Als Fanal gilt der 15. September 2008: An jenem Tag musste die US-amerikanische Investmentbank Lehman Brothers infolge der durch Immobilienspekulationen bewirkten Finanzkrise Insolvenz anmelden. Aufgrund der weltweiten Verflechtung der Banken schwappte die Krise schnell nach Europa, brachte Banken in Schieflage und zwang die Staaten dazu, Bankschulden zu sozialisieren, um das Finanzsystem vor der Implosion zu bewahren, gewissermaßen vor einer Kernschmelze des Bankenkapitals durch ein Reißen der Kreditketten. Die Sozialisierung von Bankschulden ging zwingend mit einer Erhöhung der Staatsverschuldung einher. Auf die Bankenkrise folgte die Staatsschuldenkrise, die keineswegs als Euro-Krise missverstanden werden darf, denn die Währung an sich blieb im globalen Verhältnis zum US-Dollar oder Yen relativ stabil und auch die Inflation in der Euro-Zone selbst bewegte sich weiter im moderaten Rahmen.
Die durch die Bankenkrise ausgelöste Staatsschuldenkrise ist noch längst nicht vorbei, auch wenn ein Auseinanderbrechen der Euro-Zone derzeit nicht als wahrscheinliches Szenario gehandelt wird. Das war bis zum 26. Juli 2012 noch anders: Erst die Rede von Mario Draghi, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), auf der Global Investment Conference in London sorgte für einen Stimmungsumschwung: «Die EZB wird alles Notwendige tun, um den Euro zu erhalten », sagte Draghi. «Und glauben Sie mir, es wird ausreichen», fügte er hinzu. Bisher hat der Italiener recht behalten. Die Lage der hauptsächlich von der Staatsschuldenkrise betroffenen Länder am internationalen Kapitalmarkt hat sich graduell verbessert. Mit Irland konnte am 15. Dezember 2013 das erste Euro-Krisenland nach drei Jahren das Rettungsprogramm der Troika aus EU-Kommission, EZB und Internationalem Währungsfonds (IWF) wieder verlassen und auf die internationalen Finanzmärkte zurückkehren. Irland war Ende 2010 als erstes Land der Euro-Zone unter den damals neuen Rettungsschirm EFSF (Europäische Finanzstabilisierungsfazilität) geschlüpft und hatte Fremdkredite in Höhe von 67,5 Milliarden Euro in Anspruch genommen. Irlands Rückkehr an die Finanzmärkte ist ein Zeichen von Entspannung, aber kein Zeichen von Entwarnung. Selbst in Irland ist noch jede und jeder achte HypothekenschuldnerIn – rund 100.000 HausbesitzerInnen – von Insolvenz bedroht, weil mit der Ratenzahlung mit mehr als drei Monaten im Rückstand. Doch private Schicksale spielen bei der Bewältigung der öffentlichen Schuldenkrise bestenfalls eine sehr nachgeordnete Rolle.
Irlands Fall ist mit dem der südeuropäischen Krisenländer Portugal, Italien, Griechenland und Spanien nur bedingt zu vergleichen, zu spezifisch und zu klein ist die gerade mal 4,5 Millionen BewohnerInnen zählende Insel mit ihrer starken Ausrichtung auf Dienstleistungen und ihrem von US-Firmen dominierten Hightech-Sektor mit Ansiedlungen von Microsoft über Google bis hin zu Twitter. Die südeuropäischen Krisenländer, denen das verächtliche Akronym PIGS («Schweine») zugeordnet wird, geben nach wie vor den AnalystInnen Anlass zur Sorge in Sachen Marktturbulenzen und Verschuldungsniveau, während gesellschaftliche Turbulenzen und sozialer Verfall für sie nicht von Belang sind.
Das größte Sorgenkind ist nach wie vor Griechenland. Noch im Oktober 2014 bewilligte die EZB neue Hilfen. «Demnach wird die EZB auf Sicherheiten, die griechische Institute bei ihr als Pfand für frisches Geld hinterlegen, einen geringeren Abschlag als bisher erheben. Damit könnten die Banken zusätzliche zwölf Milliarden Euro an Liquidität bei der EZB abschöpfen», meldete die Nachrichtenagentur dpa.
Verschärft hat sich die Situation für Griechenland durch die vorgezogenen Neuwahlen am 25. Januar. Bereits die Aussicht auf einen Sieg des Linksbündnisses Syriza hatte Spekulationen um einen möglichen Grexit, sprich einen Ausstieg Griechenlands aus der Euro-Zone, wie sie bereits 2011 en vogue waren, neu belebt. Allein diese Spekulationen haben am 7. Januar 2015 dazu geführt, dass zum ersten Mal nach anderthalb Jahren die Rendite zehnjähriger griechischer Staatsanleihen wieder über zehn Prozent schnellte – dem Anleger ist die Rendite Risikoprämie, dem Schuldner ist sie Zinslast. Die seit der Regierungsbildung von Syriza mit ihrem rechten Juniorpartner Anel laufenden zähen Verhandlungen zwischen Griechenland und der Euro-Gruppe über eine Neuausrichtung der griechischen Politik in Übereinkunft mit den Gläubigern tragen nicht zur Beruhigung der Lage bei.
In Spanien und Italien sieht es oberflächlich betrachtet besser aus. Seit der Draghi-Rede ist der Risikoaufschlag auf spanische und italienische Staatsanleihen stark zurückgegangen. Zum Höhepunkt der Krise hatte die Rendite mehr als 7 Prozent betragen, im Oktober 2014 rentierten italienische Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit bei 2,6 Prozent und spanische Anleihen bei 2,2 Prozent. Die EZB hat im Mai 2010 begonnen, Anleihen von Krisenländern aufzukaufen. Ihr Bestand umfasst gegenwärtig 211,5 Milliarden Euro. Sie begründete die Käufe mit einer geldpolitischen Notwendigkeit. Damit ist gemeint, dass die Zinsaufschläge für Staatsanleihen auch in anderen Marktsegmenten die Zinsen in die Höhe treiben, sodass Leitzinssenkungen nicht wirken. Zunächst kaufte die EZB griechische, irische und portugiesische, ab August 2011 auch in großen Mengen spanische und italienische Titel. Das derzeitige Kreditprogramm des Euro- Krisenfonds EFSF sollte zum Jahresende 2014 auslaufen, während das Programm des IWF bis Anfang 2016 weiterläuft.
Die vorliegende Analyse beschäftigt sich mit der Auswirkung der Krise in drei südeuropäischen Ländern auf ein (nicht nur) dort hoch geschätztes Kulturgut: Fußball. Ob Griechenland, Italien oder Spanien: Die Begeisterung für den Fußball ist riesig, auch wenn sich das nicht zwingend in steigenden Zuschauerzahlen ausdrückt. Geldmangel, Gewalt, Korruption sind Gründe, die in der Krise mehr denn je Fußballfans zum Nachdenken bewegen, ob sie sich Eintrittskarten leisten können und wollen. Portugal bleibt außen vor, weil es den Rahmen dieser Analyse gesprengt hätte. Nach einem kurzen Überblick über die wirtschaftliche Entwicklung der drei Länder in den vergangenen Jahren folgt jeweils eine knappe Einschätzung der Situation des dortigen Profifußballs.
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