26. Oktober 2018 Tagung/Konferenz Die kurzen Sommer der Gegenmacht

12. Braunschweiger Gramsci-Tage

Information

Veranstaltungsort

Gewerkschaftshaus Braunschweig
Wilhelmstraße 5
38100 Braunschweig

Zeit

26.10.2018, 17:00 - 27.10.2018, 17:00 Uhr

Themenbereiche

Kapitalismusanalyse

Zugeordnete Dateien

Die kurzen Sommer der Gegenmacht – Historische Alternativen zum Kapitalismus und warum sie so schwer durchzusetzen sind
12. Braunschweiger Gramsci-Tage

Bewegungen gegen die „konzentrierte gesellschaftliche Macht“ des Kapitals, von der Marx sprach, entstehen vor allem, wenn sich eingeschliffene Pfade kapitalistischer Entwicklung in Sackgassen befinden. Gramsci interpretierte die 1930er Jahre als eine historische Phase, in der der herrschende Block in Europa angesichts der fordistischen Umwälzung der Produktivkräfte „nicht mehr führend, sondern einzig herrschend“ ist, Inhaber „der reinen Zwangsgewalt“. Die „saturierte“ Herrschaft gesteht jedoch nicht ein, „dass sie überholt ist“. Aus diesem Grund – so Gramsci – bildet sich ein Terrain, „auf dem sich die antagonistischen Kräfte organisieren“, während die saturierte, „bornierte Clique […] danach trachtet, ihre schäbigen Privilegien zu verewigen, indem sie die Entstehung von Gegenkräften reguliert oder sogar erstickt“.

Auch heute verteidigt ein neoliberaler Machtblock aus Finanz- und Exportkapital nur noch seine Privilegien. Gegen sie richten sich Gegenbewegungen: in der Gesellschaft gegen fortschreitende Liberalisierung, Privatisierung und Austeritätspolitik; in der Politik gegen etablierte Volksparteien; in den Betrieben gegen Wettbewerbspakte zwischen Kapital, Gewerkschaften und Betriebsräten. Als Gegenbewegungen fungieren jedoch nicht nur linke Oppositionsgruppen, sondern verstärkt auch rechtspopulistische, nationalistische oder neofaschistische Strömungen.

Im Unterschied zum Newtonschen Gesetz der Physik, nach dem „Kraft = Gegenkraft“, sieht sich gesellschaftliche oder betriebliche Gegenmacht immer mit bestehenden Mächten und Strukturen konfrontiert, die ihre Entfaltung limitieren. Oft werden die Ziele der Gegenbewegungen von den Herrschenden „verdaut“ und in „Integrationslogik“, d.h. ihre „antagonistische Logik“ (Lelio Basso) in eine Logik der herrschaftlichen Erneuerung der alten Ordnung verwandelt. Insofern sprechen wir von „kurzen Sommern“ der Gegenmacht.

Die 12. Braunschweiger Gramsci-Tage thematisieren Formen, Bedingungen und Widersprüche von Gegenmacht der subalternen Klassen: Welche Typen von Gegenbewegungen können unterschieden werden? Unter welche Bedingungen kann sich Empörung und Protest gegen eine bestehende Ordnung zu faktischer Gegenmacht entwickeln, die die Herrschenden zu Kompromissen zwingen kann? Mit welchen Mitteln gelingt es der alten Ordnung noch, die Durchsetzungsfähigkeit von Gegenbewegungen zu beschränken? Wie verändert sie sich selbst dadurch?

Programm :
Wie gehabt kombinieren die Braunschweiger Gramsci-Tage Vorträge, Workshops und Diskussionen und ein Kulturprogramm. Prof. Dr. Klaus Dörre (Friedrich-Schiller-Universität Jena) hält den Hauptvortrag am Freitag. Das abendliche Kulturprogramm bestreiten Hans-W. Fechtel und Arndt Gutzeit mit Gedichten und Liedern von Erich Mühsam. Am Samstag folgen Diskussionen und Workshops zu gesellschaftlichen und betrieblichen Gegenbewegungen u.a. mit Richard Detje (VSA-Verlag, WissenTRANSFER, Hamburg).

Programm

Freitag, 26. Oktober 2018

ab 16.00h | Einlass, Anmeldung

17.00h | Begrüßungen
Andreas Klepp / BIAP, Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen
Michael Kleber / Regionsgeschäftsführer DGB-Region SüdOstNiedersachsen

17.30h | Einführung ins Thema
Gegenbewegung! Gegenmacht? Gegenhegemonie?! – Plakative Begriffe von schillernder Unschärfe
Dr. Bernd Röttger / Redaktion Historisch-kritisches Wörterbuch des Marxismus

18.00h | Vortrag und Diskussion
Gegenbewegungen und Gegenmacht. Machtressourcen und Widerstandsformen in Geschichte und Gegenwart des Kapitalismus
Prof. Dr. Klaus Dörre / Universität Jena
anschließend: Debatte im Plenum

19.30 | Pause mit der Möglichkeit zum Imbiss

20.30 | Kultur
„Sich fügen heißt lügen“. Texte, Gedichte und Lieder von Erich Mühsam
Hans-W. Fechtel / Gitarre, Gesang und Arndt Gutzeit / Rezitation, Gesang
danach: gemeinsamer Ausklang

Samstag, 27. Oktober 2018

ab 09.30h | Einlass

10.00h | Streitgespräch mit Publikumsdiskussion
„Cäsaristische Sehnsüchte und linkes Unbehagen.“
Bedingungen, Formen und Widersprüche gesellschaftlicher Gegenmacht zwischen weltwirtschaftlichen Restriktionen, neoliberalem Kosmopolitismus und  populistischem Nationalismus
Mit: Ingar Solty (Rosa Luxemburg Stiftung) u. Dr. Bernd Röttger

12.15h | Möglichkeit zum Mittagessen
(Kosten 10 Euro; Anmeldung bis 22.10. erforderlich)

ab 13.30h | Parallele Workshops

(1) Einführung in die Theorie Antonio Gramscis.
Leitung: Orhan Sat (Ver.di Bezirk Region Süd-Ost-Niedersachsen)

(2) Die Gewaltfreie Aktion als Gegenmacht.
Leseworkshop zu politischem Widerstand.
Moderation: Norbert Kueß / BIAP und Jürgen Reuter / GEW Bezirksverband Braunschweig

(3) „Rechtspopulismus und Gewerkschaften – Eine arbeitsweltliche Spurensuche“.
Vorstellung und Diskussion einer Studie.
Mit: Richard Detje / VSA-Verlag, WISSENTransfer

15.30h | Kaffeepause

16.00h | Abschlussdiskussion
Gegenmacht und Gegenbewegungen. Befunde und praktische Erfahrungen
Moderation: Andreas Klepp
ca. 17.00 h | Ende

Die Braunschweiger Gramsci-Tage finden seit 2007 jährlich statt. Sie verknüpfen aktuelle politische Debatten mit der Vermittlung der Fähigkeit zur dialektischen Analyse kapitalistischer Zusammenhänge. Sie wollen einen Raum bieten, in dem sich die Aneignung von Wissen mit der lebendigen Debatte über theoretische und praktische Probleme der Emanzipation von Herrschaft und Unterwerfung paart.


Veranstalter*innen: Braunschweiger Initiative für eine andere Politik (BIAP) in Kooperation mit dem Deutschen Gewerkschaftsbund, Region SüdOstNiedersachsen, der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Bezirksverband Braunschweig und der Rosa-Luxemburg-Stiftung Niedersachsen.

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