Brief an Wolfgang Fernbach

Berlin, Hotel Moltke, Rosa Luxemburg am 18. November 1918

Lieber Genosse Fernbach!

     Auf Ihre Mitarbeit bei dem Blatte haben wir ohne weiteres gerechnet. Es wird viel zu arbeiten geben, da wir ja außer der «Roten Fahne» auch noch anderes herausgeben wollen. Nur ist dabei ständige Fühlungnahme notwendig. Wie Sie z.B. aus der heutigen Nr. ersehen, haben wir bereits das Thema behandelt, das Sie sich gewählt haben: die Todesstrafe. Zur Vermeidung solcher Fälle wird es für die Zukunft notwendig sein, daß Sie sich stets mit uns vorher über Thema und Umfang verständigen. Sodann die große Schwierigkeit: Wir sind alle in der Redaktion der Meinung, daß in einer Nr. nicht mehr als zwei Artikel erscheinen dürfen, sonst wird das Blatt zu schwer. Diese zwei sind aber vorläufig durch eine Reihe politischer Grundprobleme der Revolution und der Taktik in Anspruch genommen, so daß wir über die Artikel nicht mehr frei verfügen können. Was aber sehr nötig und nützlich, sind Notizen, kurze Entrefilets aktueller Natur. Darüber müßte man sich von Fall zu Fall verständigen. Aus allen diesen Gründen wäre es nötig, daß Sie nächstens mal auf die Redaktion kommen und mit uns, namentlich mit Genossen Meyer, der Sekretär der Redaktion ist, sprechen oder mit Genossen Levi, der dieses Ressort meist selbst bearbeitet, Rücksprache nehmen. Freilich haben wir vorläufig nicht einmal Redaktionsräume, das soll alles noch beschafft und geordnet werden. Doch ich hoffe, bald wird alles klappen.

     Inzwischen mit bestem Gruß
     Ihre R. Luxemburg


Zitiert nach Rosa Luxemburg: Gesammelte Briefe, Bd. 5., August 1914 bis Januar 1919, Berlin, S. 416.