Die Landtagswahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bilden (zusammen mit den Kommunalwahlen in Hessen) den Auftakt für vier weitere Landtagswahlen und die Bundestagswahl im Herbst 2021. Rund 11 Millionen Bürgerinnen und Bürger waren zur Wahl ihrer Landesregierungen aufgerufen. Die Wahlen waren ein Probelauf für Wahlkämpfe unter Bedingungen der Pandemie: mehr soziale Medien, weniger größere Versammlungen, weniger allgemeine Aufmerksamkeit, mehr Mobilisierung in den «eigenen» Kommunikationskreisen. Die Ergebnisse verstärken seit längerem sichtbare Trends.
Horst Kahrs arbeitet am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung zu den Themen Demokratie und Wahlen, Klassen und Sozialstruktur.
Vor allem die Regierungsbildung in Baden-Württemberg wird erhebliche bundespolitische Auswirkungen haben. Eine Koalitionsregierung der Grünen mit SPD und FDP sendete das bundespolitische Signal, dass eine Regierung ohne die Union (und ohne die Linkspartei) möglich wäre. Die «Ampel» belebt die mediale Aufmerksamkeit: es gäbe eine Alternative zu Schwarz-Grün. Der CDU brächte dies weitere innerparteiliche Auseinandersetzungen. Dabei ginge es nicht nur um die Frage, mit welchem Kandidaten die größte Aussicht beständen, das Kanzleramt zu behaupten. Bereits im Juni ginge es um die Frage, wie die Staatskanzlei in Sachsen-Anhalt zu halten wäre – mit Hilfe der AfD, womit viele in der Landespartei liebäugeln? So wäre die Bundestagswahl schnell erneut mit der Frage verbunden, wie die CDU es denn nun mit der AfD hält und weiter halten will. Eine Ampel in Baden-Württemberg als Alternative zu Schwarz-Grün wäre auch für die Linkspartei hartes Brot, da sie nicht gebraucht, eher hindern würde, die CDU abzulösen.
Auf den folgenden Seiten werden einige wichtige Aspekte des Wahlverhaltens aus den Erhebungen von Infratest dimap und der Forschungsgruppe Wahlen zusammengetragen. Die vollständigen Umfrageergebnisse sind auf den Webseiten von ARD und ZDF leicht einsehbar. Der zweite Teil dieser Wahlberichterstattung wirbt für einen Blick auf die längerfristigen Entwicklungen des Parteiensystems, in die aktuellen Ergebnisse sich einordnen, und für den Blick auf die sozialstrukturellen Wandlungsprozesse, die die Gesellschaftsbilder und Deutungen der sozialen Welt durch die Bürgerinnen und Bürger verändern und damit auch auf die Rolle der Parteien.