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Gegen systematische Verletzung der Bürgerrechte und die Einschränkung der politischen Freiheiten in der Ukraine

Im Laufe der Jahre 2014 und 2015 haben die Organe der legislativen und exekutiven Gewalt in der Ukraine Beschlüsse gefasst und Handlungen unternommen, die die Bürgerrechte der Ukrainer, welche von der Verfassung und der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten garantiert werden, grob verletzen.

Freiheit des Wortes

Die Freiheit des Wortes und das Recht der freien Meinungsäußerung wird vom Artikel 34 der Verfassung der Ukraine und Artikel 10 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert.           

Vor kurzem hat das Justizminsterium die Registrierung der Zeitung der Partei „Sozialistische Ukraine“ zurückgezogen, welche linke politische Anschauungen vertrat.

Auch auf den Fernsehkanal «112» und die Zeitung «Westi» wird Druck von Seiten der staatlichen Organe (des Nationalrates für Fragen des Fernsehens und Rundfunks) ausgeübt. «Westi» und «112» haben innerhalb ihrer Sendungen versucht, unterschiedliche Standpunkte darzustellen. Die staatliche Einmischung zielt auf die Veränderung der Redaktionspolitik dieser Medien und stellt nichts anderes als Zensur dar.

Das Ministerium für Kultur und die Staatliche Kino-Agentur stellen Listen verbotener Kinofilme, Fernsehsendungen, Schauspieler auf. Diese werden ständig ergänzt. Der Sicherheitsdienst der Ukraine verfolgt Bürgerinnen und Bürger, welche in sozialen Netzwerken ihre Position zu den aktuellsten Fragen äußern.

Gegenwärtig findet eine Gerichtsverfahren über den im Februar 2015 verhafteten Journalisten Ruslan Kotsaba (Kozaba) aus Iwano-Frankiwsk statt. Der ehemalige Maidan-Aktivist Kotsaba wurde von Menschenrechtsorganisationen als politischer Gefangener (Gefangen aus Gewissensgründen) anerkannt. Im Rahmen eines offensichtlich auf falschen Beschuldigungen beruhenden Verfahrens wird der Odessaer linke Journalist Witlaij Didenko hinter Gittern gehalten, bei dem während einer Durchsuchung angeblich Drogen gefunden wurden. Didenko hatte sich sowohl gegen den amerikanischen, als auch gegen den russischen Imperialismus ausgesprochen.

Im Mai 2015 sind in der Ukraine Gesetze in Kraft getreten, die es Ukrainern verbieten, kommunistische Ansichten zu äußeren und entsprechende Symbole zu verwenden. Diese Gesetze kriminalisieren positive öffentliche Äußerungen über die Sowjetunion und kritische Äußerungen über ukrainische Nationalisten.

Freie und faire Wahlen

Das aktive und passive Wahlrecht wird von Artikel 38 der Verfassung der Ukraine garantiert. Der Justizminister hat aber per Verordnung die Teilnahme der Kommunistischen Partei und zweier weiterer Parteien, die das Attribut kommunistische führen, an den Kommunalwahlen im Oktober 2015 verboten. Die Justizbehörde des Charkiwer Gebietes hat sechs Mal hintereinander der Partei «Oppositioneller Block» die Registrierung ihrer Gebietsorganisation verweigert. Somit hat diese Partei die Möglichkeit verloren, an den Kommunal- und Regionalwahlen im Gebiet Charkiw teilzunehmen, in dem sie über die größte Unterstützung unter der Bevölkerung verfügt.

Das neue Gesetz über die Kommunal- und Regionalwahlen erhöht die Sperrklausel um eine Repräsentation in einer Vertretung zu erhalten von 3 auf 5 Prozent. Für die Zulassung zu den Kommunalwahlen in Kiew zum Beispiel muss eine Zahlung von 105.000 Griwna (ca. 4.000€) geleistet werden. Dies entspricht etwa dem 110fachen des ukrainischen Existenzminimums. Nur im Falle einer erfolgreichen Wahlteilnahme wird die Summe rückerstattet.

Alle diese «Neuerungen» beeinträchtigen das passive und aktive Wahlrecht und dienen der Konzentration der Macht in den Händen der Oligarchen. Somit können die lokalen Wahlen a priori nicht als frei und gleich gelten.

Versammlungsfreiheit

Die Vereinigungsfreiheit ist von den Artikeln 36 und 37 der Verfassung der Ukraine und Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert.

Im Widerspruch zur Verfassung, welche festlegt, dass «Verbote von Organisationen der Bürger nur auf dem Rechtsweg erlassen werden können» und entgegen den europäischen Rechtsnormen, hat die Werchowna Rada und das Justizministerium die Vereinigungen derjenigen Bürger verboten, die kommunistische Anschauungen vertreten.

Die Versammlungsfreiheit ist laut Artikel 39 der Verfassung der Ukraine und auf Grund des Artikel 11 der Europäischen Menschenrechtskonvention garantiert.

Versammlungen und Demonstrationen, die oppositionelle Themen, Themen von Minderheiten (ethnischen und nationalen) ansprechen, waren Attacken von ultrarechten militarisierten Formationen ausgesetzt. Dabei greifen Rechtsschutzorgane häufig nicht ein oder sind sogar der Unterstützung dieser Übergriffe verdächtig. Besonders häufig traten solche Vorfälle in Charkiw, Odessa, Dnipropetrowsk und Kiew auf.

Recht auf Freiheit und Sicherheit

Das Recht auf Freiheit und Sicherheit wird durch Artikel 29 der Verfassung der Ukraine und Artikel 5 der EMRK garantiert.

Im August 2014 hat der Präsident ein Gesetz unterschrieben, dass entgegen den Reglungen der Verfassung den Rechtschutzorganen erlaubt, Bürger ohne richterlichen Bescheid bis zu 30 Tage festzuhalten (Die Verfassung schreibt hier ein Maximum von 72 Stunden vor). In Folge hat die Werchownaja Rada eine Reihe von Gesetzesakten angenommen, welche den Vollzugsorganen der Exekutive erlaubt, Bürger nach eigenem Ermessen abzuhören oder in bestimmten Fällen in der Zone der so genannten Antiterroristischen Operation (ATO) nach eigenem Ermessen von der Schusswaffe gebrauch zu machen. 

Das Organisationskomittee der Partei «Sozialnyj Ruch» sympathisiert nicht mit den Anschauungen und Handlungen von oppositionellen Oligarchen und ihrer «linken» Dienstleister, die nunmehr Opfer der Repressionen oder Rechtseinschränkungen geworden sind.

Wir vertreten die Auffassung, dass die Führung der Kommunistischen Partei der Ukraine schon längst die kommunistischen Ideale verraten hat und die Partei benutzte, um eigene Reichtümer anzuhäufen und den Reichen zu dienen. Gleichzeitig hat sie sich russischem Nationalismus und konservativen Werten geöffnet. Die Reaktionäre von der KPU und des «Opposiotionellen Blocks» mit der ehemaligen Partei der Regionen tragen gemeinsam mit den jetzigen herrschenden politischen Kräften die direkte politische Verantwortung für die aktuelle politische Krise, für die Verarmung der Bevölkerung und die schrecklichen Folgen des Krieges.

Aber wir verstehen, dass die oben genannten Parteien, Organisationen, Initiativen und Medien nicht deshalb verfolgt werden, sondern weil sie oppositionelle Positionen vertreten. Die Herrschenden nutzen den Vorwand des Krieges um eine Offensive gegen Bürgerrechte und politische Rechte zu eröffnen.

Bald werden alle Menschen von diesen Repressionen bedroht sein, die es wagen, den Interessen der gegenwärtigen Regierenden, der regierungsnahen Oligarchen, dem globalen Kapital und den ausländischen Staaten zu widersprechen, die den ukrainischen Politikern ihren Willen aufzwängen.

Wir verurteilen die systematischen Verletzungen der Bürgerrechte und die politischen Repressionen in der Ukraine. Die Wiederherstellung der demokratischen Freiheiten im Land ist zur Zeit eine der unabdingbaren Aufgaben für alle, die die Interessen der ukrainischen Werktätigen vertreten.

Wir protestieren entschieden gegen die Entdemokratisierung! Wir sehen in der liberalen Demokratie bessere Möglichkeiten, des effektiveren Kampfes derjenigen, die politisch für die sozialen Interessen der Ukrainer kämpfen, als in einer autoritären Diktatur.

Unsere Stimme gilt der Verteidigung der politischen Freiheiten! Es ist die Stimme des gerechten Kampfes gegen soziale Ausbeutung!

Das Organisationskomitee «Sozialnyj Ruch» (Soziale Bewegung)