Mit Knut Unger (MieterInnenverein Witten), Moderation: Martina Große (ehemalige Mitarbeiterin der Landtagsfraktion DIE LINKE. in Sachsen, RLS Sachsen)
Nach über einem Jahrzehnt aggressiven Wachstums und hoher Dividendenausschüttungen stehen die börsennotierten Wohnungsunternehmen, allen voran die Vonovia SE, vor einem Scherbenhaufen. Kreditfinanzierte Unternehmensübernahmen sind unmöglich. Der Neubau ist begraben. Die in den letzten Jahrzehnten hochgepushten Bilanzwerte der Immobilien zerbröseln. Am Ende des ersten Halbjahres 2023 mussten Milliarden abgeschrieben werden. Auslaufende, bislang günstige Anleihen müssen durch teurere Kredite abgelöst werden. Die Verschuldung nimmt zu. Auch die operativen Geschäftsergebnisse sind in fast allen Bereichen eingebrochen. Bestandsinvestitionen werden gekürzt, Kosten gespart. Nur die Mieten werden immer weiter angehoben.
Um die Verschuldung abzubauen, muss die Vonovia zusätzliche Finanzquellen erschließen. Dazu will sie eigentlich im großen Stil Wohnungen verkaufen, und zwar zu den überhöhten Werten, die sie in ihren Büchern stehen hat. Aber das Verkaufsprogramm floppt. Denn auch die Immobilienpreise sinken. Zu ihren Buchwerten wird die Vonovia ihre Wohnungen nicht los. Würde die Vonovia mit den Preisen heruntergehen, würde sie der eigenen Abwertung Vorschub leisten. Die Konzern-Leitung will diese Situation überbrücken und setzt darauf, zusätzliche Kapitalpartner als Anteilseigner für regionale Wohnungsbestände zu gewinnen, was ihr auch in erheblichem Umfang bereits gelungen ist. Bei diesen „Joint Ventures“ behält die Vonovia die wohnungswirtschaftliche Kontrolle, muss den Partnern aber überdurchschnittlich hohe Gewinnbeteiligungen bieten.
Die Vonovia glaubt, weiterhin so stark zu sein, dass sie etlichen Kommunen Wohnungspakete zu überhöhten Preisen zum Kauf anbietet. Einige Kommunen, so auch Dresden, überlegen, sich auf das Verlaufs-Spiel einzulassen, um wieder mehr Einfluss auf die lokalen Wohnungsmärkte nehmen und ihre kommunalen Wohnungsunternehmen auszubauen. Solange die Vonovia auf ihren hohen Preiserwartungen beharrt und/oder den kommunalen Wohnungsunternehmen nicht mit massiven Steuermitteln unter die Arme gegriffen kann sich ein solcher Kauf nicht rechnen. Kommt es trotzdem zu Rückkäufen, besteht die Gefahr, dass die Refinanzierung die kommunalen Unternehmen überlastet. Auf jeden Fall läuft eine Rekommunalisierung unter dem Kommando der Vonovia darauf hinaus, dass ihre Verluste sozialisiert werden, während die Gewinne aus den Mieten weiterhin an die Kapaitalanlager fließen.
Um diesen niederschmetternden Perspektiven etwas entgegenzusetzen und sich nicht gegeneinander ausspielen zulassen, müssen betroffene Mieter*innen und Mietenbewegung, Mietervereine und auch die parlamentarische Linke ins Gespräch kommen. Wie kann eine über einzelne Kommunen und Länder hinaus koordinierte Gesamtstrategie aussehen? Wie gelingt es, die Rechte der Mieter*innen zu stärken, die öffentliche Kontrolle über die Wohnungswirtschaft auszubauen und so viele Wohnungen wie möglich in neu zu schaffende gemeinwirtschaftliche oder gemeinnützige Eigentums- und Organisationsformen zu überführen?
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