Postmodernes Denken ist bei vielen Linken anzutreffen und tritt in verschiedenen Varianten und Stärkegraden auf. Zur Selbstverortung wieder anderer Linker gehört die Abgrenzung von der Großfamilie postmoderner Denkweisen so sicher wie das Amen in der Kirche.
Dieser Text fragt: Was sind die Gemeinsamkeiten verschiedener postmoderner Denkangebote? Welche Ausblendungen befördert diese Denkweise? Was rückt sie in den Mittelpunkt? Welche inhaltlichen Verknüpfungen und Vernetzungen aktiviert sie, welche schwächt sie? Was sind die zentralen Argumentationen postmodernen Denkens? In welchen Konstellationen stehen sie zueinander? Auf welche Weise unterstützen sie sich gegenseitig wie Spieler, die in einer Fußballmannschaft ganz verschiedene Funktionen ausüben und denen einzeln nicht beizukommen ist? Welche Voraussetzungen enthalten die postmodernen Theoreme und welche Abstraktionen? Wo dividieren sie Unteilbares und wo wirken postmodern hergestellte
Zusammenhänge konstruiert?
Wo verdanken sich postmoderne Positionen einer Kontrastprofilierung, in der das Negative, von dem sie sich absetzen, seltsam vage und ungeklärt bleibt? Wie verhält es sich mit dem, was das postmoderne Denken zu seinen Gegnern erklärt? Sind die postmodernen Kritiken an ihnen berechtigt oder handelt es sich eher um Feindbilder bzw. Projektionsflächen? Was gilt infolge der postmodernen Denkweisen als attraktiv, was als unrettbar «gestrig»? Was wird durch sie dethematisiert bzw. kann im postmodernen Denken gar nicht erst vorkommen und wird durch es ausgeschlossen? Wie neutralisiert es die ausgeklammerte Realität, wie entstellt es sie, auf welche Weise macht es sie unkenntlich und interpretiert es sie um? Wo haben wir es beim postmodernen
Denken mit einer «zwar umfangreichen und differenzierten Reflexionsleistung» zu tun, bei der aber die «Reflexion in einem zuvor abgesteckten Rahmen sich gleichsam hin und her bewegt, ohne die Bedingungen, die Grenzen und das diesen Rahmen Transzendierende genügend zu reflektieren» (Thomas 2006:193)? Wie immunisieren sich postmoderne Denkweisen? Wie sind ihre «Verteidigungsanlagen» aufgebaut? Wie fängt postmodernes Denken Einwände ab und in welche Fallen lässt es sie laufen?
(Aus dem Vorwort)
Der Autor
Meinhard Creydt, Jahrgang 1957, ist Psychologe und promovierter Soziologe. Er lebt und arbeitet in Berlin. Von ihm sind u. a. die Bücher «Die Armut des kapitalistischen Reichtums und das gute Leben»
(2017), «46 Fragen zur nachkapitalistischen Zukunft» (2016) und «Wie der Kapitalismus unnötig werden kann» (2014) erschienen. Mehr Informationen unter www.meinhard-creydt.de.