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24. September 2022 Seminar Internationalismus

Geschichte – Widersprüche – Notwendigkeit

Information

Veranstaltungsort

Onlineseminar

Zeit

24.09.2022, 10:00 - 17:00 Uhr

Themenbereiche

Parteien- / Bewegungsgeschichte, Soziale Bewegungen / Organisierung, Mexiko / Mittelamerika / Kuba, Libanon / Syrien / Irak, Jugendbildungsveranstaltungen

Zugeordnete Dateien

Internationalismus
24.09.2022 – 26.11.2022
samstags von 10 Uhr bis 17Uhr

Diverse Krisen – Klima, Weltwirtschaft, Gesundheit, neokolonialer Ausbeutung und Kriege – egal wo wir auf der Welt hinschauen verschärfen sich die Widersprüche des Kapitalismus. Aus einer linken Sicht ist eine globale Antwort auf diese Krisen und Widersprüche notwendiger denn je - wir brauchen daher Debatten über Internationalismus.

Es gab und gibt immer wieder Versuche von fortschrittlichen und revolutionären Parteien und Bewegungen koordinierende, internationale Strukturen aufzubauen oder konkrete Solidaritätsarbeit zu leisten. Die Versuche haben viele Erfolge erzielt, sind aber auch auf Widersprüche gestoßen oder wieder ins sich zusammengebrochen. Der Internationalismus ist also, frei nach Brecht, «Das Einfache, das schwer zu machen ist».

In dieser Seminarreihe wollen wir uns daher den Fragen widmen, welche Erfahrungen in der Geschichte des Internationalismus gesammelt wurden, was die Möglichkeiten, aber auch Fallstricke der internationalen Zusammenarbeit von revolutionären Bewegungen sind und letztlich wie ein Internationalismus im 21. Jahrhundert aussehen könnte?

In fünf Seminaren versuchen wir diese Fragen gemeinsam zu beantworten. Wir starten im ersten Seminar mit der Ausgangsfrage was Internationalismus überhaupt ist und widmen uns dann den vier historischen «Internationalen». Im dritten Seminar, arbeiten wir uns durch die vier Wellen des Internationalismus in der alten BRD und betrachten im vierten Seminar den Internationalismus Kubas in der Welt. Im letzten Seminar widmen wir uns Solidaritätsbewegungen mit Kurdistan.

In allen fünf Teilen, versuchen wir gemeinsam zu verstehen warum die Solidaritätsbewegungen und Internationalen entstanden, gewachsen und teilweise wieder zusammengebrochen sind. Wir wollen unterschiedliche Begründungen für Internationalismus in den jeweiligen Bewegungen betrachten, die Fallstricke der Solidaritätsarbeit herausarbeiten, aber auch die Lernprozesse nachvollziehen, die aus den Bewegung selbst entspringen.

Seminar #1, 24.09.2022:
Was ist Internationalismus überhaupt?

Fällt das Wort «Internationalismus» sind die Assoziationen vielfältig. Manche denken an Persönlichkeiten des Internationalismus wie Che Guevara, Rosa Luxemburg oder Hồ Chí Minh; andere an internationale Organisationen wie die Internationalen, Weltsozialforen oder die Internationale Kommune in Rojava; wieder andere an konkrete Solidaritätsarbeit, wie die Internationalen Brigaden im Spanischen Bürgerkrieg, Unterstützung von Deserteuren im Algerienkrieg oder Kauf von Solidaritätskaffee. So manche verstehen darunter Theorien wie Dependenztheorien, Weltrevolution oder Antiimperialismus.

Ziel des ersten Seminars ist es gemeinsam diese Assoziationen aufzuschlüsseln und ein analytisches Konzept zu erarbeiten. Mit diesem wollen wir die historischen internationalistischen Ereignisse der folgenden Seminare beleuchten und untersuchen. Ziel der Seminarreihe ist dann, aus diesen verschütteten Erfahrungen der letzten 150 Jahre zu lernen und sie für unsere Zeit kritisch nutzbar zu machen.

Seminar #2, 8.10.2022:
Die Internationalen

Jede organisierte Linke erfährt irgendwann über die Existens der «Internationalen». Ihre heutige Geschichte ist verschüttet und die Bedeutung der noch übrig gebliebenen 2. (sozialdemokratischen) Internationale und diverser 4. oder 5. trotzkistischer Internationalen ist überschaubar.
Verbunden waren mit den Internationalen aber kühne Ideen und oft ein Organisationsgrad, eine Konsequenz und eine Überzeugung was möglich sei, die heute verwundern mag. Zudem lassen sich an ihnen die wichtigsten Konfliktlinien und Brüche der heutigen Linken ablesen. Die Spannung zwischen Anarchismus und Sozialismus, Sozialdemokratischen und Kommunistischen Ansätzen, zwischen Stalinismus und Trotzkismus lässt sich wie durch ein Brennglas mittels dem Aufkommen und Vergehen der Internationalen betrachten. Interessieren wird uns hier vor allem auch die strategisch-programmatischen Vorstellungen der verschiedenen Internationalen, also wie die Aktivist*innen dachten, ihr Vorhaben der Weltrevolution umsetzen zu können.

Seminar #3, 22.10.2022:
Die vier Wellen des Internationalismus in der alten BRD

Die Solidaritätsbewegungen in der alten BRD lassen sich nach ihrer Stärke in vier Konjunkturwellen einteilen. Chronologisch sind das: 1. Die heute unbekannten Soli-Aktionen mit dem Unabhängigkeitskampf in Algerien (1954-1962); 2. Die Antikriegsproteste der 68er gegen den Vietnamkrieg; 3. Die Chile-Solibewegungen nach dem Putsch gegen Allende 1973 und 4. die Solidaritätsbewegung mit Mittelamerika in den 80er Jahren anlässlich der Sandinistischen Revolution in Nicaragua und des Bürgerkriegs in El Salvador.
Wir wollen mit euch untersuchen, warum es gerade diese Weltregionen waren, die das Objekt der Solidarität wurden, was die Bewegungen ausgelöst hat, wie die Aktivist*innen tätig waren und warum die Bewegungen wieder abbrachen, versandeten oder ihren Charakter änderten. Nicht zu Letzt schauen wir uns ihre Erbschaft für die heutige deutsche Linke an und was wir aus der Konjunkturanfälligkeit von Solidaritätsbewegungen in den kapitalistischen Zentren lernen können.

Seminar #4, 5.11.2022:
Kubas Internationalismus in der Welt

In diesem Seminar sollen es sowohl um die Solidarität mit Kuba, als auch um die kubanische Solidarität mit der Welt gehen. Die internationalistische Bewegung zu Kuba kam in der BRD erst relativ spät auf (Ende 1970er Jahre) und erlebte ihre wirkliche Geburt nach dem Zusammenbruch des Ostblocks. Kuba hat es geschafft sein sozialistisches Modell, trotzt aller Vorhersagen und Isoliertheit, zu bewahren. Damit ist es sowohl Projektionsfläche revolutionärer Hoffnungen als auch Anlass zu einer konkreten Aufbauhilfe von Solidaritätsorganisationen geworden.

Der kubanische Internationalismus mit der Welt ist in Deutschland hingegen eher unbekannt. Kuba hat in den 60er und 70er Jahren viele Guerrilla- und Unabhängigkeitsbewegungen unterstützt, in Angola sogar gegen die Apartheidstruppen Südafrikas gekämpft und entsendet heute in über 60 Länder des globalen Südens Ärzt*innen und Techniker*innen. Als kleines Land hat es, wie die kubanischen Revolutionar*innen ausdrücken würden, «nicht gegeben was übrig ist, sondern geteilt was es hat». 

Seminar #5, 26.11.2022:
Kurdistan und die Solidaritätsbewegungen

Der Belagerung Kobanê 2014/2015 war ein entschiedener Punkt im Krieg gegen den «Islamischen Staat» (IS) und für die kurdische Bewegung. Es entstand eine beispiellose internationale Solidaritätsbewegung mit Kurdistan: Internationale Brigaden zogen nach Rojava, weltweit wurden Gelder für Waffen und Infrastrukturprojekte gesammelt, und es gab eine Vielzahl von Solidaritätsveranstaltungen, Aktionen und Demonstrationen. Für viele ist die kurdische Bewegung seit Kobanê ein zentraler Anknüpfungspunkt für internationale Kämpfe.

Die Solidaritätsbewegung mit Kurdistan reicht dabei – gerade in der BRD – bis in die 1980er Jahre zurück: Mit vielen Höhen und Tiefen, Fallstricken und Erfolgen.  Wir wollen die Entwicklung des Internationalismusverständnis der PKK betrachten und die Bezugnahme der verschiedenen Solidaritätsbewegungen auf die kurdische Freiheitsbewegung.

Teamer*innen

David Wende ist Gründungsmitglied von Interbrigadas e.V. Er war an einer Vielzahl von Brigaden nach Venezuela, Bolivien und Kuba aktiv beteiligt, hat 2015 die Konferenz Internationalismus im 21. Jahrhundert mitorganisiert und ist derzeit vor allem in der Kuba-Solidarität des Vereins aktiv. Er beschäftigte sich inhaltlich mit der Geschichte der Internationalen und der Geschichte der Solidaritätsbewegungen in Deutschland.

Alexander Kohrs ist politisch aktiv im Interbrigadas e.V. und organisiert die Kuba Brigaden zum Aufbau des soziokulturellen Zentrums «Ventana al Valle» in Viñales. Darüber hinaus beschäftigte er sich intensiv mit der Geschichte Kubas, Kubas Internationalismus und der Solidaritätsbewegung mit Kuba.

Tobias Amigo ist politisch aktiv im Interbüro in Berlin-Wedding, das einen kleinen Beitrag für die Stärkung eines zeitgemäßen Internationalismus leisten möchte. Darüber hinaus ist er Doktorand in den Sozialwissenschaften an der Scuola Normale Superiore und Mitglied des Center on Social Movement Studies (COSMOS). Er forscht derzeit über die kurdische Bewegung und ihre Solidaritätsbewegung in Deutschland, mit besonderem Schwerpunkt auf den Solidaritätsbeziehungen.

Lucie Matting ist Mitglied bei Interbrigadas e.V. Von 2008 - 2016 hat sie an verschiedenen Brigaden in Kuba und Venezuela teilgenommen - diese vorbereitet, durchgeführt und nachbereitet. Ihren Aktivismus hat sie während der Studienzeit wissenschaftlich begleitet. U.a. mit einer BA-Arbeit zu «Los sin Techos. Eine neue soziale Bewegung im Sozialismus des 21. Jahrhunderts» oder ihre MA-Arbeit zu «Megagentrifizierung in Rio de Janeiro.» Lucie ist zwischen Berlin und Mexiko Zuhause, wo sie auch Teil von den internationalen Organisationsstrukturen, u.a. von «Mayfirst Movement Technology| Primero del Mayo – Enlace del Pueblo» ist.

Anmeldung:

Die Seminarreihe wird online stattfinden. Eine verbindliche Anmeldung für alle Seminare wäre von Vorteil, ist aber nicht Voraussetzung für die Teilnahme! Die Anmeldefrist ist der 15.09.2022. Meldet euch bei Lucie Matting, lucie.matting@rosalux.org, an. Teilt uns neben eurem Namen auch mit, falls ihr politisch organisiert seid und mit welcher Motivation und mit welchen Fragen ihr in die Seminarreihe geht. Die Teilnehmendenzahl ist begrenzt! Bis Anfang September geben wir euch Bescheid und senden euch weitere Infos zum Ablauf der jeweiligen Samstagstermine zu.

Kontakt

Lucie Matting

Bildungskoordinatorin für Jugendbildung und Organizing, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Telefon: +49 30 44310 491