mit: Prof. Dr. Christa Luft (Eröffnung), Prof. Dr. Hubert Laitko, Prof. Dr. Jörg Roesler, Dr. phil. habil. Mario Kessler, Prof. Dr. Clemens Burrichter, Prof. Dr. Günter Kröber und Prof. Dr. Reinhard Mocek
Veranstaltungsbericht:
Das Kollegium Wissenschaft der Rosa-Luxemburg-Stiftung hatte für den 16. November 2004 ins Magnus-Haus, eines der ältesten Bürgerpalais Berlins, zum Kolloquium anlässlich des 100. Geburtstages von Jürgen Kuczynski geladen.
Mit etwa 50 Teilnehmern rechneten wir, aber sicherheitshalber hatten wir den Konferenzraum mit 70 Plätzen bestuhlen lassen. »70 Plätze, na gut, wenn Sie darauf bestehen, aber glauben Sie mir«, sagte der Mann vom Magnus-Haus, »entweder es kommen so um die 30 Leute oder es werden an die 100 – dazwischen gibt es nichts!« Und er sollte Recht behalten. Denn es hätte uns ja klar sein müssen: Zu Kuczynskis Hundertstem meldet man sich nicht an, zu J. K. kommt man! 100 Gäste zum 100sten – J. K., sie haben dich nicht vergessen: ehemalige Schüler, Kollegen, Freunde – und auch die Generation der Enkel und Urenkel.
Wenn auch die Wissenschaftlercommunity – von den Ökonomen, Philosophen, Historikern bis zu den Naturwissenschaftlern – in der Zuhörerschaft überwog, so hatte das Kolloquium auch jene neugierig gemacht, die J. K. weniger als Wirtschaftshistoriker denn als brillanten wie selbstironischen Essayisten mit seinem in der DDR legendär gewordenen »Dialog mit meinem Urenkel« kennen und lieben gelernt hatten.
Und so hatte man das Gefühl, es gehe der gute Geist des J. K. durch die Stuhlreihen. Wie einst, als J. K. schon hoch betagt und gebeugt durch die langen Gänge des Akademiegebäudes in der Prenzlauer Promenade in Berlin-Pankow wandelte, wo sein Institut für Wirtschaftsgeschichte seit Anfang der 80er Jahre sein Domizil hatte. Bei solchen Gelegenheiten hatte er sich den Spaß gemacht, in den einen oder anderen Beratungsraum auch der anderen Institute im Hause hineinzuschauen und dem wissenschaftlichen Treiben mit weisem Lächeln ein wenig zu folgen, um dann seinen Auftritt mit dem legendären Satz zu beenden: »Lasst euch nicht stören, macht ruhig weiter!« »Bin mal neugierig, was ihr von einem unverbesserlichen Urgroßvater zu erzählen wisst« – so vermutlich J. K.s Kommentar zu den Bemühungen um eine differenzierte Würdigung des Phänomens Jürgen Kuczynski an diesem Tage.
Was zeichnet das wissenschaftliche und politische Credo eines Menschen aus, der in fünf Gesellschaftsordnungen gelebt und gewirkt und der Idee des Sozialismus nie abgeschworen hat? Dazu entfalteten die Referenten ganz unterschiedliche Perspektiven: Wie lebt der Marxist mit dem Widerspruch? (Clemens Burrichter), J. K. – ein linientreuer Dissident? (Mario Keßler), J. K.s Sozialismusbild und das Problem historischer Alternativen (Hubert Laitko), Der Relativlohn – J. K.s Instrument zur Einschätzung der Lage der arbeitenden Klassen (Jörg Roesler). Und die Zuhörer erfuhren manches Bonmot aus persönlichen Begegnungen und auch weniger bekannte Geschichten um den einstigen Nestor der DDR-Gesellschaftswissenschaften. Wen es interessiert, warum sich J. K. selbst für den »Novellenpreis« vorschlug und es dann auf Initiative von Günter Kröber fast der Nobelpreis geworden wäre, dem empfehlen wir den ausführlichen Kolloquiumsbericht sowie ausgewählte Texte im aktuellen und in den folgenden Heften von »UTOPIE kreativ«.
(Dr. Klaus Meier)
Texte zum Thema:
Wolfgang Girnus: Jürgen Kuczynski – Bericht über ein Kolloquium zum 100. Geburtstag >>mehr
MARIO KESSLER: Jürgen Kuczynski – ein linientreuer Dissident. in UTOPIEkreativ Heft 171 [pdf]
GÜNTER KRÖBER: Jürgen Kuczynski und der Nobelpreis. in UTOPIEkreativ Heft 171 [pdf]
JÖRG RÖSLER: Der Relativlohn. Jürgen Kuczynskis Instrument zur Einschätzung der Lage der arbeitenden Klassen. in UTOPIEkreativ Heft 172 [pdf]
Organisatorische Hinweise:
Ansprechpartner in der RLS:
Dr. Klaus Meier
Tel. 030 44310 145
E-Mail: meier@rosalux.de
Kollegium Wissenschaft der RLS
Dr. Wolfgang Girnus
E-Mail: kollegium-wissenschaft@gmx.net
Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg
Gerd-Rüdiger Stephan
Tel. 0331 8170432/4
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