News | Rosa-Luxemburg-Stiftung Unabhängig und gemischt

Das Kuratorium berät die Stiftung und schlichtet Streit. Episode 4 von Christa Luft.

Zur Geschichte der Stiftung gehört das Kuratorium. Es hatte die Aufgabe, den Vorstand zu beraten, die Arbeit des Vereins zu unterstützen und in Streitfällen Schlichtungsvorschläge zu unterbreiten.

Die Mitglieder wurden vom Vorstand der nahestehenden Partei und von den Landesstiftungen vorgeschlagen, der Verein seinerseits bemühte sich um Persönlichkeiten vor allem aus Wissenschaft und Kultur. Der Vorteil des Kuratoriums bestand in seiner Zusammensetzung: Es war gemischt aus Vertretern der neuen und der alten Bundesländer, aus Jung und Alt, aus theoretisch und praktisch-politisch Arbeitenden, es vereinte verschiedene linke Strömungen, schon vor der Fusion zur LINKEN waren VertreterInnen der WASG für die Mitarbeit gewonnen worden. Der erste Vorsitzende des Kuratoriums war Michael Schumann, Philosoph und Landtagsabgeordneter in Brandenburg. Er erwarb sich bleibende Verdienste bei der Profilierung der bildungspolitischen Arbeit des Vereins in den schwierigen Anfangsjahren. Nach seinem Unfalltod übernahm der Germanist und sächsische Landtagsabgeordnete Peter Porsch, die Aufgabe. Nach meinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag im Jahre 2002 wurde ich – von Beruf Wirtschaftswissenschaftlerin – Kuratoriumsvorsitzende und hatte das Ehrenamt bis zum abrupten Ende des Gremiums 2008 inne. Meine StellvertreterInnen waren Albert Scharenberg von der Freien Universität Berlin und Almuth Nehring-Venus, PDS-Stadträtin im Bezirk Pankow und spätere Wirtschaftsstaatssekretärin im Berliner Senat. In diesen sechs Jahren kam das Kuratorium gut zwei Dutzend Mal zusammen. Nach Einführungsvorträgen von StiftungsmmitarbeiterInnen aus den verschiedenen Bereichen empfahl das Gremium dem Vorstand für die weitere Arbeit zum Beispiel die Gewährleistung der Pluralität linker Strömungen, die Repräsentation der Vielfalt gesellschaftstheoretischen Denkens, eine gezielte Einbeziehung der Ergebnisse der Auslandsarbeit in die inländische Bildungsarbeit und die stärkere Nutzung des StipendiatInnenpotenzials für die Stiftungsarbeit. Wichtig war dem Kuratorium auch die Bearbeitung des Zusammenhangs von parlamentarischer und außerparlamentarischer Opposition, der Ausbau der Bildungsangebote zu Wirtschafts- und Finanzfragen und die Sicherung eines kontinuierlichen Informationsflusses zwischen Stiftung und den Parlamentariern der nahestehenden Partei.

Die meisten Empfehlungen wurden umgesetzt oder sind im Prozess der Umsetzung. Insofern war die Arbeit nützlich, wenngleich nicht immer spannungsfrei. Hauptamtliche Mitarbeiter empfanden manche «Ratschläge» von Ehrenamtlichen mitunter als «Schläge». Ehrenamtliche ihrerseits konnten den Eindruck gewinnen, kritische Hinweise seien nicht gerade willkommen. Ich erwähne das, weil das Problem hier und da auch in der LINKEN zu beobachten ist. Keine Frage: Überzogene Erwartungen an die Bildungs-, Auslands- oder Öffentlichkeitsarbeit der Stiftung kamen vor. Mitunter waren Gremienmitglieder auch nicht ausreichend über den letzten Arbeitsstand informiert, manche mehr, manche weniger aktiv. Und: Über die Jahre war das Kuratorium personell aufgebläht.

Aber: Es war das einzige unabhängige, komplett ehrenamtliche Gremium, das sich mit allen Arbeitsbereichen der Stiftung befasste. Daher überraschte es die Mitglieder, dass es im Zuge von Umstrukturierungen überflüssig werden sollte, statt es neu zu profilieren. Als Quintessenz bleibt: Unabhängige Beratung mit Blick auf die Stiftung in ihrer Gesamtheit und ihre öffentliche Ausstrahlung ist kein entbehrlicher Luxus.

CHRISTA LUFT IST VORSTANDSMITGLIED DER ROSA-LUXEMBURG-STIFTUNG