Interview mit Karl Dietrich Wolff, Vorsitzender des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes (SDS) von 1967-1968, zum Attentat auf Rudi Dutschke und die Reaktionen der Studentenbewegung. -
«Stoppt den roten Rudi jetzt» titelte am 11. April 1968 die «Deutsche National-Zeitung». Der rechtsradikale Hilfsarbeiter Josef Bachmann nahm dies wörtlich und schoss am gleichen Tag mehrmals auf Rudi Dutschke, den populären Wortführer der Berliner Studentenbewegung. In den folgenden Tagen kam es daraufhin zu den bis dahin schwersten Krawallen in Berlin, den «Oster-Unruhen». Hauptziel der Angriffe waren das Axel-Springer Hochhaus und Auslieferungsfahrzeuge der BILD-Zeitung. Das Boulevardblatt hatte in den Tagen zuvor mehrmals gegen die Studenten gehetzt und dazu aufgerufen, ihre «Rädelsführer» zu ergreifen. Dutschke selbst überlebte das Attentat schwerverletzt, starb jedoch 1979 an den Spätfolgen. -
Dutschke Foto: picture-alliance/dpa
Am 30. Mai 1968 wurden trotz großer Proteste die Notstandsgesetze im Bundestag von einer Mehrheit aus CDU und SPD verabschiedet. Seitdem gibt es eine Notstandsverfassung, die im Falle von Naturkatastrophen, Krieg oder inneren Unruhen in Kraft tritt. Bei Ausrufung des Notstands tritt ein reduziertes Notparlament zusammen, das weitgehende Vollmachten erhält und die Grundrechte einschränken kann. Außerdem dürfen Bundeswehr und Bundesgrenzschutz im Innern eingesetzt werden, auch gegen die eigene Bevölkerung. Der damalige Außenminister Willy Brandt forderte im Parlament, der Notstand dürfe nicht die «Stunde der Exekutive» einläuten, sondern die «Stunde der Bewährung des Parlaments und des mündigen Bürgers». Die deutsche Geschichte aber auch jüngste Ereignisse in Ägypten oder der Türkei hingegen zeigen: der Weg in die Diktatur führt über die Ausrufung des Notstands. -
Karl Dietrich Wolff war SDS-Vorsitzender von 1967-1968. -
Titelbild: Transparente am Architektur-Gebäude der TU Berlin im Protest gegen die Verabschiedung der Notstandsgesetze. Foto: Holger Ellgaard, via wikimedia, CC-BY 3.0