News | Geschichte - Erinnerungspolitik / Antifaschismus - GK Geschichte - 70 Jahre. Befreiung! Neuanfang? Gedenken an den 70. Jahrestag der Befreiung vom Faschismus

Gedenkstättenfahrt in Erinnerung an die Befreiungen in Wien, Mauthausen, Linz, Melk, Schloss Hartheim und Ried in der Riedmark vom 6. – 11. Mai 2015

Information

 

Gedenkstättenfahrten des Deutschen Mauthausen Komitees Ost e.V. (DMKO) zu den Befreiungsfeierlichkeiten werden seit Jahren von der Rosa Luxemburg Stiftung begleitet, unterstützt, mit vor- und nachbereitet. Mitglieder des Gesprächskreises „Geschichte für die Zukunft“ engagieren sich aktiv im DMKO, um zum Gelingen dieses zentralen Projektes beizutragen.

Im 70. Jahr der Befreiung vom Faschismus können wir gemeinsam auf eine Reihe von Besonderheiten während unserer Gedenkfahrt zurückblichen:

  • Besonders stolz sind wir darauf, dass Petra Pau in ihrer Funktion als Vizepräsidentin des Bundestages die Schirmherrschaft für diese Fahrt zu den Befreiungsfeierlichkeiten nach Mauthausen übernommen hat.
  • Das alljährlich einstudierte Programm am einstigen DDR-Denkmal „Trauernde Mutter“, unmittelbar vor der zentralen Befreiungsfeier, haben wir gemeinsam mit dem Stuttgarter Mauthausen Komitee gestaltet.
  • Zum Gelingen dieses Programms haben Mitglieder der Gruppe MANIFEST, angeführt vom MdB Harald Pätzold, und die in Deutschland bedeutendste Brechtinterpretin, Gina Pietsch, in eindrucksvoller Weise beigetragen.
  • Erstmals konnten wir am 8. Mai in Wien am „Fest der Freude“ auf dem Heldenplatz teilnehmen. Die Antifaschist_innen Wiens und ihre Verbündeten haben diesen Platz mit ihrem Engagement erfolgreich von Demonstrationen der ewig Gestrigen zurück erobert. Jahr für Jahr wächst die Teilnehmer_innenzahl von ursprünglich wenigen Hundert auf mehr als 15 000 in diesem Jahr. Mit Redebeiträgen von Bundespräsident Dr. Heinz Fischer, Bundeskanzler Werner Faymann, allen vier Botschafter_innen der ehemals alliierten Mächte, der Zeitzeugin Helga Emperger und der anschließenden Aufführung der Neunten Symphonie von Ludwig van Beethoven durch die Wiener Symphoniker durften wir als Gäste des Österreichischen Mauthausen Komitees hautnah diese ergreifende Demonstration miterleben.
  • Erstmals hat sich eine Delegation unserer Bayrischen Landesstiftung – der Kurt Eisner Verein e.V. in Kooperation mit der Petra Kelly Stiftung e. V. vom 8. bis 10. Mai an unserem Rahmenprogramm in Wien und Oberösterreich beteiligt.

So reihten sich jeweils mehr als 100 Teilnehmer_innen sowohl der DMKO-Delegation als auch des Stuttgarter Mauthausen Komitees ein in den nicht enden wollenden Zug von mehr als 22 000 Teilnehmer_innen aus 50 Ländern der ganzen Welt, allen voran 50 überlebende Häftlinge des KZ Mauthausen und seiner ehemals 49 Nebenlager. Besonders zahlreich waren wie immer die Teilnehmer_innen aus Italien mit mehreren Tausend.

Europaweit findet in Mauthausen alljährlich die größte Demonstration von Antifaschist_innen statt, die den Opfern des Nationalsozialismus in der einstigen „Ostmark“ gedenken. Dass mindestens die Hälfte aller Teilnehmer_innen in jedem Jahr Jugendliche sind, gehört zur Tradition der Befreiungsfeierlichkeiten in Mauthausen. Das trifft inzwischen auch auf das DMKO zu. Junge Menschen aus Berlin, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen, München waren zwar Teil der DMKO-Delegation, verfolgten aber auch ganz eigene Gedenk- und Studienprojekte mit ihrer Teilnahme. So haben Schüler_innen der Robert-Jungk-Oberschule Berlin-Wilmersdorf, Europaschule mit Schwerpunktfremdsprache Polnisch, langjährig durch Kooperationsprojekte mit der RLS verbunden, zum dritten Mal mit ihrem Langzeit- Filmprojekt „Das KZ-System Mauthausen“ teilgenommen. Zentrale Punkte der diesjährigen Dreharbeiten waren der einstige fast sechs Kilometer lange Fußweg der Häftlinge vom Bahnhof Mauthausen durch den ganzen Ort Mauthausen zum Standort des einstigen KZ Mauthausen. Die Jugendlichen der DMKO-Delegation sind den gesamten Weg ganz bewußt gelaufen. In den Jahren 1938 bis 1945 waren die Häftlingsmärsche „ganz unbemerkt“ von der damaligen Mehrheit der Bevölkerung von statten gegangen.

Die Schüler_innen der Robert-Jungk-OS hatten sich in diesem Jahr auch vorgenommen, intensive Interviews mit ehemaligen polnischen Häftlingen zu führen, die zu den Befreiungsfeierlichkeiten angereist waren und mit denen wir das Quartier in Gallneukirchen teilten.

Der Film „Das KZ-System Mauthausen“ soll bis zum nächsten Schuljahr fertiggestellt und öffentlich präsentiert werden.

Gespräche unserer jungen Teilnehmer_innen mit der Zeitzeugin Anna Hackl (Jg. 1931) aus dem Mühlviertel, jüngste Tochter der Familie Langthaler, die durch ihren mutigen Einsatz zwei sowjetischen Offizieren das Leben gerettet hatten, gehörten wie jedes Jahr zum Programm unserer Gedenkfahrt wie auch eine Feierstunde in Ried in der Riedmark. Hier gedenken wir alljährlich mit unseren österreichischen Freunden, dem Bürgermeister von Ried, Ernst Rabl, und den Sozialdemokratischen Freiheitskämpfer_innen Oberösterreichs, den fast 500 sowjetischen Offizieren, die den Ausbruch aus dem KZ Mauthausen und die anschließende „Hasenjagd“ in der Nacht vom 1. zum 2. Februar 1945 und in den Tagen danach nicht überlebt haben. Traditionell ist auch immer ein Besuch am Gedenk- und Lernort Schloss Hartheim, zwischen 1938 und 1945 das „Mordschloss“ in Oberösterreich, Teil unseres umfangreichen Gedenkprogramms.

In diesem Jahr haben wir mit den Jugendlichen aber auch die Gedenkstätte des ehemaligen Mauthausen-Nebenlagers Melk besucht, wo Berta Blak (Jg. 1934) ebenfalls als Kind erleben musste, wie ihr Heimatort für Tausende von KZ-Häftlingen zum Todesort wurde. Berta Blak hat fast 40 Jahre ehrenamtlich den Gedenkort betreut und scheut auch heute keine Mühe, jungen Menschen die dunkle Geschichte ihres Heimatortes zu erzählen.

Für 2016 erwarten wir wiederum die Teilnahme vieler Jugendlicher an der Studienfahrt zum Gedenken der Opfer des Nationalsozialismus in der ehemaligen „Ostmark“.

Neue Forschungsprojekte zu Biographien ehemaliger Mauthausenhäftlinge befinden sich in Kooperation mit der RLS bereits in Arbeit.