Publication Arbeit / Gewerkschaften - Sozialökologischer Umbau Arbeitspolitik in der Transformation: Soziale Härten vermeiden

Über arbeitspolitische Leitplanken für eine sozialverträgliche Gestaltung der Transformation

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Studien

Author

Gerhard Bosch,

Published

April 2022

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Ziel dieser Studie ist es, die wichtigsten arbeitspolitischen Leitplanken für eine sozialverträgliche Gestaltung der Transformation herauszuarbeiten. Wegen der langen Dauer der Transformation werden Unternehmen und Beschäftigte sich vermutlich nicht nur einmal, sondern mehrfach umstellen müssen. Es kann daher nicht nur um kurzfristige Sonderprogramme gehen, sondern es müssen arbeitspolitische Leitplanken für einen längeren Zeitraum entwickelt werden. Die Vorschläge reichen von der Entwicklung einer vorrausschauenden betrieblichen Personalpolitik und dem Aufbau von Ersatzarbeitsplätzen in den von der Transformation besonders betroffenen Regionen bis hin zur sozialen Gestaltung der Übergänge in neue Betriebe über Transfergesellschaften und eine investive Arbeitsmarktpolitik, die nicht auf die kurzfristige Vermittlung in Niedriglohnjobs (work first), sondern auf den Vorrang einer abschlussbezogenen Weiterbildung (train first) setzt. Für die Beschäftigten, die sich aus eigener Initiative weiterbilden wollen, müssen neue Qualifizierungsangebote bereitstehen.

Die Untersuchung ist Teil des von der Rosa-Luxemburg-Stiftung geförderten Projekts «Sozial-ökologische Transformation der deutschen Industrie», in dessen Rahmen sieben weitere Studien entstanden sind, die mit der vorliegenden Studie in Zusammenhang stehen. Hierzu gehören etwa Untersuchungen zur deutschen Auto- und Stahlindustrie sowie zu allgemeinen klimapolitischen Rahmenbedingungen oder zum EU-Emissionshandel und zu einem möglichen CO2-Grenzausgleich.

Angesichts des langen Zeitraums der geplanten Transformation werden mehrere Generationen am Umbau der Wirtschaft beteiligt sein. Eine moderne Berufsausbildung und die Sicherung einer hohen Ausbildungsquote durch eine Umlage gehören daher zu den zentralen Bausteinen der Transformationspolitik. Durch die Transformation gehen vor allem gut bezahlte Arbeitsplätze in der Industrie verloren. Die Lohnverluste bei einem erzwungenen Arbeitsplatzwechsel sind oft erheblich. Durch eine Erhöhung der Tarifbindung vor allem in den wachsenden Dienstleistungsbranchen und auch in den kleinen und mittleren Zulieferbetrieben der Industrie müssen die Marktlöhne in den aufnehmenden Branchen verbessert und muss die Gefahr eines finanziellen Absturzes bei einem unfreiwilligen Betriebswechsel verringert werden. Quantitativ sichtbare Effekte sind hier nur durch Tariftreuegesetze und allgemeinverbindliche Tarifverträge zu erreichen. Mit diesen arbeitspolitischen Leitplanken soll eine breite Akzeptanz der Transformation gerade bei denen, die von dem Wandel am stärksten betroffen sind, geschaffen werden. Sie müssen den Wandel mittragen und bereit sein, weiter zu lernen und neue Aufgaben mit Motivation, Engagement und hoffentlich auch Begeisterung zu übernehmen. Im schlimmsten Szenario überwiegen die Ängste vor der Zukunft, es kommt zu inneren Kündigungen und zur Blockade des Wandels etwa durch die Hinwendung zu rückwärtsgewandten Klimaleugnern.

Inhalt:

  • 1 Einleitung
  • 2 Unterschiedliche Mobilitätsformen in der Transformation
  • 3 Arbeitsmarkteffekte der Transformation
  • 4 Transformation in den Unternehmen
    • 4.1 Vorausschauende Personalplanung in der Transformation erforderlich
    • 4.2 Entlassungen durch temporäre Arbeitszeitverkürzungen verhindern
    • 4.3 Mitbestimmung strategisch nutzen
  • 5 Investive Arbeitsmarktpolitik
    • 5.1 Vorrang der Weiterbildung vor der schnellen Vermittlung
    • 5.2 Transfergesellschaften und regionale Transformationsnetzwerke
  • 6 Optionen für individuelle Weiterbildung
    • 6.1 Ausbau des BAföG und des Aufstiegs-BAföG nach schwedischem Vorbild
    • 6.2 Bildungsteilzeit und Fachkräftestipendien wie in Österreich fördern
  • 7 Berufsberatung im Erwerbsverlauf ausbauen
  • 8 Berufe modernisieren
  • 9 Tarifbindung erhöhen
  • 10 Schlussfolgerungen

Autor:

Gerhard Bosch ist Senior Professor für Arbeits- und Wirtschaftssoziologie an der Universität Duisburg-Essen. Dort hat er 2007 das Institut Arbeit und Qualifikation gegründet und war bis zu seiner Pensionierung 2016 dessen geschäftsführender Direktor. Die Themen seiner oft international vergleichenden Forschung sind Arbeits- und Beschäftigungspolitik, industrielle Beziehungen, Löhne und Arbeitszeit, berufliche Aus- und Weiterbildung sowie wohlfahrtsstaatliche Entwicklungen. Heute lebt er in Köln.