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27. Januar 2021 Seminar Public Sociology – Zwischen populistischer Zumutung und Aufklärungschance

Teil des interdisziplinären Kolloquiums im Wintersemester 20/21

Information

Veranstaltungsort

Online

Zeit

27.01.2021, 18:00 - 20:00 Uhr

Themenbereiche

Gesellschaftstheorie

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Public Sociology – Zwischen populistischer Zumutung und Aufklärungschance

Ein neuer Strukturwandel in der Öffentlichkeit?

In der Öffentlichkeit erkennen, definieren und ordnen Gesellschaften ihre Probleme hinsichtlich ihrer Relevanz und Lösbarkeit. Als zwischen Zivilgesellschaft und Parlament vermittelnder Sphäre und allgemeinverbindlicher Sozialisationsinstanz kommt ihr hiermit eine zentrale Bedeutung für die politische Ordnungsbildung zu. Die Entwicklungsdynamiken in diesem Bereich hat Jürgen Habermas in seinem Anfang der 1960er Jahre erschienenen Buch zum ‚Strukturwandel der Öffentlichkeit‘ untersucht. Oskar Negt und Alexander Kluge konterten es mit ihrer Untersuchung „Öffentlichkeit und Erfahrung“. Das war 1972.
Unter jetzigen Bedingungen von Globalisierung, Digitalisierung und einer anhaltenden Kommodifizierung von Arbeit und Privatsphäre – so der Ausgangspunkt der geplanten Reihe – hat die Sphäre der Öffentlichkeit seitdem einen weiter anhaltenden Transformationsprozess durchlaufen. Diesen mit Blick auf ihre politischen Funktionsdynamiken zu reflektieren, ist das Interesse der geplanten Vortragsreihe. Zur Debatte steht wie so oft, inwieweit die neuen Produktivkräfte der mehr und mehr digital vorgeformten Öffentlichkeit, Fortschritt befördern oder ein Hemmschuh sind. Oder sind unter den heutigen Bedingungen, wie sich Öffentlichkeit herstellt, Aushandlungsformen über Diskurs und Argument kaum mehr möglich? Wenn doch, wie steht es um die emanzipative Dimension unserer heutigen Öffentlichkeit?

Rosa Luxemburg Stiftung Hamburg, in Kooperation mit der Universität Hamburg, Institut für Soziologie, Dr. Martin Seeliger. Gefördert durch die Landeszentrale für politische Bildung Hamburg

 

 

Paula Villa: Public Sociology – Zwischen populistischer Zumutung und Aufklärungschance

2004 hielt Michael Buroway, in seiner damaligen Funktion als Präsident der global relevanten American Sociological Association, eine Rede, die als ebenso flammendes wie nachhaltiges Plädoyer für eine „public sociology“ (Buroway 2005) kanonisiert ist. Seitdem diskutiert das Fach international wie national diese Aufgabe (für die deutschsprachige Debatte vgl. u.a. Aulenbacher et al 2017; Bude 2005; Scheffer/Schmidt 2013; verschiedene Beiträge in Soziologie 2012) – seitdem beobachtet und bewertet das Publikum das Fach in dieser Hinsicht. Nun setzt sich die Soziologie nicht erst heute mit der Frage auseinander, ob und wenn inwiefern und wie genau sie sich an ‚die Öffentlichkeit‘ wendet: als gesellschaftliche (Selbst-)Aufklärung, als Teil einer weniger ideologischen Intellektualität, als evidenzbasierte Expertise für bessere policies, als Gesellschaftsanalyse, die alltagsweltliche Deutung und damit Orientierung bietet. Solche Versprechen sind für die Soziologie eine, wie immer, paradoxe Angelegenheit – denn das Fach befragt kritisch die für eine solche Aufgabe zentralen Begriffe, muss sie dabei aber zugleich affirmieren. Das gelingt besser als vielfach angenommen – was Teile des Faches zugleich als Problem sehen. So etwa, wenn komplexe Zusammenhänge auf einen einfachen Nenner gebracht lebensweltlich zirkulieren und damit das Gegenteil dessen leisten, was sie innersoziologisch sollten).
An diese für die Soziologie geradezu konstitutive Frage knüpfen aktuelle Forderungen bzw. Versprechen nach einer ‚public sociology‘ an. Zugleich aber geschieht dies in spezifischen, neuen sozialen Dynamiken. Womöglich ist sogar die aktuelle Form einer ‚public sociology‘ ein symptomatischer Teil unserer spezifischen Gegenwart. Der Beitrag diskutiert diese Frage: Ist die sympathische und so evident klingende Forderung nach einer (stärkeren) ‚public sociology‘ populistisch? Wird darin in fahrlässiger Weise die moderne funktionale Differenzierung zwischen Wissenschaft, Politik, Kultur, Ökonomie (usw.) unterlaufen? Welche Elemente im Diskurs sprächen dafür – z.B. das beliebte ‚öffentlicher Gelder‘ Argument – und welche dagegen – etwa die Übersetzung soziologischer Einsichten in nachhaltige policies? Wie soziologisch tragfähig sind die Erwartungen an eine public sociology?
Diese Fragen sollen im Beitrag im Lichte des ‚Strukturwandels der Öffentlichkeit‘ aufgegriffen werden. Zu bedenken ist ja, dass die Öffentlichkeit einer ‚öffentlichen Soziologie‘ unter digitalen Bedingungen tatsächlich hinsichtlich ihrer Medialität eine andere ist als die von Habermas untersuchte.

Paula Villa ist Sozialwissenschaftlerin und Professorin für Soziologie/Gender Studies an der Ludwig Maximilians Universität München. Ihre Promotion „Sexy Bodies. Eine soziologische Reise durch den Gechlechtskörper“ ist mittlerweile 2011 in der vierten Auflage erschienen. Sie hat über postkoloniale Soziologie, über „Top Girls. Feminismus und der Aufstieg des neoliberalen Geschlechtsregimes“, über eine Soziologie der Geburt und zuletzt mit Sabine Hark „Unterscheiden und Herrschen“, ein Essay zu dem ambivalenten Verflechtungen von Rassismus, Sexismus und Feminismus in der Gegenwart.

 

 

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