Kriminelle Ausländer wohin man nur blickt. Die polizeilichen Lageberichte, die das angebliche Kriminalitätsphänomen auf eine objektive Basis stellen sollen, entlarven die «Clankriminalität» als Sammelsurium von Delikten, dessen einziger gemeinsamer Nenner die rassistische Zuschreibung ist. Die polizeilichen Definitionen darin verknüpfen delinquentes Verhalten, angebliche Abschottung oder Staatsfeindlichkeit mit Herkunft, Ethnie, Abstammung. Im Klartext: Der Begriff der „Clankriminalität“ dient dazu, eine Sonderstatistik für Delinquenz von rassifizierten Menschen zu führen, denen sie eine kriminelle Neigung qua Geburt zuschreibt.
Über dieses Thema wollen wir mit Mohamed Ahmad Chahrour und Marcus Staiger sprechen, den Autoren von «Dakhil – Inside Arabische Clans» (2022, Ghost) und dem vorhergehnden Podcast Clanland (2021, RBB). In ihrem Buch erzählen sie die Geschichte der arabischen Clans in Deutschland. Es geht um Geschichten von Menschen, die in diese arabischen Großfamilien geboren sind.
In mehreren Dutzend Interviews gingen die beiden Autoren Mohamed A. Chahrour und Marcus Staiger auf Spurensuche genau der Großfamilien, die in den letzten Jahren immer wieder Gegenstand einer teils exzessiven Presseberichterstattung waren und die laut einiger Medien eine Gefahr für diesen Staat und seine Gesellschaft darstellen.
Wie lebt es sich in einem Clan? Woher kommen diese Familien? Wer sind sie? Wie sieht ihr Familienbild aus? Was für Vorstellungen haben sie von einer Gesellschaft und wie lebt es sich in einem Land, das einen nicht haben möchte?
Statt nur über Clans zu berichten haben die beiden Autoren deshalb vor allem mit den Clans selbst gesprochen. Mohamed Chahrour, der selbst aus einer arabischen Großfamilie stammt und der Journalist Marcus Staiger haben lange Gespräche geführt, um den Lebensalltag und die Gedankenwelt von Clanmitgliedern zu ergründen und ihre Erlebnisse und Erfahrungen aufzuschreiben.
In geschichtlichen Abrissen beleuchten die Autoren bei der Veranstaltung auch die kolonialen und postkolonialen Verwerfungen im vorderasiatischen Raum, die zu Flucht und Vertreibung geführt haben. Auswirkungen einer Politik, die vor 100 Jahren ihren Anfang nahm und deren Auswirkungen wir heute noch zu spüren bekommen.
Viele Aspekte, die in der üblichen Berichterstattung über arabische Clans in Deutschland nicht berücksichtigt werden, werden auf der Veranstaltung zur Sprache kommen. Insofern ist es nicht nur eine Geschichte über die deutsche Einwanderungspolitik der letzten 50 Jahre, eine Geschichte der Großfamilien in Deutschland sondern auch eine Geschichte des Mittleren Ostens und seiner wechselhaften und beiderseitigen Verbindungen, Verwicklungen und Verstrickungen mit der sogenannten westlichen Welt.
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Fritz Burschel
Regionalbüroleiter Bayern, Rosa-Luxemburg-Stiftung Bayern / Kurt-Eisner-Verein
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