News | International / Transnational - Afrika Folgen des Uranabbaus - Internationale Konferenz zum Thema Uran, Gesundheit und Umwelt

Ibrahima Thiam und Claus-Dieter König aus dem rls Regionalbüro in Dakar berichten über die Konferenz vom 16.-18. März 2012 in Bamako, Mali



Die Suche nach Alternativen zur Erdölenergie hat das Interesse vieler nördlichen Ländern an der Ausweitung der Uranausbeutung im afrikanischen Kontinent geweckt. Dieses Mineral sichert die Energieversorgung der Industrieländer und deckt in Frankreich 74% der Versorgung mit elektrischer Energie ab. In Deutschland, dem Vereinigten Königreich und Japan knapp 30% und in den Vereinigten Staaten 20%[1]. Es hinterlässt dabei aber einen ausgebeuteten und verlassenen Kontinent. Wenn der Gramm Uran 1,6 Tonnen Öl und 2,4 Tonnen Kohle ersetzt, dann lässt sich der weltweite Sturm nach dem Mineral erklären. Zudem wird Uran für die Herstellung furchterregender Nuklearwaffen gefördert. Afrika, ewige Quelle an Rohstoffen für die großen Mächte der Welt, bleibt aber der größte Verlierer. Die Förderung seiner Bodenschätze wie Uran wirken sich negativ auf Wirtschaft, Umwelt und die Menschen aus.

Bei der Konferenz zum Thema Uran, Gesundheit und Umwelt in Bamako versammelten sich Physiker, Ärzte, Aktivisten und Nichtregierungsorganisationen, um die Folgen des Uranabbaus zu diskutieren. In Anwesenheit von Vertretern des Dorfes Faléa (im Westen Malis), unter anderen der Bürgermeister,  Stellvertreter der 21 Dorfchefs, Vertreter der Kommune Kéniéba und  ARACF- Mitglieder) ist der Fall dieser Landgemeinde besonders beleuchtet worden. Die Ausweitung des Abbaus weltweit wurde beschrieben und diskutiert. Tatsächlich nutzen die Unternehmen der  Industrieländer wie Frankreich und Kanada Uran, ohne dass die Länder, in denen das Mineral abgebaut wird einen wirtschaftlichem Nutzen daraus ziehen könnten. Die französische Gesellschaft AREVA setzt jährlich etwa 9 Milliarden Euro um[2] während der Haushalt des Staates Niger weniger als eine Milliarde Euro beträgt.[3] Nach einigen Jahrzehnten Uranabbau schließen die Minen. Dann erst beginnen viele Folgen für die Gesundheit der Minenarbeiter und Anwohner (Verletzungen, Krebs, Sehstörungen, Leukämie, Störungen des reproduktiven Systems und des Verdauungssystems usw..), Umwelt (Boden, Luft, Wasser und radioaktiven Metallabfälle aus den Minen). Schließlich verursacht Radioaktivität eine Schwächung des Autoimmunsystems, als Folge werden viele der Uranbedingten Todesfälle um die Uranmine von Arlit im Niger auf AIDS geschoben.

Eine Schlüsselrolle für die nukleare Energiegewinnung Frankreichs spielt der Abbau von Uran in den  von Minen von Arlit in Niger. Das ärmste Land der Welt lässt zwei Drittel der Glühbirnen ganz Frankreichs erglimmen. Die Mitarbeiter und Bewohner der Region Arlit hingegen erleben eine Katastrophe in ihrer Umwelt und im Alltagsleben und leiden an Lungenkrebs und anderen Krankheiten als Folge der radioaktiven Strahlung. In Gabun sind diese Folgewirkungen erst nach 40 Jahren Uranabbau Mounana entdeckt worden. Die Opfer versuchen nun, Entschädigungszahlungen von den Unternehmen zu erhalten. Andere Länder wie Namibia, Sambia, Simbabwe, die Demokratischen Republik Kongo und Tansania werden durch eine Ausweitung des  Uranabbaus bedroht.

Uranabbau und die Produktion des sogenannten ‚Yellow Cake’[4] hinterlassen im Umfeld der Minen Verwüstung, radioaktive Verseuchung, Krankheit und Tod. In Afrika findet der Abbau meist im Tagebau statt, der die Landschaft komplett verwüstet. Eine Rehabilitierung ist im Budget der Bergbauunternehmen nicht vorgesehen. Wo sie – z.B. in Europa und den USA – stattfindet, werden diese Kosten externalisiert, kurz: der Steuerzahler zahlt sie. Die Konzentration von Uranverbindungen im abgebauten Material beträgt oft unter 1%. Mehr als 99% sind strahlenbelasteter Abraum, da Uran (je nach Isotop) eine Halbwertszeit von 700 Millionen bzw. 4,5 Milliarden Jahren hat[5], strahlt er faktisch bis zum Untergang der Menschheit.[6] Er wird einfach hunderte Meter hoch aufgehäuft. Meist gibt es keine Warnschilder im Umfeld der Halden, die vor der Radioaktivität warnen. Bei trockenen Winden – im Sahel ein übliches Wetter, weht der Staub der Halden kilometerweit und verseucht umliegende Siedlungen. Als Staub oder über das ebenfalls radioaktive und hochgiftige gasförmige Zerfallsprodukt Radon nehmen Menschen radioaktive Substanzen über die Atemwege und die Nahrungskette auf, die sich im Körper anreichern und den Körper von innen verstrahlen. Vor der Strahlenbelastung durch im Körper befindliche radioaktive Substanzen gibt es keinen Schutz und sie sind die wichtigste Quelle der vielfältig durch den Uranabbau verursachten Krankheiten.

Die ersten Verarbeitungsstufen des Uranerzes benötigen große Wassermengen. In den Förderregionen ist Wasser aber oft knapp. Wenn das Minenunternhemen die Wasservorräte aufbraucht, fehlt es der Landwirtschaft und als Trinkwasser. Nach dem Verarbeitungsprozess bleibt radioaktiv verseuchtes Wasser zurück. Es wird in sogenannten Absetzbecken entsorgt. Sie unterscheiden sich zunächst optisch nicht von anderen Stauseen. Gestaut wird aber radioaktives Wasser. Über die Jahre setzen sich die Feststoffe ab und hinterlassen einen radioaktiv strahlenden, Sumpf. Die Absetzbecken befinden sich oft nahe von Siedlungen und sind selten ausreichend beschildert. Folglich baden sich die Menschen im strahlenden Wasser, waschen ihre Wäsche darin und lassen das Vieh davon trinken.

Eine weitere bedeutende Belastungsquelle für die Bevölkerung ist der Transport des abgebauten oder weiter verarbeiteten Materials. Selten ausreichend ummantelt und oft in leckenden Fässern wird es über Straßen oder Bahnlinien zu den Häfen transportiert. Dabei durchfährt der strahlende Transport die wichtigsten Transportrouten der Abbauländer, die zwangsläufig durch alle großen Städte auf dem Weg führen. Die Hafenstädte, die auf dem Weg zum Hafen durchquert werden, sind meist Millionenstädte.

Alle Kosten des Uranabbaus zusammengerechnet sind ein Mehrfaches der Umsätze. Es handelt sich um ein ökonomisch eklatant unsinniges Verlustgeschäft. Viele der Kosten treten allerdings erst Jahrzehnte nach der Förderung auf. Insbesondere die Kosten, die durch Krankheiten und Umweltzerstörung entstehen. Kurzfristig machen die Minenbetreiber Milliardenprofite, denn die später anfallenden Kosten – ein Mehrfaches des Profits – zahlen der Staat und die Menschen.

Wer die gesamte Urankette vom Abbau bis zur Entsorgung in Betracht zieht, kann auch nicht aufrichtig behaupten, Kernenergie sei ein Beitrag zum Klimaschutz. Die Energiekosten des Uranabbaus sind hoch und die notwendige Energie wird vor Ort meist fossil und damit unter Emission großer Mengen CO2 gewonnen.

Das Dorf Faléa mit seinen 17.000 Einwohnern liegt westlich von Mali. Es birgt riesige Potenziale in Gold, Bauxit (439 Mio. t) und Uran (5000 Tonnen) und die Kanadische Firma Rockgate Corp besitzt eine Lizenz zur Exploration auf für 150 km ² Fläche. Mounana und Arlit haben heute keine andere Wahl mehr und müssen unter den Auswirkungen der Uranstrahlung leiden. Faléa kann noch gerettet werden und dies erfordert Widerstand vor Ort und Solidarität weltweit. Die malische Regierung und ihr Ministerium für Bergbau argumentiert, dass Uran eine Chance für das Land ist, denn der Abbau bringe Reichtum und damit Wohlergehen für die Menschen. Insbesondere, wenn eine Diversifizierung der Bergbauproduktion die nationale, regionale und lokale Wirtschaft stärke. Deshalb unterschreibe Mali Verträge, um Gold und Bauxit und Uran mit europäischen Unternehmen zu betreiben. Wütend argumentiert eine Konferenzdelegierte aus Arlit dagegen. Im Niger gebe es seit 60 Jahren Uranminen. Dennoch habe das Land weiterhin den weltweit zweitschlechtesten Wert des Wohlstandsindikators Human Development Index (HDI).

Durch diese Konferenz sind die Informationen über die destruktiven Auswirkungen der Uranabbau in Mali und insbesondere in Faléa angekommen und der Alarm ist ausgelöst. Die Organisation ARACF kämpft für das Bewusstsein der Bevölkerung und für eine starke Mobilisierung gegen den Uranabbau. Da es kein Null-Risiko im Bergbau gibt, wurde das Thema Sicherheit im Bergbau und die Einhaltung von internationalen Gesetzen in Bezug auf Technologie, Organisation, Menschen, Informations-und Steuerungssystem aufgegriffen. Die Afrikanische Allianz für Uran (AUA) zur Bekämpfung von Uranabbau hat sich nach der Konferenz getagt und neue Mitgliedsorganisationen  aus Mali, Niger, Gabun, Südafrika und Tansania gewonnen. Beschlossen wurde die Organisation einer Konferenzen der AUA in etwa einem Jahr, die Erstellung einer Website und eine Bestandsaufnahme der Fördervorhaben, der sie bekämpfenden Organisationen und von Dokumente und Publikationen zum Thema.

Die Begegnung hat erwiesen, dass es dringend ist, in den Ländern des globalen Südens zu handeln, Koalitionen zu bilden, Menschen aufzuklären und Druck auszuüben, damit dem Uranabbau ein Ende gesetzt werden kann.

Die Bevölkerung Faléas sieht sich erst durch die Aufklärungskampagne des Vereins ARACF in Zusammenarbeit mit der Rosa Luxemburg Stiftung ausreichend informiert. Die lokalen Behörden und die Bevölkerung wurden über die katastrophalen Auswirkungen der Uranminen in Faléa fortgebildet. Das Projekt zeigt bereits Wirkung: die Sprecher der 21 Dörfer der Landgemeinde Faléa haben sich einstimmig gegen den Uranabbau ausgesprochen Ebenso haben die Bürgermeister der zwölf Landgemeinden der Region Kéniéba eine Erklärung gegen den Uranabbau beschlossen.

Beim Uran liegt die Schlussfolgerung auf der Hand: Es gibt entlang der gesamten Nutzungs- und Entsorgungskette keine Verwendung, deren Nutzen höher ist als der durch sie verursachte Schaden. Die gesamte Urankette hinterlässt eine Spur der Zerstörung, Verseuchung und Verstrahlung. Selbst wenn man es in seinen natürlichen Lagerstädten unter der Erde belässt, schadet es. Wenn man es fördert, vertausendfacht man den Schaden. Uran bleibt besser unter der Erde.

2.4.2012


[4] Yellow Cake ist ein konzentriertes Gemisch von Uranverbindungen, das aus dem Uranerz gewonnen wird und als Ausgangsstoff für die Herstellung von Brennelementen dient

[5] 238U hat eine Halbwertszeit von 4,468 Milliarden Jahren, 235U hat eine Halbwertszeit von 703,8 Mio. Jahren. Die auf der Erde natürlichen Vorkommen dieser Isotope stammen aus der Entstehungszeit des Sonnensystems. http://de.wikipedia.org/wiki/Uran am 02.04.2012

[6] Laut wissenschaftlichen Prognosen wird die Menschheit aufgrund der Annäherung der Erde an die Sonne noch weniger als eine Milliarde Jahre existieren. http://www.focus.de/wissen/wissenschaft/erde_aid_136452.html am 02.04.2012