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Zwischenbericht der Expertenkommission hält Enteignung grundsätzlich für rechtlich umsetzbar

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Armin Kuhn,

Berlin, 26.2.2021: Sammeln für den Volksentscheid zu «Deutsche Wohnen & Co. enteignen»
«Wo kann ich unterschreiben?»
Beim Volksentscheid am 26. September 2021 befürworteten mehr als eine Million Berliner*innen das Anliegen, große private Wohnungsunternehmen zu vergesellschaften. Über 59,1 Prozent der gültigen Stimmen votierten für die Enteignung. Zurzeit tagt in Berlin eine Expertenkommission, die eine Umsetzung des Volksentscheids prüfen soll. Berlin, 26.2.2021: Sammeln für den Volksentscheid zu «Deutsche Wohnen & Co. enteignen», CC BY-NC-SA 2.0, Uwe Hiksch, via Flickr

Die Expertenkommission Vergesellschaftung des Berliner Senats hat am 15. Dezember 2022, fast acht Monate nach ihrer Einsetzung, einen ersten Bericht vorgelegt. Die Kommission war nicht zuletzt aus der politischen Entscheidungsunfähigkeit des rot-grün-roten Koalition entstanden, den mit großer Mehrheit angenommenen Volksentscheid auch umzusetzen. Für ein Gremium, dessen Besetzung, Auftrag und Arbeitsweise von Beginn äußerst umstritten war, lesen sich die Zwischenergebnisse überraschend progressiv: Berlin darf enteignen und vergesellschaften, zu einer Entschädigung unter Marktwert und zugunsten einer Anstalt öffentlichen Rechts (A.ö.R.), wie von der Initiative «Deutsche Wohnen & Co. enteignen» (DWE) vorgeschlagen. Gleichzeitig mangelt es angesichts zahlreicher Zweifel und ungeklärter Fragen im Bericht an belastbaren Hinweisen, wie der Volksentscheid verfassungsfest umgesetzt werden kann. Dennoch sendet die Kommission den Befürworter*innen der Vergesellschaftung ein ermutigendes Zeichen.

Mit ihrem Zwischenbericht hat die Expertenkommission Vergesellschaftung des Berliner Senats erstmals einen Einblick in ihre Arbeit ermöglicht. In einem knapp gehaltenen Bericht fasst die Kommission ihren Diskussionsstand zusammen. Die nur 13 Seiten sind größtenteils in juristischer Fachsprache gehalten und sind – so beschreibt die Kommission ihr Arbeitsprogramm insgesamt – «in Gestalt einer verfassungsrechtlichen Prüfung ähnlich»: Schritt für Schritt ist sie die juristischen Hürden abgelaufen, die sich bei Eingriff in das Eigentum der Wohnungskonzerne nach Artikel 15 Grundgesetz aufbauen.

Dieser erste – und vermutlich einzige – Zwischenbericht der Kommission ist zugleich das erste aussagekräftige Zeugnis von fast acht Monaten Arbeit. Ihr Beginn war überschattet von erbitterten politischen Auseinandersetzungen, auch innerhalb des Berliner Senats, um den Auftrag, die Zusammensetzung, die Arbeitsweise und die Dauer der Kommission. Einigen konnten sich SPD, GRÜNE und LINKE schließlich darauf, dass die Kommission die «Möglichkeiten, Wege und Voraussetzungen der Umsetzung des Volksentscheids ‚Vergesellschaftung großer Wohnungsunternehmen» prüfen, unter Beteiligung der Initiative besetzt werden, und nach einem Jahr einen Abschlussbericht mit Empfehlungen vorlegen solle. Am 29. April 2022 hat die Kommission dann mit 13 Mitgliedern, davon zehn Jurist*innen, ihre Arbeit aufgenommen.

Armin Kuhn ist wohnungs- und mietenpolitischer Referent am Institut für Gesellschaftsanalyse der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Vereinbart war außerdem, dass die Kommission «grundsatzöffentlich» tagen sollte. Doch dem hat insbesondere die Vorsitzende Hertha Däubler-Gmelin, ehemalige Bundesjustizministerin der SPD, einen Riegel vorgeschoben. Auch mit ihrer Ankündigung, die Kommission nicht wie verabredet unparteiisch zu leiten, sondern Stimmrecht zu beanspruchen, hat sie viel Kritik auf sich gezogen – bis hin zu einem Vorstandsbeschluss des LINKEN Koalitionspartners. Mit Verweis auf die Unabhängigkeit der Kommission hat sich Däubler-Gmelin schließlich durchgesetzt. Von zwei öffentlichen Anhörungen abgesehen blieben bei allen Sitzungen die Türen verschlossen. Auch die Protokolle, die aktuell nur für die Sitzungen bis einschließlich August abgerufen werden könne, sind kaum aussagekräftig. Von einer auch nur ansatzweise transparenten Kommissionsarbeit kann somit nicht die Rede sein.

Die zentralen Ergebnisse des Zwischenberichts im Überblick

In den vergangenen Monaten war es entsprechend ruhig um die Kommission. Umso bemerkenswerter waren die Schlagzeilen, als ein Entwurf des Berichts schon einige Tage vor der Veröffentlichung bekannt wurde: «Die Kommission hält Enteignung für machbar», titelte die Berliner Morgenpost. Der Tagesspiegel sprach gar von einem «Zwischenerfolg für ‹Deutsche Wohnen & Co. enteignen›». Und tatsächlich kommt die Kommission zu einigen bemerkenswert klaren Einschätzungen:

  • Berlin darf vergesellschaften: Die Vergesellschaftung falle in den Bereich der «konkurrierenden Gesetzgebung», einem weiten Feld von Politikbereichen, für die zunächst sowohl der Bund als auch die Bundesländer zuständig sind. Da der Bund aber kein Vergesellschaftungsgesetz beschlossen hat – der Grundgesetzartikel 15 ist ja noch nie in seiner Geschichte angewandt worden – dürfen die Länder tätig werden. Bemerkenswert ist darüber hinaus die Feststellung, dass auch die Mietpreisbremse einer Vergesellschaftung durch das Land Berlin nicht entgegensteht. Der Verweis auf die abschließende Regelung der Mieten, auf die ja auch die Vergesellschaftung Einfluss nehmen will – war einer der Hauptgründe für das Bundesverfassungsgericht, den Berliner Mietendeckel wegen mangelnder Landeszuständigkeit zu kippen.
  • Die Vergesellschaftung ist grundsätzlich rechtlich möglich: Weder die Grundrechte auf Gleichbehandlung noch auf Berufsfreiheit stünden prinzipiell im Weg, noch müssten erst alle Mittel versagen, bevor man zur Vergesellschaftung greift. Dass ein Eigentümer einer einzelnen Wohnung anders behandelt wird als ein Wohnungskonzern mit 3.000 Wohnungen, kann gerechtfertigt werden, brauche aber klare Kriterien. Außerdem stellt die Kommission «einhellig» fest, dass das Recht Einzelner, mit der Bewirtschaftung von Wohnungen Geld zu verdienen, nicht höher wiegt als das Recht der Allgemeinheit auf Vergesellschaftung. Die Vergesellschaftung kommt für die Kommission auch nicht nur als ultima ratio in Frage, als letztes Mittel, wenn alle anderen ausgeschöpft sind. Voraussetzung für diese Einschätzung wäre, dass eine volle Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit vorgenommen werden müsste. Diese Ansicht findet in der Kommission aber «keine Unterstützung».
  • Das Europa- und das Völkerrecht stehen der Vergesellschaftung nicht entgegen: Wenn das Grundgesetz die Vergesellschaftung erlaubt, dann sei auch die Kapitalverkehrsfreiheit innerhalb der Europäischen Union keine Hürde. Um das Recht, ungehindert in allen EU-Ländern gleichermaßen investieren zu dürfen, einzuschränken, seien «keine höheren Anforderungen» nötig. Auch internationale Investitionsabkommen im Rahmen von Freihandelsverträgen würden einer Vergesellschaftung nicht entgegenstehen, da eine Enteignung bei angemessener Entschädigung nicht anfechtbar sei. Schlimmstenfalls könnten sich Anteilseigner eine höhere Entschädigung erklagen.
  • Die Entschädigung darf unter Marktwert bleiben: Wie hoch eine Entschädigung für die großen Wohnungskonzerne sein muss, um als «angemessen» zu gelten, zählt seit Beginn der Debatte zu den größten Streitpunkten. Die Expertenkommission legt jetzt einen Korridor fest. Die Entschädigung darf nicht symbolisch gering ausfallen, muss aber auch nicht den Verkehrswert, also den derzeit am lokalen Markt erzielbaren Kaufpreis erreichen, insbesondere dann, wenn der Wert «zumindest teilweise aus Spekulationsgewinnen resultiert».
  • Eine Anstalt öffentlichen Rechts (A.ö.R.) wäre «ein geeigneter Träger»: Vergesellschaftete Wohnungen müssen nach gemeinwirtschaftlichen Zielen verwaltet werden. «Ein schlichter Transfer der Eigentumstitel zum Staat» sei dafür nicht ausreichend. Notwendig sei es, dass die nicht-gewinnorientierte Nutzung der Wohnungen «dauerhaft gesetzlich gesichert» werden. Eine A.ö.R. wie sie die Initiative DWE vorschlägt, könne alle diese Bedingungen erfüllen.

Grundsätzlich ja, aber …

Mit diesen Ergebnissen bestätigt die Kommission eine verfassungsrechtliche Einschätzung, die nach zahlreichen Gutachten inzwischen als Mehrheitsmeinung gilt. So waren die Gutachten, die der Berliner Senat selbst beauftragt hatte, oder auch die von den Wissenschaftlichen Diensten des Bundestags und des Berliner Abgeordnetenhauses zu ähnlichen Ergebnissen gekommen (eine knappe Übersicht findet sich in dem luxemburg argumente-Heft «Enteignung schafft keine einzige Wohnung»).

Die acht Monate Arbeit, die die Kommission investiert hat, um zu einem schon bekannten Debattenstand zu gelangen, muss trotzdem nicht als verschwendet gelten. Denn zweifellos ist es von Gewicht, dass auch eine hochrangig besetzte Kommission, an der mit Michael Eichenberger, Christian Waldhoff und Wolfgang Durner auch drei ausgemachte Vergesellschaftungsgegner beteiligt sind, zum Ergebnis kommt, die Vergesellschaftung sei grundsätzlich verfassungsrechtlich machbar.

Aber der Bericht enthält auch zahlreiche ungeklärte Fragen. Im Grunde liest sich der Text als ein großes «Ja, aber». An vielen Stellen ist die Kommission auch zu gar keinem gemeinsamen Ergebnis gelangt, sondern lässt unterschiedliche, ja gegenteilige Ansichten nebeneinanderstehen. So ist etwa nicht geklärt, wie die Tatsache zu bewerten ist, dass die Berliner Landesverfassung keinen Vergesellschaftungsartikel enthält. Die Einschätzung, die Landesverfassung schütze dadurch Wohnungsunternehmen stärker als es das Grundgesetz tut, ist eines der zentralen Gegenargumente der Immobilienlobby. Sie stützt sich auf ein Gutachten im Auftrag des Evangelischen Hilfswerks (ein Wohnungsunternehmen, dass sich entgegen aller Beteuerungen der Initaitive DWE von einer Vergesellschaftung bedroht sah), dass das heutige Kommissionsmitglied Prof. Christian Waldhoff verfasst hat. Dass dieser von seiner – in der Literatur zweifellos randständigen – Position abrückt, ist kaum zu erwarten.

Offen ist auch, wie der Vergesellschaftungsartikel 15 im Grundgesetz überhaupt verfassungsrechtlich zu verstehen ist: als kollektives demokratisches Grundrecht, gleichrangig mit den unantastbaren individuellen Freiheitsrechten, oder als ein staatliches Eingriffsrecht, dessen Wahrnehmung gut begründet und gerechtfertigt werden muss. Das ist keine theoretische Spitzfindigkeit, hängt doch davon entscheidend ab, was der Artikel 15 eigentlich kann: reicht es aus, angemessen zu entschädigen und die Gemeinwirtschaftlichkeit der enteigneten Wohnungen sicher zu stellen, wie es der Artikel 15 selbst vorschreibt, oder muss der damit verbundene Eigentumseingriff darüber hinaus ausführlich abgewogen und gerechtfertigt werden. Auch hier ist kaum zu erwarten, dass sich die Kommission auf eine gemeinsame Haltung einigen kann. Es bleibt abzuwarten, wie hier und auch an anderen Punkten die Mehrheits- bzw. Minderheitsvoten im Abschlussbericht ausfallen.

Niederlagen für die Vergesellschaftungsgegner*innen

Der Bericht ist dennoch keine gute Nachricht für die Gegner*innen der Vergesellschaftung, ganz besonders nicht für die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und den Bausenator Andreas Geisel (beide SPD). Diese hatten von Beginn an alles dafür getan, mithilfe der Kommission die Umsetzung des Volksentscheids zu verschleppen. Die Kommission wurde, obwohl im rot-grün-roten Koalitionsvertrag und im 100-Tage-Programm angekündigt, erst drei Monate nach Antritt des Senats überhaupt beschlossen. Durch die Auseinandersetzungen um Transparenz, die Rolle der Vorsitzenden oder die Beteiligung der Initiative war die Kommission erst gut sieben Monate nach dem Volksentscheid arbeitsfähig. Die Arbeit der Geschäftsstelle, die beim Bausenator angesiedelt ist und die Kommission unterstützen soll, grenzt an Arbeitsverweigerung: keine oder nur schlechte Protokolle, extrem kurzfristige Einladungen zu Anhörungen, lange gab es nicht mal eine Webseite der Kommission. Zuletzt hatte sich Bausenator Geisel außerdem geweigert, der Kommission die Grundbuchdaten zur Verfügung zu stellen, die für die Untersuchung, welche Unternehmen von einer Vergesellschaftung überhaupt betroffen wären, unerlässlich sind. Es ist bedauerlich, dass die Kommission sich an dieser Stelle nicht entschieden widerspricht, sondern im Gegenteil in ihrem Bericht einräumt, Berlin müsse dafür «womöglich mit einem Vorschaltgesetz» den Weg freimachen. Das ist deshalb schwer zu verstehen, weil andere Bundesländer ihre Daten auch ohne so ein Gesetz für Forschungszwecke herausgegeben haben.

Diese ständige Torpedierung der Kommissionsarbeit war Teil einer Strategie, nicht auf Konfrontation mit den privaten Wohnungsunternehmen zu setzen, sondern im Gegenteil ein Bündnis mit ihnen zu schließen. Auch die Vizebürgermeisterin Bettina Jarrasch hatte im Wahlkampf angekündigt, erst dann die Vergesellschaftung zu erwägen, wenn sich in einem solchen Bündnis kein besserer Schutz der Mieter*innen vor Mieterhöhungen und Verdrängung erreichen lasse. Der Bündnisprozess hatte trotz geringer Resonanz seitens der Wohnungsunternehmen erkennbar Priorität. Die mit viel Pomp auf dem Berliner Fernsehturm vorgestellten Ergebnisse, am Tag vor Veröffentlichung des Kommissionsberichts, müssen bei genauem Hinsehen aber als schwere Niederlage von Giffey, Geisel und Jarrasch bewertet werden. Sämtliche Vereinbarungen des Bündnisses, etwa der Verzicht auf Mieterhöhungen über die individuelle Mietbelastung über 30 Prozent des Einkommens hinaus, oder die Neuvermietung von 30 Prozent der Wohnungen an Menschen mit geringen oder mittleren Einkommen (Wohnungsberechtigungsschein), sind freiwillig, werden weder kontrolliert noch gegebenenfalls sanktioniert, ja, sie wurden noch nicht einmal an die Mieter*innen kommuniziert, wie der Senat auf Anfrage der Abgeordneten Katrin Schmidberger (Grüne) zugeben musste. Hinzu kommt, dass sich abgesehen von Vonovia oder Adler kaum ein privates Wohnungsunternehmen zum Bündnis bekennt. Nicht ohne Grund hatte der Berliner Mieterverein die Verhandlungen um das Bündnis verlassen und die Erklärung nicht unterzeichnet.

Eine weitere, dritte, Niederlage mussten die Vergellschaftungsgegner*innen in der SPD bereits im Juni 2022 einstecken, als sich ein Landesparteitag mehrheitlich dafür aussprach, ein Enteignungsgesetz auf den Weg zu bringen, sollte die Kommission zu einem positiven Ergebnis kommen. Mit dem vorliegenden Zwischenbericht ist diese Möglichkeit nun einen Schritt näher gerückt. Ob die SPD dann Wort hält, steht den Sternen. Andreas Geisel hatte damals seinen Genoss*innen drohend zugerufen: «Was immer der Parteitag auch beschließt, ihr werdet die Wirklichkeit nicht ausblenden können» (siehe Jacobin, 20.06.2022). Im Zweifel wird die Wirklichkeit den eigenen Zielen angepasst. So erkannte die Regierende Bürgermeisterin Giffey, befragt zum Zwischenbericht der Kommission, zwar an, «dass Enteignungen grundsätzlich möglich seien», stellte aber laut Berliner Morgenpost in Frage, dass es dabei auch wirklich um die Vergesellschaftung von Wohnungen gehe.

Ob vergesellschaftet wird oder nicht bleibt eine politische Entscheidung

Der Expertenkommission bleiben jetzt nur noch vier Monate Zeit, um ihren Abschlussbericht vorzulegen. Da sie sich bis jetzt mit juristischen Grundsatzfragen aufgehalten hat – und teilweise auch von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung aufgehalten wurde – ist kaum zu erwarten, dass sie alle Detailfragen zur tatsächlichen Umsetzung des Volksentscheids beantworten wird. Auch ist nicht davon auszugehen, dass sie zu einstimmigen Empfehlung kommt. Ein positives Mehrheitsvotum scheint angesichts der Zusammensetzung der Kommission und angesichts des ermutigenden Zwischenberichts allerdings durchaus möglich.

Darüber hinaus können auch das Scheitern des Bündnisses mit den privaten Wohnungsunternehmen sowie die aktuelle Wohnungsmarktlage der Debatte um Vergesellschaftung zusätzlichen Auftrieb geben. Die Wohnungsbauzahlen drohen angesichts steigender Bau- und Finanzierungskosten einzubrechen, während zugleich die Mieten stärker steigen als in den Jahren zuvor. Den Befürworter*innen einer marktbasierten Lösung für die Wohnungskrise gehen die Argumente aus. Gleichzeitig taumeln die Wohnungskonzerne mit ihren auf Kante genähten, schuldenbasierten Geschäftsmodellen in die Krise, vor allem der Branchenriese Vonovia wankt. Die Party scheint vorbei. Die stürzenden Aktienkurse und die sinkenden Marktwerte der Konzernwohnungen haben auch Folgen vor allem für die finanzielle Machbarkeit der Vergesellschaftung. Entsprechend äußerte sich kürzlich auch Finanzsenator Daniel Wesener (GRÜNE) bei einer Veranstaltung der Initiative DWE: die Kostenschätzung des Senats sei deutlich überhöht, eine haushaltsneutrale Entschädigung sei dagegen möglich.

Am Ende wird die Frage der Umsetzung des Volksentscheids zur Vergesellschaftung von Wohnungen großer, privater Wohnungsunternehmen eine politische Frage bleiben. Es wird weiterhin darauf ankommen, wie sich die Kräfteverhältnisse innerhalb des Senats und innerhalb der senatstragenden Parteien entwickeln. Die Wiederholungswahl am 12. Februar 2023 könnte noch einmal Bewegung hineinbringen, zumal auch die Initiative DWE den politischen Druck hochhält. Die Expertenkommission hat, entgegen der bisherigen Erwartungen, den Befürworter*innen einige Argumente geliefert. Das sind nicht die schlechtesten Voraussetzungen, die Umsetzung des Volksentscheids im Jahr 2023 endlich anzugehen.