Veranstalter waren die Rosa-Luxemburg-Stiftung, die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg, die Michael-Schumann-Stiftung und die Fraktion DIE LINKE im Brandenburger Landtag. Es kamen insgesamt knapp 100 Teilnehmer und Teilnehmerinnen, um sich mit der kritischen und selbstkritischen Aufarbeitung des 25jährigen demokratischen Aufbruchs in Brandenburg zu beschäftigen. Das Kolloquium widmete sich dem Wirken der Linken in den 25 Jahren ihrer Tätigkeit im Brandenburger Landtag in Opposition und Regierung. Zu Wort kamen im ersten Podium ehemalige und jetzige Abgeordnete der Linken, im zweiten Podium ehemalige Abgeordnete und Regierungsmitglieder anderer Fraktionen.
Dabei ging es – beginnend mit den Wahlen zum Landtag 1990 und der Konstituierung des Landtages – um die Entwicklung der politischen Kultur, die Besonderheiten des Brandenburger Weges und die Einbindung aller politischen Kräfte. Die Linke hat sich als Verfassungspartei engagiert, sich der Auseinandersetzung mit der Geschichte gestellt und den Beschluss „Mit menschlichem Maß“ wesentlich mitgetragen. Dabei ging und geht es um Integration als große Herausforderung im Verhältnis zu Ab- und Ausgrenzung sowie den Umgang mit Minderheitenrechten. Ständige Herausforderung war und ist die Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und mit der Asylpolitik.
Während des Kolloquiums wurden auch neue Herausforderungen für die politische, wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Landes Brandenburg thematisiert.
Im ersten Podium wurden die ehemaligen und jetzigen Abgeordneten der Linken eingangs nach ihrem größten Erfolg gefragt. Ralf Christoffers verwies auf die Überlegungen und Schritte zu linker Wirtschaftspolitik. Hannelore Birkholz betonte die enge Partnerschaft mit der SPD-Ministerin Regine Hildebrand im Wirken für soziale Gerechtigkeit. Über Schwierigkeiten des Umgangs im Inneren des Parlamentes für einen neuen Abgeordneten sprach René Wilke. Margitta Mächtig verwies auf das wichtige Feld der kommunalpolitischen Arbeit, die Bundespolitik dürfe der Kommunalpolitik nicht davonlaufen. Volkmar Schöneburg, ehemaliger Justizminister, hob den Stellenwert des Umgangs mit Minderheiten als Maß einer Gesellschaft hervor. Ein wichtiger Schritt sei die Erarbeitung der Brandenburger Landesverfassung, woran die Linke einen erheblichen Anteil für sich in Anspruch nehmen könne.
Während des Podiums wurde die Bedeutung eines demokratischen Diskussionsprozesses unterstrichen, mit dem Ziel, Lösungen zu finden. Dabei gehe es um einen respektvollen Umgang mit Volksinitiativen, um ein Meinungsbild der Öffentlichkeit einzufordern und ein eigenes Meinungsbild zu finden. Mehrere Podiumspartner betonten: es gehe darum, Alternativen zu suchen und zu finden, was übrigens auch für die Partei Die Linke gelte.
Die akute Flüchtlingsproblematik, die unter verschiedenen Aspekten immer wieder ihren Weg ins Podium fand, erfordere ein realistisches Herangehen. Hier sei europäische Politik gefragt, unterstrich Helmuth Markov, die Fluchtursachen seien zu analysieren, und in den Ländern seien Folgerungen zu ziehen. Auch sei beispielsweise die Brandenburger Kommunalverfassung zu ändern, dem wirklichen Leben anzupassen.
Das zweite Podium konnte mit einer repräsentativen Runde aller in der ersten Wahlperiode des Brandenburger Landtages vertretenen Parteien aufwarten. Betont wurde das damalige Bemühen, zu integrieren, und nicht auszugrenzen. Die Brandenburger Verfassung, so der frühere Ministerpräsident Manfred Stolpe, wurde von allen Parteien getragen. Zwanzig Gesetze wurden von allen Abgeordneten ohne Gegenstimmen angenommen. Peter-Michael Diestel, seinerzeitiger CDU-Fraktionsvorsitzender, erinnerte an das Regieren der Vernunft in der ersten Wahlperiode. Die Brandenburger Verfassung sei ein gutes, modernes Werk. Dabei haben sicher auch agierende Persönlichkeiten eine große Rolle gespielt: ein verlässlicher und sympathischer Manfred Stolpe, zuverlässige Linke wie Lothar Bisky, Michael Schumann, Anita Tack und Heinz Vietze. Der seinerzeitige parlamentarische Geschäftsführer der linken Fraktion betonte die geltende Fairness als Grundprinzip, so zum Beispiel die Bereitschaft der Anderen, einen letzten 1. Sekretär der SED als Gesprächspartner zu akzeptieren. Das alles habe dann zu dem Beschluss des Landtages geführt „Mit menschlichem Maß Geschichte betrachten“. Peter-Michael Diestel nahm Bezug auf den Stolpe-Untersuchungsausschuss, der richtungsweisend gewesen sei , Nachdenklichkeit, aber auch kritische Solidarität mit Manfred Stolpe ausgelöst habe. Hinrich Enderlein, Wissenschaftsminister a.D., erinnerte an die Aufbruchsstimmung im Land Brandenburg. Alle Parteien haben an Gesetzesentwürfen konstruktiv mitgewirkt, was dann zu einstimmigen Zustimmungen im Parlament führte. Dagmar Enkelmann, frühere Fraktionsvorsitzende der Linken, sprach über das völlige Unverständnis in Bonn über Konsensaktivitäten in Brandenburg. So sei der Runde Tisch als Instrument der Politik bis zu den März-Wahlen 1990 begrüßt worden, dann aber im Wortsinne in die Ecke gestellt worden.
Einen wichtigen Platz nahm in der Diskussion die Entwicklung von Demokratie und bürgerlichem Engagement. Politikverdrossenheit, so Peter-Michael Diestel, sei heute das größte Problem. Da helfe, mit Klugheit und Überlegung Dinge zu erklären, so in Bezug auf europäische Fragen. Manfred Stolpe unterstrich, dass Menschen ernst genommen werden wollen. Politik muss erklärt werden, dabei sei die Konzentration auf Wahltermine falsch. Dagmar Enkelmann plädierte für eine Stärkung der Beteiligungsrechte, so gehöre Volksgesetzgebung ins Grundgesetz. Hinrich Enderlein meinte, für ihn sei die Wahlbeteiligung nicht so gravierend, wichtiger sei die Sicherung der Beteiligungsrechte auf allen Ebenen. Rolf Wettstädt, seinerzeit parlamentarischer Geschäftsführer der Bündnisfraktion, hob darauf ab, die Brandenburger Verfassung in allen ihren Teilen zu beachten, so z.B. die Verfassungsaufgabe des Landes (Artikel 41, Absatz 3), die breite Streuung des Eigentums zu fördern.
Heinz Vietze mahnte an, nicht nur die Erfolge des Landes, sondern auch Pleiten, Pech und Pannen in Erinnerung zu behalten, um für die Zukunft, die nächsten 25 Jahre, die richtigen Folgerungen zu ziehen. Manfred Stolpe meinte, die nächsten 25 Jahre stellen die Zivilgesellschaft vor große Herausforderungen. Mit Flüchtlingen müsse menschlich umgegangen werden. Soziale Differenzierungen werden wachsen, ebenso die Differenzierungen zwischen Regionen in Brandenburg. Anita Tack, langjähriges Mitglied des Landtages und Landesministerin a.D., setzte sich für den hohen Rang der Flüchtlingspolitik ein, ebenso für die Entwicklung des sozialen Wohnungsbaus und der Brandenburger Lebensqualität.
Das Kolloquium resümierend konnte Heinz Vietze auf die insgesamt gute Entwicklung Brandenburgs verweisen, die die Entwicklung der Politik und der politischen Kultur einschließe, leider nicht immer im Sinne des Politik-Verständnisses aus der 1. Wahlperiode. Probleme und Aufgaben gebe es auch heute ausreichend, Lösungen werden besser erreicht, wenn ein fairer Umgang, Vernunft, Ergebnisorientierung gewährleistet werden.
Text von Wolfgang Bey. Fotos von Joachim Liebe. Videos von Johanna Bergmann.
Den gesamten Mitschnitt der Diskussionen können Sie in zwei Teilen auf YouTube ansehen:
Podium 1 auf YouTube (externer Link)
Podium 2 auf YouTube (externer Link)
Die Videoqualität dieser beiden Mitschnitte ist leider geringer als bei den hier verlinkten Zusammenstellungen, die Audioqualität jedoch gleich, sodass die beiden Podien bequem nachgehört werden können.
Hier finden Sie außerdem noch einmal die Einladung zur Veranstaltung (Archiv, PDF, ca. 500 KB), die auch den Ablauf des Tages beinhaltet.