In unruhigen, politischen bewegten Zeiten zeigt sich ein großes Bedürfnis nach theoretisch begründeter Aufklärung. Denn gerade in diesen wird vermehrt nach schlüssiger Kritik am Kapitalismus gesucht. Oft sind zwar nachvollziehbare Ressentiments gegen Banken, Management und »die da oben« treibende Motive, aber Empörung und Anklage Einzelner allein haben die gesellschaftlichen Verhältnisse selten zum Besseren verändert. Die kritische Untersuchung ökonomischer und politischer Zusammenhänge ist für die Suche nach Alternativen unverzichtbar.
Karl Marx hat mit der von ihm ausgearbeiteten Kritik der politischen Ökonomie eine der profundesten Analysen des Kapitalismus vorgelegt. Auch wenn sie bereits im 19. Jahrhundert veröffentlicht wurde, taugt sie noch immer, um den »inhumanen Charakters« des modernen Kapitalismus zu verstehen.
Denn sie ist trotz ihres Alters eine brauchbare Kritik des Ökonomismus, der heute weltweit dominanten Denkweise, die nur noch ökonomische »Naturgesetze« und »Sachzwänge« wahrnimmt und keine Politik mehr kennt. Und mit ihr kann der neoliberalen »Metaphysik einer unpolitischen Ökonomie« entgegengetreten werden. Marx’ Kritik – zeitnah interpretiert – kann zudem zeigen, dass die angeblichen Sachzwänge der »Globalisierung« aufgehalten werden können.
Kritik der Politischen Ökonomie ist nämlich einerseits ein wissenschaftliches System zum Verständnis von Wirtschaft, Gesellschaft und Politik im Kapitalismus, zugleich ist sie andererseits die Grundlage für eine Praxis, die auf Gesellschaftsveränderung zielt. Allerdings benötigt eine solche Praxis auch Zielvorstellungen. Diese aber müssen – trotz aller über den Kapitalismus hinausweisenden Überlegungen – realistisch und als Tendenzen in der gesellschaftlichen Wirklichkeit sichtbar sein.
Zugleich ist die Aneignung und Interpretation von Marx’ Schriften – schon wegen der altertümlichen Sprache – nicht einfach. Was versteht Marx unter Ware, Wert, Geld und Kapital? Welche Bedeutung haben bei ihm Fetischismus, Klasse und Staat? Wir greifen nicht auf eine der vielen Marx-Einführungen zurück, sondern wollen uns Originaltexte erarbeiten. Denn dieser hat eine durchaus gut lesbare Zusammenfassung seines Werkes »Das Kapital« hinterlassen: die »Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses«, die ursprünglich als letztes Kapitel des ersten und zugleich als Überleitung zum zweiten Band gedacht war. Dies wird – auf dem heutigen Forschungsstand – unser Arbeitstext sein. Er ermöglicht uns einen sinnvollen Einstieg – nicht durch die Interpretation eines Dritten, sondern durch den Autor selbst, der in knapper Form seine Anschauungen selbst erklärt.
Ab dem 22. April werden wir alle 14 Tage Marx’ »Resultate des unmittelbaren Produktionsprozesses« (in der Ausgabe »Karl Marx. Das Kapital 1.1.« des Karl Dietz Verlages Berlin) lesen, uns den Text aneignen und diskutieren. Der Kurs wendet sich vor allem an diejenigen, die gemeinsam Marx’ Kapitalismuskritik diskutieren wollen und keine größeren Vorkenntnisse haben. Der Teamer wird moderieren und einen Überblick über verschiedene Lesarten geben, jedoch keine allgemeingültige Interpretation präsentieren.
Eine Anmeldung ist erforderlich:
Teamer: Joachim Bischoff
Beginn des Lesekurses: Dienstag, der 22.4.2024, 18:30 Uhr
Wir tagen jeweils im Abstand von zwei Wochen zur gleichen Zeit, am gleichen Ort.
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Rosa-Luxemburg-Stiftung Hamburg
E-Mail: info@rls-hamburg.de
Telefon: 040 28003705