Nach wie vor ist die Meinung weitverbreitet, nach der Auflösung des Bauhauses unter dem Nationalsozialismus seien seine Akteur_innen wegen ihrer Tätigkeit dort verfemt, verfolgt, vertrieben oder sogar ermordet worden. Diese Vorstellung bildet allerdings nur einen Teil der Geschichte ab, denn nicht wenige Bauhäusler_innen arbeiteten auch während des sogenannten Dritten Reichs in ihren Berufen weiter.
Das einseitige Bild vom Bauhaus als Opfer des Naziregimes lässt sich auf eine bis heute nachwirkende gesellschaftliche Grundhaltung der bundesrepublikanischen Nachkriegsjahrzehnte zurückführen, die bis in die späten 1980er-Jahre von einem normativen Moderneverständnis und dem Theorem vom „deutschen Sonderweg“ geprägt war. Vor diesem Hintergrund beschäftigten sich auch die Geschichtswissenschaft und die Kunstgeschichte intensiv mit der nationalsozialistischen Verfolgung des Bauhauses. Eine eingehende Erörterung der Frage nach Kontinuitäten der Nazizeit blieb jedoch aus, während dem gängigen Bild widersprechende, bisweilen zur Diskussion gestellte Thesen wenig Resonanz fanden.
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Dieser Beitrag erschien zuerst im Buch Bernd Hüttner· Georg Leidenberger (Hrsg.): 100 Jahre Bauhaus. Vielfalt, Konflikt und Wirkung; Metropol Verlag, Berlin 2019, 272 Seiten, 22 EUR.
Bauhaus und Nationalsozialismus – Interview von Radio Blau. Freies Radio für Leipzig, (Länge 12:36) mit Laura Rosengarten, 23. Mai 2019.