Vernetzte Waffenschmieden – Rüstungsindustrie in Deutschland

Der Überfall Russlands auf die Ukraine hat in Deutschland eine neue Rüstungsdebatte entfacht. Nach Planung der Bundesregierung soll künftig das umstrittene 2-Prozent-Ziel der NATO für Militärausgaben (über-)erfüllt und zusätzlich durch ein «Sondervermögen» von 100 Milliarden Euro abgesichert werden. Diese zumindest in absoluten Zahlen größte Ausgabensteigerung in der Geschichte der Bundesrepublik wird unter den Bedingungen der Schuldenbremse zu Lasten sozialer Ausgaben und notwendiger Investitionen wie z.B. in den Klimaschutz erfolgen.

Profitieren wird von dieser Politik vor allem die deutsche Rüstungsindustrie. Wir stellen in einem kleinen Who-is-Who der Waffenschmieden die wichtigsten Akteure vor – neben konkreten Waffenproduzenten sind Unternehmen beschrieben, die als Zulieferer zu den Systemherstellern wesentliche Komponenten produzieren, sowie Ausrüster und Dienstleister der Bundeswehr. Dies ist nur ein kleiner Teil der etwa 300 Firmen, die  – gut vernetzt mit Politik und Behörden  – das Rückgrat der deutschen Rüstungsindustrie bilden und Deutschland zum fünftgrößten Waffenexporteur der Welt machen.

Wir danken der Informationsstelle Militarisierung (IMI) für die Erstellung der Portraits aus ihrem umfangreichen Wissen.

Aktualisierungsstand: März 2022

Einleitung

Protest gegen eine geplante Panzerfabrik der Firma Rheinmetall in der Türkei (April 2017 in Berlin). Der Rüstungsdeal wurde kurz darauf gestoppt. CC BY-NC 2.0, Foto: Chris Grodotzki / Campact

Rüstungsindustrie ist ein in Deutschland negativ besetzter Begriff – zu Recht: Zwei Weltkriege und unfassbares Leid gehen auf die Verwendung von deutsche Waffen zurück. Der «Stolz» auf die technologischen «Errungenschaften» und die Leistungsfähigkeit der deutschen Rüstungsindustrie ist in den Trümmern zurückgeblieben. In die heutige Waffenproduktion involvierte Firmen scheuen den Begriff – «wehrtechnische Industrie», «Verteidigungsindustrie» oder «Unternehmen der Sicherheitstechnik» umschreiben dieses Feld marketingkonform und unverfänglich. Die Rüstungsindustrie ist in Deutschland bis auf wenige große Firmen unsichtbar geworden.

Das Bestreben hier ist nicht, an der negativen Konnotation etwas zu ändern – sie sollte uns aber auch nicht davon abhalten, uns mit dem Bereich auseinander zu setzen. Es kann durchaus auch gefährlich sein, sich nicht mit den Unternehmen und den Mechanismen der Waffenproduktion zu beschäftigen. Deutschland ist heute einer der größten Rüstungsexporteure der Welt. Die verkauften Waffen und Technologien haben nichts an Tödlichkeit eingebüßt.

Die hier zusammengetragenen Profile erheben nicht den Anspruch, die Branche als Ganzes abzubilden, oder einzelne Aspekte auch nur annähernd vollständig zu beschreiben – sie sind ein Einstieg in eine differenzierte Auseinandersetzung, der bewusst ein breites Spektrum unterschiedlicher Blickwinkel aufgreift und unterschiedliche Dimensionen benennt.

Die Profile benennen wichtige Akteure im Feld Rüstungsindustrie – neben konkreten Waffenproduzenten (Kleinwaffen, Großwaffen, Kriegsschiffen) sind Unternehmen beschrieben, die als Zulieferer zu den Systemherstellern wesentliche Komponenten liefern, die zum Funktionieren der Waffensysteme unerlässlich sind und solche, die als Ausrüster und Dienstleister der Bundeswehr wesentliche Anteile am Bundeswehr- bzw. Militärbetrieb haben. Das schließt auch Unternehmen ein, die als Staatsunternehmen abseits der Bundeswehrränge militärnahe Aufgaben erfüllen. Die Verflechtung dieser Unternehmen wird sowohl in den kurzen Beschreibungen ihrer Historie aufgegriffen, aber auch in der Benennung von Lobby-Verbänden, die auf Öffentlichkeit, Politiker und Behörden im Sinne der Industrie einwirken.

Und ... vieles bleibt ungesagt, unbeschrieben. Von den über Tausend Firmen, die die Bundeswehr selbst als ihre Zulieferer begreift, ist hier nur eine Friktion genannt und nicht einmal von den knapp 300 Unternehmen, die man als «Kern» einer deutschen Rüstungsindustrie begreifen könnte, ist mehr als eine begrenzte Zahl aufgegriffen.

Die Darstellung und Auswahl hier soll zu einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Feld anregen.

Komplexe Waffensysteme werden von Konsortien gebaut

Die Zeiten, in denen Waffensysteme wie Flugzeuge, Kampfschiffe oder Panzer von einem einzigen Hersteller entwickelt und gebaut werden sind vorbei. Die Internationalisierung des Waffenhandels und die nationalstaatlichen Ansprüche an die Erfüllung spezifischer Vorgaben was Auftragsvergabe an bestimmte Unternehmen oder die Ausgestaltung der technischen Besonderheiten betrifft, haben der Waffenproduktion von Großwaffen eine weitere Dimension hinzugefügt. Die staatlichen Versuche, die Industrie zu einer Konsolidierung zu bewegen, die die Anzahl der Anbieter verringert, eine größere Interoperabilität ermöglicht und Kosten reduziert, waren nicht immer erfolgreich. Meist sind es dieselben Politiker, die so etwas verhindern, wie die, die es fordern. Waffenproduktion hat bei aller Internationalität des Waffenhandels an sich auch Komponenten von Souveränität – das gilt besonders dann, wenn der Staat selbst mit Anteilseigner an den Unternehmen ist, oder diese als zentrale Kompetenzträger innerhalb einer Volkswirtschaft begriffen werden.

Konstruktionen wie die Genese des Airbus-Konzerns, MBDA oder auch KNDS zeigen die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen internationaler Fusionen im Bereich der Rüstungsindustrie auf. In Europa haben die Staaten seit den 1980er Jahren versucht, mit gemeinsamen Rüstungsprojekten eine Balance zwischen den stetig steigenden Kosten durch geringer werdende Stückzahlen, der zunehmenden Komplexität der Waffensysteme und damit ansteigenden technologischen Anforderung an die Industrie zu finden. Gemeinsame Projekte, die alle Partner in den Details dann doch anders ausgestaltet haben wollten, wie beispielsweise Jagdflugzeuge oder Kampfhubschrauber haben sich dabei als recht teuer erwiesen – und auch als nicht immer so sonderlich effektiv.

Moderne Waffensysteme bestehen heute aus einer Vielzahl von Einzelkomponenten, die ihrerseits technologisch durchaus anspruchsvoll sind. Gerade im elektronischen Bereich hat sich schon in den 1960er Jahren gezeigt – das Beispiel wäre der aus den USA importierte Starfighter –, dass es besonderer Fähigkeiten bedarf, die unterschiedlichen Systeme so miteinander zu integrieren, dass daraus überhaupt eine Waffe wird. Firmen wie die ESG oder auch IABG (Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH) traten abseits der eigentlichen Produzenten als Prüf- und Integrationsunternehmen in Erscheinung und sind inzwischen aus der Entwicklung von (Groß-) Waffensystemen nicht mehr wegzudenken. Die steigende Komplexität stellt aber nicht nur die Industrie vor neue Herausforderungen, sondern auch die Abnehmerseite des Militärs. Oft sind Beschaffungsabteilungen, wie das BAAINBw (Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr) gigantische Behörden mit mehreren Tausend Mitarbeitern – rund 6.800 in Deutschland – und damit beschäftigt, die militärischen Anforderungen in Kooperation mit der Industrie zu tatsächlichen Produkten werden zu lassen. Aber auch die Ministerien, die schlussendlich für die Bezahlung der Projekte verantwortlich zeichnen und die staatlichen Interessen repräsentieren, stellt die zunehmende technologische Komplexität, die sich in einer Vielzahl unterschiedlicher Auftragnehmer niederschlägt, eine entsprechende Aufgabe dar.

Die Staaten Europas haben sich deshalb auch zwei zusätzliche und gemeinhin nicht bekannte Behörden gegeben. Die eine ist die Europäische Verteidigungsagentur (EVA), die an die Europäische Kommission angeschlossen ist und die Beschaffungsaktivitäten der Mitgliedstaaten mit dem Ziel der Kostenreduktion koordinieren soll und für einen «fairen» Wettbewerb sorgen möchte. Die andere ist die OCCAR (Organisation Conjointe de Coopération en Matière d’Armement) mit Sitz in Bonn, die konkrete Rüstungsprojekten der Teilnehmerländer koordiniert und dabei einerseits die beteiligten Staaten gegenüber der Industrie vertritt, andererseits aber auch dafür sorgen soll, dass die Industrie der beteiligte Staat ihren Anteil an Aufträgen gemäß den bestellten Systemen erhält – und zwar nicht allein innerhalb eines einzelnen Projektes, als vielmehr über alle Projekte hinweg.

Die Industrie ihrerseits tritt in Bietergemeinschaften den Staaten gegenüber, um Aufträge zu erlangen und schließt sich auch zu Konsortien zusammen, um bestimmte Produkte gemeinsam zu vermarkten. Für ausgewählte größere Projekte werden auch schon einmal Projektgesellschaften oder Betreibergesellschaften gegründet, die ein System nicht nur umsetzen, sondern auch über den Zeitpunkt der Auslieferung hinweg weiter betreuen. Solche Projektgesellschaften fungieren dabei mitunter als Abrechnungsstellen der Industrie, weshalb oft von außen kaum mehr nachzuvollziehen ist, wie teuer ein einzelnes Projekt über die Jahre hinweg geworden ist. Bekannte Projektgesellschaften sind beispielsweise die Panavia Aircraft GmbH, die den Tornado-Kampfjet betreut, oder auch die Eurofighter Jagdflugzeug GmbH, die beide an derselben Adresse nördlich von München firmieren. Unbekannter könnte schon die EuroHawk GmbH sein, die am Bodensee ihren Sitz hat und sich (nach wie vor) um die Indienststellung einer Spionagedrohne bemüht. Ebenfalls unbekannt dürfte die Europrop GmbH in München sein, die die Motorenhersteller des A 400 M koordiniert und die Motoren der Flugzeuge über den Zeitraum ihrer Lebensdauer betreut. Auch hinter den Kürzeln PSM Projekt System & Management GmbH und Artec GmbH verbergen sich Joint Venture Unternehmen von Rheinmetall zusammen mit Kraus-Maffei Wegmann, die den Schützenpanzer und Transportpanzer Puma betreuen und auch die weiteren Projektpartner mit einbeziehen.

Um diesen ohnedies schon komplexen Konstrukten eine weitere Dimension hinzuzufügen sei hier zumindest erwähnt, dass ein jedes Projekt (selbst Unter- oder Teilprojekte) zudem einer Evaluierung durch Unternehmensberatungen unterworfen wird. Dies ist eine Reaktion auf die enormen auch finanziellen Fehlentwicklungen, die die Beschaffungsprojekte der Bundeswehr in den letzten 30 Jahren erlebt haben. Die ehemalige Bundesministerin Ursula von der Leyen ließ ein System der Risikoabschätzung etablieren, dass es einerseits dem Bundesministerium, wie auch dem BAAINBw ermöglichen sollte, Veränderungen und Risiken innerhalb von Projekten zu erkennen, andererseits überhaupt eine Basis für Berichte an das Parlament in Rüstungsfragen zu bilden. Das Ergebnis schlägt sich einerseits in teilweise öffentlich zugängliche Berichte des Ministeriums nieder, zum anderen ist der Unternehmensberaterbranche ein neues Geschäftsfeld erwachsen, das der Steuerzahler alimentiert. 

AFCEA - Anwenderforum für Fernmeldetechnik, Computer, Elektronik und Automatisierung e.V.

Der Branchenverband ist kreativ mit der Abkürzung seines internationalen Dachverbandes umgegangen und hat bei der Gelegenheit seinen eindeutigen Militärbezug aus dem Namen getilgt – als nationales Chapter der US-basierten Armed Forces Communications and Electronics Association ist der Bezugsrahmen beim Militär angesiedelt. In Bonn 1969 gegründet, versteht sich AFCEA selbst nicht als ein Lobby-Verband, der die direkte Einflussnahme in der Politik sucht, sondern als ein offenes Forum für Experten und Anwender. Das konkrete Handeln des Verbandes ist aber letztlich nicht viel anders - verschiedene Veranstaltungsformate versuchen den Kontakt zwischen Vertretern der Industrie, der Wissenschaft und der Politik und Bundeswehr nicht nur herzustellen, sondern auch zu pflegen. So gibt es regelmäßige Parlamentarische Abende, zu denen Parteivertreter eingeladen werden und mit Industrievertretern zusammentreffen können. Ihre jährliche Messe in Bonn ist nicht nur ebenfalls eine Art Marktplatz für die Produkte der Mitgliedsfirmen, sie ist darüber hinaus auch immer ein Forum, wo Industrie- und Militärvertreter sich austauschen können – Verwaltungsangehörige aus den Bundes- und Landesministerien sind dabei immer auch zu Gast.

Nur weil er sich einer eigenen Position enthält, wirkt der Verein trotz allem als Lobby. Seit den Anfängen Ende der 60er Jahre haben sich die Aufgaben verschoben. Standen am Anfang vor allem ein Umgang mit «modernen» Kommunikationsmitteln und elektronischen Komponenten für die Signalerfassung und Aufklärung im Vordergrund, so hat sich das Spektrum im Laufe der Jahre in die Richtung elektromagnetischer Kriegsführung verschoben. Seit der Jahrtausendwende stehen vor allem Aspekte der Digitalisierung der Streitkräfte, der Verarbeitung großer Datenmengen und der elektronische und digitale Schutz der Truppen im Zentrum. Die Digitalisierung des Krieges hat auch dem Verein eine besondere Bedeutung verliehen. Angesiedelt ist er in Bonn, nah beim Cyber-Kommando der Bundeswehr, in der Nähe des zentralen Bundeswehr-Beschaffungsamts in Koblenz und natürlich auch noch nah an der Hardthöhe, wirkt der Verein tief in die Strukturen der Bundeswehr. Der Verein zählt heute über 1000 Einzelpersonen und über 100 Unternehmen als Mitglieder. Er versammelt alle im Bereich der digitalen Sicherheit aktiven Unternehmen in seinen Reihen, sowie fast alle größeren Player im Bereich der Rüstung.

53125 Bonn, Borsigallee 2   www.afcea.de

Airbus

Transportflugzeug A440M von Airbus Defence & Space CC BY-SA 2.0, Defence Imagery/flickr

Airbus ist nach BAE-Systems aus Großbritannien der zweitgrößte europäische Luft- und Raumfahrtkonzern und erwirtschaftete 2020 21% seiner Umsätze mit Wehrtechnik. Der Konzern gilt als Trans-Europäisch und hat sein Hauptquartier in den Niederlanden und Werke und Niederlassungen in nahezu allen europäischen Ländern und darüber hinaus – 2020 wurden knapp 180 weltweite Niederlassungen gezählt. Neben Airbus Commercial Aircraft, dem größten Geschäftsbereich von Airbus existieren die beiden großen Bereiche Airbus Helicopters und Airbus Defence & Space – darüber hinaus gibt es weitere Firmen, die keinem dieser drei Großbereiche zugeordnet sind und auch Beteiligungen und Kooperationen, von denen auch einige keine Zuordnung erfahren haben. Das hier interessante Geschäft mit der Wehrtechnik verteilt sich auf Airbus Defence & Space und Airbus Helicopters, wobei es durchaus Leistungen gibt, die von Firmenteilen auch im «zivilen» Sektor erbracht werden – Ende 2021 ist letztlich unklar, welchen wirklichen Unterscheidungsrahmen die Aufteilung in die drei Divisionen noch darstellen. Airbus ist unter anderem in der Produktion des Eurofighter Typhoon, dem Transportflugzeug A 400 M, dem Tank-Transportflugzeug MRTT (auf der Basis des A 330) und dem Kampfhubschrauber Tiger aktiv. Darüber hinaus produziert Airbus in seiner Tochterfirma NH-Industries (zusammen mit dem Leonardo-Konzern) den Transporthubschrauber NH90, den es in einer Ausführung für das Heer und einer für den Einsatz auf Marineschiffen gibt. Airbus ist über seine Beteiligung am Lenkwaffenproduzenten MBDA auch direkt an der Produktion von konkreten Waffen beteiligt. Der Raumfahrtbereich ist ebenfalls wesentlich stark auch vom militärischen Geschäft bestimmt – militärische Satelliten und die oftmals unter militärischer Beteiligung betrieben Infrastruktur am Boden (inklusive der Auswertung von Satellitenbildern) zeigen einen wesentlichen Graubereich zwischen militärisch und zivil auf.

Historisch gesehen ist die heutige Airbus das Ergebnis mehrerer Konzentrationsprozesse im Luft- und Raumfahrtbereich seit dem zweiten Weltkrieg. Viele deutsche Firmenbestandteile gehen noch auf entsprechende Firmen und Konstrukte zurück, die auch schon vor dem zweiten Weltkrieg existiert haben und häufig auch mit der Kriegswirtschaft des Nationalsozialismus verknüpft sind. So waren die Vorläuferfirmen Messerschmidt-Bölkow Blohm, Focke-Wulf aber auch Dornier klar mit militärischen Profilen verknüpft – sie sind immer noch auch Grundstock der heutigen Airbus. Auch die Motoren- und Triebwerksunion (MTU) kann auf Wurzeln in der Produktion von Flugzeugmotoren für die Luftwaffe und schweren Motoren für Panzer und Lastkraftwagen für den Krieg zurückblicken. Triebfeder der Konzentrationsprozesse war unter anderem der Daimler-Benz-Konzern, der verschiedenste Firmen aufkauft und neue Bezüge herstellte – aber auch wiederverkaufte. Erstes Ergebnis dieser Konzentration war die 1989 DASA (die Mal als Deutsche Aerospace, Daimler-Benz Aerospace und schließlich als DaimlerChrysler Aerospace übersetzt wurde) und nach wesentlicher Umstrukturierung als Bestandteil von EADS (European Aeronautic Defence and Space) mit dem spanischen CASA und der französischen Aerospitale-Matra fusioniert wurde.  Bei diesem Prozess wurde beispielsweise mit der MBDA aber auch MTU Friedrichshafen und MTU Aeroengines (München) neue Unternehmen ausgegliedert, mit denen die ursprünglichen Besitzer aber strukturell oder über Anteile verknüpft blieben. War die DASA noch ein deutlich stärker auch auf das Rüstungsgeschäft ausgerichtetes Unternehmen, so überwog nach Ausgliederungen und Fusion der zivile Anteil in der EADS. Der Rückzug des Daimler-Konzerns ist im Kontext der Beschränkung auf das Kerngeschäft «Fahrzeuge» zu verstehen und bedeutete eine auch eine Reduktion des militärischen Anteils an Daimler ganz generell. In die EADS flossen 1998 unter anderem Teile der am bis dahin losen Konstrukt der Airbus-Produktion beteiligten Unternehmen ein. Das Luftfahrtprojekt eines Konkurrenzmodells zu den US-amerikanischen Boeing Flugzeugen, das bereits 1967 aus der Taufe gehoben wurde und heute Namensgeber des Konzerns ist, trat also erst im Nachhinein ins Zentrum der Geschäftstätigkeit. Erst als BAE-Systems aus dem Airbus-Konsortiums austrat und EADS alle diese Anteile auf sich vereinte, erfolgte auch 2014 die Umbenennung in Airbus. Parallel zu der Konzentration auf den Namen Airbus erlebte die Firma überdies einen Strukturwandel, der auch mit einer Bereinigung des Produktportfolios einherging. Einzelne Unternehmensteile, die die EADS in dem Bemühen gekauft hatte, technologische Kompetenzen zu erwerben wurden wieder veräußert, bzw. wie im Falle von Hensoldt in ein eigenes Unternehmen überführt, das losgelöst von Airbus eine bessere Vermarktung seiner Produkte erreichen konnte. Die Beschränkung auf fliegende Plattformen, die seit ca. 2013 systematisch vorangetrieben wurde hatte für Airbus auch den Vorteil, sich von strittigen Geschäften, wie der Erstellung von Grenzzäunen und Überwachungsanlagen (u.a. für Saudi Arabien) distanzieren zu können. Airbus wird deutlich weniger als Rüstungskonzern wahrgenommen, als dies bei EADS noch der Fall war. Analog zu den Entwicklungen in Deutschland sind ähnliche Konzentrationsbewegungen in anderen europäischen Ländern vorangeschritten, sodass das was schlussendlich auch an Werken in anderen Staaten vorhanden ist heute einigermaßen das Verhältnis von ziviler zu militärischer Produktion im Gesamtkonzern wiederspiegelt.

Die militärische Produktpalette ist dabei keineswegs auf die plakativen und teuren großen Plattformen, wie A 400 M, Eurofighter und NH90 beschränkt – auch nach der Ausgliederung großer Teile des Sensorgeschäftes an Hensoldt ist der Konzern noch massiv in der Entwicklung und dem Betrieb von Überwachungstechnologien für z.B. die Grenzüberwachung oder die Signalerfassung zur Gewinnung von Informationen verwickelt. Airbus ist eine der treibenden Kräfte hinter dem Future Combat Air System (FCAS), dass als derzeit größtes Rüstungsvorhaben die Vernetzung von Kampfflugzeugen, Lenkflugkörpern und autonomen Luftfahrzeugen zum Ziel hat und hunderte von Milliarden Euro kosten wird. Als Produzent der Ariane-Trägerrakete und verschiedenster Satellitenmodellen ist Airbus eine große Nummer im militärischen Satellitengeschäft.

Der Konzern steht immer wieder in der Kritik von Rüstungsgegner und Haushaltsexperten – allein die Produktion des A 400 M ist nicht nur von Skandalen um nicht funktionierende Komponenten begleitet, auch der finanzielle Rahmen wurde immer wieder gesprengt. Immer wieder wird Airbus auch mit Korruptionsvorwürfen konfrontiert – insbesondere im Zusammenhang mit Rüstungsgeschäften sind diese öfters aufgetreten (Südafrika, Österreich, Indien, ...).

82024 Taufkirchen, Willi-Messerschmitt-Str. 1      www.airbusdefenceandspace.com

BDSV – Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V.

Die Rüstungsunternehmen in Deutschland hatten sich schon in 1957, auf Anregung des ebenfalls erst frisch aus der Taufe gehobenen Bundesministeriums für Verteidigung, zu einer Arbeitsgemeinschaft zusammengeschlossen und 1967 als Deutsche Gesellschaft für Wehrtechnik e.V. eine Satzung gegeben. Die DWT in Bonn fungierte fortan als Forum des Austausches und der kurzen Wege für Produzenten und Militärs, Ministerielle und Politiker. Das heterogene an diesem Verein, seine mangelnde Fähigkeit als Akteur im politischen Dialog aufzutreten und letztlich auch die Interessen der Branche im Kontext gesellschaftlicher Debatten zu vertreten, brachten den Verband in den 1990er Jahren in die Kritik – die DWT war nur Zaungast beim Strukturwandel der Wehrindustrie. Sie war unter anderem nicht in der Lage, den Wunsch der Industrie nach stärkerer Exportförderung und dem Schutz nationaler Industriekapazitäten gegenüber dem Import von Waffensystemen Nachdruck zu verleihen. Auch das Unvermögen der DWT, dem Wandel der Geschäftsfelder Rechnung zu tragen, wurde deutlich – hierbei stand die «Versicherheitlichung» und daraus folgend die Erweiterung von wehrtechnischem Know-how in den Bereich ziviler Sicherheit im Vordergrund.

Es waren einige wenige große, von der Wehrtechnik besonders abhängige Unternehmen, die 2009 letztlich den Bundesverband der deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie e.V. mit Sitz in Berlin aus der Taufe hoben (ESG, EADS (Airbus), Diehl-Defence, KMW, Lürssen (NVL), Rheinmetall und TKMS) und aus einem Unterausschuss des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) herausführten. Der neue BDSV versuchte dem Vorwurf der «Konkurrenz» zur DWT aus dem Weg zu gehen, indem er kurzerhand Mitglied in der DWT wurde. Inzwischen sind rund 220 Unternehmen Mitglied im BDSV.

Der BDSV wurde anfänglich von einem ehemaligen Staatssekretär (G.W. Adamowitsch) als geschäftsführendem Direktor geleitet und ist heute unter der Leitung von Hans Christoph Atzpodien, der auf eine Karriere u.a. bei Thyssen-Krupp zurückblicken kann. Im Vorstand bildet sich das Gewicht der Gründungsunternehmen noch in leicht veränderter Form ab: Pappenberger (Präsident, Rheinmetall), Ketzel (KMW), Schroder (Airbus-Helicopter), Lürssen (NVL), Rauch (Diehl), Müller (Hensoldt), Wirtz (TKMS) und Sedlmayr dem Mittelstandsbeauftragten (Autoflug).

Der BDSV wirkt durch die Veröffentlichung von Positionspapieren und aktiver Lobbyarbeit beim Bundestag – er füttert Medienvertreter auch schon mal mit seiner Meinung zu den Themenbereichen Industrie, Sicherheit, Exportfragen, Digitales Sicherheit etc. Er setzt sich aktiv für den Export von Rüstungs- und Sicherheitsgütern ein. Er veranstaltet, wie AFCEA, Treffen von Branchenvertretern mit zuständigen Verwaltungsbeamten, Politikern und Militärs. Der BDSV ist auch in Brüssel präsent und wirkt auch dort als Lobbyorganisation für eine bessere Position der deutschen Wehrwirtschaft. Entscheidend ist, dass es der BDSV geschafft hat, sich zum Vertreter der Branche gegenüber der Bundeswehr und NATO in Stellung zu bringen. Im «strukturierten Industriedialog» mit dem BMVg arbeitet der BDSV gezielt an den unmittelbaren Bedingungen und Regelwerken mit, mit denen der Staat den Unternehmen gegenübertritt. Auf NATO-Ebene gibt es die NATO Industrial Advisory Group, die Studienthemen bezogen NATO-Offizielle mit Industrievertretern zusammenbringt, um neue Felder der militärischen Beschaffung aufzudecken und zu bearbeiten – der BDSV vertritt hier den BDI in der Aufgabe, Unternehmen auf diese Prozesse aufmerksam zu machen und zur Mitarbeit zu bewegen. Die Mitgliedsunternehmen werden auch darin unterstützt, ihre Produkte auf internationalen Messen zu präsentieren – dazu hat der BDSV vom BDI auch die «Gruppe Wehrtechnische Messen» übernommen und als «BDSV Exhibitions e.V.» weitergeführt. Ziel ist es, den Export der Güter zu befördern und damit die industrielle Basis der Wehrtechnik in Deutschland auszubauen.

10117 Berlin, Friedrichstr. 60           www.bdsv.eu

BwFuhrparkService

Unter den Outsourcing-Projekten der Bundeswehr, die unter dem Aspekt der Kostenreduktion und Verbesserung der Einsatzbereitschaft gestartet wurden, nimmt BwFuhrpark eine Sonderstellung ein. Anders als die Heeresinstandsetzungslogistik (HIL), die eindeutig nur auf den militärischen Betrieb der Bundeswehr ausgerichtet ist und der BWI, die als «ziviler» Dienstleister für das «zivile» IT-Netz der Bundeswehr gedacht ist – also jeweils mit der Bundeswehr nur einen Kunden haben –, hat BwFuhrpark nicht nur zwei Gesellschafter (Bund + Deutsche Bahn), sondern mit dem Bundestag auch einen zusätzlichen Kunden.

Die Idee, dass für den reinen Transportbedarf (heutzutage neudeutsch: Mobilitybedarf) von Gütern und Personal, Fahrzeuge benutzt werden, die handelsüblich auf dem freien Markt verfügbar sind und nur wenig spezifisch militärische Sonderausstattung beinhalten, ist keinesfalls neu, sondern war immer schon ein Thema in der militärischen Beschaffung. Neu ist allerdings, mit dieser Aufgabe eine Firma zu beauftragen, statt es selbst zu bewerkstelligen. Die Bundeswehr hat seit ihren Anfängen auf handelsübliche Fahrzeuge zurückgegriffen und diese in angepasster, also leicht modifizierter Form, mit zusätzlichen Schutzelementen, aber z.B. auch mit zusätzlichen Dachluken und vormontierten Waffenhaltern bei den Herstellern erworben. So ist beispielsweise der leichte Lastkraftwagen Wolf der Bundeswehr nur eine veränderte Version der G-Klasse von Mercedes-Benz. Die Dienstwagen von Führungspersonal oder auch die kleinen Shuttlefahrzeuge, die Personal innerhalb oder zwischen den Kasernen hin und her bewegen, unterschieden sich nur minimal von denen aus dem Autohaus. Zwar sind große Sattelschlepper oder auch schwere Allrad-LKW im Tarnfleck scheinbar militärisch, aber oftmals findet man das gleiche Modell auch auf dem zivilen Markt. Im nach wie vor größten LKW-Werk der Welt in Wörth am Rhein laufen regelmäßig LKW vom Band, die einen militärischen Kunden haben – der Betreiber Mercedes-Benz (Daimler-Trucks) wird umgekehrt aber auch nicht gern mit dem militärischen Geschäft in Verbindung gebracht und hat beispielsweise die entsprechende Webseite, die die Fahrzeuge bewirbt, schwer auffindbar gestaltet.

Mit BwFuhrpark wurde ein Unternehmen geschaffen, das anstelle der Bundeswehr diese Fahrzeuge anschafft und ihre «Bewirtschaftung» organisiert. Dazu «verleiht» die BwFuhrpark einige Fahrzeugklassen dauerhaft an Einheiten der Bundeswehr, die dann dauerhaft in der dortigen Einrichtung stehen und von Soldaten gefahren und verschoben werden – gehen sie kaputt, organisiert die BwFuhrpark ihre Reparatur und besorgt Ersatz – dies gilt auch für den Bedarf im Einsatz. Andere Fahrzeugklassen werden von der BwFuhrpark direkt verwaltet und bei einem besonderen Bedarf, z.B. dem Transport zu einem Manöver, zur Verfügung gestellt. Damit soll sichergestellt werden, dass immer die benötigte Menge an Fahrzeugen für einen Einsatz bereitsteht und kein Material zu viel auf dem Kasernenhof verrostet. Schließlich organisiert die BwFuhrpark auch eine Art Carsharing für beispielsweise kleinere PKW, die von Führungspersonal oder Einheiten gebucht werden, um spezifische Aufgaben, wie den Transfer einzelner Personen, zu ermöglichen. Zudem gibt es PKW, Busse und LKW auch mit Chauffeurdienstleistungen, d.h. die BwFuhrpark greift auf eigenes Personal (aktuell rund 898 Chauffeure) zurück, um den punktuellen Bedarf zu befriedigen. Diese letzte Dienstleistung steht auch den Mitgliedern des Deutschen Bundestages zur Verfügung – d.h. ein Abgeordneter, der im letzten Moment vom Flughafen in den Ausschuss verbracht werden möchte, kann einen solchen Service in Anspruch nehmen und steigt damit bei einer Firma in den Wagen, die mit dem Militär verknüpft ist. Das Gesamtmodell soll sicherstellen, dass die Ressourcen (in diesem Fall Fahrzeuge) nicht ungenutzt herumstehen, sondern auch effizient eingesetzt werden und soll zudem die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge erhöhen, da eine zentrale Stelle diese verwaltet. Insgesamt verwaltet die BwFuhrpark rund 35.000 Fahrzeuge und betreibt diese an rund 160 Standorten. Die BwFuhrpark hat 1.433 Mitarbeiter.

So effektiv sich das Modell in der Theorie darstellt, so kompliziert ist es in der Umsetzung. Nach wie vor hält die Bundeswehr noch an eigenen, selbst bewirtschafteten Fahrzeugen fest, womit eine Doppelstruktur bestehen bleibt (eine Kritik z.B. vom Bundesrechnungshof), die eher mehr Geld kostet – zudem gab es 2019 Berichte, wonach das Führungspersonal des Unternehmens die hauseigenen Fahrzeuge sowohl als Dienstwagen wie auch privat nutzte, zugleich aber auch einen Ausgleich dafür kassierte, dass eine private Nutzung eigentlich ausgeschlossen ist (es wurde ein Schaden von nahezu einer Million € angenommen).

53842 Troisdorf, Brüssler Str. 13           www.bwfuhrpark.de

BWI - Bundeswehr Informationstechnik

Das sich selbst als IT-Systemhaus der Bundeswehr bezeichnende Unternehmen ist aus einer Kooperation zwischen Siemens und IBM hervorgegangen, die mit HERKULES eines der aufwendigsten und teuersten Rüstungsprogramme der Nachkriegsgeschichte umgesetzt haben. Inzwischen ist das Unternehmen eine 100% Bundestochter und betreibt das digitale Netz der Bundeswehr. Außerdem ist es für den Betrieb der Kommunikationsgeräte (Telefon, etc.) und der Rechner- und Serverinfrastruktur zuständig. Es verfügt heute mit 40 Standorten über ein dichtes Netz von Servicestellen, die eng an die Infrastruktur der Bundeswehr angelehnt sind. Es gab auch schon Bestrebungen, die Leistungen des Unternehmens anderen Behörden zur Verfügung zu stellen.

HERKULES war nichts weniger als die Aufgabe eine in die Jahre gekommene und durch den Zusammenschluss der beiden deutschen Staaten noch verkomplizierte bundesweite IT-Infrastruktur der Bundeswehr zu erneuern und zukunftsfähig zu machen. Die Ausschreibungen zu dem Projekt liefen bereits Anfang der 2000er Jahre, kamen aber erst 2006 zum Abschluss. Dabei wurde ein public-private-partnership (PPP) gebildet, die sich in der BWI Informationstechnik GmbH niederschlug, an der der Bund 49,9% und das aus Siemens und IBM gebildete Industriekonsortium 50,1% hielten. Kernaufgabe von HERKULES war es das nicht-militärische Kommunikations- und IT-Netz der Bundeswehr zu erneuern, mit modernen Kommunikationsgeräten (Telefonen, etc.) auszustatten und eine Betreuungsinfrastruktur für alle Arbeitsplatzrechner zu bilden. Das Volumen von 7,1 Mrd. € wurde verteilt über die zehn Jahr Laufzeit des Projekts jährlich ausgeschüttet. Für Siemens war es dem Vernehmen nach einer der größten Aufträge in der Firmengeschichte.

Nach Ablauf des Modells hat der Bund alle Anteile an der geschaffenen Institution BWI übernommen und damit knapp 6.000 Mitarbeiter. Pro Jahr werden knapp 1 Mrd. € umgesetzt, was nichts anderes heißt, als das der Bund eine Milliarde durch die Firma schleust – im Bundeshaushalt 2021 sind sogar 1,23 Mrd. € hinterlegt, da man die Aufgaben der Firma erweitert hat und heute eine aufwändige SAP-Datenbank eingerichtet ist, die Prozesse der Bundeswehr zu steuern hilft und in bestimmten Bereichen als Schnittstelle zur Industrie dient. Die Trennschärfe zwischen nicht-militärischen IT-Aufgaben und militärischen IT-Aufgaben der Bundeswehr, getrennt in white-IT und green-IT, die lange die Grundlage des Agierens von BWI waren, sind seither in Auflösung begriffen und BWI übernimmt heute auch Aufgaben, die näher am unmittelbaren Einsatz der Bundeswehr z.B. im Ausland angesiedelt sind. Die Ausweitung auf mehr Bundeswehr-Bereiche, in denen BWI tätig ist, ist aber nur ein Aspekt der Entwicklung. Die Firma ist vom Bund auch damit beauftragt, die Zukunftsfähigkeit im Cyber-Bereich auszuweiten. Unter dem Stichwort Cyber Innovation Hub der Bundeswehr (CIHBw) soll die BWI eine Schnittstelle zwischen der IT-Gründerszene (Startups) und militärischen Anforderungen und letztlich zur Bundeswehr schaffen – dabei soll sie neue Technologien und Services daraufhin prüfen, ob sie für den Einsatz im Militär geeignet sind und einen Mehrwert bieten. Man erhofft sich hier ein neues Netzwerk zwischen Forschung, Unternehmen und der Bundeswehr aufzubauen – letztlich auch ein Instrument, das einer „Militarisierung der IT“ Vorschub leistet.

53340 Meckenheim, Auf dem Steinbüchel 22         www.bwi.de

Diehl Gruppe – Diehl-Defense

Luftverteidigungssystem IRIS-T der Firma Diehl Defence Diehl Defence

Diehl-Defense ist ein weiterer Konzern, der wie Rheinmetall auf einem zivilen und einem militärischen Bein steht – von den knapp 3 Mrd. € Umsatz 2020 entfielen auf die Defense Sparte 571 Mio. was Diehl unter die 100 größten Rüstungskonzerne der Welt bringt (Platz 86). Die Militärsparte des Konzerns hat einen Fokus auf Lenkflugkörper und fertigt an verschiedenen Standorten Komponenten und entwickelt dazu Technologien – die teilweise auch in die Lenkflugkörperserien anderer Hersteller einfließen. 

Die Fertigung von Material fürs Militär hat bei Diehl historische Wurzeln und beginnt schon in der Produktion von Patronen- und Munitionshülsen im 1. Weltkrieg und setzte sich auch im 2. Weltkrieg fort, wo man ähnlich wie Rheinmetall auch Zwangsarbeiter beschäftigte. Danach blieb längere Zeit ein Fokus auf der Entwicklung ziviler Sparten und Diehl kam mit der Gründung der Bundeswehr erneut mit dem Militär in Berührung. Anfänglich wieder als Fertigungsstätte von Halbzeugen für die wehrtechnische Industrie, ab den 1970er Jahren aber auch immer öfter als Entwickler im Bereich der Munitionsweiterentwicklung (Zünder, Wirkladung). Der Kauf und spätere Wiederverkauf der Mauser-Werke in Oberndorf an Rheinmetall machten Diehl unter anderem zum Entwickler von Bordkanonen für den Tornadojet. Auch der Erwerb des Uhrenherstellers Junghans 1957, seine Fortentwicklung und späterer Verkauf des Uhrengeschäfts, brachte neue Kompetenzen in der Feinmechanik ins Unternehmen – die sich beispielsweise noch in der Präzision von Zündern wiederfinden (Junghans Microtec). Mit Lenkflugkörpern setzt sich das Unternehmen seit Mitte der 1970er Jahre ebenfalls auseinander und erwirbt mit der Bodensee-Gerätetechnik BGT 1989 einen der größeren Lizenzproduzenten für das Sidewinder-Programm, einer Luft-Luft-Rakete, die als Standardbewaffnung von Kampffliegern verwendet wird. BGT wird zum technologischen Herz des Militärgeschäftes und entwickelt Mitte der 1990er Jahre mit der IRIS-T einen leistungsfähig-tödlichen Flugkörper, der bei einigen Armeen den in die Jahre gekommenen Sidewinder ablöst. 1997 wird der Zulieferer AIM in Heilbronn erworben und eingegliedert. 2004 wird mit der Diehl-BGT-Defense eine Dachgesellschaft für das Geschäft mit Munition und Lenkflugkörpersystemen gegründet und wenig später, unter dem Konzerndach Diehl-Defense einer einheitlichen Führung unterworfen. Auch im Bereich der Instandhaltung von Panzern und Fahrzeugen war Diehl aktiv und kaufte zwischen 1986 und 1994 verschiedene kleinere Unternehmen auf, gab ihnen eine Struktur und verkaufte sie ab der Jahrtausendwende wiederum stückweise an die Mitbewerber – z.B. Flensburger Fahrzeugwerke (ab 2001 eigenständig), Neubrandenburger Fahrzeugwerke (bis 2001, heute im Besitz von General Dynamics), Industriewerke Saar (später Diehl Defense Land Systems, bis 2015, heute im Besitz von KMW). Diehl war neben Rheinmetall und Krauss-Maffei Wegmann von 2005 bis 2013 an der Heeresinstandsetzungslogistik beteiligt.

Sichtbar wird, dass Diehl oftmals kleinere Unternehmen aufgekauft hat und sein Portfolio mit ihnen bereicherte, um sie dann, wenn sich neue Perspektiven ergaben, als Teile dieser Unternehmen oder auch komplett wieder zu veräußern. Das gibt dem Unternehmen eine gewisse Unübersichtlichkeit, die auch gewollt ist – die «Dynamik» von Kauf und Verkauf von Unternehmensteilen, sowie die dezentrale Produktion sind ein guter Schleier, um von der Wirkung der militärischen Produkte abzulenken. Diehl ist in einer Reihe von Kooperationen aktiv, wie mit MBDA, Elbit, Thales oder Rheinmetall.

Andere Produkte des Konzerns sind Bestandteile von überaus alltäglichen Waren, wie Schalt- und Uhrwerke von Waschmaschinen, Wasseruhren, Bedienpanele von Druckern, Bildschirmdisplays etc. Auch in der zivilen Luftfahrt ist Diehl ein Name, so z.B. in der Kabinenausstattung von Airbusflugzeugen oder aber auch in Displays für die Cockpits verschiedener Hersteller. 

88662 Überlingen, Alte Nußdorfer Str. 13     https://www.diehl.com/defence

Dynamit Nobel Defence

Panzerfaust 3 von Dynamit Nobel Defence CC BY 2.0, lasta29/flickr

Die Produktionsanlagen von DND Dynamit Nobel Defence liegen, wie bei vielen Firmen, die unmittelbar mit Sprengstoffen in der Produktion arbeiten, weitab größerer Ansiedlungen. Direkt an der Grenze zwischen NRW und Hessen, tief versteckt im Wald, teilweise getarnt und unterirdisch, fertigt DND die Schulterwaffen der Bundeswehr und anderer Armeen. Als «Panzerfaust» bekannt sind diese Schulterwaffen kleine Flugkörper, die von Soldaten am Boden abgefeuert werden können. Außerdem entwickelt das Unternehmen weitere Produkte für das Militär, z.B. für Panzer reaktive, explodierende Schutzpanzer, die beim Aufschlag eines Geschosses ihrerseits explodieren und damit die kinetische Energie ableiten können. Desweiteren werden kleine Sprengsätze gefertigt, die in engen Innenräumen (z.B. Panzer oder Raumkapseln) in der Lage sind, Feuer zu ersticken - hierfür gibt es auch zivile Anwendungen (Schiffe, Windkraftanlagen, Trafostationen), die unter dem Firmennamen Dynameco vertrieben werden. DND ist in einer Kooperation mit General Dynamics Ordnance and Tactical Systems auch auf dem US-Markt mit seinen Produkten vertreten.  

Die Fabrik in Würgendorf wurde bereits 1908 gebaut und kann auf eine ungebrochene Geschichte über zwei Weltkriege hinweg zurückblicken. Als 1916 180 Tonnen explosives Material detonierten, mussten Teile des Werkes neu errichtet werden. Das Werk wurde Ende der 1920er Jahre Bestandteil der Dynamit AG, die ab der Jahrhundertwende ein europäisches Kartell zur Produktion von Sprengstoff gebildet hatte und von Troisdorf aus geleitet wurde. Dynamit AG und der I.G. Farben-Konzern bildeten in den 1930er Jahren ein deutsches Kartell, dem auch die heute noch vorhandenen Produktionsstätten in Aschau am Inn (heute MBDA-Bayernchemie, Rheinmetall-Nitrochemie) angehörten. Nach dem Krieg stieg die Dynamit AG wieder in die Produktion von Wehrtechnik ein und fertigte unter anderem Minen für die Bundeswehr. Die AG wurde von Friedrich Flick 1959 erworben und in die Dynamit Nobel AG umbenannt. Die Zerschlagung des Flick-Konzerns in den 1980er Jahren und der Kauf durch die Deutsche Bank führten auch zu einer Neuorganisation der Geschäfte. Einerseits kamen neue Firmen hinzu (wie das auch heute noch in der Wehrtechnik aktive CeramTec), andererseits wurde auch schon damals Unternehmensteile ausgelagert, wie die Munitionsproduktion, die 2002 an den Schweizer RUAG-Konzern ging. 2004 wurde das heutige Unternehmen in Burbach gegründet. Heute gehört das Unternehmen zum israelischen Rüstungskonzern Rafael Advanced Defence Systems – einem der Schwergewichte im internationalen Waffenhandel: er rangiert auf Platz 46 im SIPRI-Ranking von 2020. 2020 wurde zudem eine Digital-Sparte aus der Taufe gehoben, die «Hochtechnologielösungen» für den militärischen Gebrauch anbietet - dem Vernehmen nach vorerst Kommunikationslösungen. Da es sich um den Vertrieb handelt, dürfte das endgültige Portfolio des Mutterkonzerns hier ausschlaggebend sein: Überwachung, Cybersecurity, Big-Data-Analysis –der Sitz von DND Digital ist Berlin.

Dynamit Nobel Defence war einer der entscheidenden Produzenten von Anti-Panzer-Minen weltweit und hat Berichten zufolge seit den 1960er Jahren rund 3,2 Mio davon allein an die Bundeswehr geliefert. Seit deren Ächtung ist das Geschäft mit den Schulterwaffen das Hauptstandbein des Unternehmens in Deutschland.

57299 Burbach, Dr.-Hermann-Fleck-Allee 8     www.dn-defence.com

ESG Elektroniksystem- und Logistik-GmbH

Mit der Entwicklung, Integration und Betreuung von elektronischen Systemen verdient die Firma ESG aus Fürstenfeldbruck und München ihr Geld vor allem im militärisch relevanten Bereich. Sie ist dabei heute nicht nur für die Integration unterschiedlicher elektronischer Komponenten beispielsweise der Kampfflieger der Bundeswehr zuständig, sondern betreut darüber hinaus auch noch das Management der Ersatzteile dafür. Die Gruppe beschäftigte 2020 2100 Mitarbeiter an zehn Standorten in Deutschland und einem in den USA – der Fokus des Geschäfts liegt in Deutschland.

Vor dem Hintergrund der Erfahrungen mit dem ersten Strahlkampflugzeug Starfighter, welches ab den frühen 1960er Jahren in Lizenz in Deutschland gefertigt wurde, entstand der Wunsch des Militärs und der Politik, eine Instanz zu haben, die auf Industrieseite in der Lage ist, ein so komplexes Waffensystem zu betreuen und zu verbessern. 1967 wurde so die ESG als die erste Firma gegründet, die eine Integration unterschiedlichster elektronischer und mechanischer Komponenten betreuen konnte – sie wurde von AEG-Telefunken, Rohde & Schwarz, SEL und Siemens aus der Taufe gehoben. Der erste größere Auftrag war die Entwicklung der Waffensystemelektronik des späteren Tornado-Kampfjets. Seither ist die ESG für die Bundeswehr der entscheidende Ansprechpartner, wenn es gilt, komplexe Feuerleitsysteme und andere Komponenten so miteinander zu integrieren, dass sie ihre Bestimmung erfüllen können. Dabei befindet sich die ESG an der Schnittstelle der militärischen Anforderungen seitens der Bundeswehr (vor allem der Luftwaffe) und den Systemanbietern mit ihren eigenen Entwicklungen. Die dabei gewonnene Expertise machte die ESG darüber hinaus nicht nur zu einem Prüf- und Beratungsunternehmen für die Industrie, sondern schlug sich auch als Kompetenz in der Bewirtschaftung der Ersatzteile nieder, die ab den 1990 Jahren die ESG immer stärker auch zu einem Logistikunternehmen über den Bereich Luftfahrt hinaus hat wachsen lassen.

Das zivile Geschäft, das ab den 1980er Jahren vor allem in der Erbringung von Entwicklungsleistungen im Bereich Elektronik für die Automobilindustrie bestand, wurde 2021 abgestoßen und damit eine Fokussierung auf den militärischen und sicherheitsrelevanten Bereich erreicht. Heute ist die ESG oftmals mit anderen Partnern aus der Industrie in fast allen Bereichen der militärischen Elektronik wie Sensorintegration, Radaranlagen, Feuerleitsystemen, Simulationssysteme, UAV-Einsatz/Abwehr etc. aktiv. Seit einigen Jahren bringt sich die ESG mit seinem Bereich Cyber auch für Behörden und Unternehmen mit Geheimschutzbedarf als Partner ins Spiel. Die ESG ist im Besitz von Airbus, Rhode&Schwarz und Thales, die jeweils 30% halten (Stand 2015), der Rest ist im Streubesitz.

Eine aktuelle Auswahl aus dem Jahr 2021: Mit Saab werden die elektronischen Systeme der Fregatten der Brandenburg-Klasse modernisiert, Lieferung mobiler Radarsysteme an die Bundeswehr, Lieferung der Sea-Falcon-Drohne (Skeldar) an die Bundesmarine, Bereitschaft mit Boeing und Lufthansa, die Betreuung der P-8A Seeaufklärer zu übernehmen, Kooperation mit dem israelischen Konzern IAI bei der Erstellung von Echtzeitnetzwerken, ... aber auch Hubschraubermissionssysteme für die Polizei in Kooperation mit Airbus-Helicopter.

82256 Fürstenfeldbruck, Livry-Gargan-Str. 6      www.esg.de

FFG - Flensburger Fahrzeugbau Gesellschaft GmbH

Das Unternehmen in Flensburg begann im 19. Jahrhundert als Werft wand sich dann allerdings ab den 1960er Jahren mehr und mehr dem Fahrzeugbau zu. Neben eigenen und zum Teil zivilen Fahrzeugen entwickelte sich die Firma zu einem der wichtigsten Ansprechpartner für die Bundeswehr als Instandhalter gepanzerter Rad- und Kettenfahrzeuge. In den 1980er Jahren kam unter der Regie des neuen Eigentümers Diehl zur Instandhaltung die Weiterentwicklung von Fahrzeugen und ihrer Komponenten hinzu. Diehl versuchte von 1986 bis 1994 den Bereich der Instandhaltung für die Bundeswehr unter seine Kontrolle zu bringen und erwarb einige Mitbewerber, die jenseits der Jahrtausendwende wieder verkauft wurden – unter anderem an KMW oder auch General Dynamics. Die FFG wurde 2001 wieder eigenständig. Die FFG hat sich in der Zeit einen Namen gemacht, die älteren Modelle nicht nur wieder in Betrieb nehmen zu können, sondern auch neue Technik in diese zu integrieren – Stichwort: «Kampfwertsteigerung». Die Weiterentwicklung des Bergepanzers Wisent zum Wisent 2, aber auch die Überarbeitung des gepanzerten Mannschaftstransporter M113 werden als Erfolge herausgestellt. In den letzten 20 Jahren hat das Unternehmen diesen Zuschnitt durch Zukäufe verstärkt. Mit der Jungenthal Wehrtechnik (in Kirchen) und GEKE (in Lichtenau) sind zwei explizite Zulieferer für Panzerbauteile in den Firmenverbund aufgenommen worden. Jungenthal produziert Fahrzeugwannen aus Panzerstahl und ist ähnlich wie die Mutter FFG in der Instandhaltung für die Bundeswehr aktiv. GEKE ist 2021 gekauft worden und beschäftigt sich mit der Entwicklung von Schutzsystemen für gepanzerte Fahrzeuge, wie Splitter- oder Minenschutz. Mit Rexxon wurde 2006 ein Unternehmen integriert, das neben der Entwicklung und dem Bau von Klimaanlagen für Schienenfahrzeuge auch entsprechende Entwicklungen für gepanzerte Fahrzeuge tätigt. Darüber hinaus existiert auch ein Tochterunternehmen in Kanada als Joint Venture mit der Industrial Rubber Company, das in gleicher Weise für die kanadischen Streitkräfte arbeitet, wie die Mutterfirma für die Bundeswehr. Insgesamt arbeiten rund 750 Menschen für die FFG an verschiedenen Standorten und als mobile Reparaturteams nahe an den Einsatzorten der Fahrzeuge.

Seit 2010 betätigt sich das Unternehmen auch verstärkt als Entwickler eigener Fahrzeuge, die unabhängig vom Bedarf der Bundeswehr weltweit vermarktet werden und versteht sich heute als Fahrzeughersteller. So sind als neuere Lösungen leichte gepanzerte Fahrzeuge für den Nachschub genauso im Portfolio, wie alle Varianten von Bergemodulen und -kränen. Die neuste Schöpfung besteht aus einem Panzer mit Hybridmotor, der sich auch voll elektrisch dem Feind nähern kann – mit dem Projektnamen «Genesis».     

Das Unternehmen hat auch einen zivilen Zweig, der schweres Spülgerät herstellt, aber inzwischen in eine andere Firma ausgelagert ist (FFG Umwelttechnik GmbH).

24943 Flensburg, Werftstr. 24     www.ffg-flensburg.de

General Dynamics European Land Systems

Der US-Rüstungsriese General Dynamics Corporation ist das Ergebnis der Konzentration auf dem US-amerikanischen Waffenmarkt seit den 1970er Jahren – SIPRI rangiert ihn hinter Lockheed Martin, Raytheon Technologies, Boeing und Northrop Grumann auf Rang 5 der weltweit größten Waffenproduzenten. Das Portfolio des Konzerns besteht unter anderem aus den US-amerikanischen Atom-Ubooten, den Arleigh Burke Zerstörern der Navy, aber vor allem aus den Abrams-Panzern, die den Kernbestand der US-Panzer bilden. Auch die F-16, ein Kampfflugzeug mit einer weltweit hohen Verbreitung stammt aus dem Haus General Dynamics. Das Unternehmen offeriert aber auch IT-Dienstleistungen unter anderem für den US-Grenzschutz, womit das Unternehmen auch in Verbindung mit Verstößen gegen die Menschenrechte an den US-Grenzen in Zusammenhang zu bringen ist.

In Europa ist das Unternehmen seit 2001 vertreten und hat seither einige traditionsreiche europäische Unternehmen im Bereich der Landfahrzeuge aufgekauft. Hauptsitz ist Madrid, wo General Dynamics mit der Santa Barbara Sistemas einen traditionsreichen Kanonenbauer aufgekauft hat, dessen Wurzeln bis ins 16. Jahrhundert zurückreichen. Aber auch das schweizerische Kreuzlingen mit dem Standort von MOWAG oder die österreichische Tochter Steyr (Steyr-Daimler-Puch) sind bekannte historische Größen im Rüstungsgeschäft.  In Deutschland hat die Firma EWK Eisenwerke Kaiserslautern gekauft und in General Dynamics European Land Systems umgetauft – hier wurden und werden Behelfsbrücken für den militärischen Einsatz gebaut. Zudem findet in Kaiserslautern die Endmontage der Eagle-Fahrzeuge für die Bundeswehr statt, die von MOWAG vorgefertigt werden. Der Eagle ist ein leichtes gepanzertes Patrouillenfahrzeug, das unter anderem in Afghanistan eingesetzt wurde. Zuletzt wurde mit der FWW wurde 2018 ein Betrieb der Instandhaltung von Rad- und Kettenfahrzeugen in Neubrandenburg erworben – der Firmenstandort ist nah bei der Bundeswehr, bedient aber, nach Aussage der Firma selbst, auch internationale Kunden abseits der Bundeswehr. Die deutschen Betriebe sind inzwischen Bestandteil der General Dynamics European Land Systems Deutschland GmbH, die über ein Büro in Berlin verfügt. General Dynamics European Land Systems produziert, vertreibt und wartet vor allem gepanzerte Rand- und Kettenfahrzeuge sowie Artilleriekanonen und Behelfsbrücken. Die Verbindungen zur US-Mutter oder dem sehr starken General Dynamics Ableger in Großbritannien, scheinen nicht sonderlich ausgeprägt zu sein. Ende 2021 wurde bekannt, dass man in ein Joint Venture mit KMW/KNDS und dem israelischen Rüstungskonzern Rafael einsteigt, um ein aktives Schutzsystem für Panzer zu vermarkten (EuroTrophy in München).

10117 Berlin, Pariser Platz 4a     www.gdels.com

Heckler & Koch

Verkaufsstand von Heckler & Koch auf der «International Defence Exhibition & Conference» (IDEX) in Abu Dhabi 2013 Foto: Jan van Aken

Mit Heckler & Koch ist 1949 ein Unternehmen entstanden, das an die Tradition deutscher Waffenschmieden des Ersten und Zweiten Weltkriegs nahezu ungebrochen anknüpft. Das gilt nicht nur für den Standort Oberndorf am Neckar, sondern auch für die personelle Ausstattung des Managements und der Techniker. Die Namensgeber Edmund Heckler und Theodor Koch sowie der Partner und spätere Manager von H&K Alex Seidel konnten auf Karrieren innerhalb von Rüstungsschmieden wie Mauser und der Hugo Schneider AG zurückblicken. Heckler & Koch war bereits Anfang der 1950er Jahre wieder in der Produktion von Gewehren und Pistolen für die Besatzungsmächte, bzw. für Polizei und Grenzschutz aktiv. Teile der Entwicklung neuer Modelle waren nach Spanien ausgelagert, wo der Diktator Franco exilierten Waffeningenieuren aus Deutschland Arbeitsmöglichkeiten einräumte und eine Waffenproduktion aufgebaut wurde, an die ab 1955 auch in Deutschland wieder angeknüpft wurde. Heckler & Koch gehörte mit zu den ersten Ausstattern der neu gegründeten Bundeswehr ab 1955 mit Gewehren in Lizenz, aber ab 1959 auch mit der eigenen Entwicklung G3.

Das Unternehmen erlebte nach dem Tod der Gründer turbulente Zeiten und wechselte mehrfach den Besitzer. Die wirtschaftliche Misere des Unternehmens resultiert auch aus einer geringeren Nachfrage (im Inland) selbst und führte bereits in den 1980er Jahren zu ersten Versuchen der Konversion, die dann statt eine neue Geschäftsgrundlage zu bilden, dann vom nächsten Besitzer wieder veräußert wurden. Der Zuschnitt von H&K als Kleinwaffenhersteller wurde erhalten und immer neue Modellreihen sollten ein Überleben sichern. Heute ist H&K mehrheitlich im Besitz einer Luxemburger Finanzholding. Mit Niederlassungen in Großbritannien, den USA und Frankreich ist H&K auch international selbstständig aufgestellt.

Das Standardgewehr G3 der Bundeswehr ist bis 1997 nicht nur millionenfach in Deutschland gebaut worden, sondern ebenfalls in Lizenzfertigung im Ausland. Exportiert wurde nicht nur das Gewehr an sich, sondern auch komplette Waffenfabriken. Es ist eine der am weitesten verbreiteten Waffen überhaupt und kommt auch heute noch in unzähligen Konflikten zum Einsatz. Von Kritikern wird deshalb Heckler & Koch als eines der tödlichsten Unternehmen weltweit bezeichnet. Auch das Nachfolgemodell G36 ist als Standardwaffe in der Bundeswehr ein Exportschlager und wird heute außer in Deutschland in Spanien, Saudi Arabien und Mexiko in Lizenz gefertigt und von rund 20 Armeen weltweit eingesetzt. Das Gewehr geriet in die Kritik, dass es bei einer Überhitzung (im Dauerbetrieb) nicht mehr zuverlässig trifft. Im Wettbewerb um den Nachfolgeauftrag des G36 bei der Bundeswehr ist ein umfangreicher Rechtsstreit mit dem Konkurrenten Haenel aus Suhl entstanden – der auch 2022 noch nicht entschieden ist. H&K hat eine umfangreiche Palette an unterschiedlichen Waffen für Sportschützen, aber vor allem für Polizei und Armee im Angebot. Neben Pistolen sind es die Scharfschützen-, Sturm- und Maschinengewehre für die unterschiedlichsten militärischen Verwendungen, für die H&K bekannt ist.

Kleinwaffen (Gewehre und Pistolen) mögen im Volumen ihres Preises angesichts der Abermillionen, die für Kampfflieger und Kriegsschiffe aufgewendet werden, als vernachlässigbar erscheinen, doch sind sie gemessen an der Verbreitung, die sie erreichen und der niedrigen Hemmschwelle ihres Einsatzes um ein vielfaches tödlicher. Hecker & Koch steht als wahrscheinlich fünftgrößter Produzent von Kleinwaffen mit seinem Umsatz von rund 240 Mio. € nicht einmal in der Liste der 100 größten Rüstungsfirmen, die das Stockholmer International Peace Research Institute jährlich erfasst, dennoch zeitigt der Gebrauch der Waffen mehr Tote, als die von Großwaffen wie Panzern oder Kriegsschiffen. Die schiere Präsenz von Schusswaffen in Gesellschaften stellt ein Risiko dar – für alle. Bei keiner Waffengattung ist es deshalb so entscheidend, wie mit der Frage von Export und Verwendung umgegangen wird. Illegale Exporte, wie bei H&K nach Mexiko oder bei SIG Sauer nach Kolumbien, sind dabei nur die Spitze eines von Korruption geprägten Geschäftes. Bei Kleinwaffen zeigt sich in eklatanter Weise auch die mangelnde Nützlichkeit von «Endverbleibserklärungen», die theoretisch sicherstellen sollen, dass einmal exportierte Waffen vom Empfänger nicht weiterverkauft werden können – die Praxis zeigt, dass dies nicht funktioniert.

78727 Oberndorf a.N., Heckler & Koch Str. 1      www.heckler-koch.com

HIL – Heeresinstandsetzungslogistik

Die Instandsetzung großer landbasierter Waffensysteme war durch die Geschichte der Bundeswehr hindurch immer ein großes Problem – die Einsatzbereitschaft von Panzern und anderen Großgeräten war schon in den 1970er Jahren eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Diese verschärfte sich in den 1990er Jahren durch die Zunahme der Komplexität der Waffensysteme, der Neuausrichtung der deutschen Verteidigungspolitik und der damit verbundenen Konsequenzen für das Material und schließlich noch einmal durch die Verkürzung der schlussendlichen Aussetzung der Wehrpflicht 2011, die den verfügbaren Personalstamm hierfür weiter reduzierte.

Die unmittelbare Reaktion der politischen und militärischen Führung auf die Folgen der Beendigung der Ost-West-Konfrontation und der sich daraus einerseits ergebenden Friedensdividende und andererseits anhaltend hohen Kosten für den Materialerhalt – die sich angesichts einer stärker auf Auslandseinsätze setzenden Neuausrichtung eher sogar noch erhöhte – war der Versuch, zu einer Neustrukturierung der Instandhaltung insgesamt zu kommen. Im Bereich der Luftfahrzeuge und fliegenden Kampfsystemen wurde dies in Form von Industriekooperationen bereits in den frühen 1990er Jahren in die Wege geleitet – die enge Einbindung der Industriepartner (vor allem Airbus (EADS), MTU) geschah unter dem Stichwort «Integrationsmodell Luftwaffe/Industrie». Es handelte sich um nichts anderes als um das Outsourcing von originär bundeswehreigenen Aufgaben an Industriekonsortien – und damit einhergehend auch ein Verlust von Kompetenzen. Dies mag vielleicht ein Grund sein, weshalb die Umstellung der Instandhaltungsaufgaben innerhalb des Heeres auf ein von der Industrie geführtes Bündnis entsprechend später erfolgte.

Die Debatte nahm ab 2002 die Gestalt einer Ausschreibung für die Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) an und es dauerte bis 2004, bis man sich mit einem Konsortium bestehend aus den bisherigen Industrieunternehmen, die auch schon in die Instandhaltung involviert waren, auf eine Struktur und einen Rahmen einigte. Bestandteil war auch die bestehenden Instandhaltungswerke der Bundeswehr ebenfalls in diese private Struktur zu überführen und somit das (zivile) Personal, das mit Instandhaltungsaufgaben betraut, war aus der Bundeswehr auszugliedern. Mit Diehl-Defense (Industriewerke Saar), Krauss-Maffei Wegmann und Rheinmetall verfügte die Industrieseite in der neu gegründeten GmbH über 51% der Stimmanteile und der Bund über 49%. Die HIL übernahm 2005 die 1900 Mitarbeiter der Bundeswehr und dehnte den Bestand in der Folge sogar noch leicht aus. Die drei Werke Darmstadt, St. Wendel und Doberlug-Kirchhain wurden mit einem neuen Management versehen und sukzessive acht weitere Niederlassungen und 58 Stützpunkte aufgebaut – die Koordination mit den Werken der Industriepartner und die Lagerhaltung der Ersatzteile wurden ebenfalls reformiert. Die HIL ist somit zuständig, die Materialbevorratung für die Landsysteme zu organisieren und tat dies auch unter dem Blickwinkel privatwirtschaftlicher Anforderungen mithilfe eines angepassten SAP-Systems. Darüber hinaus sollte die HIL auch Aufgaben in der Ausbildung spezifischer Einsatzprofile bei Bundeswehrangehörigen erfüllen.

2013 musste die Unternehmensstruktur aufgrund kartellrechtlicher Bedenken und Konflikten bei der Vergabe von Unteraufträgen revidiert werden – letztlich vergab die Industrie innerhalb dieses Konstruktes die Unteraufträge an sich selbst. 2013 übernahm der Bund alle Anteile an dem Unternehmen und nahm kleinere Änderungen vor, führte aber auch viele Projekte bruchlos weiter. Einer der Industriepartner – Diehl – verabschiedete sich aus dem Feld, wohingegen die beiden anderen ihr Geschäft mit der Instandhaltung gestrafft fortsetzten. Die heutige Struktur umfasst neben den drei Werken, noch sechs Niederlassungen und knapp 54 Stützpunkte. Die Aufwendungen für die HIL werden zusammen mit anderen Outsourcing-Projekten als «Betreiberlösungen» im Bundeshaushalt geführt.

Unter der Verteidigungsministerin von der Leyen wurde eine intensive Diskussion zur kompletten Privatisierung geführt, die ohne Ergebnis von Kramp-Karrenbauer 2019 beendet wurde – letztlich ist sie aber nicht vom Tisch.

53123 Bonn, Josef-Wirmer-Str. 2-8      www.hilgmbh.de

Hensoldt Germany

Die Firma, die sich den Anschein gibt, als habe sie eine lange Geschichte, ist eine der jüngsten Geburten innerhalb des Rüstungsbereichs. Die Liste der Firmen, die in Hensoldt seit 2017 vereint sind, ist lang und lässt sich zurückführen auf die AEG, Teile der Aerospatiale-Matra, Carl-Zeiss, Cassidian, Daimler, Dornier, EADS, Siemens und Telefunken. Den Vereinigungsprozess maßgeblich beeinflusst hat aber vor allem die Entscheidung des Airbus-Konzerns, Firmenteile zu veräußern, die nicht mehr in das engere, auf die Luftfahrt bezogene Geschäft passen. Heute vereint Hensoldt sozusagen alles, was im weiteren Sinne mit Sensortechnik, Optronik, Radar- und Navigationstechnik bei Airbus am Ende vieler anderer Veräußerungsprozesse übrigblieb. Damit ist ein deutscher Anbieter entstanden, der alles anbietet, was an spezieller militärischer Elektronik zu haben ist – er ist vergleichbar mit anderen Technologie- und Rüstungskonzernen wie Thales oder Leonardo (der 2021 ein Anteilspaket von 25,1% an Hensoldt erworben hat). Seit der Gründung des Unternehmens sind weitere Firmen hinzugetreten, die den Zuschnitt von Hensoldt als einem Anbieter militärischer Elektronik weiter zugespitzt haben – wie beispielsweise die Firma Nexeya (aus der allerdings die auf die französischen Atomwaffen und das Satellitengeschäft bezogenen Unternehmensteile ausgegliedert wurden).

Die Besonderheit der deutschen Firma ist, dass sie losgelöst von spezifischen Plattformen Lösungen für militärische Anwendungen präsentiert – es ist letztlich egal, ob z.B. der Sensor von Hensoldt in einem Panzer, einem Flugzeug oder einem Marineschiff verbaut wird und es ist überdies egal, ob der Panzer beispielsweise von Rheinmetall oder vom britischen Anbieter BAE Systems kommt. Die Loslösung aus Airbus war somit auch ein Schritt, um neue Kunden zu erschließen und den Export anzukurbeln, damit in Deutschland die Kompetenz eines militärbezogenen Elektronikspezialisten erhalten bleibt. Aus diesem Grund hat auch der Bund mitten in der Pandemie bewusst ein Aktienpaket im Wert von 450 Mio. Euro erworben. Die Firma hat elf Standorte in Deutschland, Produktionsstandorte in Südafrika, Frankreich und Großbritannien und ein weltweites Netz von Vertretungen von Abu Dhabi, über Bangalore und Canberra, bis Santiago de Chile und Ottawa. Derzeit arbeiten rund 5600 Personen für Hensoldt (2020) und erzielen einen Umsatz von über 1,2 Mrd. USD, was es 2020 auf den 78 Rang der Top 100 Unternehmen im Rüstungsbereich weltweit brachte.

Hensoldt ist selbst kein Waffenproduzent, aber die optischen und digitalen Sensoren und elektronischen Bauteile der Firma sorgen dafür, dass Kampfflieger wie der Eurofighter ihr Ziel nicht nur finden, sondern auch anvisieren und treffen können. Hensoldt liefert inzwischen auch die passende Software und auch Vorrichtungen für Signalerkennung und Verarbeitung - so soll die Firma auch die vier Groß-Radaranlagen der bundesdeutschen Luftverteidigung ab 2021 modernisieren. Die Sensoren von Hensoldt finden auch Anwendung in den europäischen Grenzüberwachungssystemen und -projekten. In die Kritik gerät Hensoldt dadurch, dass seine Sensortechnik zur Zielerfassung beispielsweise auch vom türkischen Drohnenhersteller Baykar verbaut werden, der die kompletten Systeme schließlich z.B. an Aserbaidschan in einen offenen Konflikt oder nach Turkmenistan an eine lupenreine Diktatur verkauft.

82024 Taufkirchen, Willi-Messerschmidt-Str. 3      www.hensoldt.net

Kärcher Futuretech

Von dem bekannten Hersteller von Hochdruckreinigungsgeräten ist «kärchern» in den deutschen Sprachgebrauch übergegangen – andererseits hat das Unternehmen Kärcher auch eine Tochterfirma, die sich auf die Bereitstellung von Feldlagersystemen, Feldküchen, mobiler Trinkwasserversorgung und mobiler CBRN-Dekontaminationsanlagen spezialisiert hat und weltweit Armeen im Einsatz beliefert. Mobile Lager und Infrastrukturen sind im Kontext von Auslandseinsätzen wesentliche Bestandteile militärischer Planung.

Ausgehend von den Heißwasser-Hochdruckreinigern die Anfang der 1950er Jahre entwickelt wurden, wurde auch relativ bald eine Version erarbeitet, die mobil auf Lastwagen montiert, zur Dekontamination von militärischem Gerät eingesetzt werden konnte. Es war einer der ersten großen Aufträge der Firma und sollte zu einem engen Verhältnis zwischen dem Hersteller, der Firma Kärcher und der noch jungen Bundeswehr führen. Bereits in den 1970er Jahren entstand innerhalb des Unternehmens eine Abteilung, die Anfang der 1980er Jahre das Portfolio für das Militär und den Katastrophenschutz erweiterte und Kärcher zu einem Hersteller von Feldküchen machte. Mit mobiler taktischer Feldküche, mobilen Heizgeräten für Feldlager und externen Wärmebedarf, mobiler Trinkwasseraufbereitung und mobilen Wäschereien stiegt Kärcher Futuretech – inzwischen eine eigenständige Firma – ab 2005 in den Bedarf an kompletten Feldlagerinfrastrukturen ein. Die militärische Kundschaft wurde hierzu mithilfe von Symposien, Werksbesuchen und speziellen Veranstaltungen für die in Berlin stationierten Militärattachés gezielt adressiert. Futuretech gehört zu den Unternehmen, die am Bau und Inbetriebnahme von Flüchtlingsunterkünften beteiligt waren. Zu den Kunden von Futuretech gehören viele zivile Organisationen wie das Rote Kreuz oder das Technische Hilfswerk. Die verschiedenen Produkte finden ihren Einsatz dann bei Katastrophen und Extremsituationen weltweit. Hauptabnehmer sind oftmals aber auch die Armeen weltweit, die einerseits diese Anlagen für Katastropheneinsätze vorhalten, andererseits aber auch vor allem für militärische Einsätze vorhalten.

Kärcher Futuretech ist nicht der einzige Anbieter solcher Systeme, die auch ganze Krankenhäuser umfassen können, aber auch Komponenten wie Kommandostäbe oder Radaranlagen enthalten. Andere Anbieter sind beispielsweise Losberger (Bad Rappenau/Mannheim – international stark vernetzt und mit Schwerpunkt auf Zeltsysteme für Soldaten und Geräte), Drehtainer (Valluhn – mit Schwerpunkt auf technische Container), Finsterwalder Maschinen- und Anlagenbau (Finsterwalde – mit Schwerpunkt auf mobile Energieversorgung), Zeppelin Mobile Systeme (Meckenbeuren – mit Schwerpunkt auf Container-Lösungen, wurde 2021 an den Rüstungskonzern Rheinmetall veräußert) oder Steep (Bonn – mit breiten Portfolio zu dem auch die Bereitstellung dezentraler digitaler Netzte gehört).

Im Kontext von Auslandseinsätzen ist die Bereitstellung von militärisch nutzbarer Infrastruktur wesentlicher Bestandteil. Entsprechende Anlagen und Komponenten vorzuhalten kann auch ein wichtiger Beitrag für die Notfallversorgung sein um bei Katastrophen ein Überleben der zivilen Bevölkerung zu ermöglichen.

71409 Schwaikheim, Alfred-Schefenacker-Str. 1     www.kaercher-futuretech.com

KMW-Nexter (KNDS) – Krauss-Maffei Wegmann

Kampfpanzer Leopard 2 (vorne) von Krauss-Maffei Wegmann. CC BY 2.0, U.S. Army photo / Nathanael Mercado

Das Konstrukt hinter dem «europäischen Champion» unter den Panzerbauern ist vergleichsweise einfach zu verstehen: der größte französische Panzerbauer (im Besitz des französischen Staates) und der größte deutsche Panzerbauer (im Besitz der Familie Bode/Wegmann) sollten fusionieren. Hiermit sollte sich, so die Perspektive der jeweiligen Regierungen, die Erfolgsgeschichte des Airbus-Konzerns wiederholen und ein großes Unternehmen entstehen, was in der Lage ist, technologisch auf höchstem Niveau den Bedarf der Landstreitkräfte zu befriedigen. Gleichzeitig sollte es dazu fähig sein, billiger zu produzieren und somit auch international konkurrenzfähig zu werden. Erst 2020, fünf Jahre nach der Fusion, sind Elemente der Kooperation zwischen den Unternehmen erkennbar, das seinen Sitz aus steuerlichen Gründen nach Amsterdam verlegt hat.

Die Geschichte des deutschen Teils des neuen Konzerns beginnt mit dem Lokomotiv- und Eisenbahnwagonbau Ende des 19./ Anfang des 20. Jahrhunderts. Unabhängig voneinander orientierten sich die Unternehmen Krauss-Maffei und Wegmann in den 1930er Jahren auf den Bau von militärischen Rad- und Kettenfahrzeugen und eine Rolle als Zulieferer zur Rüstungsindustrie. Das Kassler Unternehmen Wegmann entwickelte sich dabei unter der Führung des Besitzers August Bode immer am Rande einer zivilen und einer militärischen Produktion – als NSDAP-Mitglied und Wehrwirtschaftsführer im NS-Staat war er Teil der politischen Elite der Zeit. Beide Unternehmen führten in Kriegszeiten ihre Produktion mit Zwangsarbeitern und Kriegsgefangenen fort. Nach dem Krieg entwickelten beide Unternehmen auch zivile Portfolios, wobei der erneute Einstieg in das Geschäft mit Panzern bei Krauss-Maffei bereits 1963 mit dem Leopard 1 erfolgte und ab 1979 mit dem Leopard 2 fortgeführt wurde, zu dem die Firma Wegmann Teile wie z.B. die Waffentürme zulieferte. Der wiederholte Verkauf der Krauss-Maffei-Anteile an unterschiedliche Eigentümer, von Deutsche Bank über Mannesmann zu Vodafone zu Siemens führte 1999 zur Aufgliederung des Unternehmens. Die zivilen Unternehmensteile sind heute teilweise im Besitz einer chinesischen Staatsholding, wohingegen die Wehrtechniksparte 1999 an das kleinere Unternehmen Wegmann verkauft wurde – die letzten Anteile verkaufte Siemens 2010. Im Besitz der Familie Bode entwickelte sich Krauss-Maffei Wegmann zum führenden deutschen Anbieter für gepanzerte Rad- und Kettenfahrzeuge. Neben Panzern der Leopard-Familie, der Panzerhaubitze 2000, dem Schützenpanzer Puma und der Flugabwehrkanone Gepard sind mit Dingo, Boxer, Fennek und Mungo weitere gepanzerte Fahrzeuge im Angebot, die den Grundbestand der Kampffahrzeuge der Bundeswehr ausmachen. Das Unternehmen produziert auch Waffenstationen, die beispielsweise als Erweiterungen für gepanzerte Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Simulationssysteme für die Ausbildung von Panzerfahrern und –schützen sind ebenfalls im Angebot. KMW kooperiert bei Boxer und Puma mit Rheinmetall und ist Systemintegrator für eine ganze Reihe von Zulieferern aus der Elektronikbranche (u.a. Rhode und Schwarz). KMW hat mit ATM Computersysteme in Konstanz aber auch einen eigenen Spezialisten für Computertechnik im Firmenportfolio. Die Instandhaltung der Fahrzeuge ist ebenfalls ein lukratives und dauerhaftes Geschäft – Krauss-Maffei Wegmann war schon vor 2005 in diesem Feld aktiv und bündelte von 2005 bis 2013 seine Geschäfte in der Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) – zusammen mit Rheinmetall und Diehl-Defense – und ist seither wieder eigenständig unterwegs. Serviceleistungen – d.h. der Betreuung und Reparatur von Fahrzeugen und Systemen über den Zeitpunkt des Verkaufs hinaus bis hin in den Einsatz – wesentliche Bestandteile des Geschäftes mit Großwaffensystemen.

Der französische Komplementär hat als Unternehmen des französischen Staates verschiedene Vorläufer – der aktuelle Zuschnitt des Unternehmens Nexter geht auf die Auflösung der Staatsholding GIAT-Industrie zurück, die von 1990 bis 2006 Strukturwandel und Reduktion der französischen Rüstungsindustrie miterlebte. Das französische Spitzenmodell eines Kampfpanzers Leclercs steht neben den Radpanzern Jaguar (Schützen- und Aufklärungspanzer), Griffon (Mannschaftswagen) und Serval (leichter Transportwagen), die in Analogie zu den deutschen Leopard, Puma/Fennek, Boxer und Dingo stehen – eine Dopplung des Portfolios. Nexter erweitert das Angebot von KMW mit seiner Munitionsparte und seinen Marinegeschützen und einer breiten Sparte an elektronischen und optischen Produkten, die KMW zu großen Teilen zukauft. Auch bei Nexter ist die Betreuung und Instandhaltung ebenfalls ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells – auch Nexter hat Service-Teams, die die Truppen bis in den Einsatz hinein begleiten.

Beide Unternehmen sind unabhängig voneinander in der Kritik – unter anderem für ihre Exportpraxis nach Saudi-Arabien und die Verwendung ihrer Produkte im Krieg in Jemen, aber auch weil immer wieder Vorwürfe im Zusammenhang von Korruption bei Waffenverkäufen aufkommen. International sind beide nach wie vor eher Konkurrenten, denn ein gemeinsames Unternehmen und die Fusion erscheint auch fünf Jahre nach ihrem Vollzug vor allem ein politisches Projekt zu sein. In Ende 2021 wurde erstmals gemeldet, dass KNDS in die Planung zum Kauf des Marine-Kanonen-Herstellers OTO Melara und des Torpedoproduzenten Wass, beide im Besitz des Leonardo-Konzerns, eingestiegen ist.

80997 München, Krauss-Maffei-Str. 11     www.kmweg.de

Leonardo

Der italienische Rüstungsriese hat in Deutschland einen eher «kleinen» Fußabdruck – was aber nicht darüber hinwegtäuschen sollte, dass die Produkte des Konzerns umfangreich Verwendung auch in den deutschen Streitkräften finden.

Vorläufer des heutigen Konzerns ist die italienische Staatsholding Finmeccanica, die unter dem Dach des Instituto per la Ricostruzione Industriale 1948 gegründet wurde. Nach einer wechselvollen Geschichte wurden in den 1990er Jahren immer mehr staatliche Beteiligungen an Rüstungsunternehmen wieder Finmeccanica zugeordnet und sukzessive auch von ihr kontrolliert. Dies führte auch zu Neuorganisationen, wie beispielsweise der Alenia Marconi Systems, deren Lenkflugkörpersparte beispielsweise in das Konstrukt der MBDA eingeflossen ist. Unter der Ägide von Mauro Moretti wurde ab 2014 Finmeccanica internationalisiert und in seiner Struktur umgebaut, bis Anfang 2016 Finmeccanica seine großen Beteiligungen und Bestandteile wie Agusta Westland, Alenia Aermacchi, Selex, OTO Melara und Wass komplett integriert hatte – 2017 löste Leonardo die Bezeichnung Finmeccanica ab. Leonardo belegte 2020 unter den größten Rüstungskonzernen der Welt den 13. Rang, ist damit nach Airbus (NL) und BAE-Systems (GB) Europas drittgrößtes Rüstungsunternehmen und beschäftigt rund 50.000 Mitarbeiter – 73% des Umsatzes wird mit Rüstungsgütern erwirtschaftet.

Leonardo hat heute fünf Divisionen: Hubschrauber (u.a. mit dem Hersteller Agusta Westland), Flugzeugbau (u.a. mit Teilen der Produktion des Eurofighter), Flugzeugkomponenten (als Zulieferer beispielsweise zu Airbus, Dassault, Boeing), Rüstungs- und Elektroniksysteme (z.B. Kanonen, Munition, gepanzerte und ungepanzerte Fahrzeuge, Radaranlagen...) und Sicherheits- und Informationssysteme für Polizei und Sicherheitsbehörden u.a. im Bereich Überwachung. Darüber hinaus ist Leonardo ein Raumfahrtkonzern, dessen Beteiligung an Telespazio von 67% (33% Thales) und Thales Alenia Space von 33% (67% Thales) eine Beteiligung von Leonardo an so gut wie allen (auch militärischen) europäischen Raumfahrtprogrammen garantiert – Konkurrent ist hier wiederum Airbus. Leonardo ist heute zu 30,2 % im Besitz des italienischen Staates, zu 51,2 % im Besitz institutioneller Anleger und der Rest ist im Streubesitz.

Der italienische Rüstungskonzern ist in Deutschland offiziell nur mit den Feldern Metrologie und Homeland Security vertreten, was aber nicht bedeutet, dass seine Produkte nicht verfügbar sind. So werden insbesondere die deutschen Marineschiffe mit Kanonen des Herstellers bestückt und auch der NH90 wird von Airbus in Kooperation mit Leonardo gebaut und vermarktet – ähnlich verhielt es sich beim Tornado-Kampflugzeug, wo bereits Finmeccanica beteiligt war. Darüber hinaus ist die Firma noch als Telespazio (in Kooperation mit Thales) in Darmstadt vertreten. Leonardo ist Anteilseigner des Lenkwaffenherstellers MBDA und hat 2021 eine Sperrminorität (25,1%) an der Hensoldt-Gruppe erworben. 2021 wurde der Verkauf des Leonardo-Bestandteils OTO Melara an KNDS oder aber auch Rheinmetall diskutiert.

41470 Neuss, Raiffeisenstr. 10    www.leonardogermany.com

MBDA Deutschland

Anti-Schiffsrakete von MBDA CC BY-SA 2.0, Foto: Campaign Against Arms Trade

MBDA-Deutschland ist der nationale Ableger eines «wahrhaft» europäischen Rüstungs-Konstruktes, das entlang nationaler Ansprüche an den Proporz gestaltet wurde. Mit nationalen Gesellschaften in Deutschland, Frankreich, Italien, Großbritannien und Spanien ist die MBDA heute einer der größten Anbieter von Lenkflugkörpern weltweit. Das Unternehmen beliefert 90 Armeen rund um den Globus und ist in Deutschland an drei Standorten mit Produktion und Entwicklung vertreten.

MBDA-Deutschland geht zurück auf die Anfänge der deutschen Rüstungsindustrie und beginnt bei dem Ingenieurbüro von Ludwig Bölkow, das die ersten Lenkflugkörper nach 1945 entwickelte. Das Büro fusionierte bis 1969 mit der Messerschmitt AG und der Hamburger Flugzeugbau GmbH zur Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB), die ihrerseits 1990 mit anderen Unternehmen zur Daimler Aerospace (DASA) fusionierte wurde. Die Lenkflugkörpersparte der DASA setzte sich dann aus den Resten von Bölkows Entwicklungen und der Dornier GmbH zusammen und wurde in LFK-Lenkflugkörpersysteme GmbH umbenannt. Die Ausgliederung aus dem Daimler-Konzern im Jahr 2000 und Umfirmierung der DASA in EADS (European Aeronautic Defence and Space) ging für das Unternehmen LFK mit einigen auch räumlichen Umgestaltungen einher. Parallel zu den Entwicklungen in Deutschland fusionierten die Lenkflugkörpersparten unterschiedlicher europäischer Unternehmen zur MBDA. Hintergrund dieser Fusion war der Wunsch der Politik nach einer Neuordnung der Lenkflugkörperbeschaffung innerhalb des europäischen und NATO-Kontextes – nicht wenige Produkte der Firmen waren aus gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsbemühungen der unterschiedlichen Partner hervorgegangen und letztlich strukturell sehr ähnlich. Der neue europäische Marktführer für Lenkwaffen MBDA bestand dann ab 2001 aus den Lenkflugkörpersegmenten der französisch-britischen Kooperation Matra Bae Dynamics, des (damals) französischen EADS Aerospatiale Matra Missiles sowie einer Division des italienischen Alenia Marconi Systems. Die LFK, ebenfalls im Besitz der EADS, wurde ab 2006 assoziiert und 2012 komplett an die MBDA verkauft. Heute ist die MBDA-Gruppe im Besitz der Nachfolgeunternehmen der ehemaligen Gründer – Airbus hält 37,5 %, BAE Systems 37,5 und der Leonardo-Konzern hält 25 %. Neben den fünf europäischen nationalen MBDA-Unternehmen (Frankreich, Großbritannien, Italien, Deutschland und Spanien) ist die Gruppe über die britische Tochter auch in den USA aktiv. Neben der MBDA-Gruppe und ihren nationalen Gesellschaften existieren noch Unterbeteiligungen, die eine noch weitere Vernetzung der Branche bewirken (Roxel/Eurosam). In Frankreich sind mit Matra Électronique, einem Unternehmen für Entwicklung und Fertigung elektronischer Bauteile und Anlagen für die Bereiche Verteidigung, Luftfahrt, Gesundheit, Sicherheit und Energiewirtschaft sowie mit GDI Simulation einem Unternehmen für militärische Trainingslösungen zwei 100% Töchter am Start. Die Gesellschaft in Großbritannien hält 100% an der MBDA Inc., die ihren Sitz in den USA hat und den nordamerikanischen Markt adressiert.

In Deutschland existieren mit der Bayern-Chemie und der TDW ebenfalls zwei 100% -Töchter. Die Bayern-Chemie Gesellschaft für flugchemische Antriebe mbH hat sich auf die Entwicklung von Raketen- und Hochleistungsantrieben spezialisiert, wie sie beispielsweise in der Raumfahrt oder bei Hyperschallflugkörpern benötigt werden, aber eben auch in militärischen Lenkflugköpern Anwendung finden. Des Weiteren vertreibt die Bayern-Chemie auch kleine Gasgeneratoren, die z.B. Flugkörper mit dem Strom versorgen, der zu ihrer Steuerung notwendig ist und sie somit präziser macht. Die TDW Gesellschaft für verteidigungstechnische Wirksysteme mbH wurde als Thomson CSF-DASA-Wirksysteme mit einem Schwesterunternehmen in Frankreich (TDA) 1994 gegründet und ähnlich wie die LFK an die MBDA angeschlossen. Sie entwickelt die Gefechtsköpfe und anderer Komponenten für die Lenkwaffen von MBDA und jene anderer Hersteller, wie Raytheon, Lockheed Martin, Saab und Kongsberg Defence and Aerospace. MBDA-Deutschland ist zudem in nicht weniger als acht weiteren projektbezogenen Kooperationen aktiv, die zum Teil wiederum auch bei anderen nationalen Gesellschaften reproduziert werden. Einige, wie die RAM-Systems GmbH, die Taurus Systems GmbH oder die Parsys GmbH, sind Projekte rund um konkrete Flugkörper, die auch von der Bundeswehr eingesetzt werden, andere, wie euroMEADs, MEADS International, GLVS-Gesellschaft für Luftverteidigungssysteme oder die Taktisches Luftverteidigungssystem (TLVS) GmbH sind komplexe Projekte, in denen Lenkflugkörper eine Rolle spielen, aber auch Partner involviert sind, die z.B. Kompetenzen im Radarbereich haben.

MBDA produziert also heute nicht nur Lenkflugkörper und Gefechtsköpfe, sondern ist involviert in den Entwurf komplexer militärischer Angriffs- und Verteidigungssysteme – sie ist über Kunden- und Entwicklungsbeziehungen sowie finanziell mit wesentlichen Akteuren der Rüstungsbranche fest verbunden. Zu den Hauptpartnern zählen Lockheed Martin, Raytheon, Thales, Safran, Saab, Kongsberg, Diehl BGT Defense und Rheinmetall. Zudem pflegt die Firma natürlich enge Verbindungen zu den Mutterkonzernen Leonardo, Airbus und BAE-Systems.

Die deutschen Standorte sind in Schrobenhausen, wo sich der Hauptsitz befindet und auch eine ausgedehnte Test- und Produktionsanlage ist und auch die TDW ihren Sitz hat, sowie in Ulm, wo sich einige Programmteile (in Kooperation mit der Airbus DS) befinden und in Aschau am Inn, wo sich die Entwicklung von Strahltriebwerken, Raketenantrieben und Gasgeneratoren befinden. In Aschau befindet sich überdies an der gleichen Adresse die Nitro-Chemie, ein Gemeinschaftsunternehmen von Rheinmetall und dem schweizer Rüstungskonzern RUAG. Zudem betreibt MBDA Deutschland ein Testzentrum in Freinhausen sowie eine Instandsetzungseinheit in Hermeskeil – beides in Kooperation mit der Luftwaffe. MBDA Deutschland unterhält Büros in Berlin (in der Nähe zur Regierung) in Bonn (in der Nähe zum Verteidigungsministerium) sowie in Koblenz (beim Beschaffungsamt der Bundeswehr BAAINBw).

Zu den tödlichen Produkten des Konzerns, die über die deutsche Webseite angeboten werden, gehören die Lenkflugkörper Enforcer, Milan und MMP, die von einzelnen Soldaten eingesetzt werden, sowie die Hubschrauberbewaffnungen PARS 3 LR, Mistral ATAM und die JFS-M, die eine Art Artillerie-Erweiterung sind und im Spektrum von einem bis 300 Kilometer direkt im Kampfgebiet eingesetzt werden. Die Palette an luftgestützten Lenkflugkörpern reicht von «kleinen» Modellen wie Brimstone und Spear zu größeren Luft-Luft-Raketen wie Meteor oder den massiven, bunkerbrechenden, gelenkten Bomben wie Taurus – international wird noch mit weiteren Produkten geworben, zu denen beispielsweise kleine Flügelaufsätze gehören, mit denen sich die Reichweite von Bomben verlängern lässt. Für die Luftverteidigung hat das Unternehmen ebenfalls mit der Mistral einen Lenkflugkörper am Start, der sowohl von einzelnen Soldaten, wie auch von Fahrzeugen oder festen Abschussrampen eingesetzt werden kann – jeweils gekoppelt ggf. an das hauseigene Radarsystem TLVS. Für den Einsatz auf Marineschiffen ist das System Rolling Airframe Missile (RAM) gedacht, das zusammen mit Raytheon und Diehl produziert wird. Bei MBDA denkt man bereits an die Zukunft und bringt sich aktiv in des FCAS-Projekt (Future Combat Air System) ein, für das man bereits jetzt Lenkflugkörper entwickelt, die in Schwärmen agieren und in der Lage sein sollen, verschiedene Ziele untereinander autonom aufzuteilen und anzugreifen. Mit Rheinmetall erhielt MBDA den Zuschlag, einen Erprobungsträger für eine Hochenergie(laser)waffe auf einem Marineschiff zu installieren.

86529 Schrobenhausen, Habenauer Forst 27      www.mbda-deutschland.de

Naval Vessels Lürssen

Neue Jadewerft: Werftstandort der NVL Group in Wilhelmshaven CC BY-SA 4.0, Foto: Lürssen.Kommunikation / Wikipedia

Von der einstmals großen und erfolgreichen Werftindustrie in Deutschland ist nicht mehr viel übriggeblieben. Die Konkurrenz vor allem aus Asien hat seit den 1970er Jahren einen Strukturwandel befördert und zum Abbau von Kapazitäten geführt. Die «Reste» wurden und werden immer wieder mal verkauft oder umfirmiert, wobei jedes neue Unternehmen für sich reklamiert, in der großen Tradition des Marineschiffbaus in Deutschland zu stehen. Zuletzt hat die Familie Lürssen aus dem Bremer Norden mit der NVL-Group eine neue Marke geschaffen, die Altbekanntes neuerlich zusammenfügt.

In der NVL-Group ist das Marinegeschäft der Firma Lürssen im November 2021 unter ein einheitliches Dach zusammengefasst worden, wie auch das zivile Geschäft eine Straffung erfahren hat und nun einheitlich unter dem Namen Lürssen vermarktet wird. Bestandteile der neuen NVL-Gruppe sind die drei Werftstandorte Hamburg (mit Blohm+Voss und Norderwerft), Wilhelmshaven (mit der Neuen Jadewerft) und Wolgast (der Peene-Werft) sowie in Bremen, wo Hauptverwaltung und Service angesiedelt sind. Mit Tochterunternehmen in Bulgarien, Brunei und Australien (2) gibt es außerhalb Deutschland vier weitere Standorte für die Marineschifffahrt.

In Hamburg (Blohm+Voss) und Wolgast (Peene-Werft) werden auch heute noch neue Marineschiffe gebaut, wie beispielsweise die Einsatzgruppenversorger der Berlin-Klasse, aber auch die verschiedenen Korvettenmodelle. Fregatten entstehen ebenfalls, aber schon nicht mehr in Eigenregie, sondern als Teil eines Konsortiums oder als Unterauftragsnehmer, wie beispielsweise für die neuen F-126-Fregatten, bei denen das holländische Unternehmen Damen federführend ist. 2021 hat NVL den Zuschlag für den Bau von zwei neuen Tankern für die Bundesmarine erhalten (zusammen mit der Meyer Werft (Rostock)). Abgesehen solch großer Boote liegt der Schwerpunkt eher bei kleinere Schiffstypen, die auch international gut zu vermarkten sind oder bei der Kampfwertsteigerung älterer Schiffe. Boote der NVL-Gruppe werden auch von Küstenwachen weltweit eingesetzt – sie folgen ähnlichen Designmerkmalen wie klassische Kriegsschiffe, sind aber leichter in der Panzerung und Bewaffnung gestaltet. Die Werften werden regelmäßig auch von der Bundesmarine und anderen Marinen für Überholungen und Reparaturen genutzt.

28759 Bremen, Zum alten Speicher 11     www.nvl.de

Northrop Grumman LITEF

Die Produkte der Freiburger Firma LITEF sind Bestandteil von Waffensystemen und Verkehrsflugzeugen und -hubschraubern weltweit. 

Begonnen hat die Geschichte der LITEF als Litton Technische Werke Freiburg als Kompensationsgeschäft beim Kauf des Starfighter-Jets durch die deutsche Luftwaffe 1961 – d.h. im Gegenzug zur Bestellung der Starfighter durch die BRD wurde vereinbart, ein Werk in Deutschland zu errichten, das bestimmte Komponenten des Flugzeugs fertigte. Die bei der Lizenzproduktion des Navigationscomputers durch LITEF erworbenen Fähigkeiten wurden in der Folge weiterentwickelt und haben unter anderem zur Entwicklung der Bordcomputer des Tornado-Kampfflugzeugs geführt. Der Schwerpunkt auf Navigationshilfen und -computer für Flugzeuge schlug sich nicht nur in der militärischen Luftfahrt nieder und LITEF gehörte bald zu den Lieferanten des Airbuskonzerns, der diese Computer auch in seinen Passagiermaschinen einsetzt. Ende der 1980er Jahre begann die Entwicklung des Bordcomputers und weiterer Sensoren für den Eurofighter. Die von LITEF entwickelten Geräte ermöglichen eine Orientierung unabhängig von Signalfeuern oder Satellitensignalen – Trägheitsnavigation. Ende des Jahrtausends war LITEF Marktführer für Trägheitsnavigationssysteme für Flugzeuge in Europa und technologischer Weltmarktführer. Ab Mitte der 1990er Jahre entwickelte man zusätzliche Navigationsgeräte für Landfahrzeuge und Lenkflugkörper. Der breit aufgestellte Mutterkonzern Litton-Industries aus den USA hat in der Zeitspanne ebenfalls eine deutliche Wandlung durchlaufen und Phasen einer Diversifizierung und Expansion erlebt, die in den 1980er Jahren mit einem neuen Zuschnitt als Rüstungskonzerns zu großen Teilen wieder zurückgeführt wurden. 2001 wurde Litton mit Northrop Grumman verschmolzen und das Freiburger Unternehmen ab 2008 mit dem Zusatz Northrop Grumman versehen.

Heute ist die Firma mit drei Geschäftsfeldern breit ausgestellt. Aufgebaut wird dabei in der Regel auf die Erfahrung mit Trägheitsnavigationssystemen, die beispielsweise in Hubschraubern, Drohnen oder Verkehrsflugzeugen genauso eine Anwendung finden, wie in hochpräzisen Baumaschinen und Lastkraftwagen, aber auch in Satelliten und als tragbare Systeme bei der Vermessung oder Prüfung beispielsweise bei Pipeline-Verlegearbeiten. Im Bereich Defense kommen die Beschleunigungssensoren, Drehratensensoren, Kreiselkompass-Systeme und Navigationsanlagen sowohl in Landfahrzeugen, Hubschraubern, Kampfjets, Drohnen wie auch bei Marineschiffen zum Einsatz. Die Einbindung in den Northrop Grumman Konzern, immerhin 2020 weltweit der viertgrößte Waffenproduzent der Welt, wird auf der Deutschen Webseite eher als Fußnote erwähnt – zudem schickt man sich als LITEF an, den Export der Produkte zu steigern indem man darauf verweist, dass explizit keine US-Technik in den Produkten enthalten ist (ITAR-frei), die eine Sanktionierung durch die US-Regierung ermöglichen würde.

79115 Freiburg im Breisgau, Lörracher Str. 18         www.litef.de

OHB Orbitale Hochtechnologie Bremen

­Als «einziger Raumfahrtkonzern» Deutschlands (Firmendarstellung) ist OHB auch weltweit eine bekannte Nummer im Raumfahrtgeschäft. Gebaut werden Satelliten und Raketen für die Raumfahrt, Bodenstationen und Kommunikationstechnik. Der Konzern hat (fast schon naturgemäß) auch eine enge Verbindung zum Militär und zur Bundeswehr (SAR-Lupe/SARah, Satellitenkommunikation im Rahmen von Heinrich-Hertz-Mission, Bodenstationen für SAR-Lupe).

Das Unternehmen nahm als Übernahme der Otto Hydraulik Bremen (OHB) in den frühen 1980er Jahren seinen Anfang und wuchs schnell über die Ausgangsbasis als Reparaturbetrieb für hydraulische Komponenten der Bundesmarine hinaus. Die Firma besetzt bald die von den großen Raumfahrtunternehmen gelassenen Lücken und wand sich auch der kommerziellen Nutzung von Satellitenkapazitäten zu. OHB ist Treiber hinter den heute nahezu allgegenwärtigen Telematik-Lösungen, die z.B. die genaue Bestimmung von Containern (visioboxx) oder Fahrzeugen auf der Welt ermöglichen. Mit Kleinst- und Microsatelliten wurden Weltraumanwendungen wirtschaftlicher und damit aus dem staatlich dominierten Weltraumgeschäft gelöst. In den 1990er Jahren siedelt sich das Unternehmen im Umfeld der Universität in Bremen entstehenden Community an und partizipiert damit auch von enormer wissenschaftlicher Expertise. OHB wird damit auch Partner bei fast allen europäischen Raumfahrtprogrammen und baut Infrastrukturen (Reinräume, Integrationshallen), die diese Position weiter festigen. Das Unternehmen ging schließlich 2001 an die Börse und wurde vom Zulieferer zum Systemanbieter. Das erste eigene große Projekt war gleichzeitig eines der ersten großen rein militärisch ausgerichteten – bis dahin hatte die Bundeswehr kleinere Spähsatelliten, die nun durch eine ganze Reihe neuer Systeme quasi zusammengeführt und effektiver gemacht wurde. Mit SAR-Lupe (Synthetic-Aperture-Radartechnik) stand der Bundeswehr ein System aus fünf Satelliten und einer Bodenstation zur Verfügung, mit der man unabhängig vom Wetter genaue Bilder von jedem Punkt des Planeten aufnehmen kann. OHB erhielt dabei sowohl den Zuschlag für die Erweiterung und den Verbund mit dem ebenfalls militärischen französischen Helios-System, wie auch für das Nachfolge System SARah, das noch leistungsfähiger sein soll. Diese Aufträge ermöglichten es OHB zu expandieren und kleinere Konkurrenten aufzukaufen. So wurde 2005 die MT Aerospace in das Unternehmen integriert. Gegründet als «MAN neue Technologie» war die Firma anfänglich damit beschäftigt strukturelle Bauteile für das Raumfahrtprogramm Ariane zu fertigen, hat aber bald seine Kompetenzen im Leichtbau genutzt, um auch in der Verkehrsflugzeugproduktion Fuß zu fassen. OHB gelang es 2005 MT Aerospace zu kaufen und damit einen größeren Anteil am Raumfahrtgeschehen in Deutschland zusammenzutragen. Inzwischen gehört auch ein Triebwerksbauer (Aerotech Peisenberg) zu MT Aerospace. Die Erfahrung im Bau von leichten Strukturen und Tanks nutzt auch die Verteidigungsindustrie. Die Zukäufe beschränkten sich nicht auf Deutschland allein – in Luxemburg und Italien wurden ebenfalls Mitbewerber übernommen, in Schweden, Griechenland und der Tschechischen Republik Dependancen gegründet, mit Thales-Alenia Space Kooperationen begründet. Im Jahr 2018 durchbrach die Firma erstmals den Umsatz von 1 Milliarde Euro im Jahr. Die Nähe zum Militär zeigte sich auch in dem Versuch von 2021, Anteile am Sensorspezialisten Hensoldt zu erwerben – letztlich wurde OHB in diesem Punkt vom Leonardo-Konzern ausgestochen.

28359 Bremen, Manfred-Fuchs-Platz 2-4      www.ohb.de

Raytheon Technologies

2020 wurde die Fusion zweier Rüstungsgiganten bekannt gegeben. Die Raytheon Company, Platz 5 im weltweiten Ranking von SIPRI, und die Nummer 10, United Technologies, fusionieren zu Raytheon Technologies – das neue Unternehmen belegte 2020 den zweiten Platz hinter Lockheed Martin. Der neue Konzern ist wesentlich auf das militärische Geschäft und das der Luft- und Raumfahrt allgemein zugeschnitten – andere Teile, wie beispielsweise der Fahrstuhlhersteller Otis wurden vor der Fusion aus United Technologies ausgegliedert. Das Unternehmen produziert Drohnen, Sensoren und die verschiedensten Lenkflugkörper und ist zudem im Bereich der Cybersecurity engagiert. Es ist einer der zentralen Lieferanten der US-Armee in fast allen Bereichen. Mit Pratt & Withney ist zudem einer der größten Produzenten von Strahlturbinen für Verkehrsflugzeuge Bestandteil der Firma – Pratt & Withney Turbinen werden aber auch in den US-Kampfflugzeugen wie F-35 oder F-22 verbaut.

In Deutschland ist das Unternehmen mit seiner Tochter Collin Aerospace vertreten, die in Heidelberg unter dem Namen Rockwell-Collins Navigationssysteme und Computer für Flugzeuge produzieren, sowie mit der Firma Kidde Deugra, die in Ratingen Brandschutzsysteme herstellen. Letztere Systeme kommen beispielsweise in Panzern zum Einsatz und sind mithilfe von Sprengsätzen in der Lage, ein Feuer, welches beim Einschlag einer Lenkwaffe im Fahrzeug entsteht, innerhalb von Millisekunden wieder zu löschen. Ähnliche Systeme kommen auch in der militärischen und zivilen Luftfahrt zum Einsatz, sind aber auch z.B. in den Gondeln von Windrädern nützlich, um den Schaden eines Feuers zu begrenzen. Auch für Busse oder andere zivile Fahrzeuge ist dies möglich. Ein weiterer Ableger von Collins Aerospace ist in Lippstadt angesiedelt, wo man Beleuchtung für die Innenräume von Flugzeugen fertigt – wiederum sowohl für ein ziviles, wie ein militärisches Einsatzspektrum.

Mit Raytheon-Anschütz hat der Konzern 1995 einen Navigationsspezialisten aus Kiel erworben und ausgebaut. Mit den von der Firma produzierten modernsten Radar- und Kontrollsystemen sind weltweit über 35.000 Schiffe ausgestattet - wie viele davon als Marineschiffe bewaffnet sind, wird in der Firmenkommunikation nicht mitgeteilt. Aber die Firma rühmt sich, die neuesten Schiffe der Bundesmarine damit ausgestattet zu haben und hat jüngst seine britische Niederlassung an einen anderen Ort verlegt, um der British-Navy besser dienen zu können.

24106 Kiel, Zeyestr. 16-24           www.raytheon-anschuetz.com / www.collinsaerospace.com / www.kidde-deugra.com

Rheinmetall

Protest gegen Panzerbau bei Rheinmetall (2012). CC BY-NC 2.0, Foto: Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Der Düsseldorfer Rüstungskonzern rangierte 2020 mit einem Umsatz von fast 4,2 Mrd. USD im Rüstungsgeschäft auf Platz 27 der weltweit größten Rüstungsunternehmen und ist damit Deutschlands größte Rüstungsschmiede.

Historisch geht das Unternehmen auf die Rheinischen Metallwaren- und Maschinenfabrik AG zurück, die 1889 gegründet wurde und insbesondere im Zuge des 1. Weltkriegs eine massive Expansion erlebte – Rheinmetall war bei Kriegsende 1918 mit 48.000 Mitarbeitern eine der größten Rüstungsschmieden Europas. Nach 1933 und der Erweiterung um die Liegenschaften von Borsig in Berlin, stieg Rheinmetall erneut zu einem der größten Rüstungsbetriebe Deutschlands auf. Die von Rheinmetall begründeten Rüstungskapazitäten wurden in die planmäßige Steigerung der Rüstungsproduktion für den beginnenden 2. Weltkrieg mit einbezogen und auch Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene eingesetzt. Nach dem Krieg und einer kurzen Phase ziviler Produktion setze an den Standorten des Konzerns erneut die Produktion von Waffen ein. Ab 1956 wurden an verschiedenen Standorten Maschinengewehre und Munition entwickelt und produziert. Ab 1964 wand man sich auch wieder größeren Kalibern zu. Wiederum avancierte Rheinmetall zum Ausrüster der deutschen Armee und war an der Entwicklung und der Produktion des Leopard 2 und anderer Landwaffensysteme wesentlich beteiligt. Der nachlassenden Nachfrage militärischer Güter vor allem durch die Bundeswehr in den 1980er Jahren begegnete der Konzern mit einer Ausweitung seines zivilen auf die Automobilindustrie ausgerichteten Geschäftes, erweiterte aber auch sein militärisches Produktportfolio durch den Zukauf verschiedener in den Konkurs gehender Unternehmen. Ab 2000 wurde die Diversität, die der Konzern erreicht hatte, wieder teilweise zurückgeführt und auf die «Kernkompetenzen» Wehrtechnik, Automobiltechnik und Elektronik reduziert und Unternehmenteile, wie z.B. die auf Marinetechnik spezialisierte Atlas-Elektronik aus Bremen, wiederverkauft. Im Zuge der Konzentration kamen weitere Beteiligungen, Kooperationen und Zukäufe im Rüstungsbereich hinzu (u.a. mit Diehl-Defence, MAN, Cassidian (Airbus), HIL, KMW). Die Zweiteilung des Konzerns in die Bereiche Automotive und Defence wurde 2021 aufgelöst und eine integrierte Firma mit den fünf Divisionen Weapon & Ammunition, Electronic Solutions, Vehicle Systems, Sensors & Actuators und Materials & Trade geschaffen und damit der Zuschnitt auf den Rüstungsbereich noch einmal geschärft.

Das Angebot im Bereich gepanzerter und ungepanzerter Fahrzeuge für die militärische Verwendung ist breit aufgestellt. Hier reicht die Palette vom Leopard 2, der in Kooperation mit Krauss-Maffei Wegmann gebaut und ausgerüstet wird, über die Schützenpanzer Puma, Marder und Lynx, der als Exportmodell bis nach Australien hin verkauft wird, bis hin zum Wiesel, der in unterschiedlichen Ausführungen als luftverlegbare Einheit einsetzbar ist. Auch die Panzerhaubitze 2000, wiederum in Kooperation mit KMW produziert, und Bergepanzer sind im Angebot. Am britischen Challenger 2-Panzer ist Rheinmetall (in Kooperation mit BAE Systems) ebenfalls beteiligt – wiederum ein Panzer, der als Grundlage für weitere Anwendungen (Bergepanzer, Mannschaftstransporter, Minenräumer ...) dient. Gepanzerte Radfahrzeuge, wie beispielsweise der Boxer, wiederum eine Kooperation mit KMW und abgewickelt in der Firma Artec in München, für eine vornehmliche militärische Verwendung werden ergänzt durch solche, wie beispielsweise der Survivor, die auch den zivilen Markt der Polizei adressieren. Auch ungepanzerte militärische Fahrzeuge, vornehmlich Transporter, sind im Angebot und werden in Kooperation mit MAN gefertigt – Anfang 2021, mitten in der Pandemie, hat Rheinmetall beispielsweise einen Auftrag über 500 Mio. € für die Bereitstellung weiterer Transportfahrzeuge erhalten, davon 390 Mio. € aus dem Konjunkturpaket. Neben Fahrzeugen ist die Entwicklung von Glattwaffensystemen einer der Schwerpunkte des Konzerns – gebaut werden nicht nur großkalibrige Kanonen für Panzer oder die Artillerie, sondern auch Maschinengewehre mit mittleren Kalibern als Turmaufsätze oder Zusatzbewaffnung bzw. für den Marinebedarf kleinere Bordgeschütze. Zu allem liefert Rheinmetall auch die passende Munition bzw. die Treibladungen und Zünder und auch die für den Einsatz notwendige Elektronik und Software. Neben dem Geschäft mit dem Militär ist Rheinmetall auch als Lieferant der Automobilindustrie breit aufgestellt und fokussiert hier auf zukünftig relevanter werdende Technologien, wie Wasserstoff oder Elektromobilität – und schafft, wie an der neuen Unternehmensstruktur ablesbar, auch neue Synergien zwischen den Bereichen.

Rheinmetall ist an vierzig Standorten in Deutschland vertreten, wobei für das militärische Geschäft die größeren Standorte wie Kassel, Bremen, Oberndorf am Neckar, Neunburg am Rhein und Unterlüß ein erhebliches Gewicht haben. Die vielen bereits erwähnten Kooperationen im nationalen Rahmen wären zu erweitern um eine Vielzahl von Verbindungen ins Ausland, in denen Rheinmetall auch eigene Werke und Vertretungen unterhält. Neben Niederlassungen in Großbritannien, USA und Australien sind auch Verbindungen nach Griechenland, Italien und in andere Länder bekannt – Rheinmetall zählt rund vierzig Tochtergesellschaften und Beteiligungen, von denen sich viele im Rüstungsbereich befinden. Von 2005 bis 2013 war Rheinmetall im Konzert mit Diehl-Defense und Krauss-Maffei Wegmann an der Heeresinstandsetzungslogistik beteiligt. Solche Formen von «Service», also der Betreuung der Produkte über ihre reine Bereitstellung hinaus, sind wesentliche Elemente der Umsätze fast aller Rüstungsunternehmen in Deutschland. Gegen Ende 2021 hat sich Rheinmetall mit EMT-Penzberg einen Drohnenhersteller und mit Zeppelin Mobile Systeme noch einen Feldlagerspezialisten einverleibt.

Die Kritik am Konzern und seinem tödlichen Geschäft reißt seit Jahren nicht ab und immer wieder werden auch Fragen gestellt, in welcher Form beispielsweise Munitionsproduktion und -export der südafrikanischen Tochter Denel geregelt ist.

40476 Düsseldorf, Rheinmetall Platz 1       www.rheinmetall.com

Rohde und Schwarz

Rohde & Schwarz ist ein Spezialist für Kommunikation, Frequenzmanagement und Vernetzung und seit Jahrzehnten eng auch mit der militärischen Elektronik verbandelt. So basieren viele der Kommunikationseinrichtungen der Bundeswehr auf den Komponenten des Münchner Konzerns. Auch Körperscanner gehören zum breiten Portfolio, das auch viele zivile Anwendungen kennt. 2018 wurde zusammen mit Rheinmetall eine neue Firma gegründet, die noch spezifischer auf den digitalen Wandel der Bundeswehr eingehen soll (RRS-MITCOS bei Berlin).

Das Unternehmen geht auf eine Gründung zweier Ingenieure zu Beginn der 1930er Jahre zurück und heißt seit Kriegsende Rohde & Schwarz. Der Bau von Messgeräten für die Industrie und für die Prüfung für den militärischen Gebrauch war der Anfang, der sich in den 1950er Jahren ganz wesentlich in den Bereich der Funkfrequenzüberwachung und -analyse für die Luftfahrt erweitert hat. Auch heute noch spielt R&S eine wesentliche Rolle in der Bereitstellung von Kommunikationsinfrastruktur für die zivile und militärische Luftfahrt – für den militärischen Bedarf erweitert um digitale Verschlüsselung, Frequenzmanagement und Komponenten, die eine vernetzte Operationsführung erlauben. Die Funküberwachung z.B. zur Identifikation von Drohnen oder der Analyse von Funk- und Satellitenübertragungen zur Informationsgewinnung, ebenfalls stark militarisierte Felder, sind ein weiterer Schwerpunkt der Arbeit. Das neue Thema der Operationsführung und Kommunikation des Heeres, grob als «Digitalisierung der Landstreitkräfte» umschrieben, geht das Unternehmen aus München als neues Feld gemeinsam mit der Rüstungsschmiede Rheinmetall in einem eigenen Joint-Venture an – was durchaus dazu führen kann, dass R&S auch auf den internationalen Märkten in diesem Bereich aktiver wird, als bisher. R&S ist Anteilseigner des ebenfalls unmittelbar mit militärischer Elektronik verbundenen Unternehmens ESG aus Fürstenfeldbruck.

81671 München, Mühlendorfstr. 15       www.rohde-schwarz.com

ruag Deutschland

Munitionsproduktion Foto: RUAG International

Die RUAG (Rüstungsunternehmen Aktiengesellschaft) ist Ende der 1990er Jahre aus den staatlichen Rüstungsbetrieben der Schweiz entstanden, die angesichts sinkender Nachfrage im Inland auf den Export setzen wollten, um die Wirtschaftlichkeit zu erhalten. Die Privatisierung hatte eine Ausweitung der Geschäftsaktivitäten zur Folge – sowohl mit Bezug zu den abgedeckten Feldern, wie auch im geografischen Fokus. Heute verfügt RUAG u.a. über Niederlassungen in den USA, Australien, Frankreich, Niederlande und Deutschland. 2020 wurde die Firma erneut umstrukturiert in RUAG International und RUAG (Schweiz) – während die International-Sparte Waffenkäufe und Produktion von zivilen Gütern für ein internationales Publikum gewährleistet, ist die nationale RUAG ein Unternehmen, das ganz auf den Bedarf der Schweizer Armee ausgerichtet ist und diese mit Dienstleistungen und Material bedient: Erstere verdient das Geld, mit dem die Schweizer Sektion rentabel bleibt.

Die RUAG ist in zivilen Geschäftsfeldern wie beispielsweise der Erstellung von Rumpf- und Flügelstrukturelementen für die Verkehrsluftfahrt tätig – Partner sind hier beispielsweise Airbus, Bombardier oder Pilatus. Ähnliche Elemente werden allerdings auch für Saab geliefert, die damit ihren Gripen-Kampfjet bestücken, oder auch Boeing, wo Flügelelemente von RUAG ihren Dienst bei F-18 Kampfjets erfüllen. Zudem ist die RUAG zu einem international tätigen Raumfahrtzulieferer geworden, der sowohl in US-amerikanischen, wie auch in europäischen Raumfahrtprogrammen erfolgreich ist. Geliefert werden neben Solarpanelen und Strukturelementen auch Komponenten und elektronische Bauteile für Bodenstationen und Satelliten – es gibt Überschneidungen zwischen der Raumfahrt und der Produktion von Komponenten für die Wehrtechnik. Ganz wesentlich ist aber die Produktion von Munition für Armee und Polizei-Einheiten. Es gibt eine breite Palette unterschiedlicher Geschosse im Angebot, die auch an ganz unterschiedlichen Orten der Welt produziert werden – von Übungsmunition bis hin zu gehärteten Geschossen ist alles dabei. RUAG verkauft auch Munitionskomponenten, die von anderen Herstellern erst noch zu schussfähigen Patronen zusammengebaut werden müssen – oder aber auch ganz anderen Zwecken dienen, wie beispielsweise Zünder für Airbags, die in der Automobilindustrie verbaut werden. Die RUAG ist auch einer der Anbieter für Simulationssysteme für den militärischen Gebrauch im Betrieb von Truppenübungsplätzen – in der Schweiz und außerhalb. Ganz wesentlich ist im militärischen Bereich auch das Engagement als Instandhalter von militärischem Gerät für verschiedene Armee in Europa und auch in Australien.

Die RUAG Deutschland ist als Tochter des schweizer Militärkonzerns vor allem im Geschäft mit der Reparatur und Instandhaltung von Fahrzeugen und Hubschraubern beteiligt. In Gilching betreibt das Unternehmen die Fertigung von Strukturkomponenten für die militärische und zivile Luftfahrt. In Coswig sind Teile des Raumfahrtgeschäftes angesiedelt und in Fürth wird Munition produziert. 2021 wurde ein Werk in Wessling, das mit der Fertigung der Dornier Do 228 betraut war, an den US-Rüstungskonzern General Atomics veräußert, der vor allem für seine Kampfdrohnenproduktion bekannt ist.

10117 Berlin, Voßstr. 23        www.ruag.ch

Schusswaffenhersteller und Munitionsproduzenten

Neben den Platzhirschen Heckler & Koch, Diehl Defense, Rheinmetall und RUAG gibt es in Deutschland weitere Firmenniederlassungen, die sich explizit mit der Produktion von Kleinwaffen und Munition beschäftigen. Deutsche Schusswaffen-Technologie ist weltweit gefragt. Dabei ist der Export durchaus umstritten – oftmals sind es nicht nur die in Deutschland gefertigten Waffen, die sich bei Demokratien wie Diktaturen einer gewissen Beliebtheit erfreuen, vielmehr sind es auch die Techniken zur Fertigung, die als Grundlage einer Lizenzproduktion erworben werden. Dazu ein kleiner Überblick über die Anbieter:

Carl Walther – die Carl Walther GmbH in Ulm kann auf eine über 130jährige Geschichte des Waffen- und Pistolenbaus zurückblicken. Ursprünglich in Suhl in Thüringen gegründet, ist die Firma in Ulm heute Bestandteil einer Firmengruppe um den Jagd- und Sportwaffenhändler Umarex aus Arnsberg und verfügt über Produktionsanlagen in den USA. Bekannt ist das Unternehmen für seine Pistolen für Spezialkräfte und Polizei (Walther PPK), aber auch für sein umfangreiches Sortiment an hochpräzisen Sportwaffen.

SIG Sauer – skandalumwitterter Hersteller, der ursprünglich in Eckernförde angesiedelt war, aber aufgrund verschiedener auch gerichtlich verfolgter illegaler Waffenexporte seine deutschen Standorte weitgehend geschlossen hat. Die internationale Kundschaft wird nun wohl vor allem aus den USA heraus beliefert. SIG Sauer produziert Kurz- und Langwaffen für den militärischen und zivilen Bedarf und ist im Besitz der L&O Holding in Emsdetten.

Haenel – wie Carl Walther ist C.G. Haenel eine recht alte Firma, die allerdings am Standort Suhl geblieben ist und dort seit 1840 Waffen produziert. Neben einem umfangreichen Sortiment an Jagd- und Sportwaffen, ist die Produktion von Waffen für Polizei und Armee ein wesentliches Standbein geworden. Seit 2019 bemüht sich das Unternehmen um den Zuschlag für das neue Sturmgewehr der Bundeswehr und beschäftigt damit vor allem Gerichte. Das Unternehmen ist Teil der übergeordneten Merkel Group, die, wie auch Haenel, zu Zeiten der DDR Jagd und Sportwaffen (Ernst Thälmann) produzierte und auch nach 1989 kurz vom Waffenhersteller Heckler & Koch übernommen wurde. 2007 wurde das Unternehmen an die Caracal International in Abu Dhabi verkauft. 2008 wurde schließlich Haenel neu gegründet. Caracal ist eine Unterfirma des Staatskonzerns EDGE der Vereinigten Arabischen Emirate und selbst Hersteller von Waffen.

Nammo – als 1998 die norwegische Firma Nammo den Standort Schönebeck übernahm, war dieser bereits seit 1832 ein Ort der Munitionsproduktion (u.a. Lapua). Es ist einer von drei Standorten des Rüstungskonzerns in Deutschland, der neben der Produktion von klein- und großkalibriger Munition auch Lenkwaffen, Antriebsysteme, Zünder und Gefechtsköpfe im Angebot hat. 

MEN – als Metallwerk Elisenhütte GmbH ist MEN ein Produzent von Munition für den Einsatz bei Polizei und Militär in Nassau an der Lahn. Angeboten werden gängige Kaliber in regulärer aber auch in Spezialausführung z.B. für Scharfschützen und inzwischen auch als «grün» gekennzeichnet schadstoffarm und schwermetallreduziert.

Fritz Werner Industrie Ausrüstungen - mehrere Punkte sind an dem Unternehmen in Geisenheim am Rhein interessant – zum einen die Odyssee der Besitzrechte, wie auch die Zuordnungen innerhalb der bundesdeutschen Rüstungsindustrie, aber auch der Versuch, die Firma als «Zivil» zu tarnen und von den Munitionsverkäufen abzulenken ist bemerkenswert. Fritz Werner Industrieausrüstungen verkauft Maschinen für die Produktion und Verpackung von Munition. Es ist einer der weltweit wenigen Hersteller, die komplette Munitionsfabriken schlüsselfertig abliefern können – dabei hilft die Einbettung in den Ferrostaal-Konzern. Die Liste ehemaliger Kunden weist einen hohen Anteil an fragwürdigen Regimen auf. 2019 wurde ein Brandanschlag auf den Unternehmenssitz verübt.

AKHA – die Albrecht Kind GmbH in Gummersbach gehört zu den traditionsreichen Waffenhändlern im deutschsprachigen Raum und hat sich einen Ruf als Lieferant für die Polizei- und Sicherheitsbranche erarbeitet. Auch wenn der direkte Verkauf an das Militär nicht zum eigentlichen Metier des Unternehmens gehört, so wird doch Zubehör für Scharfschützen bereitgehalten – Schwerpunkt sind Jagd-, Sport- und «Freizeit»-Waffen.

Nolte Services – Kerngeschäft des Unternehmens ist die kommerzielle Beseitigung von Kampfmitteln und Blindgängern bei Bauvorhaben, bzw. die Prüfung auf militärische Altlasten bei entsprechenden Vorhaben. Zum anderen ist das Unternehmen aber auch in der Instandhaltung für die US-Armee in Deutschland (Mannheim) aktiv und prüft in diesem Zusammenhang die Sicherheit der in Deutschland gelagerten Munition (Granaten, Bomben, etc. – Bruchmühlbach bei Ramstein).

Wescom Defense – der US-Konzern hat vor Jahren bereits die Pyrotechnik in Bremerhaven von Diehl Defense gekauft und bietet heute neben Übungsmunition auch Rauchbomben für Manöver an – früher hieß die Firma auch mal Comet.

T.T.S. Theissen Training Systems - Wer sich immer gefragt hat, woher die Pappkameraden kommen, auf die beim Schießtraining geschossen wird, der wird hier fündig. Die Anlagen taugen sowohl für das Üben auf stehende wie bewegliche Ziele und sind sowohl für Kleinwaffen, wie Panzer geeignet. Das Unternehmen ist international tätig und hat eine weitere Fabrikation in Belgien und eine Partnerfirma in den USA.

Steep

Die Geschichte des heutigen Unternehmen Steep ist eng Verknüpft mit der Entwicklung der Bundeswehr und war bereits mit dem Outsourcing von Bundeswehraufgaben betraut, als es der Begriff noch nicht ins deutsche Vokabular geschafft hatte. Mit 30 Standorten und über 800 Mitarbeitern ist das Unternehmen nicht nur in Deutschland aktiv. Neben der Betreuung von Radaranlagen, der Luftüberwachung und der Systemintegration ist es insbesondere auch bei mobilen IT-Netzwerken aktiv – ein Bereich, der für die Bundeswehr immer wichtiger wird. Zudem hat Steep allgemeine IT-Services im Angebot und auch den Bereich der Schulungen nicht nur für Militärangehörige in den letzten Jahren ausgebaut. So war das Unternehmen z.B. auch Dienstleister bei Gefechtsübungszentren und bei einigen Justizvollzugsanstalten.

Entstanden ist die heutige Steep als ELEKLUFT (Elektronik- und Luftfahrtgeräte GmbH) 1961 in Bonn und war eine der Firmen, die mit der Errichtung und schlussendlich auch dem Betrieb und der Betreuung der bundesdeutschen Radarüberwachung betraut waren. Hauptpartner war dabei immer die deutsche Luftwaffe, für die man bald auch weitere Leistungen erbrachte. Insbesondere die Dokumentation und später auch die regelmäßige Radarmessung, bei der Komponenten überprüft und justiert wurden, sind zum Geschäftsfeld geworden. Die Erfahrung bei der Prüfung von Material der Bundeswehr auf elektromagnetische Verträglichkeit schlug sich auch in der Errichtung eines eigenen Testzentrums des Heeres nieder, das gemeinsam mit ELEKLUFT betrieben wurde. In den 1980er Jahren wurden zudem verschiedene Großradaranlage errichtet, die auch mit der Entwicklung der Raumfahrt zu tun hatten – ebenfalls ein Feld, wo zivile und militärische Bereiche sich überschneiden. Nebenher wurde das Geschäft mit Training und Schulungen ausgebaut und ELEKLUFT wurde zum Dienstleister unter anderem für die Schulungen in den (zivilen/technischen) Berufsfeldern der Bundeswehr selbst. Die ELEKLUFT übernahm Aufgaben auch im Betrieb großer Prüf- und Entwicklungsanlagen und war bald mit der Betreuung ganzer privatwirtschaftlicher Werks-Infrastrukturen vornehmlich aus der Luft- und Raumfahrt, bzw. aus dem Bereich der Wehrtechnik betraut (z.B. EADS oder MBDA in Schrobenhausen). 1999 wurde die Firma vom britischen Unternehmen Serco übernommen, das sich auf das Outsourcing von Facility-Management spezialisiert hatte, und in Serco GmbH umfirmiert. So war z.B. Serco (in diesem Fall ELEKLUFT) 2005 einer der Betreiber des Gefechtsübungszentrums in der Colbitz-Letzlinger Heide (die anderen waren die FFG, die IABG und Saab Trainings Systems). 2012 wurde es durch ein Management Buy Out wieder aus dem Konzern gelöst und erhielt seinen heutigen Namen, der sich als Akronym aus Service, Training, Engineering, Energy und Products ergibt.

Das heutige Produktportfolio umfasst nach wie vor den Betrieb und Wartung von Radaranlagen in Deutschland und für die Bundeswehr. Darüber hinaus ist das Unternehmen einer der präferierten Systemintegratoren für die Bundeswehr in der Bereitstellung vor allem von luftverlegbaren oder transportablen Kommandostäben oder Gepäck- und Personenkontrollen (z.B. am Eingang von Feldlagern). Auch die Bereitstellung von Komponenten für die Einrichtung von luftverlegbaren IT-Netzen hat das Unternehmen Produkte und Lösungen parat. Steep hat sich damit ganz bewusst darauf eingestellt, dass die vorher stationär angebotenen Services und Einrichtungen nun auch im Einsatzgebiet verfügbar gemacht werden können.

53121 Bonn, Justus-von-Liebig-Str. 18      www.steep.de

Thales

Radarsystem von Thales Deutschland auf einer niederländischen Fregatte. CC BY-NC 2.0, Pim GMX / flickr

Der Elektronik-Gigant aus Frankreich ist das Ergebnis einer durch die französische Regierung gesteuerte Konzentration unterschiedlicher Sparten militärbezogener Elektronikfirmen in einem einzigen Unternehmen. Der Vorgänger Thomson-CSF sammelte in seinem Expansionsstreben auch verschiedenste Unternehmen in Deutschland, wie beispielsweise die Firma Lorenz (SEL) oder Teile der AEG-Telefunken ein. 2000 in Thales umbenannt, strebt das Unternehmen nun eine Konzentration auf die Hochtechnologiefelder Luft- und Raumfahrt, Verteidigung und Sicherheit sowie digitale Identitäten und Sicherheit an – die zivile Sparte der Signal- und Bahntechnik soll veräußert werden (Stand 8/2021). Thales ist laut SIPRI auf Platz 14 der größten Rüstungsunternehmen weltweit und generiert mit dem militärischen Geschäft einen Anteil von 47% (2020). Schwerpunkte des Rüstungsgeschäfts sind neben Frankreich auch Italien und Großbritannien. Thales gehört zu den Konzernen im weiteren Bereich der Rüstung, die aktiv an einer Verwischung militärischer und ziviler Anwendungen arbeiten. Stichwort ist dabei die Versicherheitlichung aller Lebensbereiche, die sich bei Thales unter anderem in der Verknüpfung digitaler Identitäten, Simulationssystemen und Geoinformationssystemen äußert.

In Deutschland ist das Unternehmen mit verschiedenen Beteiligungen und Standorten verwurzelt. Neben dem Hauptstandort Ditzingen, wo alle Sparten gleichermaßen vertreten sind, gibt es Niederlassungen u.a. in Ulm, wo das Raumfahrtgeschäft (Wanderfeldröhren, Ionenantriebstechnik) untergebracht ist sowie Komponenten für Kommunikationsanlagen gefertigt werden; in Koblenz, wo Thales Simulations- und Radarsysteme für den militärischen Bereich entwickelt, fertigt und betreut; in Kiel, wo Kommunikations- und Navigationssysteme für den (auch militärischen) Marinebetrieb bereitgestellt sowie gezielt für U-Boot unterwasserfähige Radaranlage entwickelt werden; und in Wilhelmshaven, wo Marineausbildungssysteme für die Bundessmarine bereit gestellt, aber vor allem Führungs- und Waffeneinsatzsysteme entwickelt werden. Thales ist in Deutschland auch in einer Reihe von Kooperationen engagiert, wie beispielsweise in der gemeinsam mit dem Rüstungsriesen Rheinmetall betriebenen Simulationsanlage für den Kampfhubschrauber Tiger oder auch in einer Beteiligung an der ESG zusammen mit Airbus und Rohde & Schwarz.

71254 Ditzingen, Thalesplatz 1      www.thalesgroup.com

ThyssenKrupp Marine Systems

6. Juli 2021: Abschluss des größten Waffendeals in der Firmengeschichte von ThyssenKrupp Marine Systems. Norwegen bestellt sechs U-Boote für ca. 5,5 Milliarden Euro. Foto: ThyssenKrupp AG

Anfang der 2000er Jahre hat der Essener Thyssen Konzern ein Konglomerat der letzten größeren Werften mit dem Ziel gebildet, technologische Kompetenz und Kapazitäten im Schiffbau allgemein zu erhalten und eine wettbewerbsfähige Größe zu schaffen. Funktioniert hat dies nur bedingt. Letztlich ist aber mit Thyssen Krupp Marine Systems ein auf den militärischen Schiffbau spezialisiertes Unternehmen entstanden, wohingegen die zivilen Kapazitäten wieder veräußert oder eingestellt wurden. Thyssen-Krupp Marine Systems ist im Kern die Verschmelzung der einstmals übermächtigen Marineschmieden Blohm+Voss (Hamburg) und der Howaldtswerke-Deutsche Werft AG (Kiel). Vieles einstmals im Bestand befindliche, wie Niederlassungen in Griechenland und den skandinavischen Ländern, wurde mit der Konzentration auf das militärische Geschäft veräußert. Heute sind es die Standorte Kiel, Hamburg und Emden, in denen noch gefertigt und repariert wird.

Laut Branchenmonitor der Hans-Böckler-Stiftung vom Dezember 2021 sind noch fünf größere Werftengruppen aktiv, die ca. 80% aller im Schiffsbau Beschäftigten vereinen (Meyer Werft, TKMS, Lürssen, Genting, German Naval Yards). Deutsche Werften sind ökonomisch nur in drei Sparten erfolgreich: Kreuzfahrtschiffe und Yachten, Spezialschiffe sowie Marineschiffe. Seit mehreren Jahren gibt es Bestrebungen, einen nationalen Champion im Marineschiffbau zu bilden – die jüngste Entwicklung, die Neuorganisation der Lürssen-Gruppe, gibt der Idee Nahrung, die eine Fusion der verbliebenen Werften vorsieht.  

Nach 1956 wurde mit der Wiederbewaffnung auch der Marineschiffbau reaktiviert und man knüpfte insbesondere an den Kompetenzen im U-Boot-Bau an, die nun in TKMS zusammengefasst sind. Seit den 1960er Jahren waren U-Boote aus Deutschland ein Exportschlager und dies ist auch noch heute so. Als führender Anbieter für konventionelle (~nicht atomare) U-Boote finden die Produkte tödliche Verwendung weltweit. Die neuesten Klassen (212 A, 212 CD, 214) arbeiten mit außenluft-unabhängigen Antrieben auf der Basis von Brennstoffzellen und gelten als die leistungsfähigsten konventionellen U-Boote weltweit – ja nach Ausstattung liegt ein einzelnes Exemplar bei rund 400 Mio. Euro. Der im Juli 2021 geschlossene Vertrag über die Lieferung von sechs U-Booten (212 CD) an Norwegen und Deutschland hat ein Gesamtvolumen von 5,5 Mrd. Euro. Rund um verschiedene U-Boot-Verkäufe, wie beispielsweise die Exporte nach Israel und Griechenland, ranken sich Vorwürfe der Korruption.

Zum Unternehmen gehört seit 2006 auch die Atlas Elektronik aus Bremen, ebenfalls mit einer langen Historie des Engagements im Militärsektor. Das Unternehmen war bis in die 2000er Jahre im Besitz unter anderem der Firmen Rheinmetall und BEA Systems und wurde 2003 an Thyssen-Krupp und EADS (heute Airbus) veräußert. 2017 trennte sich Airbus von seiner Beteiligung und das Unternehmen wurde vollständig in TKMS integriert. Die Spezialisierung von Atlas liegt in der Bereitstellung von Sonaranlagen, Kommunikationseinrichtungen (auch für U-Boote) und Führungssystemen. Ein weiteres Standbein ist die Produktion von Torpedos, der Hauptbewaffnung von U-Booten – der Seehecht-Schwergewichtstorpedo ist ein erfolgreiches Exportmodell.

24143 Kiel, Werftstr. 112-114         www.thyssenkrupp-marinesystems.com