eine weitreichende Deindustrialisierung und die Verarmung breiter Schichten.

Zur Wahrung ihres Einflusses in der Region verkündete die EU einen politischen Kurswechsel. Im Dezember vergangenen Jahres erhielt Bosnien und Herzegowina offiziell den Beitrittskandidatenstatus, obwohl das Land bis dahin bei der Umsetzung der EU-Normen und -Gesetze keine nennenswerten Fortschritte erzielt hatte. Wenige Monate zuvor waren bereits Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien eröffnet worden. Damit haben bis auf das Kosovo alle Länder der Region den Status von EU-Beitrittskandidaten – eine Erweiterung der Union ist jedoch auf absehbare Zeit nicht zu erwarten.

Die Strategie der EU – Anbindung der Westbalkanstaaten ohne Beitrittsperspektive – ist zum Scheitern verurteilt, denn das Kernproblem, die fehlende politische und ökonomische Entwicklungsperspektive der Region, bleibt ungelöst, zumal ernsthafte diplomatische Anstrengungen zur Lösung der Konflikte ausbleiben.

Die Entwicklungen in Osteuropa und auf dem Balkan waren jahrelang nicht im Fokus der europäischen Linken. Spätestens mit dem EU-Beitritt Kroatiens im Jahr 2013 und der Verleihung des Kandidatenstatus an Bosnien und Herzegowina sowie der sich stetig verschlechternden Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo werden die Entwicklungen in der Region jedoch unmittelbar zu Angelegenheiten der EU. Dies erfordert eine linke Außenpolitik, die an den skizzierten Problemen ansetzt und eine Alternative zu der EU-Strategie und deren potenziellem Eskalationspotenzial bietet.

Sackgasse Westbindung. Die ökonomische Dominanz der EU

Die Westbalkanstaaten weisen klassische Merkmale peripherer kapitalistischer Ökonomien auf: der Verarmung breiter gesellschaftlicher Schichten steht die Herausbildung einer Gruppe staatsnaher Unternehmer gegenüber, die hauptsächlich in den Sektoren Handel, Immobilienwirtschaft und z.T. Tourismus aktiv ist. Die industrielle Wertschöpfung ist gering und wird vom Auslandskapital insbesondere aus der EU dominiert. Im Zeitraum zwischen 2010 und 2019 sind insgesamt 45 Mrd. Euro an ausländischen Direktinvestitionen in die Region geflossen. Unter den zehn größten Investoren sind nur Russland (vierter Platz) und die Türkei (achter Platz) nicht aus der EU.

Die ökonomische Abhängigkeit dieser Staaten von der EU verdeutlicht ein Blick auf den Außenhandel: Im Jahr 2021 entfiel rund 60 Prozent auf die EU, eine Ausnahme bilden lediglich Montenegro und das Kosovo. Aufgrund der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen, die die EU mit allen Staaten der Region geschlossen hat, sind die meisten Waren zollfrei. Der Anteil Russlands (3 Prozent) und Chinas (8 Prozent) am Außenhandel ist deutlich geringer. Auch der der regionale Handel ist schwach. Bei den Exporten ist die Abhängigkeit vom EU-Binnenmarkt sogar noch stärker. Einsamer Spitzenreiter ist Nordmazedonien, wo 77 Prozent der Ausfuhren in die Union gehen. Die Westbalkanstaaten exportieren hauptsächlich landwirtschaftliche Güter und industrielle Vorprodukte und importieren Hochtechnologie – Autos, Maschinen – sowie Konsumgüter. Die einseitige Handelsorientierung auf die EU und die Abhängigkeit vom Technologieimport festigt ihre periphere Position in der internationalen Ökonomie. Das gilt auch im Vergleich zu den osteuropäischen EU-Mitgliedsstaaten. Anders als Polen, Ungarn, Tschechien, Slowakei und Slowenien sind die Länder des Westbalkan zumeist nicht als Zulieferer westeuropäischer Konzerne in transnationale Produktionsprozesse eingebunden, sondern dienen vor allem als Absatzmarkt für Industriegüter oder Dienstleistungen und als (billiges) Arbeitskräftereservoir.

Neoliberaler Ethnonationalismus als Konfliktreiber

Die einseitige Ausrichtung staatlicher Politik auf ausländische Direktinvestitionen führt zu einem aggressiven regionalen Unterbietungswettbewerb. Unabhängig von ihrer politischen Orientierung setzen alle Regierungen in der Region zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit auf die Deregulierung von Wirtschafts- und Finanzpolitik, den Abbau von Arbeiter*innenrechten und eine restriktive Lohnpolitik. Trotzdem können nicht alle Länder gleichermaßen von den Investitionen profitieren. Im Jahr 2021 ging mehr als die Hälfte (23 Mrd. Euro) nach Serbien, es folgen Albanien (9 Mrd. Euro) und Montenegro (4,3 Mrd. Euro). Die Investitionen in Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien und das Kosovo sind deutlich geringer (zwischen 2,7 und 3,5 Mrd. Euro).

In wirtschaftlicher Hinsicht deutet sich eine Veränderung der Beziehungen zwischen der EU und den Westbalkanstaaten an.

Infolge dieser neoliberalen Politik haben die technologischen, sozialen und ökonomischen Unterschiede sowohl innerhalb der Region als auch im Vergleich zu den Staaten der EU weiter zugenommen. Dies ist ein wichtiger Grund für die hohe Abwanderung aus den Westbalkanstaaten. Besonders dramatisch war der Rückgang in Bosnien und Herzegowina. 1990 betrug die Einwohnerzahl 4,4 Millionen, 2021 nur noch 3,3 Millionen. In Albanien ging die Bevölkerung im selben Zeitraum von 3,3 Millionen auf 2,8 Millionen Menschen zurück.

Dennoch setzen die regionalen Eliten die neoliberale Politik durch die Übernahme des EU-Regelwerks unverdrossen fort. Das in eine unbestimmte Zukunft verschobene Heilsversprechen des EU-Beitritts wird kombiniert mit einer aggressiven nationalistischen Politik, die seit den frühen 1990er Jahren in den meisten Ländern des Westbalkans dominiert. Anstelle des multiethnischen Jugoslawiens traten nach dessen gewaltsamen Zerfall ethnisch definierte Nationalstaaten. Diese sind jedoch aufgrund des anhaltenden ökonomischen Niedergangs, der sozialen Ungleichheit und der vielfältigen ethnischen Konflikte tief gespalten. Die ethnonationalistische Mobilisierung erweist sich vor diesem Hintergrund als wirkungsvolles Mittel, die innergesellschaftlichen Spannungen zu konservieren. Die NATO und die EU fungieren als Schutzmächte des Status Quo. Durch ihre Militärpräsenz verhindern sie zwar eine weitere Eskalation der eingefrorenen Konflikte, blockieren aber eine eigenständige Entwicklung der Region, was im Folgenden an den Entwicklungen in Bosnien und Herzegowina und dem Kosovo illustriert wird.

Bosnien und Herzegowina: Die EU ist Teil des Problems

Das Abkommen von Dayton aus dem Jahr 1995 beendete zwar den Krieg in Bosnien und Herzegowina (1991-1995), schuf jedoch einen fragilen föderalistischen Staat bestehend aus zwei Teilrepubliken: einem bosnisch-kroatischen Teil (Föderation Bosnien und Herzegowina) und der serbischen Republika Srpska. Die Institutionalisierung des ethnischen Prinzips führt immer wieder zu innenpolitischen Blockaden und erschwert die demokratische Konsolidierung. Die politische Elite des serbischen Teils nutzt die fragile Lage des Staates aus, um die eigene Position durch eine mögliche Abspaltung vom Gesamtstaat zu stärken. Analog pocht die kroatische Seite immer wieder auf die Bildung einer eigenen Teilrepublik.

Das Daytoner-Abkommen verhindert nicht nur einen eigenständigen bosnisch-herzegowinischen Weg zu einer stabilen Nachkriegsordnung, sondern etablierte auch eine Form neokolonialer Fremdherrschaft. Der von den Garantiemächten USA, Deutschland, Frankreich und Russland ernannte «Hohe Repräsentant» besitzt weitreichende Vollmachten, darunter Gesetze zu erlassen bzw. zu annullieren sowie gewählte Amtsträger*innen abzusetzen. Die Notwendigkeit des Hohen Repräsentanten begründen die Garantiemächte mit den Spannungen unter den Volksgruppen und der daraus resultierenden Blockadehaltung. Dabei übersehen sie geflissentlich, dass die durch das Dayton-Abkommen oktroyierte Verfassung ein wesentlicher Faktor für die anhaltenden Spannungen ist, indem sie das ethnische Prinzip institutionalisierte. Die Aufgabe des Hohen Repräsentanten besteht laut dem aktuellen Amtsinhaber Christian Schmidt, CSU-Politiker und ehemaliger Minister unter Angela Merkel, darin, die Umsetzung des Daytoner-Abkommens zu überwachen. Das Ziel sei die «euroatlantische Integration Bosnien und Herzegowinas».

Die in Bosnien und Herzegowina etablierte Nachkriegsordnung definiert die künftige Entwicklung des Landes (Beitritt zu EU und NATO), ohne dass dem eine innergesellschaftliche Debatte vorausgegangen wäre. Gemeinsam mit den ethnonationalen Eliten garantiert der Hohe Repräsentant diesen Status Quo. Als im Jahr 2014 eine landesweite Protestwelle des Land erfasste, die sich bewusst von den ethnischen Prinzipien distanzierte und stattdessen basisdemokratische Organisation und soziale Forderungen in den Mittelpunkt stellte, drohte Schmidts langjähriger Vorgänger, der Österreicher Valentin Inzko: «Wenn die Lage eskaliert, werden wir eventuell an EU-Truppen denken müssen».

Kosovo – ein eingefrorener Konflikt

Abgesehen von der innenpolitischen Lage in Bosnien und Herzegowina destabilisiert auch der ungelöste Konflikt zwischen Serbien und Kosovo die Region. Die vormals zu Serbien gehörende Provinz erklärte sich infolge des Angriffs auf Jugoslawien 1999 im Jahr 2008 für unabhängig. Zwar gilt der Konflikt – nicht zuletzt aufgrund der militärischen Präsenz der NATO – als eingefroren. Eine Friedenslösung ist jedoch nicht in Sicht, denn die serbische Regierung erkennt die Unabhängigkeit des Kosovo bis heute nicht an. Wie schnell der Konflikt wieder aufflammen könnte, verdeutlichen die Ereignisse vom Mai und Juni 2023. Als die Ernennung albanischer Bürgermeister im mehrheitlich von Serb*innen bewohnten Nordkosovo schwere Unruhen auslöste, ließ der serbische Präsident Aleksandar Vučić die Armee seines Landes in Bereitschaft versetzen.

Genau wie in Bosnien und Herzegowina stärkt dieser ungelöste Konflikt nicht nur revanchistische Kräfte auf diesen beiden Seiten. Die jugoslawischen Zerfallskriege und die Entstehung ethnischer Nationalstaaten haben auf dem Balkan eine Sezessionsdynamik ausgelöst, die die bestehenden staatlichen Grenzen immer wieder in Frage stellen. Die gewaltsame und z.T. durch westliche Interventionen forcierte Neuaufteilung des Balkans entlang ethnischer Grenzen wirft die Frage auf, welche Sezessionsforderungen legitim sind oder wo es die staatliche Souveränität und territoriale Integrität zu wahren gilt. Als destabilisierend wird in erster Linie der serbische Nationalismus ausgemacht. Doch auch die kroatischen, bosniakischen und albanischen und nordmazedonischen Eliten verfolgen in ihrer großen Mehrheit und jenseits parteipolitischer Couleur eine nationalistische Politik und tragen damit aktiv zur Destabilisierung der Region bei. In Bosnien und Herzegowina sowie im Kosovo spitzen sich diese Konflikte besonders zu, da aus eigener ethnonationalistischer Sicht bzw. auf der Basis der jeweiligen Partikularinteressen diese Widersprüche beliebig interpretierbar und somit instrumentalisiert werden können.

Joker EU-Beitritt: Ein Mittel der Einflussnahme

Die EU-Kommission und die deutsche Bundesregierung verfolgten bislang die Strategie, die Westbalkanstaaten politisch und ökonomisch eng anzubinden, ohne eine konkrete Beitrittsperspektive zu bieten. Davon zeugen die weitgehende Handelsliberalisierung im Rahmen der Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen sowie ein Bekenntnis zur EU-Perspektive.

Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine wächst in der EU die Sorge vor einem weitreichenden Einflussverlust in der Region zu Gunsten Russlands und Chinas. Insbesondere China weitet im Rahmen der Initiative neue Seidenstraße seine Investitionen aus. Ein Schwerpunkt der chinesischen Wirtschaftstätigkeit ist Serbien, eine Entwicklung, die in der EU äußerst kritisch gesehen wird. So warnte etwa der Fraktionsvorsitzende der Europäischen Volkspartei im EU-Parlament, Manfred Weber: «China kauft sich in Serbien ein, auch mit der Perspektive, dass zukünftig eventuell Serbien ein Mitgliedsland der EU ist und damit Blockademöglichkeit bei der Außenpolitik hat, bei der Chinapolitik ganz Europas haben wird. Und das darf nicht passieren». Vor diesem Hintergrund unternimmt die EU verstärkte Schritte, ihren Einfluss in der Region zu sichern. Dies äußert sich in der Vergabe des Beitrittskandidatenstatus an Bosnien und Herzegowina sowie der Aufnahme der Beitrittsverhandlungen mit Albanien und Nordmazedonien.

Die Linke könnte durch Kooperationen mit den existierenden und an politischer Sichtbarkeit gewinnenden, anti-nationalistischen Kräften einen wichtigen Beitrag zu einem zukünftigen Friedensdialog leisten.

Die forcierte Anbindung der Westbalkanstaaten an die EU bedeutet jedoch keinen strategischen Kurswechsel, denn die fehlende Beitrittsperspektive der Länder bleibt unverändert. Die Bewertung der bosnischen Regierung durch die EU-Kommission bei der Umsetzung zentraler Gesetze in den Bereichen Korruption, organisierte Kriminalität und Justiz sei teilweise «verheerend» ausgefallen, schrieb die FAZ im Zuge der Entscheidung über die Vergabe des Beitrittskandidatenstatus. Auf dem EU-Westbalkan-Gipfel im Dezember 2022 in Tirana bekräftigten Vertreter*innen der EU, dass kein Land die Kopenhagener Kriterien auf absehbare Zeit erfüllen werde. Darüber hinaus ist der Staatenbund selber solange nicht aufnahmewillig, bis substanzielle Reformen im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik umgesetzt werden. Die Anbindung der Westbalkanstaaten erfolgt vor allem aus geopolitischen Interessen. Mit der russischen Invasion in die Ukraine, so der Hohe Vertreter für Außen- und Sicherheitspolitik und Vizepräsident der Europäischen Kommission, Josep Borrell, habe die EU-Erweiterung «eine neue geopolitische Bedeutung erlangt». Die Beitrittsperspektive ist dabei eines der wichtigsten und machtvollsten Mittel der EU-Außenpolitik. Mit der ebenfalls nach Kriegsbeginn erfolgten Vergabe des Kandidatenstatus an die Ukraine und Moldawien verfolgt die EU eine vergleichbare Strategie im postsowjetischen Raum.

In wirtschaftlicher Hinsicht deutet sich jedoch eine Veränderung der Beziehungen zwischen der EU und den Westbalkanstaaten an. Die Störung der globalen Lieferketten seit der Corona-Pandemie hat in der EU eine Debatte um die Rückverlagerung von Produktionsstandorten aus Asien (insbesondere aus China) in Gang gesetzt. Die Westbalkanstaaten könnten aufgrund ihrer geographischen Nähe, dem geringen Lohnniveau und Reservoir an gut ausgebildeten Arbeitskräften dabei eine wichtige Rolle spielen. Laut Patrick Martens, Geschäftsführer der deutschen Auslandshandelskammer in Skopje, kommt der Region sogar eine Schlüsselrolle zu: «Der Westbalkan könnte für die Europäische Union das werden, was Mittelamerika für die Vereinigten Staaten ist: ein Investitions- und Zulieferstandort mit großer geo- und wirtschaftspolitischer Bedeutung. Und das direkt vor der Haustür».

Politischer Stillstand vorprogrammiert

Wie in der Vergangenheit auch lässt die EU-Strategie zentrale gesellschaftliche Widersprüche und Konflikte zwischen den Ländern außer Acht. Die Ursachen für die innenpolitische Blockade und die vielfältigen Krisen werden ausschließlich bei den jeweiligen nationalen Akteuren gesucht. Ein Anfang 2023 veröffentlichtes Positionspapier der SPD-Bundestagsfraktion schlägt genau in diese Kerbe. Demnach sei durch die Beitrittsblockade ein Vakuum entstanden, das nationalistische Akteure innerhalb und außerhalb der Region für «Destabilisierung und Desinformation durch wirtschaftliche, ideologische und militärische Einflussnahme» nutzen würden. Als Hauptschuldigen macht das Positionspapier Russland aus, das die Region nicht nur destabilisiere, sondern absichtlich ethnisch-nationalistische Spannungen provoziere, «um demokratische Kräfte, die eine euro-atlantische Integration anstreben, nachhaltig zu schwächen».

Diese Perspektive klammert den eigenen Anteil an dem Erstarken nationalistischer Kräfte durch die Unterstützung ethnonationaler sezessionistischer Bewegungen bis hin zu militärischer Einflussnahme konsequent aus. Die Institutionalisierung der ethnonationalen Verfassung und des Hohen Repräsentanten in Bosnien und Herzegowina behindern sogar eine demokratische Konsolidierung, ganz zu schweigen von der ökonomischen Abhängigkeit der Region von der EU.

Der potentielle EU-Beitritt der Westbalkanstaaten ist jedoch nicht nur ein Signal nach außen, sondern auch nach Innen. Versuche, das Einstimmigkeitsprinzip in der Außen- und Sicherheitspolitik zu Gunsten von Mehrheitsentscheidungen abzuschaffen, gibt es schon seit geraumer Zeit. Dies betonte auch Bundeskanzler Olaf Scholz in seiner Rede an der Prager Karlsuniversität am 29. August 2022, als er dafür warb, die EU müsse für Erweiterungsrunden fit gemacht werden. Vor Erweiterungsrunden, so Scholz, hätte es immer auch politische Reformen gegeben. Die potenzielle Erweiterung der EU soll damit auch den Druck für institutionelle Reformen im Bereich Außen- und Sicherheitspolitik erhöhen und die Handlungsfähigkeit des Staatenbundes auf internationalem Terrain stärken.

Vorschläge für eine linke Außenpolitik auf dem Westbalkan

Die Entwicklungen in Osteuropa und auf dem Balkan waren jahrelang nicht im Fokus der europäischen Linken. Spätestens mit dem EU-Beitritt Kroatiens, der Verleihung des Kandidatenstatus an Bosnien und Herzegowina und dem ungelösten Konflikt zwischen Serbien und Kosovo werden die Entwicklungen in der Region unmittelbar zu Angelegenheiten der EU. Darüber hinaus wird der Balkan neben dem postsowjetischen Raum zunehmend zum Schauplatz verschärfter imperialer Staatenkonkurrenz, auf dem sich die EU sowie Russland und China gegenüberstehen. Die Militarisierung der Region beschleunigt die Blockbildung und verleiht lokalen Konflikten wie im Kosovo oder Bosnien und Herzegowina eine neue Dynamik.

Dies erfordert eine linke Außenpolitik, die sich vom imperialen Gebaren von EU, USA und Russland abgrenzt und stattdessen an den Krisen- und Konfliktursachen in der Region ansetzt. Eine linke Außenpolitik muss sowohl Antworten auf konkrete politische Richtungsentscheidungen (z.B. EU-Beitritt) geben, als auch eine langfristige sozial-ökologische Entwicklungsperspektive für die Westbalkanstaaten entwickeln, die konkrete Alternativen zu Nationalismus, Militarismus und peripherer ökonomischer Entwicklung aufzeigt.

Ein EU-Beitritt würde es den Westbalkanstaaten ermöglichen, künftig an politischen und ökonomischen Entscheidungen unmittelbar teilzunehmen und auf sie einzuwirken.

Die europäische Linke sollte jeglicher Form des Ethnonationalismus scharf entgegentreten und dessen Bedeutung für die vielfältigen Konflikte in der Region betonen. Dazu gehört auch eine Kritik an der Kooperation der EU mit nationalistischen Regierungen in der Region, die sich als Bremsklotz für die demokratische Entwicklung ihrer Länder erweisen. Auch ein Teil der europäischen (und deutschen) Linken hegt nach wie vor Sympathie für regierungsnahe Kreise um den serbischen Präsidenten Vučić, da diese eine vermeintlich klare Position gegen die Hegemonialansprüche der USA und der EU in der Region beziehen würden. Dabei blenden sie aus, dass diese Kräfte eine revisionistische Politik vertreten, die das jugoslawische Erbe bewusst für nationalistische und großserbische Positionen instrumentalisiert.

Eine Abgrenzung von ethnonationalistischen Positionen ist jedoch eine Voraussetzung für vertrauensbildende Maßnahmen zwischen den einzelnen Staaten, die dazu beitragen können, die Konflikte zu entschärfen und die Region langfristig zu stabilisieren. Die Linke könnte durch Kooperationen mit den existierenden und an politischer Sichtbarkeit gewinnenden, anti-nationalistischen Kräften einen wichtigen Beitrag zu einem zukünftigen Friedensdialog leisten.

Die Entschärfung der regionalen Konflikte erfordert darüber hinaus die Schaffung eines kollektiven Sicherheitssystems für den Balkan, das einen konkreten Abzugsplan der ausländischen Soldaten beinhaltet und neben den USA und der EU von weiteren regionalen Akteuren wie der Türkei und Russland unterstützt wird. Vor dem Hintergrund der wachsenden geopolitischen Spannungen im Zuge des Ukraine-Krieges ist dieser Schritt umso bedeutsamer. Ein kollektives Sicherheitssystem kann nicht nur dazu beitragen, die Eskalation eingefrorener Konflikte zu verhindern, sondern auch verlorenes Vertrauen zwischen den Konfliktparteien und den Großmächten wiederherzustellen.

Gibt es eine Alternative zum EU-Beitritt?

Die entscheidende politische Auseinandersetzung in den Westbalkanstaaten verläuft entlang der Frage des EU-Beitritts. Die Linke muss dazu konkrete Antworten haben, wenn sie in der öffentlichen Debatte eine eigenständige und hörbare Rolle spielen möchte. Die Entscheidung über den möglichen EU-Beitritt eines Landes erfolgt auf Grundlage der Kopenhagener Kriterien. Da bisher keines der Westbalkanstaaten diese erfüllt, steht ein Beitritt nicht unmittelbar zur Debatte. Es wäre daher wichtig, die geopolitischen Motive hinter der EU-Strategie – Anbindung der Westbalkanstaaten ohne Beitrittsperspektive – klar zu benennen und deren destabilisierende Folgen aufzuzeigen.

Davon unberührt bleibt die Frage, ob ein EU-Beitritt generell zu befürworten wäre oder nicht. Die einzelnen Westbalkanstaaten verfügen aufgrund ihrer geographischen Lage sowie der extremen ökonomischen und politischen Abhängigkeit vom Staatenbund über einen sehr geringen Spielraum für eine alternative Politik.

Ein EU-Beitritt würde es den Westbalkanstaaten ermöglichen, künftig an politischen und ökonomischen Entscheidungen unmittelbar teilzunehmen und auf sie einzuwirken. Damit würden sie ihre Verhandlungsposition stärken, denn bisher sind sie von wirtschaftspolitischen Entscheidungen betroffen, ohne diese beeinflussen zu können. Davon abgesehen eröffnet eine EU-Mitgliedschaft Zugriff zu EU-Subventionen und Fördergeldern, die den Spielraum für wirtschaftspolitische Maßnahmen erweitern.  

Die gegenwärtige Struktur der EU lässt darüber hinaus jedoch nur wenig Spielraum für alternative Wirtschaftspolitik. Gerade kleinere Mitgliedstaaten stehen unter hohem Druck, austeritätspolitische Vorgaben der EU-Kommission umzusetzen. Dies erfordert ein politisches Programm, dass sozial-ökologische Zukunftsperspektiven für die Region und die EU entwickelt und eine Alternative zu den gegenwärtigen Bestrebungen bietet, die Westbalkanstaaten als verlängerte Billiglohn-Werkbank in die internationalen Lieferketten zu integrieren.

Eine linke Außenpolitik mit Blick auf die Westbalkanstaaten sollte sich deshalb dafür einsetzen, eine selbstbestimmte Entwicklung dieser Länder als reale politische Option wieder zu ermöglichen. Dies erfordert in einem ersten Schritt ein Ende der neokolonialen Fremdherrschaft in Bosnien und Herzegowina. Die europäische Linke muss klar darauf hinweisen, dass die EU wesentlich dazu beiträgt, bestehende Konflikte zu konservieren und einen dringend notwendigen Aussöhnungsprozess auf diese Weise behindert. Sei es in der Form des Hohen Repräsentanten, durch ihre Truppenpräsenz oder der Kooperation mit nationalistischen Eliten.

Eine wichtige Voraussetzung, um die Entwicklungsmöglichkeiten der Westbalkanstaaten zu stärken, liegt in der Neugestaltung der Wirtschafts-, Handels- und Finanzpolitik zwischen der EU und den Ländern der Region entlang nachhaltiger und sozialer Kriterien. Dazu sollten regionale Integrationsprozesse gestärkt werden, die eine zwischenstaatliche und zivilgesellschaftliche Zusammenarbeit der Region fördern und die politische und ökonomische Abhängigkeit von den großen EU-Mitgliedsstaaten reduzieren. 

Eine Folge des geringen politischen Interesses der europäischen Linke an den Entwicklungen in Osteuropa und dem Balkan sind fehlende Kontakte und Kooperationspartner vor Ort. Eine Änderung des bisherigen EU-Kurses sowohl im Innern als auch im Hinblick auf die Westbalkan-Länder kann jedoch nur gemeinsam erreicht werden. Eine enge Zusammenarbeit würde allgemein dazu beitragen, anti-nationalistische und sozial-ökologische Positionen in der EU zu stärken, die im Zuge des allgemeinen Rechtsrucks im Staatenbund zunehmend unter Druck geraten.


[1] Die Westbalkanstaaten umfassen die jugoslawischen Nachfolgestaaten Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Nord Mazedonien und Kosovo sowie Albanien.

 
 

 

 

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news-51028 Mon, 18 Sep 2023 12:55:15 +0200 30 Jahre Kampf um ein menschenwürdiges Asyl in Europa https://www.rosalux.de/news/id/51028 Die Europaabgeordnete Cornelia Ernst blickt auf ihre Zeit im Kampf für die Rechte von Geflüchteten zurück 30 Jahre nach der Zurechtstutzung des Asylrechtes in der bundesdeutschen Verfassung, fiel Thorsten Frei von der CDU im Sommerloch nichts Besseres ein, als den Abschuss des Asylrechtes im Grundgesetz vorzuschlagen. Das Asylrecht müsse weg, eine Kontingentlösung her (die menschen- und verfassungsrechtlich keinen Halt hat). Mal abgesehen davon, dass die Streichung dieses Grundrechtes ein Aufruf zur Delegitimierung aller Fluchtgründe von Asylsuchenden führen und damit den Zusammenhalt unserer pluralen Gesellschaft weiter destabilisieren würde, gibt es dafür weder in der deutschen Gesellschaft noch im Bundestag eine entsprechende Mehrheit. Zur weiteren Kultivierung des Rechtsrucks der CDU hatte Herr Frei die Nebelkerze gezündet und ungewollt der Ampelkoalition die Möglichkeit geboten, sich als Gutmenschen zu präsentieren, die sie leider gar nicht sind. Denn so wichtig ein solches Grundrecht ist, so wenig wäre mit seiner Streichung im Grundgesetz das Asylrecht abgeschafft. Was alle Beteiligten unter den Tisch kehren ist der Fakt, dass die Asylpolitik europäische Gemeinschaftspolitik ist. Auch die Mitgliedstaaten, die das Asylrecht nicht verfassungsmäßig verankert haben, müssen Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta, die sich der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet hat, umsetzen. Sämtliche nationale Regularien basieren daher auf europäischen Regeln. Ein gutes Beispiel ist die Temporary Protection Directive (TPD), die heute als juristische Grundlage für die Aufnahme ukrainischer Kriegsflüchtlinge in der EU dient. Erst wenn auf europäischer Ebene das Asylrecht gekippt wird, ist es weg.

Dr. Cornelia Ernst ist seit 2009 Mitglied des Europäischen Parlaments. Ihre Schwerpunkte dort sind unter anderem Migrations- und Flüchtlingspolitik.

Womit wir direkt beim EU-Asylkompromiss des Europäischen Rates sind. Viel wirkungsmächtiger ist dieser Kompromiss, der von SPD, FDP und den GRÜNEN mitunterstützt wurde, weil er tatsächlich das individuelle Recht auf Asyl kippen könnte. Der Kompromiss enthält Regelungen, die die Aussortierung von Flüchtlingen an den Grenzen und keine verbindlichen Verpflichtungen zur Aufnahme von Geflüchteten seitens der Mitgliedstaaten enthalten sollen. Die gleichen Sozial- und Freien Demokraten sowie Grünen, die wacker gegen Frei und Merz im Sommer wetterten, stimmten auf europäischer Ebene als Abgeordnete einem miserablen Parlamentsbeschluss zum Asylpaket zu und exakt ihre Parteien sorgten im Europäischen Rat dafür, dass der sogen. Asylkompromiss des Rates, der übrigens noch nicht einmal eine Kontingentlösung beinhaltet, zustande kam. So schnell holt einen die Wahrheit ein…weder CDU, SPD, FDP noch die Grünen verteidigen das individuelle Recht auf Asyl. Das ist die Tragik der Geschichte.

1993

1992 erreichte meine Heimatstadt Dresden per Zug Kriegsflüchtlinge aus Bosnien, wo bis 1995 100.000 Menschen ihr Leben verloren. Als damalige Mitarbeiterin der PDS-Landtagsfraktion Sachsen stand ich mit dem Ausländerbeauftragten Heiner Sandig (CDU) am Hauptbahnhof, als sie ankamen. Schwer gezeichnet, nahezu wortlos stiegen sie aus den Zügen, ein Moment, der sich fest in mir eingebrannt hat. Wir brachten diese Menschen nach Großröhrsdorf in eine ehemalige Ferienanlage. «Das ist Krieg!» meinte damals Heiner Sandig. Mit ihm kämpfte ich später gegen die Abschiebung dieser Leute, teilweise ein Kampf gegen Windmühlen. Denn 1993 beschloss der Deutsche Bundestag unter dem Eindruck der wachsenden Zahl von Kriegsflüchtlingen aus Ex-Jugoslawien mit den Stimmen von CDU/CSU, FDP und SPD, das Grundrecht auf Asyl radikal einzuschränken und das sogenannte «sichere Dritt- und Herkunftsstaatenprinzip» einzuführen. Die skandalöse Begründung war, «Asylmissbrauch» müsse verhindert werden. War vor 1993 durch Artikel 16 gedeckt, dass das Asylrecht nicht durch einfaches Gesetz einschränkbar war, änderte sich das nun. Der ganze Wust an Gesetzen und ständigen Abänderungen begann und führte dazu, dass in Deutschland das Asylrecht immer mehr in einem Dickicht verschwand. Erst nach Beendigung des furchtbaren Jugoslawienkrieg wurden mit der EU-Temporary Protection Directive von 2001 richtige Lehren aus dem blutigen Jugoslawienkrieg gezogen. Dennoch: Keine einzige vergewaltigte Bosnierin kam je in den Genuss dieser Richtlinie. Denn es dauerte 21 Jahre bis zu ihrer erstmaligen Anwendung für ukrainische Geflüchtete.

Zur Gründungsakte der EU und ihrer DNA gehören die Menschenrechte.

Dazwischen lagen Jahre der Kämpfe. 2009 kam ich ins Europaparlament, noch vor Weihnachten fuhr ich nach Pristina in den Kosovo. Dahin erfolgten Abschiebungen von Roma-Familien aus Deutschland, weil angeblich der Kosovo sicher sei für sie. Ich traf dort Familien, deren Väter in Autowerkstätten und bei Bosch gearbeitet hatten, deren Kinder kein Wort Albanisch sprachen. Und sogenannte freiwillige Rückkehrer*innen, die für ein paar Euro Deutschland «freiwillig» verließen. Allesamt landeten sie im Nichts, ohne jede soziale Unterstützung, da, wo ich die meisten Roma-Gemeinschaften antraf, auf Müllhalden in Belgrad, wohin ihre Dörfer mit Bulldozern geschoben wurden, in Usti nad Labem hinter einer Mauer, in Neapel am Rande der Stadt und auf der Prager Straße in Dresden. Europa pfeift auf seine Kinder...

Der arabische Frühling

Der arabische Frühling startete mit dem Selbstmord von Mohamed Bouazizi am 17. Dezember 2010 in Tunis. In fast allen arabischen Ländern erhoben sich Menschen gegen die Regime, begrüßt in ganz Europa. In Syrien, Libyen, im Jemen und im Irak eskalierten oppositionelle Proteste und gewaltsame staatliche Repression. Diese Konflikte wurden durch eine falsche Politik des Westens weiter angeheizt. In Syrien unterstützte der Westen islamistische Kämpfer, die lediglich Assads Macht durch die ihre austauschen wollten, in Libyen wurde der Bürgerkrieg forciert durch die Flugverbotszone und das militärische Eingreifen. Und der 2003 begonnene völkerrechtswidrige Krieg der USA im Irak führte zwar zum Sturz von Saddam Hussein, aber die desaströse US-Besetzung hatte 2014 auch DAESH zum Sieg verholfen, der islamistischen Kampftruppe, die zum Ausgangspunkt islamistischer Kämpfe in der gesamten arabischen Region und weltweiter Anschläge wurde. Viele Menschen wurden ermordet, gejagt und vertrieben. Der Traum vom arabischen Wandel war vorbei.

Im Januar 2015, wenige Monate nach der Eroberung von Mossul durch DAESH war ich mit meinem sozialdemokratischen Freund Joseph Weidenholzer in den umkämpften kurdischen Gebieten des Irak. Insbesondere Jesid*innen waren Zielgruppe des genozidalen Vernichtungsfeldzuges von DAESH, in welchem jesidische Männer nach faschistischem Vorbild ihr eigenes Grab ausheben mussten. Die Frauen wurden an Emire zu Tausenden verkauft und versklavt. Dass überhaupt noch Menschen dieser religiösen Minderheit aus dem Sinjargebirge überlebten, hatten sie der dort zurückgezogenen PKK zu verdanken. Tausende Jesid*innen verließen ihre Dörfer und die Lager in Dohuk waren so schlimm, dass viele den Weg nach Europa wagten. Wie auch Aufständische aus anderen arabischen Staaten, Frauen, Kinder, Männer, ganze Familien. Sie kamen auf Booten und wir trafen sie auf der sogenannten Balkanroute.

Nie wieder 2015?

Die Debatte über dieses Jahr ist geradezu kryptisch. Migrant*innen seien unkontrolliert nach Europa gekommen und hätten das Mitgefühl der Europäer*innen missbraucht. Dieser Unsinn wird munter in den Medien daher geplappert. Merkel sei an allem Schuld, weil sie ein Selfie mit einem Migranten zuließ. 2015 bin ich mit unserer Fraktion die gesamte Balkanroute entlang unterwegs gewesen. U.a. standen wir an der serbisch-kroatischen Grenze, wo jede einzelne Person registriert und Fingerabdrücke genommen wurden. Alle notwendigen Daten wurden erfasst, die Weiterreise nach Norden per Bus organisiert. Das geschah faktisch an jeder Grenze, ein Datenaustausch wäre eine Kleinigkeit gewesen.

Das Recht auf Asyl ist längst zum Spielball der Mitgliedstaaten geworden.

Die Balkanroute war die einzig sichere Route für viele Geflüchtete seit vielen Jahren, um Kriegsflüchtlingen schnellstmöglich Hilfe zu gewähren. Es lag nicht an den Flüchtlingen, sondern an einer egoistischen und skandalträchtigen Grenzschließungspolitik von Griechenland bis Ungarn und Österreich, so dass Tausende Geflüchtete festsaßen unter chaotischen Bedingungen. Versagt hatte die EU, die nicht bereit war, eine würdige Aufnahme zu gewähren.

Was ist los mit der EU?

Zur Gründungsakte der EU und ihrer DNA gehören die Menschenrechte. Die Lehre zweier Weltkriege ist es, Menschen in Not Asyl zu gewähren. Die EU ist samt Mitgliedstaaten der Genfer Flüchtlingskonvention verpflichtet.

Vor knapp 10 Jahren, am 3.10.2013 sank ein Kutter aus der libyschen Hafenstadt Misrata kommend vor Lampedusa. 366 Menschen starben. Vor den Kindersärgen brach die damalige Migrationskommissarin Malmström in Tränen aus, während ihre heutige Amtsnachfolgerin Johansson beim Schiffsunglück vor Pylos, wo 500 Menschen starben, von einer nötigen Verstärkung des Grenzschutzes sprach. Symbolträchtiger geht es nicht. In den 10 Jahren ist eine besorgniserregende Verrohung des Umgangs mit Migration zustande gekommen, die nur noch von hartleibigen Rechtsradikalen getoppt wird, die sogar auf Migrant*innen schießen würden.

2016 kam die Kommission mit einem Asylpaket um die Ecke, bestehend aus 5 Gesetzesvorhaben, eines schlechter als das andere. 2017 beschloss das Europaparlament dazu seine Stellungnahmen, die sich in vielem deutlich davon distanzierten. Zu Verhandlungen mit dem Rat im Trilog kam es nie, weil er sich selbst nicht einig wurde und das Europaparlament z.B. den DUBLIN-IV-Verordnungsvorschlag vollständig umkrempelte zu einem menschenwürdigen Aufnahmegesetz, dem sogar die Linke Fraktion im Plenum zustimmte. Es war der Mitte-Links-Kooperation zu verdanken, dass dieser Parlamentsbeschluss einen Kriterienkatalog sowie verbindliche Aufnahmeverpflichtungen für die Mitgliedstaaten enthielt. Schon 2015 hatte die Kommission eine dubiose Migrationsagenda beschlossen, die darauf abstellt, Flüchtlinge in Zentren, sprich Gefängnisse in Transit-und Drittstaaten festzusetzen, damit möglichst niemand nach Europa gelangt. Geradezu obsessiv wurde seitdem besonders der afrikanische Gürtel zugeriegelt und übelsten Regimen dafür Millionen Gelder zugeschanzt, wie Libyen 60 Millionen, wo Folter und Vergewaltigung die Tagesordnung in den Lagern bestimmt. Das Auswärtige Amt hatte 2017 die libyschen Lager als «KZ-ähnlich» eingestuft, der Papst als «die Hölle». Neben Libyen wurde Niger zum Schlüsselland der Migrationsabwehr, wo Migrant*innen systematisch in die Sahelzone getrieben werden und wir die gesamte Zahl der Toten gar nicht kennen, 13.000 sind es geschätzt. Was aus den im Niger festgehaltenen Menschen werden soll, ist völlig offen, angesichts der katastrophalen Situation seit dem Putsch des Militärs. Vor ein paar Wochen folgte nun das Migrationsabkommen mit Tunesien, damit für 900 Mio. Euro Flüchtlinge noch effizienter verfolgt werden.

Das «Traumabkommen» der Kommission ist jedoch der EU-Türkei-Deal vom 18. März 2016, der von keinem Parlament der Welt abgestimmt wurde. Bis Ende 2018 wurden sechs Milliarden Euro für konkrete Projekte in den Bereichen der Grundversorgung, Gesundheit und Bildung, wie es offiziell heißt, über den Tisch geschoben, ohne Kontrolle des Mittelabflusses und bis 2023 nochmal 3 Mrd. zusätzlich, insbesondere für den Grenzschutz. Und das obwohl seit März 2020 das Abkommen nur noch auf dem Papier steht. Im Mai 2016 waren wir in der Türkei und sahen die mit EU-Mitteln erbauten Gefängnisse von innen. In Edirne traf ich dort eine Afghanin mit 2 Kleinkindern, die zu ihrem Mann wollte, der als ehemaliger Dolmetscher für die Bundeswehr nach Mainz geflüchtet war. Die Familienzusammenführung verwehrte die deutsche Regierung, die Mutter der Kinder wurde Opfer eines Tötungsdeliktes und die Kinder allem Anschein nach verkauft. Die Auslagerung der Asylpolitik – Externalisierung – ist eines der wichtigsten Ziele von Kommission und Rat. Aber nicht überall klappt das, glücklicherweise. Einer der Tricks der Kommission besteht darin, Mauretanien und Senegal mit einem exklusiven Frontex-Status-Agreement zu beglücken, als erste afrikanische Staaten. Die Flüchtlingsabwehr soll mit Hilfe der Grenzschutzagentur Frontex vor Ort verstärkt werden. Dafür sollen Millionen Gelder dorthin fließen. Im Falle Mauretanien, einer islamischen Republik, in der die Sklaverei noch Realität ist und die Menschen in einem archaischen Kastensystem leben, ist die Erfolgsaussicht höher. Im Senegal, das dem Free Movement Agreement der Westafrikanischen Union (ECOWAS) beigetreten ist, allerdings nicht. So jedenfalls habe ich als Berichterstatterin zu diesem Thema die Gespräche in Dakar und St. Louis verstanden, wo es offene Ablehnung gab. Länder wie Senegal sind seit Jahrhunderten Teil zirkulärer Migration, die zum Selbstverständnis der Menschen gehört. Im dortigen Außenministerium gibt es große Abteilungen, die nichts anderes machen, als den Kontakt zu Senegalesen im Ausland zu halten und wenn nötig, Hilfe leisten. Mal abgesehen davon, dass die jungen afrikanischen Staaten neokoloniale Praktiken wittern, wenn eine EU-Grenzschutzagentur in ihrem Land Immunität genießt und an den Grenzen die Befehlsgewalt erhalten soll, treffen hier zwischen Europa und Afrika Welten aufeinander.

Die progressiven Kräfte in und außerhalb der Parlamente müssen sich trotz ihrer Gegensätze aufeinander besinnen, wenn dem rechtspopulistischen und offen faschistischen Narrativ, das sich durch unser Europa frisst, Einhalt geboten werden soll.

Wie bereits darauf verwiesen, zeigen Kommission und Rat ihr wahres Gesicht beim EU-Asylkompromiss des Rates vom 8. Juni 2023, der auf dem Kommissionsvorschlag von 2020 fußt. Geflüchtete sollen verkürzte Grenzverfahren erhalten, in denen u.a. gecheckt wird, ob sie eine Verbindung zu einem sicheren Drittstaat haben. Das kann das sofortige Aus ihres Asylantrages bedeuten, ohne Prüfung individueller Asylgründe. Inhaftierung soll während der Verfahren sogar für Kinder ab 12 gelten. Selbst wer nicht ins Grenzverfahren kommt, hat keine Garantie auf faire Behandlung, denn es gibt, wie schon erwähnt, keinerlei verbindliche Aufnahmequoten. Ein so genannter «Solidaritätsmechanismus» erlaubt es Mitgliedstaaten, statt Aufnahme Geflüchteter Mittel für Abschiebungen oder Externalisierung zur Verfügung zu stellen. Aber selbst das ist Ländern wie Polen und Ungarn noch zu teuer. Alles wird daraufgesetzt, Geflüchtete möglichst vor den Toren Europas loszuwerden, egal wie. Das geschieht während wir zeitgleich ukrainische Geflüchtete in Würde aufnehmen, 8 Millionen in Europa, wozu auch wir Linken persönlich beitragen. Weshalb aber Menschen aus Afghanistan, Syrien, dem Irak oder Eritrea keine Menschenwürde zukommen soll, erschließt sich uns nicht. Das Recht auf Asyl ist längst zum Spielball der Mitgliedstaaten geworden. Dabei geht am wenigsten um Geflüchtete, sehr viel mehr um Law-and-Order-Politik. Geflüchtete dienen weltweit als Prellböcke fehlgeschlagener Politik. Sie sind schuldig, einfach weil es sie gibt.

Was ist die Folge solcher Politik?

Legalisierung und Legitimierung von Menschenrechtsverletzungen – Kriminalisierung von Migration – Aufgabe völkerrechtlicher Prinzipien wie Seenotrettung – Billigung von Gewalt gegen Migrant*innen. Was wäre eigentlich, wenn alle Mitgliedstaaten wie Litauen die Legalisierung von Pushbacks beschließen würden? Das hieße Militarisierung der EU-Außengrenzen, Wiedereinführung von Binnengrenzkontrollen, Zäune durch die gesamte EU, Pingpong-Spiel mit Migrant*innen, die nirgendwo sicher wären. Ein anderes Europa. 2023 starben im Mittelmeer jeden Tag 10 Menschen, alle 10 Tage gibt es ein Schiffsunglück mit Toten. Bei all dem sieht die Kommission zu, keine Konsequenzen für fehlende Seenotrettung, keine Vertragsverletzungsverfahren. Und die Grenzschutzagentur Frontex ist Beobachterin und Komplizin dieser Ereignisse, ohne einzugreifen und unter Verletzung der sie selbst betreffenden EU-Verordnung. Nichts geschieht.

Ich war im Laufe der Jahre in zig Hotspots dieser Welt. In Jordanien, wo viele syrische Flüchtlinge den Weg durch die Wüste nicht schafften und wenn, dann im Lager von Zataari jeden Tag dafür beteten, dass ihre Angehörigen noch leben. Wir waren im Sudan, wo mit italienischer und deutscher Hilfe Grenzkontrollen gefördert werden, mitten durch die libysche Wüste, in der die Jahreszeiten Migration seit Jahrhunderten bestimmen. Mit EU-Hilfe werden dort normale Wanderwege zerstört und der Korruption Flügel verliehen. Im spanischen Melilla an der marokkanischen Grenze erhielten wir keine Antwort von den Verantwortlichen, wie es zum Tod der 37 Menschen kam, die im Juni 2022 die Grenze nach Melilla passieren wollten. Wir waren in Kroatien und Bosnien, wo Pushbacks täglich stattfinden und kroatische Grenzbeamte Migrant*innen ausrauben, Geld, Kleidung stehlen, junge Mädchen begrapschen, wie im Falle eines iranischen Mädchens. Ich sah die von Hunden zerbissenen Beine von Migranten und afghanische Soldaten, die nicht verstanden, warum ausgerechnet sie, die gegen die Taliban gekämpft haben, nicht nach Europa dürfen. Wir sahen die Wälder in Ostpolen, wo Migrant*innen dehydriert und in der Kälte ums Überleben kämpften, wir waren immer wieder in Italien und Griechenland.

Griechenland ist das Symbol migrationsfeindlicher Politik in Europa. Ich selbst war Augenzeugin von Pushbackversuchen auf Samos und war in den Lagern von Moria und Kara Tepe auf Lesbos, in denen Menschen unter furchtbaren Bedingungen dahinvegetierten. Unerträglich waren die «Besuche» in Polizeistationen, wo Menschen wie Tiere gehalten werden bis sie seelisch zerbrechen. Ich erinnere mich besonders an Frauen, die uns gegenüber in Tränen ausbrachen, weil sie gar nicht wussten, wo sie mit Reden anfangen sollten. Die Höchststrafe für Migrant*innen in Griechenland ist die Anerkennung als Flüchtling, weil man nach ein paar Wochen aus allen sozialen Leistungen herausfällt. Die Straßen von Athen sind voll mit ihnen und Migrant*innen ohne Dokumente. Bei all dem schaut die Kommission tatenlos zu. Europa versagt dort, wo es am nötigsten gebracht wird.

Und doch gibt es immer Hoffnung

Weltweit engagieren sich NGO´s und unendlich viele Aktivist*innen. In manchen Ländern kämpfen sie allein gegen den Trend der rechten Meinungsmacher und sind ohne jede Unterstützung. In den polnischen Wäldern riskieren Ärzte ihre Approbation, wenn sie Hilfe leisten und es gibt Held*innen wie Grupa Granica, die trotz Drohungen ihr Engagement dort nicht aufgeben. Ärzte ohne Grenzen (MSF) sind in allen Brennpunkten und es gibt die Seenotretter*innen, die doch auf hohe See gehen, um Menschen zu retten. Es sind die Fischer, die dem Versinken im Meer nicht zuschauen können, einfache Leute, die Migrant*innen helfen und dafür keinen Cent bekommen. Es gibt sie. Auch in unserem Land finden viele Aktivist*innen keine Ruhe, überall agieren sie, Sea Watch, Mission Lifeline, und es gibt die «Sicheren Häfen» zu denen sich viele Kommunen bereiterklärt haben. Sie sind das Gewissen einer Welt, die Humanität und Solidarität ernst meint. Unsere Aufgabe als Parlamentarier*innen ist es, uns mit ihnen zu verbünden, sie zu verteidigen und niemals aufzuhören, für ein Leben in Menschenwürde zu streiten. Die progressiven Kräfte in und außerhalb der Parlamente müssen sich trotz ihrer Gegensätze aufeinander besinnen, wenn dem rechtspopulistischen und offen faschistischen Narrativ, das sich durch unser Europa frisst, Einhalt geboten werden soll.

Andernfalls kippt die EU. Es geht um alles.

 

 

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