Audio | Bildungspolitik, GK Bildungspolitik Wie weiter nach PISA?
Andreas Schleicher, OECD, im Gespräch mit Martina Zilla Seifert und Karl-Heinz Heinemann
Wie weiter nach PISA?
Wir wollen im Gesprächskreis Bildungspolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung nicht nur miteinander im Gespräch bleiben, sondern wir suchen das Gespräch mit den wichtigen Akteuren in diesem Politikfeld, auch außerhalb der linken Blase. So haben wir mit Heinz Klippert gesprochen, der mit seinen Methodentrainings bekannt wurde, und nun hatten wir die Gelegenheit, mit Andreas Schleicher zu diskutieren. Andreas Schleicher verantwortet in der OECD, der Organisation für ökonomische Zusammenarbeit und Entwicklung, den Bereich Bildung. Er ist bekannt als Mister PISA. Mit dem internationalen Vergleichstest von Kompetenzen von 15-jährigen hat er auch bei uns einen Boom an assesments, Qualitätsmessungen und Standardsetzungen ausgelöst.
Doch heute betont er, und mit ihm die OECD, vor allem Themen jenseits der Aneignung und Reproduktion von Wissen. Kreativität, Selbstwirksamkeit, ja, kritisches Denken, all das werde angesichts von Chat GPT viel wichtiger. Diese Ziele hat die OECD im «Lernkompass 2030» niedergelegt. Schon der Begriff «Lern»-kompass konterkariert die darin postulierten Ziele einer Persönlichkeitsbildung, räumt er im Laufe unseres Gesprächs ein.
Warum sprechen wir mit dem Vertreter einer Organisation, der es schon im Namen um wirtschaftliche Entwicklung geht, also letztlich auch um Wachstum, und offenbar um ein dadurch geprägtes Bildungsverständnis? Dafür gibt es mindestens zwei gute Gründe. Erstens: Bildung vollzieht sich nicht im luftleeren Raum, sondern vor dem Hintergrund der Entwicklung von Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft, und all das repräsentiert die OECD. Von ihr erwartet man ein vorrangiges Interesse daran, das Humankapital zu entwickeln. Andererseits ist Bildung auf dem Stand der entwickelten Produktivkräfte auch im Interesse der künftigen Arbeitskräfte, BürgerInnen und möglichen Gestalter ihrer Beziehungen. Und zweitens: Wenn wir die Bedingungen für Bildung verbessern wollen, brauchen wir dafür Bündnispartner. Das ist auch die Logik der Bewegung „Bildungswende JETZT“ mit ihrem Protesttag am 23. September, die wir unterstützen. Andreas Schleicher unterstützt Argumente und Forderungen dieses Bündnisses , wie wir in unserem Gespräch feststellen konnten.
Wir, die Gesprächspartner*innen, sind Martina Zilla Seifert, ehemalige Leiterin der Green-Gesamtschule in Duisburg-Rheinhausen, und Karl-Heinz Heinemann, Bildungsjournalist. Wir beide sind aktiv im Gesprächskreis Bildungspolitik. Andreas Schleicher war zu dem Gespräch aus seinem Pariser Büro zugeschaltet.