Es gibt Unmut. Unmut in Bezug auf die Gestaltung und Höhe des Rundfunkbeitrags, die Programmqualität der öffentlich-rechtlichen Sender, die teuren Übertragungsrechte für Sportveranstaltungen, die überbezahlten ModeratorInnen und ExpertInnen, das als inflationär wahrgenommene Angebot an Talkshows und Krimis und deswegen, weil aus den Mediatheken der großen Sender die spannenden Filme und Dokus oftmals nach wenigen Tagen wieder verschwinden oder erst gar nicht erscheinen. Doch die aktuelle Medienkritik in Deutschland geht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk hinaus. Oftmals werden alle Medien in einen Topf geworfen. Es ist die Rede von «Lügenpresse» und «Zwangsgebühren».
Vor einem Jahr gaben 66 Prozent in einer Umfrage des Bayerischen Rundfunks an, sie seien der Meinung, dass Medien Sachverhalte zu sehr vereinfachen und dadurch Vorurteile verbreiten. 61 Prozent meinten, dass die Medien zu wenig auf die Folgen der Entscheidungen von Politkern und Wirtschaftsführern für die Menschen eingehen. Jeder Sechste glaubt, dass Medien berechtigte Meinungen, die sie für unerwünscht halten, ausblenden.
Nur sechs Prozent sind der Meinung, dass Medien die Dinge so wiedergeben, wie sie sind. Mittlerweile schenkt zwischen einem Fünftel und einem Viertel der Deutschen den Medien überhaupt kein Vertrauen mehr.
Die Medien allgemein und damit auch der öffentlich-rechtliche Rundfunk leiden unter einer Akzeptanzkrise. Um wieder Teil der Lösung und nicht Teil des Problems zu sein, braucht es zum einen die Rückgewinnung journalistischer Glaubwürdigkeit und zum anderen Medienkompetenz bei den BürgerInnen. Guter Journalismus benötigt als Gegenüber aufgeklärte, kritische BürgerInnen, die Berichterstattung einordnen, gewichten und
bewerten können.
Die Frage, die aktuell ernsthaft diskutiert werden muss, ist: Welche Rolle sollen die Medien und insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Zukunft in unserer Gesellschaft spielen? Was macht ihre Akzeptanz, ihre Glaubwürdigkeit aus? Hier sind konkrete Reformvorschläge und keine bloße Verteidigungshaltung gefragt. Denn alle Medien stehen vor dem grundlegenden Problem, das sich vordergründig auf den Begriff der Medienkonvergenz
verkürzen lässt, also auf die Frage, wie Medien und öffentlich-rechtlicher Rundfunk auf die An- und Herausforderungen des digitalen Zeitalters reagieren können.
Inhalt
- Wettbewerbsverzerrung?
- Debatte um Presseähnlichkeit führt in die Irre
- Medienrecht aus dem analogen Zeitalter
- Medienunternehmen als «Magd des Marktes»
- Vielfalt des Angebots
- Journalistische Qualität
- Geschlechterparität und Diversität
- Faire Vergütung und Altersvorsorge
- Sparpotenzial bei der Sportberichterstattung
- Ist die Höhe des Rundfunkbeitrags entscheidend?
- Längere Verweildauer in den Mediatheken bei entsprechender Vergütung der ProduzentInnen
- «Public Open Space»
- Public Value»
- Gremienreform und Publikumsbeteiligung
- Mehr Transparenz
- «Neues Duales System» – datensparsame öffentlich-rechtliche Plattformen
- Drittplattformen: Wem nutzt es, wenn man ARD und ZDF auf Youtube und Facebook folgen kann?
- Medienaufsicht aus einer Hand
- Ausblick: Wie würde der öffentlich-rechtliche Rundfunk aussehen, wenn man ihn neu gründet?
Imke Elliesen-Kliefoth studierte Philosophie, Linguistik und Germanistik in Hamburg und Berlin. Sie arbeitet als Referentin für Kultur- und Medienpolitik bei der Fraktion DIE LINKE im Deutschen Bundestag.
Heiko Hilker ist von Beruf Elektromonteur sowie Diplomingenieur für Informationstechnik. Er war von 1994 bis 2009 Abgeordneter der PDS/DIE LINKE im Sächsischen Landtag. Seit 1997 sitzt er im MDR-Rundfunkrat und ist einer der beiden Geschäftsführer des Dresdner Instituts für Medien, Bildung und Beratung. Mehr unter www.dimbb.de.