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9. März 2023 Diskussion/Vortrag Schicksalsverwandtschaft?

Jean Amérys Fanon-Lektüren über Gewalt, Gegengewalt und Tod

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Veranstaltungsort

Online

Zeit

09.03.2023, 18:00 - 19:30 Uhr

Themenbereiche

Erinnerungspolitik / Antifaschismus, Gesellschaftstheorie

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Gegenstand des Vortrags bildet die Rezeption von Frantz Fanons (1925–1961) antikolonialen Schriften durch den politischen Intellektuellen und Auschwitz-Überlebenden Jean Améry (1912–1978). Dessen erstes Urteil über eine «Schicksalsverwandtschaft» zwischen ihm und Fanon ist in der postkolonialen Genozidforschung zur Stütze für eine Engführung von Kolonialgewalt und Holocaust geworden. Demgegenüber wird Amérys Bezugnahme auf Fanons Texte vor dem Hintergrund von dessen doppelten Erfahrung als «sowohl politische[s] wie jüdische[s] Nazi-Opfer» kontextualisiert. Denn während Amérys Aktivität als Widerstandskämpfer und Opfer der Folter Anschlussmöglichkeiten an Fanons antikolonialen Universalismus bot, zerbarst eine solche Analogie im Zeichen des Holocaust. So verdeutlicht Amérys widersprüchliche Rezeption von Fanon, inwiefern eine Engführung der Erfahrungen von Massengewalt im 20. Jahrhundert zwar das Potenzial einer empathischen Bezugnahme barg, an der historischen Realität jeweils unterschiedlicher Gewalt- und Todeserfahrungen aber zerbrochen war.

Vortrag und Diskussion mit Lutz Fiedler, Moderation: Florian Weis, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Lutz Fiedler ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Referent der Direktorin am Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien e.V. (Potsdam). Er hat in Leipzig und Jerusalem studiert und wurde 2014 an der Universität Leipzig promoviert. Er arbeitet und publiziert zu Themen der modernen jüdischen und israelischen Geschichte.
Aktuelle Publikationen:
Matzpen. A History of Israeli Dissidence, Edinburgh: Edinburgh University Press 2022; zusammen mit Christian Schmidt (Hrsg.), Postsäkulare Politik? Emanzipation, jüdische Erfahrungen und religiöse Gemeinschaften heute, Göttingen: Wallstein 2021; «Schrei ohne Antwort»? Joel Brands Istanbul-Mission reconsidered, in: Manja Herrmann, Ida Richter, Stefanie Schüler-Springorum, Charlotte Weber (Hg.): Rettung als Konzept. Interdisziplinäre Lesarten. 7. Jahrbuch Selma-Stern-Zentrum für jüdische Studien Berlin-Brandenburg. Berlin/Leipzig: Hentrich & Hentrich, 2022, S. 50–60.

Die Zugangsdaten zur Online-Veranstaltung werden nach erfolgter Anmeldung verschickt.

Kontakt

Dr. Florian Weis

Referent für Antisemitismus und jüdisch linke Geschichte und Gegenwart / Klassen, Rosa-Luxemburg-Stiftung

Telefon: +49 30 44310 114