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Untersuchung zur sozialen und beruflichen Situation von freien Mitarbeiter*innen bei den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten

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January 2019

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Befragung im Auftrag der Bundestagsfraktion DIE LINKE und der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist in Deutschland eine zentrale, wichtige Institution. Die Bildungs-, Informations- und Unterhaltungsangebote von ARD, ZDF und Deutschlandradio sowie der Deutschen Welle haben eine hohe Reichweite. Unsere gesellschaftlichen Debatten werden nicht nur, aber auch vom öffentlich-rechtlichen Rundfunk angestoßen, gespeist und wiedergespiegelt. Nicht geringer darf sein Anspruch sein; schließlich ist es der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, die Informationsgrundlage zur gesellschaftlichen Meinungsbildung zur Verfügung zu stellen. Auf diese Weise leben Demokratien von medialer Vermittlung – und im Fall Deutschlands leisten gerade die öffentlich-rechtlichen Qualitätsangebote einen unverzichtbaren Beitrag zur gesellschaftlichen Verständigung und öffentlichen Kontrolle.

Am 25.1.2019 wurde die Studien öffentlich vorgestellt und mit Wissenschaftler*innen, Medienschaffenden und Sendervertretern diskutiert. Die Aufzeichnung der Diskussion ist hier zu finden.

Dass Medien als Schlüssel zur Beeinflussung gesellschaftlicher Stimmungen erachtet werden, zeigt sich in den Ländern, in denen derzeit Presse- und Medienfreiheit massiv eingeschränkt sind. Umso wichtiger sind der Linksfraktion im Bundestag und der Rosa-Luxemburg-Stiftung der Erhalt eines staatsfernen, unabhängigen, starken öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Auch wenn wir Reformbedarf hinsichtlich seiner Finanzierungsstruktur und seinem Auftrag sehen, so befürworten wir doch mit Nachdruck seinen Bestand und eine Entwicklungsgarantie.

Was aber ist bekannt über die Entstehungsbedingungen der Fernseh- und Radioangebote, die die Republik tagtäglich unterhalten, informieren und bilden? Etwa 42.000 Personen arbeiten für ARD, ZDF, Deutschlandradio und Deutsche Welle. Doch nur gut die Hälfte von ihnen hat eine Festanstellung bei einem der Sender. Rund 19.000 Personen arbeiten freiberuflich als Reporter*innen, Kameraleute, Cutter*innen, Redaktionsassistent*innen und in vielen weiteren Feldern für die Öffentlich-Rechtlichen. Während die Anliegen der Angestellten von Gewerkschaften vertreten werden, gibt es zur sozialen Lage der Freien Mitarbeiter*innen im Rundfunk bislang keine flächendeckende Informationslage. Dieses Informationsdefizit mithilfe einer Untersuchung zu beheben, war das zentrale Anliegen einer Studie der Rosa-Luxemburg-Stiftung und der Linksfraktion im Bundestag.

Die Daten zeigen: Auch Freiberufler*innen, die für die Öffentlich-Rechtlichen tätig sind, leben bisweilen prekär. Die seit Jahren andauernden Umstrukturierungen scheinen den Druck gerade auf diejenigen zu erhöhen, die wenig abgesichert sind. Wer weniger arbeiten darf als auskömmlich, wer mit zunehmendem Alter immer weniger Aufträge erhält, wer als Frau bei gleicher Tätigkeit ein Fünftel Honorar weniger bekommt als ein Mann, hat keine zufriedenstellenden Arbeitsbedingungen, sondern vielfach mit Diskriminierung, Altersarmut, Hartz IV und beruflicher Unsicherheit zu kämpfen. Von der Anerkennung und Absicherung, die der Relevanz des Rundfunksystems angemessen wäre, ist eine solche Behandlung weit entfernt.

Gerade in beitragsfinanzierten Organisationen, die zudem eine wichtige Funktion für die Demokratie bereitstellen, müssen vorbildliche Arbeitsverhältnisse herrschen. Wenn aber Angestellte neben Selbstständigen gleiche Tätigkeiten zu sehr unterschiedlicher Vergütung verrichten, müssen soziale Ungerechtigkeiten dringend beseitigt werden.

Angesichts einer fragmentierten Öffentlichkeit und der gezielten Verbreitung von Fake News ist die Verfügbarkeit seriöser, vertrauenswürdiger Informationen von unschätzbarem Wert. Dazu braucht es unabhängige Medien mit sicheren Arbeitsverhältnissen. Die nun vorliegenden Daten verdeutlichen die Dringlichkeit, uns weiter für gute Arbeitsbedingungen einzusetzen – auch im öffentlich-rechtlichen Rundfunk. 
 

Dagmar Enkelmann, Vorstandsvorsitzende der Rosa-Luxemburg-Stiftung
Dietmar Bartsch, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
Doris Achelwilm, Medienpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
 

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Inhalt

Einleitung

Zentrale Ergebnisse im Überblick

  • Durchführung und Methodik
  • Grundlagen
  • Basisdaten der Umfrage – Beteiligung

Freienstatus

Charakter der Tätigkeit

Einkommen, Honorar und Arbeitszeit

  • Bruttojahreseinkommen
  • Honorar
  • Arbeitszeit
  • Auskommen mit dem Einkommen

Arbeitsbedingungen

  • Mitgliedschaften in Gewerkschaften und Verbänden, Organisationsgrad
  • Tarifbezug und -bedingungen
  • Honorarfortzahlung im Krankheitsfall
  • Urlaubsanspruch, Urlaubsgeld
  • Anspruch auf Mutterschutz
  • Honorierung von Überstunden
  • Nacht-, Wochenend- und Feiertagsarbeit
  • Weiterbildungen und Qualifizierungen

Situation Tarifverträge

  • Kategorien freier Mitarbeiter*innen
  • Differenzierung der arbeitnehmerähnlichen Freien
  • Vertrag/Rahmenvertrag/Prognose
  • Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses/Kündigungsschutz/Bestandsschutz
  • Honorarfortzahlung im Krankheitsfall
  • Urlaubsanspruch und Urlaubsvergütung
  • Ausgleichszahlungen
  • Weiterbildung
  • Familienzuschlag
  • Mutterschutz/Mutterschaftsgeld
  • Arbeitsklima/Arbeitsbelastung
  • Arbeitsorganisation

Arbeitsklima

  • Arbeitsbelastung
  • Erholung

Zufriedenheit

  • Untersuchung zu Diskriminierungen
  • Beobachtete Diskriminierung
  • Angaben zu Fällen beobachteter Diskriminierung
  • Schilderung von Vorfällen durch die Befragten
  • Erlebte Diskriminierung bei Mitarbeiter*innen mit Migrationshintergrund
  • Erlebte Diskriminierung im Unterschied zwischen Männern und Frauen
  • Weitere Schilderungen erlebter Diskriminierung
  • Unerlaubte Bevorteilung, Bestechung bzw. Korruption
  • Schilderungen von Bevorteilung, Bestechung bzw. Korruption

Altersvorsorge und Perspektiven

  • Altersvorsorge
  • Einschätzung der beruflichen/ finanziellen Perspektiven

Fazit

  • Zufriedenheit und Einschätzung der finanziellen/beruflichen Perspektiven
  • Unterschiede zu Festangestellten
  • Einkommen und Honorare
  • Schlechtere Arbeitsbedingungen und Honorarzusatzleistungen
  • Hohe Belastungen, schlechte Vereinbarkeit von Beruf und anderen Lebensbereichen
  • Schlechte Altersvorsorge
  • Schlechterstellung von sonstigen freien Mitarbeiter*innen
  • Große Unterschiede zwischen den einzelnen Rundfunkanstalten
  • Diskriminierung
  • Schlechterstellung von Frauen

Handlungsempfehlungen

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