Beschreibung
Dokumentarfilm: Zeitzeugen der Gewerkschaftsschule Bernau, 120 Min., Regie: Elefteriya Yuanidis
Die Bundesschule Bernau liegt vier Kilometer entfernt von der Stadt Bernau, an einem Wald im Norden von Berlin. Ein idyllischer, doch unscheinbarer Ort. Seit 1977 steht sie unter Denkmalschutz. Ihre besondere Architektur und die wechselvolle Geschichte machen sie einzigartig. Obwohl ihre Bauhausarchitektur über die Grenzen hinaus bekannt ist, ist ihre Nutzungsgeschichte eher unbekannt .1928 eröffnete die Bundesschule des ADGB (Allgemeiner Deutscher Gewerkschaftsbund) ihre Türen in Bernau bei Berlin. Aus Arbeiterspenden finanziert, von modernen Bauarchitekten erbaut, verkörperte sie den Traum vom Fortschritt durch Bildung.
Im Juli 1933 wurde die Schule von Adolf Hitler als "Reichsführerschule" eingeweiht. Sie diente von nun an als Kaderschimiede der SS, SA und zuletzt sogar als Nebenstelle des Reichssicherheitshauptamtes.
Nach der Befreiung nutzte die Rote Armee Bundesschule zuerst als Lazarett, übergab sie aber 1947 an FDGB (Freier Deutscher Gewerkschaftsbund). Von 1947 bis 1991 diente sie wieder als Gewerkschaftsschule, diesmal für Funktionäre des DDR-FOGS. Weil der DGB sie wegen ihrer DDR-Systemnähe nicht übernehmen wollte, wurde sie nach der Wende geschlossen und dem Schulkomplex drohte der Verfall.
Obwohl die FOGS-Zeit den längsten Abschnitt der Nutzung der Gewerkschaftsschule ausmachte, wurde diese Zeit bis heute kaum geforscht und thematisiert.
Was für eine Schule war diese Gewerkschaftsschule? Wer hat sie gegründet? Welche Ideen steckten dahinter, welche waren die politischen und historischen Gegebenheiten? Was hat sich in den 44 Jahren auf ihrem Areal abgespielt? Was und wie wurde dort gelehrt? Wie waren die Verhältnisse zur FOGS-Leitung und SED, zu den Gewerkschaften im BRD und anderen Gewerkschaften in der Welt?
Der Bezug zu den Gewerkschaften, die einstmals Auftraggeber und Nutzer der Gewerkschaftsschule Bernau und ihre Einrichtungen waren, ist 1990 nach der Schließung verloren gegangen. Was geblieben ist jedoch für die Jahre 1947-1990, die Geschichte einer über 40-Jährigen Nutzung der Schule durch den FOGS, durch Tausende deutsche wie ausländische Gewerkschaftlerinnen und Gewerkschaftler, die dort studiert und gearbeitet haben. Die offiziellen Dokumente aus dieser Zeit sind in der "Stiftung Archiv der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv" reichlich vorhanden und für weitere Forschungen zugänglich.
Dokumente allein geben aber noch keinen Gesamtblick auf die Nutzungsgeschichte der Bundesschule und der Gewerkschaftshochschule des FDGB. Gefragt sind Aussagen von Zeitzeugen, Erinnerungen von Gewerkschaftlern, Studenten und Mitarbeitern, die aus eigenem Erleben und Wirken belegen können, wie in dem jeweiligen Zeitabschnitt (Direktlehrgang, Fernstudium, Frauenklassen) an der Schule gearbeitet, studiert, gelebt und gefeiert, wie in einem konfliktreichen Prozess darum gerungen wurde, gewerkschaftliche Interessensvertretung in der Lehr- und Forschungsarbeit und im Alltag des Hochschullebens zu verwirklichen.
Der Film wird versuchen, die Geschichte der zentralen Gewerkschaftsschule der DDR, die mit ihrer 44jährigen Aktivitäten ein Teil der Kulturgeschichte dieses Landes ist, ins Licht zu holen und sie anhand der Zeitzeugenerzählungen zu dokumentieren.