26. Mai 2025 Ausstellung/Kultur Thomas Müntzer – der Mann mit der Regenbogenfahne

Ein Drama von Friedrich Wolf

Information

Veranstaltungsort

Thomas Müntzer Scheuer
Emil-Wolff-Str. 20, EG, Gebäude 02.64
70599 Stuttgart-Hohenheim

Zeit

26.05.2025, 20:00 - 22:00 Uhr

Themenbereiche

Deutsche / Europäische Geschichte, Parteien- / Bewegungsgeschichte

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Thomas Müntzer – der Mann mit der Regenbogenfahne
Ein Drama von Friedrich Wolf - Bearbeitung: Gerhard Schepper - Regie: Konrad Haller - Ensemble: Der Kleine Bühnenboden Münster

Mo, 26. Mai 2025 20:00 Uhr, online-Buchung
Di, 27. Mai 2025 20:00 Uhr, online-Buchung
Mi, 28. Mai 2025 20:00 Uhr, online-Buchung
Eintritt: 23.- € zuzügl. Gebühr
reduzierter Eintritt: 18.- € zuzügl. Gebühr

Die historische Situation
Die Bäuerinnen und Bauern im Süden und Osten Deutschlands befinden sich zu Beginn des 16. Jahrhunderts in einer verzweifelten Lage. Die Frondienste und Abgaben an die Grundherren erhöhen sich ständig, so dass für sie und ihre Familien immer weniger übrig bleibt. Gleichzeitig nehmen die Repressionen zu. Hand abhacken oder Augen ausstechen sind keine seltenen Strafen für das Aufbegehren gegen die Obrigkeit. In dieser Situation findet das «Neue Evangelium», erstmals durch Luthers Bibelübersetzung auf Deutsch verfügbar, rasende Verbreitung. Prädikanten und Laienprediger ziehen über das Land und predigen die Gleichheit aller Menschen, unterstützt von den Kulturschaffenden, vor allem den Malern. Das ist die Initialzündung für die Bauern, die – die freien schweizer Bauern vor Augen – nun nicht mehr leibeigen sein wollen und nach Gleichheit, Freiheit und Demokratie verlangen. Ihre Parole: «Nichts denn die Gerechtigkeit Gottes – nichts denn als unsere gerechte Sache!»

Müntzer und die Bauern
Thomas Müntzer ist einer der Theologen, die den Aufruhr unter den Bauern mit entfacht. Er unterstützt deren Forderungen und hilft mit, die 12 Artikel der Bauern mit der Bibel zu begründen. Er distanziert sich von Martin Luther, der die Reformation auf den kirchlich-geistlichen Bereich beschränken will und entwirft Konzepte, wie man die ganze Gesellschaft reformieren und «das Himmelreich auf Erden» schaffen kann. Als Zeichen der Verbindung Gottes mit den nach Gerechtigkeit strebenden Menschen führt er die Regebogenfahne neben der Bundschuhfahne als Symbol ein. Die Regenbogenfahne ist zugleich auch Ausdruck der Offenheit der «Neuen Evangelischen Gemeinschaft» für alle, die die Gleichheit der Menschen anerkennen wollen, also nicht nur Bäuerinnen und Bauern, auch Städter, Handwerker, Bergknappen und sogar Vögte, Herzoge und Fürsten. Die euphorisierten, teils fanatischen Bauern versuchen zunächst friedlich, dann aber auch gewaltsam, ihre Ziele zu erreichen. Dem Truchsess von Waldburg-Zeil gelingt es, mit Verhandlungen, Scheinverhandlungen und Attacken die Aufständischen hinzuhalten und zu spalten. Das von Thomas Müntzer verfolgte Ziel einer gemeinsamen Erhebung des ganzen Landes scheitert. Nur wenige Städte machen mit, viele schwanken und einige verraten die Bauern sogar. Nach und nach werden die Bauernhaufen von den Landsknechten des Truchsess aufgerieben. Die letzte Schlacht findet bei Frankenhausen statt. Die schlecht ausgerüsteten und im Kampf unerfahrenen Bauern werden besiegt. Thomas Müntzer wird gefangen genommen und hingerichtet. Seine überlebenden Anhänger fliehen, einige von ihnen, besonders die Stäbler und Täufer, in das liberale Münster und verhelfen dort wenige Jahre später den Wiedertäufern zum Durchbruch.

Zur Aktualität des Stücks
Das Stück vermittelt Geschichtsbewusstsein, zeigt den langen Weg der Freiheits- und Demokratiebewegung auf und spiegelt mit der Regenbogenfahne die ersten Ansätze einer multikulturellen Gesellschaft wider. Damit ist es auch ein Stück gegen rechte Tendenzen und für die Gleichheit aller Menschen.

Der kulturhistorische Aspekt: Der Deutsche Bauernkrieg gilt als die erste große Freiheits- und Demokratiebewegung in Deutschland. Ihr Scheitern hatte nicht nur verheerende Auswirkungen auf die Bauern und einfachen Leute, sondern auch auf die Geschichte. Verarmung, Abbau von Grundrechten, permanente Religionsstreitigkeiten und nicht zuletzt der Dreißigjährige Krieg sind darauf zurückzuführen. Die mit dem Bauernkrieg verbundenen Ziele und Werte wie Freiheitsrechte, Gleichheit vor dem Gesetz und Mitbestimmung sowie der Wunsch nach demokratischen Entscheidungsprozessen flammten aber immer wieder auf, z.B. in den Revolutionen 1848 und 1919, und sie gingen ein ins Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Die damaligen Forderungen der Bauern haben bis heute «nichts von ihrer Aktualität verloren», so Winfried Kretschmann, Ministerpräsident von Baden-Württemberg. Auch in den UNO-Menschenrechten findet sich ein Großteil der damaligen 12 Artikel der Bauern wieder. Dieser Zusammenhang wird im Stück hergestellt (s. auch Die 12 Artikel).

Der theologische Aspekt: Der theologische Streit, ob die Reformation auf den kirchlich-geistlichen Bereich beschränkt werden oder die ganze Gesellschaft reformieren soll spitzt sich in der Auseinandersetzung zwischen Luther und Müntzer zu. Luthers Hetzschrift «Wider die mörderischen und räuberischen Rotten der Bauern», in der er auffordert, Bauern «wie tolle Hunde totzuschlagen», radikalisiert auch Müntzer. Der ruft nun auch dazu auf, «das Schwert nicht kalt» werden zu lassen und die Macht gewaltsam zu ergreifen.

Der Erfinder der Regenbogenfahne

Die politische Aktualität ist nicht zuletzt auch durch die Regenbogenfahne gegeben. Für Thomas Müntzer, den Erfinder dieser Fahne, war sie zunächst Symbol der Verbindung Gottes mit den Menschen. Die Vielfalt der Farben wurde dann übertragen auf die Vielfalt der Menschen, die beim Bündnis für eine neue Gesellschaft mitmachen dürfen und sollen. Auch dieser Aspekt spiegelt sich im Stück wider.

Aufgrund der gegenwärtigen Unzufriedenheit auf dem Lande und mit der landwirtschaftlichen Produktion dürfte das Theaterstück bei Bauern und Verbrauchern auf besonderes Interesse stoßen. Zwar ist die Situation der Bauern heute hinsichtlich Freiheitsrechten und Mitbestimmungsmöglichkeiten eine andere, aber der ökonomische Druck zum Überleben und der Wunsch nach einer ökonomisch und ökologisch nachhaltigen Landwirtschaft bleibt. Auch damals kämpften die Bauern für Pacht-, Jagd- und Fischereirechte, die ihnen nachhaltiges Wirtschaften ermöglichten, was im Stück aufgegriffen wird.
Klassisches Revolutionsstück

Schließlich ist es auch ein klassisches Revolutionsstück: ein denkender Intellektueller sieht das Elend der Welt; er entscheidet sich, sich für die Unterdrückten einzusetzen; er rührt den Aufruhr mit an und liefert die theoretische Begründung; er sieht, dass der politische Kampf persönliche Opfer nötig macht und erkennt das Dilemma: kleines persönliches Glück oder Gerechtigkeit für alle; er will beides, das Himmelreich auf Erden und das persönliche Glück für alle, er will materielle Gerechtigkeit und Eingriffe ins Eigentum; schließlich sieht er vor lauter Euphorie die Realität nicht mehr und willigt ein, Verräter zu töten, weil er glaubt, damit die Bewegung zu retten; am Ende scheitert er und wird hingerichtet.

Die Zweifel, das Schwanken zwischen der Hoffnung auf den großen Sieg und der Angst vor dem totalen Verlust – diese Zerrissenheit bei Müntzer, den Bauern, Bergknappen und Städtern kommt in dem Theaterstück immer wieder zum Ausdruck. So bringt das Theaterstück zum 500. Jahrestag des Großen Deutschen Bauernkriegs nicht nur den historisch-politischen Aspekt auf die Bühne, sondern auch den ganz persönlichen inneren Kampf des Einzelnen mit all seinen Widersprüchen.

Ein Stück der «Gruppe 1525» - mit Untertützung der Rosa-Luxemburg-Stiftung Baden-Württemberg

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