Wasserpolitik zwischen neoliberaler Ökonomie und staatlichen Machtinteressen
Wasser ist eine unverzichtbare Ressource. Bedingt durch industrielle Landwirtschaft, Bevölkerungswachstum, Verbrauch der Industrie und anthropogen verursachte Umweltschäden wird sie in zunehmendem Maße knapp. Zugang und Kontrolle des umkämpften »blauen Goldes« ist in manchen Regionen der Welt eine Überlebensfrage. Vor dem Hintergrund der weltweiten neoliberalen Privatisierungsdynamik macht die Wasserknappheit den »Markt Wasser« zudem zu einem attraktiven Anlageziel – allein für Bereitstellung, Aufbereitung und Reinigung von Wasser werden weltweit jedes Jahr über 400 Milliarden Dollar ausgegeben. Staudammbauten und der damit verbundene Markt für Energie aus Wasserkraft kommen hinzu.
Die Türkei als Fallbeispiel eignet sich besonders, diese Entwicklung und ihre Konsequenzen zu verdeutlichen, denn erstens verfügt sie über die bedeutendsten Wasserressourcen ihrer Region, zweitens ist die Türkei als Musterland einer massiv vorangetriebenen Privatisierung hochinteressant für global agierende Wasserkonzerne. Die Ausrichtung des Weltwasserforums 2009 in Istanbul gibt dem Thema zusätzliche Aktualität.
Im Folgenden wird, nach einem kurzen Abriss der gegenwärtigen politischen Entwicklungen in der Türkei, die Wasserpolitik sowohl im innenpolitisch-ökonomischen, als auch im außenpolitisch-geostrategischen Kontext diskutiert. Zwei Besonderheiten haben dabei besondere Relevanz: die Verknüpfung der türkischen Politik mit dem EU-Beitrittsprozess und der seit über 25 Jahren andauernde bewaffnete Konflikt mit Teilen der eigenen Bevölkerung.