Publication Sozialökologischer Umbau - Spurwechsel - GK Zukunft Auto Umwelt Mobilität Öffentliche Unternehmen als Einstiege in eine Konversion der Mobilitätsindustrien und Gute Arbeit

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Bernhard Knierim,

Eine sozial-ökologische Transformation der Mobilitätsindustrien ist notwendig, um den Ausstoß klimaschädlicher Gase deutlich zu vermindern. Die Automobil- und die Luftfahrtindustrie müssen deshalb erheblich schrumpfen und die Kohleindustrie wird komplett wegfallen, während die für den öffentlichen Verkehr produzierenden Industrien deutlich wachsen werden. Eine der größten Herausforderungen dabei ist es, den Beschäftigten der schrumpfenden Industrien einen gerechten Übergang zu ermöglichen. Es braucht eine Reihe von Maßnahmen, um alternative Arbeitsplätze in anderen Bereichen zu schaffen und die Konversion ganzer Betriebe hin zu neuen, zukunftsfähigen Produkten zu realisieren. Dabei ist die Partizipation sowohl der Beschäftigten als auch der Bevölkerung in den von der Transformation besonders betroffenen Regionen von großer Relevanz, um deren Wissen und Erfahrungen einbeziehen zu können und den Prozess so zu gestalten, dass er von allen Beteiligten mitgetragen wird.

Der Umbau der Industrie und eine andere materielle Infrastruktur für den sozialökologischen Systemwechsel sind eigentlich nur durch veränderte Eigentumsstrukturen zu bewerkstellingen.

Öffentliche Unternehmen können ein wichtiges Element einer solchen Transformation sein, da sie – mindestens für die Übergangsphase – Entscheidungen ermöglichen, die nicht allein an der Wirtschaftlichkeit orientiert sind, sondern auch den Erhalt von Arbeitsplätzen und Nachhaltigkeit als Ziele verfolgen können. Speziell für den öffentlichen Mobilitätssektor könnten (teil-)öffentliche Unternehmen weitere Vorteile bieten, indem sie eine langfristigere Planung der Produktion ermöglichen sowie eine neue Produktphilosophie, die sich stärker am langfristigen Betrieb und an der Kompatibilität von Fahrzeugen orientiert und somit zu Qualitätsverbesserungen im öffentlichen Verkehr beitragen kann.

In der Lausitz ist die Transformation der Industrie bereits in vollem Gange: Dort sind seit den 1990er-Jahren rund 90 Prozent der Arbeitsplätze in der Kohleindustrie verloren gegangen und die heute noch rund 8.100 existierenden Arbeitsplätze werden in den nächsten Jahren im Zuge des Kohleausstiegs wegfallen. Viele bisherige Projekte zur Ansiedlung privater Unternehmen in der Region sind gescheitert, nur wenige waren langfristig erfolgreich. Ein aktueller Hoffnungsschimmer ist das geplante ICE-Instandhaltungswerk der Deutschen Bahn in Cottbus, das mit erheblichen Fördermitteln für den Kohleausstieg finanziert wird. Die direkte Umschulung von Arbeiter*innen aus der Kohleindustrie für das neue Werk des öffentlichen Unternehmens könnte Vorbildcharakter entfalten. Gleichzeitig greift aber die alleinige Fokussierung auf neue Industriearbeitsplätze als Ersatz für die wegfallenden Arbeitsplätze zu kurz, vielmehr braucht die ganze Region und mittelfristig die gesamte Gesellschaft einen grundsätzlichen sozial-ökologischen Umbau.

Zum Autor

Bernhard Knierim ist Biophysiker, Politikwissenschaftler und Autor. Er ist Sprecher des Bündnisses «Bahn für Alle», das sich für eine bessere Bahn in öffentlicher Hand einsetzt. Zudem engagiert er sich im Netzwerk «Back on Track» für ein attraktives europäisches Bahnnetz. Bis Oktober des Jahres 2021 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestagsbüro von Sabine Leidig (DIE LINKE).

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