Was kann Berlin von London, Rom, Paris oder Wien lernen? Zum Beispiel, »dass die ständige Personalabsenkung im öffentlichen Dienst und die Privatisierung kommunaler Unternehmen nicht Blaupause für die Zukunft der Stadt sein kann«, sagt der Linkspartei-Abgeordnete Marian Krüger. Der Haushaltsexperte hat im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung untersucht, was in diesen Hauptstädten, die alle von Vertretern der Linken regiert werden, in Sachen sozialer Stadtentwicklung und Bewahrung öffentlichen Besitzes unternommen wird, oder ob sie dem Privatisierungsdruck nachgeben.
Herausgefunden hat er, dass etwa in Paris der öffentliche Dienst massiv ausgebaut wird, besonders im Bereich der Kinderbetreuung. Nennenswerte Privatisierungsvorhaben seien nicht bekannt. Die Stadt verfügt über einen großen Betriebssektor in privater Rechtsform und unter Einbeziehung privaten Kapitals, aber unter Kontrolle des Stadtparlaments. 90 000 Wohnungen sind in kommunalem Besitz.
In Wien bestehe sogar ein Privatisierungsverbot für die Wasserwirtschaft, »da wurde mir richtig warm ums Herz«, schwärmte Krüger. In Berlin habe dagegen die große Koalition die Wasserbetriebe privatisiert, »mit den Folgen müssen wir jetzt leben«. Überhaupt habe Wien seinen öffentlichen Sektor beispielhaft umstrukturiert, Verkehrs-, Energie- und Immobilienbereich unter einer Stadtwerke Holding vereint. 200 000 kommunale Wohnungen gibt es. Ein Rückzug des Staates finde nicht statt, betonte Krüger. Ziel sei es im Gegenteil, den öffentlichen Sektor in einer marktbeherrschenden Stellung zu halten, durch Personalabbau aber auch wettbewerbsfähig zu machen. Die Wiener Erfahrungen würde der Abgeordnete gern für Berlin erschließen.
Auch in Rom und London hat er die Ausweitung öffentlicher Aufgaben registriert. Rom hat seine Ausgaben zwischen 2001 und 2004 um neun Prozent gesteigert und den Bau von 8000 Sozialwohnungen angeschoben. London stockt Polizei und Verkehrsüberwachung auf, setzt aber insbesondere bei Verkehrsprojekten auf die Einbeziehung von Privaten. Was Krüger für sehr strittig hält und auf Berlin nicht einfach übertragbar.
Die Studie berücksichtigt, dass die Städte bei allen Gemeinsamkeiten von starken Unterschieden geprägt sind. Berlin hat die meisten kommunalpolitischen Kompetenzen und muss seine Schulen und Krankenhäuser allein finanzieren, während in Wien die Lehrer beispielsweise vom Staat bezahlt werden. Die Haushaltsausgaben betragen in diesen Städten nur einen Bruchteil der Berliner, allerdings auch die Schulden.
In Berlin als Haushaltsnotlageland stehen die Themen anders als in Städten mit nur einer Milliarde Euro Schulden, schlussfolgert denn auch Krüger. Berlin müsse sich erst Spielräume durch Konsolidierung schaffen, dürfe seine Zukunft aber nicht durch den »Tunnelblick« der Sparpolitik sehen. An den Konsolidierungserfolgen sollten die Berliner dann aber auch beteiligt werden, sagte er an die Adresse des Finanzsenators. Die Trennung von weiterem kommunalen Besitz und die Absenkung sozialer Standards würde die Wettbewerbsfähigkeit Berlins als Metropole schwächen. Der Verkauf von Wohnungsbaugesellschaften beispielsweise entspreche nicht den europäischen Erfahrungen.