News | Wirtschafts- / Sozialpolitik - Commons / Soziale Infrastruktur Die brennenden Luftschlösser der Wohnungskonzerne

Warum Vonovia, LEG und Co. Milliarden abschreiben und trotzdem hohe Dividenden zahlen

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Knut Unger,

Konzernzentrale der Vonovia SE in Bochum
Hohe Dividenden trotz Milliardenverluste? Konzernzentrale der Vonovia SE in Bochum, Foto: IMAGO / Sven Simon

Folge 1 von «CASH IS KING - Vonovia und Co. verstehen». Eine Reihe von Knut Unger zur Lage der finanzialisierten Wohnungswirtschaft.

Aktualisiert am 4.5.2024: Zeitgleich zum Erscheinen dieses Textes am 30. April haben sich neue Entwicklungen ergeben, die hier in einer aktualisierten Version eingearbeitet wurden.

Über zehn Jahre hinweg kannten die Immobilienwerte der Finanzanlagenindustrie nur eine Richtung: nämlich aufwärts. Dann kam Mitte 2022 die Zinswende. In der Folge mussten auch die großen börsennotierten Wohnungskonzerne ihre Immobilien in Deutschland um viele Milliarden abwerten. Schuldenfinanzierte Geschäftsmodelle, die auf baldige Realisierbarkeit der fiktiven Buchwerte gewettet haben, sind ins Schlingern geraten. Langfristig orientierte «Mietenabschöpfungsunternehmen» wie vor allem die Vonovia und die LEG setzen alle erdenklichen Hebel in Bewegung, um auch aus dieser Krise wiederum als Gewinner hervorzugehen. Es ist gut möglich, dass sie damit erst einmal Erfolg haben werden. Aber um welchen Preis?

Am 11. März 2024 musste die LEG Immobilien SE – mit 167.000 Wohnungen der zweitgrößte Wohnungskonzern in Deutschland – bekannt geben, dass der fiktive Zeitwert ihrer Wohnungen im Jahr 2023 um 2,4 Milliarden Euro gesunken ist. Bilanziell machte der Konzern über 1,5 Milliarden Euro Verlust. Trotzdem will der LEG-Vorstand nach einem Jahr Pause wieder eine kräftige Dividende ausschütten: 181 Millionen Euro. Das sind 21,7 Prozent der Bruttomieteinnahmen des Jahres 2023. Das heißt: Es gehen 22 Cent von jedem Euro gezahlter Miete an die Aktionärinnen und Aktionäre.

Knut Unger ist Mitarbeiter des MieterInnenvereins Witten und Umg. e.V. und aktiv bei der Plattform kritischer Immobilienaktionär*innen und dem bundesweiten Mieter*innenbündnis VoNO!via & Co.

Am 15. März folgte dann die Ankündigung der sehr viel größeren Vonovia SE. Sie musste den Wert ihrer Bestandimmobilien um 10,6 Mrd. Euro reduzieren. «Wir haben in der Geschichte der Bundesrepublik noch nie so hohe Wertreduktionen gesehen wie 2023», sagte Vonovia-Chef Rolf Buch laut Medienberichten. Der Bilanzverlust («Periodenergebnis») betrug 6,8 Mrd. Euro. Die Dividendenausschüttung soll dennoch auf 733,2 Millionen Euro erhöht werden. Das sind bereinigt 21,9 Prozent der Mieteinnahmen – ebenfalls 22 Cent von jedem Euro gezahlter Miete.

Auch die anderen börsennotierten Wohnungsunternehmen schrieben ihre fiktiven Immobilienwerte ab: 705 Millionen Euro waren es bei der TAG Immobilien AG (85.000 Wohnungen in Deutschland), 890 Millionen Euro bei der Grand City Property (60.000 Wohnungen in Deutschland). Der Zeitwert der deutschen Wohnungen der französischen Covivio sank um 640 Millionen Euro, beim schwedischen Börsenkonzern Heimstaden verlor das deutsche Portfolio 1,2 Milliarden Euro an Wertzuschreibungen. Die Schweizer Wohnungs-AG PEACH musste 210 Millionen abschreiben, und bei der angeschlagenen Adler AG waren es 760 Millionen Euro (siehe Tabelle).